Die Neurodermitis ist eine chronische Erkrankung, die zu einem Hautausschlag mit Juckreiz führt. Dieser juckende Hautausschlag wird Ekzem genannt. Andere Bezeichnungen für die Neurodermitis sind daher atopisches Ekzem sowie auch atopische Dermatitis. Die Neurodermitis hat vielfältige mögliche Ursachen, darunter z. B. Allergien, und ist inzwischen eine häufige Erkrankung. In Deutschland haben mehr als zehn Prozent der Kinder im Vorschulalter eine Neurodermitis. Die Erkrankung zeigt sich meist im Kindesalter und bildet sich häufig zurück, tritt aber in etwa 25 Prozent der Fälle noch auf, wenn sie erwachsen sind. Bisweilen entwickelt die Neurodermitis sich auch erst bei Erwachsenen.
Die Ursachen einer Neurodermitis sind vielschichtig. Exakt bekannt sind die Ursachen nicht. Früher dachten Mediziner, es handle sich um eine Störung der Nerven, was sich aber als falsch herausgestellt hat. Im Körper läuft bei der Neurodermitis eine übermäßige Reaktion von Antikörpern des Typs IgE ab, die zu einer Entzündung innerhalb der Haut führt. Das geschieht aufgrund unterschiedlicher Einflussfaktoren.
Die Neurodermitis gehört damit zu den atopischen Erkrankungen. Atopische Erkrankungen sind Störungen, bei denen Reaktionen des Immunsystems über IgE-Antikörper wesentlich sind. Daher besteht oft ein Zusammenhang mit anderen atopischen Erkrankungen wie Allergieformen, z. B. Heuschnupfen oder Asthma.
Der Unterschied zu den klassischen Allergien ist, dass die Neurodermitis (atopische Dermatitis) nicht einen spezifischen auslösenden Stoff (Allergen) hat, sondern durch diverse Einflüsse vermittelt wird. Genetische Merkmale spielen eine große Rolle, die Neurodermitis kann über mehrere unterschiedliche Gene weitergegeben werden. Dazu kommen verschiedenste Einwirkungen aus der Umwelt. Substanzen mit allergischer Wirkung fördern die Neurodermitis, so z. B. Pollen, Hausstaubmilben oder Katzen- oder Hundehaare sowie Nahrungsmittelbestandteile. Die Neurodermitis kann zu den Allergien vom Typ 1 oder Soforttyp gezählt werden. Manche Nahrungsmittel führen nicht direkt zu einer Allergie, sondern zu einer Überempfindlichkeitsreaktion, die auch die Hautprobleme fördert.
Diverse Reizeinwirkungen auf die Haut begünstigen die Neurodermitis, darunter Substanzen wie Kosmetika, Hautpflege- oder Reinigungsprodukte, Substanzen aus der Kleidung oder aber Scheuern von Kleidungsstücken, Reibung auf der Haut oder Kratzen. Auch Schweiß kann eine Rolle spielen. Einige Patienten klagen darüber, dass Sonne die Hautveränderungen verschlechtert. In der kalten Jahreszeit ist bei vielen die Neurodermitis verstärkt ausgeprägt, trockenes Wetter und Temperaturwechsel kann sie ebenfalls fördern. Betroffene haben oftmals gleichzeitig eine starke Hauttrockenheit, die die Schutzfunktion der Haut vermindert und die Neurodermitis begünstigt. Rauchen begünstigt die Erkrankung auch. Manchmal spielen Infektionen durch Bakterien oder Viren eine Rolle. Seelische Probleme oder Stresssituationen können ebenfalls ihren Beitrag zu der Entwicklung des Hautausschlags leisten.
Menschen, die an der Erkrankung leiden, beschreiben unterschiedliche Symptome. Die atopische Dermatitis kommt in der Regel schon bei Kindern zum Ausdruck, oft bereits im ersten Lebensjahr. Die Erkrankung besteht über eine längere Zeit und schreitet bei vielen Betroffenen in Schüben voran.
