Prof. Wolf: Es gibt eine Vielzahl von Netzhauterkrankungen, die vor allem im höheren Lebensalter auftreten. Die wohl bekannteste und häufigste Netzhauterkrankung, insbesondere im Bereich des schärfsten Sehens, ist die altersbedingte Makuladegeneration. Man unterscheidet zwischen der feuchten und der trockenen Form. Für beide Formen gibt es Therapieansätze, wobei die Therapie für die trockene Form erst Anfang 2024 auf den Markt kommen wird.
Neben der Makuladegeneration gibt es eine Reihe von weniger häufigen, aber dennoch sehr wichtigen Netzhauterkrankungen, bei denen chirurgische Optionen in Betracht gezogen werden können. Eine der häufigsten dieser Erkrankungen betrifft das so genannte vitreoretinale Interface, also den Übergang zwischen Netzhaut und Glaskörper. Hier gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen, die zu Veränderungen der Netzhaut führen können. Diese Veränderungen sind vergleichbar mit dem "Film", den das Auge sieht, wenn man es mit einem Fotoapparat vergleicht. Sie können zu einer Verschlechterung des Sehvermögens führen und erfordern häufig einen chirurgischen Eingriff.
Eine weitere Erkrankung, die unbehandelt zur Erblindung führen kann, ist die Netzhautablösung. Eine kürzlich in Deutschland durchgeführte Studie hat gezeigt, dass die Häufigkeit von Netzhautablösungen dramatisch zunimmt. Die genauen Gründe sind noch nicht bekannt, aber dieser Trend ist auch in anderen Ländern zu beobachten. Wichtig zu wissen ist, dass die Netzhautablösung eine Erkrankung ist, die chirurgisch behandelt werden muss und immer häufiger auftritt.
Eine weitere Erkrankung, die unbehandelt zur Erblindung führen kann, ist die Netzhautablösung.
Prof. Wolf: Als Patient bemerkt man oft selbst, dass sich im Gesichtsfeld ein Schatten entwickelt. Dieser Schatten beginnt meist außen und wandert nach innen. Er erzeugt eine Art milchiges Sehen und kann oft von unangenehmen Trübungen begleitet sein, die im Auge herumschwirren. Diese Trübungen können als schwarze Punkte oder sogar als Blitze wahrgenommen werden, was immer auf eine Belastung der Netzhaut hinweist. Dieser Zustand kann zu einem Riss in der Netzhaut und schließlich zu einer Netzhautablösung führen. Als Patient werden Sie feststellen, dass Ihre Sicht von außen nach innen allmählich trüber wird.
Prof. Wolf: Grundsätzlich ist die Behandlung der Netzhautablösung eine chirurgische Maßnahme, da es keine konservative oder medikamentöse Therapie gibt. Eine Operation ist unumgänglich und sollte frühzeitig erfolgen. Es gibt verschiedene Formen der Netzhautablösung, deren Dringlichkeit individuell beurteilt werden muss. In den meisten Fällen ist eine rasche Operation von Vorteil, da die Prognose bei frühzeitiger Behandlung deutlich besser ist.
Für die chirurgische Behandlung einer Netzhautablösung gibt es verschiedene Methoden, die von außen oder von innen durchgeführt werden können. Die am häufigsten angewandte Methode ist die Vitrektomie, bei der von innen operiert wird. Es gibt aber auch viele andere Verfahren, die je nach individueller Situation in Betracht gezogen werden müssen.
Prof. Wolf: Eine epiretinale Membran entsteht durch Zellwucherung auf der Netzhaut genau dort, wo die Netzhaut in den Glaskörper übergeht. Diese Membranen kann man sich praktisch wie das Zusammenziehen eines Bettlakens vorstellen. Wenn man an einem Bettlaken zieht, bilden sich Falten. Dabei lagern sich Zellen in die Membranen ein und üben einen Zug auf die Netzhaut aus. Diese Falten führen zu einer verzerrten Sicht.
Prof. Wolf: Auch in diesem Fall ist die chirurgische Entfernung die einzige wirksame Möglichkeit. Die Membran muss im Auge mit winzigen Pinzetten gefasst und entfernt werden. Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Es ist jedoch selten, dass sich eine epiretinale Membran spontan auflöst. Wenn eine epiretinale Membran Symptome verursacht, ist eine Operation unumgänglich.
Prof. Wolf: Grundsätzlich sollte immer versucht werden, Operationen am Auge zu vermeiden. Es gibt jedoch Situationen, in denen keine anderen Therapieoptionen zur Verfügung stehen. Jede Operation am Auge birgt das Risiko einer Narbenreaktion, vor der wir uns sehr fürchten, da sie zu schwer behandelbaren Netzhautablösungen führen kann, die eine langwierige und kostspielige Behandlung erfordern. Es besteht immer die Möglichkeit einer Narbenbildung und einer Netzhautablösung nach einer Augenoperation. Auch Entzündungen können auftreten, werden aber immer seltener. In der Regel sind diese Operationen jedoch so gut etabliert, dass sie zu Routineeingriffen geworden sind, insbesondere in Zentren, die solche Operationen häufig durchführen.
