Trotz der teils dramatischen Symptome einer Neuritis vestibularis wie starker Schwindel, Erbrechen, Übelkeit und Fallneigung sind die Chancen auf ein beschwerdefreies Leben gut. Meist klingen die Symptome innerhalb von einigen Tagen bis wenigen Wochen wieder ab oder werden vom Betroffenen zumindest nicht mehr als störend wahrgenommen. Dabei spielt nicht nur das Genesen von der Grunderkrankung eine Rolle. Ebenso von Bedeutung ist das Vermögen des Körpers und des Gehirns, etwaige Defizite des Gleichgewichtssinns zu erkennen und aus eigener Kraft auszugleichen.
Die betroffenen Patienten sind zumeist nach einigen Wochen subjektiv beschwerdefrei. Mit den geeigneten Verfahren lassen sich jedoch über einen weitaus längeren Zeitraum funktionale Defizite am Gleichgewichtsorgan feststellen.
Zur seitengetrennten Überprüfung des Gleichgewichtsorgans wird die Funktion der Bogengänge, die Teil des Organs sind, herangezogen. Hierzu wird im äußeren Gehörgang eine Temperaturänderung von 30 auf 44 Grad Celsius herbeigeführt. Dadurch kommt es zu einer Flüssigkeitsbewegung in den Bogengängen, die einen Nystagmus (unwillkürliches Ruckeln der Augen) auslöst. Dieser wiederum kann über eine Videobrille registriert werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass nach einem Monat noch 90 Prozent der Probanden Auffälligkeiten im Rahmen dieser kalorischen Prüfung zeigen. Nach sechs Monaten sollen es noch 80 Prozent sein und nur bei 42 Prozent soll eine vollständige Erholung des Gleichgewichtsorgans eintreten. Die Regeneration soll bis zu drei Jahre nach einer Neuritis vestibularis möglich sein.
Trotz dieser nicht gerade ermutigenden Zahlen kann dennoch für die meisten Betroffenen Entwarnung gegeben werden. Glücklicherweise ist unser Gehirn in der Lage, die Fehlfunktion des Gleichgewichtsorgans so weit zu kompensieren, dass keinerlei Einschränkungen bestehen bleiben. Das Gleichgewicht kann wieder problemlos gehalten werden und ein Schwindel wird nicht empfunden. Diese sogenannte zentrale Kompensation ist eine Meisterleistung des menschlichen Gehirns und steht nicht im Gegensatz zu den apparativ nachweisbaren Defiziten des Gleichgewichtsorgans.
Sollte der Schwindel über längere Zeit andauern oder immer wieder auftreten, kann die zunächst diagnostizierte Grunderkrankung Neuritis vestibularis von einer anderen Ursache abgelöst oder überlagert worden sein. Um dies abzuklären und ernsthafte Gesundheitsschäden vermeiden, sollte bei andauernden Beschwerden erneut ein kompetenter Arzt zurate gezogen werden.
Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei einer Neuritis vestibularis richtet sich sehr stark nach dem individuellen Krankheitsverlauf und der Art der ausgeübten Tätigkeit. Kommt es beispielsweise bei einem Büroangestellten noch ab und an zu einem leichten Schwindelgefühl, muss dies nicht weiter tragisch und auch nicht unbedingt ein Grund für eine Arbeitsunfähigkeit sein. Wird dem hingegen ein Fahrzeug oder eine Maschine geführt, kann auch von gelegentlichen Schwindelanfällen ein erhebliches Gefährdungspotenzial für den Betroffenen und andere Personen ausgehen. Eine Verlängerung der Krankschreibung wird in diesen Fällen notwendig sein. Bestehen die Schwindelattacken fort, kann sogar eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit oder ein Berufsverbot drohen. Bei einem günstigen Verlauf wird sich die Krankschreibung aber im Bereich von einer bis mehreren Wochen bewegen. Es kommen jedoch auch Fälle vor, in denen sich die Arbeitsunfähigkeit über Monate oder sogar Jahre hinzieht.
aktualisiert am 25.02.2020