Betroffene verspüren einen starken Juckreiz. Die Haut ist allgemein trocken und rau, sie schuppt ab, hat zu wenig Fette auf der Oberfläche und kann verstärkte Falten aufweisen. Typische Stellen für die Erscheinungen sind die Gelenkbeugen, der Nacken, das Gesicht oder die Innenflächen der Oberschenkel. Das heftige Jucken verleitet Betroffene dazu, sich immer wieder kratzen zu müssen. Das kann den Hautzustand noch verschlechtern, da die Haut aufscheuert und das entzündliche Geschehen verstärkt wird.
Neurodermitis bei Kleinkindern beginnt oftmals im Gesichtsbereich. Dort bildet sich der sogenannte Milchschorf, eine abgeschuppte Haut mit Krustenbildung und Rötung. Dies kann sich auch an anderen Hautbereichen wie etwa am Arm oder am Bein zeigen. Während des Kindesalters oder der Jugend kommt es häufig zum Hautausschlag (atopisches Ekzem). Oft wird aus einer Hautrötung allmählich im jahrelangen Verlauf ein flechtenartiger Ausschlag (Lichenifikation). Das Ekzem betrifft beispielsweise Gesicht, Hände, Gelenkbeugen oder Nacken. Etwas ältere Betroffene klagen z. B. oft an den Ellenbeugen und Kniebeugeseiten über Neurodermitis-Beschwerden. Die Neurodermitis kann aber auch noch zu weiteren Symptomen führen.
Werden Neurodermitis-Patienten erwachsen, dann verschwinden in vielen Fällen die Krankheitssymptome. Bei etwa einem von vier Betroffenen bleibt die Neurodermitis aber länger bestehen. Erwachsene können an einer Ausprägung der Neurodermitis mit Knötchen und enormem Juckreiz (Prurigo) leiden. Dieser Befund kann über viele Hautstellen verteilt sein.
Phasen, in denen die Haut ein starkes und sehr juckendes Ekzem aufweist, wechseln sich mit Zeiten ab, in denen an der Haut kaum Störungen auszumachen sind. Die Symptome können unterschiedlich ausgeprägt sein in Abhängigkeit davon, durch welche Auslöser sie entstanden sind. Des Weiteren ändert sich die Symptomatik im Jahresverlauf, denn z. B. verringert meist die Sonne und das Tageslicht die Beschwerden. Die Beschwerden mit Juckreiz können aber andererseits bei Wärme schlimmer werden. Ein vorteilhaftes Klima in den Bergen oder an der Küste kann die Beschwerden lindern, da sich an diesen Orten weniger Allergene (allergieauslösende Stoffe) in der Luft befinden.
Die Hautschädigung, insbesondere auch durch das Kratzen, begünstigt das Auftreten von Infektionen mit Krankheitserregern wie Herpesviren, Bakterien (Staphylokokken) oder dem Dellwarzen-Virus (Molluscum-contagiosum-Virus).
Weil die Neurodermitis eine atopische Erkrankung ist, bestehen oft auch weitere Atopien beziehungsweise Allergien. Patienten leiden oft zugleich an Heuschnupfen (allergischer Rhinitis) oder Asthma bronchiale.
Zur Diagnose gehört zunächst das ausführliche Gespräch zwischen Arzt und Patient beziehungsweise auch dessen Eltern, die Anamnese. In dem Untersuchungsgespräch versucht der Arzt ein Bild davon zu bekommen, was die Ursache der Hautveränderungen sein könnte. Der Arzt fragt nach Symptomen, vorherigen Erkrankungen, Erkrankungen von Familienmitgliedern und Lebensbedingungen des Patienten.
Die Haut, insbesondere die betroffenen Bereiche, werden genau beurteilt. Getestet wird dabei der so genannte weiße Dermographismus: Nach dem Streichen der Haut mit etwas Druck wird die Haut nicht rot, sondern weißlich. Das ist ein typisches Zeichen für eine Neurodermitis. Ein Allergietest auf der Haut bringt Klarheit, ob allergische Geschehnisse im Spiel sind. Eine Blutentnahme wird durchgeführt, insbesondere um die Konzentration an IgE (verantwortlichen Antikörpern) zu bestimmen. Die Diagnose atopische Dermatitis (Neurodermitis) kann anhand mehrerer Kriterien gestellt werden, bei denen eine Mindestzahl vorhanden sein muss. Darüber hinaus folgen Untersuchungen, um andere mögliche Erkrankungen abzugrenzen (Differenzialdiagnose).