Grundsätzlich sollte immer versucht werden, Operationen am Auge zu vermeiden.
Prof. Wolf: In vielen Zentren werden Augenoperationen unter Vollnarkose durchgeführt. Warum ist das notwendig? Grundsätzlich kann man diese Operationen in Vollnarkose durchführen, aber wir versuchen immer, den Patienten klarzumachen, dass es sich um einen Eingriff handelt. Wenn es nicht unbedingt notwendig ist, muss die Operation nicht in Vollnarkose durchgeführt werden. Häufig verwenden wir eine Lokalanästhesie, bei der nur das Auge betäubt wird und der Patient während der Operation wach und aufmerksam ist. Er bekommt in der Regel nichts von der Operation mit, kann aber reagieren, wenn Probleme auftreten. Eine Vollnarkose ist in der Regel nicht erforderlich.
Prof. Wolf: Die Dauer einer Operation ist je nach Art des Eingriffs sehr unterschiedlich. Es gibt Standardoperationen, die nur 20 Minuten dauern können, bis hin zu komplexen Eingriffen wie Traumarevisionen, die bis zu 3-4 Stunden dauern können.
Prof. Wolf: Im Gegensatz zu einer Linsenoperation dauert die Genesung nach einem Eingriff an der Netzhaut, einem neurologischen Gewebe, etwas länger. Es ist nicht zu erwarten, dass bereits am nächsten Tag alles wieder perfekt ist. Häufig wird nach einer solchen Operation eine Tamponade im Auge platziert, die das Sehvermögen vorübergehend beeinträchtigen kann. Handelt es sich um eine Gas-Tamponade, darf der Patient nicht hoch steigen oder mit einem Flugzeug fliegen. Insbesondere nach einer Netzhautablösung muss der Patient häufig eine bestimmte Position einnehmen und in den meisten Fällen etwa zwei bis drei Tage liegen. Manchmal kann der Eingriff auch ambulant oder mit kürzerer Liegezeit durchgeführt werden. In der Regel lassen die Einschränkungen nach einer Operation nach etwa 10 Tagen deutlich nach.
Prof. Wolf: Eine Heilung der Netzhaut im herkömmlichen Sinne ist nicht möglich. Die Netzhaut kann sich nicht selbst heilen, genauso wenig wie das Gehirn. Beides sind neurologische Gewebe. Allerdings kann sich die Netzhaut in gewisser Weise verändern und anpassen. Wir wissen heute, dass nach einer Netzhautchirurgie funktionelle Veränderungen über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren auftreten können. Das bedeutet, dass sich das Sehvermögen auch noch ein Jahr nach einer Netzhautoperation verändern kann. In den meisten Fällen treten die größten Veränderungen jedoch in den ersten 6 bis 12 Wochen nach der Operation auf.
Eine Heilung der Netzhaut im herkömmlichen Sinne ist nicht möglich.
Prof. Wolf: Die Netzhautchirurgie, einschließlich der Behandlung epiretinaler Membranen, ist Gegenstand intensiver Forschung. Eine wesentliche Veränderung besteht in der Entwicklung weniger invasiver Verfahren im Vergleich zu früher. Die chirurgischen Verfahren sind heute wesentlich schneller und für den Patienten weniger belastend. Gleichzeitig versuchen wir, die zugrunde liegenden Ursachen dieser Erkrankungen besser zu verstehen. Wir wissen immer noch nicht im Detail, warum sich epiretinale Membranen bilden. Es gibt viele Hypothesen, aber die genaue Ursache ist noch nicht vollständig geklärt. Wir arbeiten daran, therapeutische Ansätze zu entwickeln, um die Entwicklung des Sehvermögens zu verbessern, insbesondere nach Netzhautoperationen. Außerdem versuchen wir, systemische Therapien in die Behandlung zu integrieren.
Prof. Wolf: In der aktuellen Forschung wird intensiv an Möglichkeiten gearbeitet, die Sehschärfe nach einer Netzhautoperation weiter zu verbessern. Verschiedene Methoden, Medikamente und zusätzliche Hilfsmittel werden untersucht, um die Sehschärfe zu verbessern. Es gibt viele vielversprechende Ansätze zur Verbesserung der Sehschärfe nach Netzhautoperationen. Die genaue Entwicklung dieser Methoden und ihre Wirksamkeit in Studien sind noch nicht abschließend geklärt. Ich bin aber zuversichtlich, dass es in Zukunft therapeutische Ansätze dazu geben wird.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 24.01.2024.