Es gibt verschiedene weitere Hautkrankheiten, die sich durch Juckreiz, einen Ausschlag (Ekzem) oder Hauttrockenheit äußern. Ein Ekzem (Kontaktekzem) kann beispielsweise durch eine allergische Reaktion oder durch eine Reizung entstehen. Säuglinge können statt einer vermeintlichen Neurodermitis ein seborrhoisches Ekzem aufweisen, das sich durch einen fettigen, schuppenden Ausschlag bemerkbar macht. Weitere mögliche Differenzialdiagnosen sind unter anderem Schuppenflechte (Psoriasis), Infektionen der Haut oder Erkrankungen mit psychischer Entstehung.
Die Therapie bei einem atopischen Ekzem beginnt mit der richtigen Pflege der Haut, was als Basistherapie bezeichnet wird. Betroffene verwenden geeignete Cremes und Lotionen oder führen Ölbäder der Haut durch. Die Maßnahmen werden auch dann empfohlen, wenn die Symptomatik nicht mehr vorhanden ist, so dass einem erneuten Auftreten der Beschwerden vorgebeugt wird. Nach einer Dusche oder einem Bad ist es wichtig, die Haut über Pflegeprodukte mit Öl und Feuchtigkeit zu versorgen.
Mittel, die das Immunsystem herunterregulieren, können bei einem Ausschlag (Ekzem) sinnvoll sein, in erster Linie Cortison. In schwereren Fällen werden Immunsuppressiva wie Tacrolimus oder Pimecrolimus verwendet. Die Neurodermitis kann auch von innen (systemisch) behandelt werden, indem Mittel als Tabletten eingenommen werden oder als Infusion verabreicht werden. Bei schwerer Neurodermitis kann auch das Medikament Cyclosporin A eingesetzt werden.
Eine Therapie mit UV-Licht (Phototherapie) kann die Erscheinungen oft ebenfalls lindern. Die UV-Therapie beinhaltet UV-Strahlung von festgelegter Wellenlänge. Manchmal wird eine sehr schwere Neurodermitis mit einer UV-Bestrahlung und dem Mittel Psoralen vorgenommen, das die Wirkung sehr verstärkt (PUVA-Therapie).
Eine Reihe weiterer Maßnahmen können gegen die Neurodermitis helfen. So kommen einige Methoden in Frage, die auch gegen Allergien helfen. Alles, was eine allergische Reaktion beim Patienten auslösen kann, sollte gemieden werden. Als Medikamente können Antihistaminika sinnvoll sein, diese hemmen die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Histamin, das eine zentrale Rolle bei der Entzündungsreaktion spielt. Mastzellstabilisatoren (z. B. Cromoglicinsäure) sind Medikamente, die etwas längerfristig zum Einsatz kommen können, um die Freisetzung von entzündungsvermittelnden Stoffen wie Histamin aus den sogenannten Mastzellen unterbinden. Auch eine Hyposensibilisierung (SIT, spezifische Immuntherapie) kann eine erfolgversprechende Maßnahme gegen die atopische Dermatitis sein. Außerdem ist eine Behandlung mit der Gabe von Antikörpern gegen IgE-Antikörper möglich, so dass diese abgefangen werden und keine Gewebereaktion mehr verursachen.
Eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten, ein Umzug an einen anderen Ort oder ein Urlaub im "Reizklima" bieten weitere Möglichkeiten. Oft hilft eine Kühlung der juckenden Hautbereiche. Eine wichtige Rolle spielt auch die Bekleidung, sie sollte nicht noch zusätzlich kratzen und aus weichen Stoffen und nicht zu ausgeprägten Nähten bestehen. Kleine Kinder können Spezial-Overalls tragen, die die Hände und Füße miteinbeziehen, so dass das Aufkratzen der Haut verhindert wird. Besonders bei Kindern mit Neurodermitis können Ablenkungen wie z. B. eine vorgelesene Geschichte die Aufmerksamkeit vom Juckreiz ziehen und verhindern, dass die Betroffenen sich zu sehr kratzen. Bei einer stressbedingten Neurodermitis kann ein Entspannungsverfahren wie autogenes Training oder eine Verhaltenstherapie sinnvoll sein. Ebenfalls helfen den Betroffenen spezielle Schulungen, die sie über die Erkrankung informieren und ihnen Unterstützung geben, wie sie damit zurecht kommen. Auch Methoden aus der Alternativmedizin kommen zur Behandlung in Betracht wie z. B. Akupunktur, Hypnose oder Selbsthypnose.
Sollte eine bakterielle Infektion an einer Hautstelle entstanden sein, dann werden Antibiotika angewendet. Entsprechend werden bei einer Pilzinfektion Antimykotika und bei einer Virusinfektion gegebenenfalls Virostatika (Mittel gegen Viren) gegeben.
Bei allen Medikamenten ist zu beachten, dass diese Nebenwirkungen auslösen können. So können beispielsweise Immunsuppressiva und Cortison zu einer erhöhten Gefährdung gegenüber Infektionen führen. Bei den Mitteln Tacrolimus und Pimecrolimus kann nicht komplett ausgeschlossen werden, dass ein verstärktes Krebsrisiko (Lymphome, Hautkrebs) entsteht. Daher werden sie nur bei unbedingter medizinischer Notwendigkeit angewendet. Auch sollten Patienten, die diese Medikamente bekommen, sich keinem starkem Sonnenlicht aussetzen, nicht ins Solarium gehen und auch keine UV-Therapie anwenden.
Die Behandlung der Neurodermitis lässt sich nach einem Stufenschema ausrichten. Die Stufentherapie wird anhand der Schwere der Hauterscheinungen durchgeführt. In der ersten Stufe wird der Befund der trockenen und juckenden Haut durch Pflegeprodukte gebessert, die der Haut Feuchtigkeit und Fette spenden. In der zweiten Stufe wird Cortison mit aufgetragen, in der dritten Stufe werden ebenfalls noch Immunsuppressiva wie Tacrolimus oder Pimecrolimus angewendet. Quasi die vierte Stufe ist die Behandlung einer möglichen Infektion z. B. mit Antibiotika.
Die Prognose der atopischen Dermatitis ist von Fall zu Fall ganz unterschiedlich. Vielfach kommt es bereits im Kindesalter oder frühen Erwachsenenalter dazu, dass die Symptomatik weggeht. Je eher im Leben die Neurodermitis beginnt, umso günstiger ist der Verlauf meist im späteren Leben. Richtig heilbar ist die Erkrankung nicht, aber die Beschwerden können durch die angemessene Behandlung deutlich zurückgehen.
Einige Betroffene klagen über eine chronische oder häufig wiederkehrende Neurodermitis. Für den Verlauf der Erkrankung ist es wichtig, die Faktoren möglichst zu vermeiden, bei denen eine Verschlechterung des Zustandes entstehen kann.
Bereits im Säuglingsalter kann einer Neurodermitis oder einer Allergie entgegengewirkt werden. Es handelt sich um Maßnahmen, die das Auftreten dieser Erkrankungen weniger wahrscheinlich machen. Dazu zählen das richtige Stillen durch die Mutter über sechs Monate, das Unterlassen des Rauchens, wenn das Kind dabei ist, oder auch die Verminderung der Anzahl von Hausstaubmilben, die bei der Hausstauballergie eine Rolle spielen. Günstig wirkt sich auch aus, wenn Kinder mit Geschwistern gemeinsam aufwachsen und in ländlichen Gebieten leben. Auch Probiotika können sich günstig auswirken.
aktualisiert am 16.05.2023