Die Auslöser von Nesselsucht sind vielfältig und nicht in jedem Fall klar bestimmbar. Vor allem dann, wenn sich die Ursache trotz umfangreicher Diagnostik nicht ermitteln lässt, könnte Stress dahinterstecken. In diesem Fall kann Stressreduzierung langfristig zur Linderung der Beschwerden oder zu Beschwerdefreiheit führen.
Bei akutem Stress wird vermehrt Histamin durch die Mastzellen der Haut ausgeschüttet. Histamin, das bei der Immunabwehr sehr nützlich ist, bewirkt bei der Nesselsucht die Anschwellung des Gewebes, ist also für die Quaddelbildung verantwortlich. Die Mechanismen dahinter sind komplex. Ist Stress der Auslöser für die Nesselsucht, sprechen Mediziner von einer stressinduzierten Urtikaria.
Stress kann die Nesselsucht auslösen. Gleichzeitig können aber auch die Symptome der Nesselsucht Stress verursachen: Betroffene schämen sich für den unschönen Hautausschlag, ihr Selbstbewusstsein leidet. Angioödeme, also Schwellungen in den tieferen Hautschichten, treten besonders häufig im Gesichtsbereich auf und lassen sich nicht unter Kleidung verstecken. Betroffene möchten lieber zu Hause bleiben, Kontakte vermeiden, sich sozial zurückziehen.
Der Juckreiz der Nesselsucht kann auch zum Stressfaktor werden: Er verursacht häufig Schlafstörungen, die zu Tagesmüdigkeit und Konzentrationsproblemen führen. Eine verminderte Leistungsfähigkeit und eventuelle berufliche Nachteile können die Folge sein.
Die Nesselsucht durch Stress hängt häufig mit einer vermehrten Schweißbildung zusammen. Der Schweiß löst die Bildung der Quaddeln aus. Diese Form der Nesselsucht (cholinerge Urtikaria) führt meist zu kleineren Quaddeln, die innerhalb kurzer Zeit wieder verschwunden sind.
Das Risiko einer chronischen Nesselsucht ist durch Stress, belastende Lebenssituationen und emotionale Probleme erhöht. Manchmal tritt die Nesselsucht in Begleitung einer Autoimmunerkrankung, einer chronischen Erkrankung oder einer Allergie auf, deren Symptome Körper und Psyche zusätzlich belasten.
Angst vor dem nächsten Ausbruch der Nesselsucht kann Stress auslösen: Die Befürchtung, zu einem Bewerbungsgespräch oder einem wichtigen Meeting mit quaddelnder Haut zu erscheinen, setzt Betroffene schon Tage vorher unter Druck.
So kann aus dem Leiden unter den Symptomen und dem Angst vor dem nächsten Schub ein stressverursachender Teufelskreis entstehen, der zu weiteren Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder zu einem Suchtverhalten führen kann.
Da eine Nesselsucht nur symptomatisch behandelt werden kann, gilt es die Auslöser zu vermeiden, um beschwerdefrei zu bleiben. Menschen, deren Urtikaria durch bestimmte Medikamente, Nahrungsmittel oder äußere Reize ausgelöst wird, können diese häufig gut meiden und damit die Urtikaria in Schach halten. Bei einer stressinduzierten Nesselsucht ist dies schwieriger. Stress lässt sich kaum dauerhaft vermeiden, zumal Betroffene häufig besonders anfällig auf Stress reagieren. Das heißt, sie empfinden bereits Stress in Situationen, in denen viele andere noch gelassen bleiben. Zudem kommt Stress meist nicht von außen, ist also nicht notwendigerweise mit Zeitdruck und Überstunden verbunden. Viel häufiger stecken eine Ehekrise, ein krankes Familienmitglied, finanzielle Schwierigkeiten oder ähnliche Sorgen hinter dem Stress – Situationen, die sich nicht so einfach beseitigen lassen.
Stress, der sich nicht verhindern lässt, sollte verringert werden. In akuten Krisen können eine Gesprächstherapie oder eine Verhaltenstherapie eine gute psychologische Unterstützung sein. Auch tieferliegende Ängste und Traumata, die Stress verursachen, können auf diese Weise gezielt bearbeitet werden.
Außerdem ist es wichtig, dass Betroffene einen Weg finden, besser mit stressigen Situationen umzugehen. Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training und Atemübungen helfen dabei. Tai Chi, Yoga oder Meditation lenken die Aufmerksamkeit auf den Moment und führen langfristig zu mehr innerer Ruhe. Krankenkassen oder Volkshochschulen bieten Kurse zur Stressbewältigung an.
Hilfreich ist das Führen eines Beschwerde-Tagebuchs. Werden Krankheitsgeschehen und Alltagssituationen regelmäßig notiert, lassen sich mitunter Zusammenhänge herstellen, die den Betroffenen vorher nicht bewusst waren.
Zusätzlich empfehlen Mediziner einen Ausgleich durch Sport. Geeignet sind vor allem Sportarten, die mit gleichförmiger Bewegung einhergehen wie Laufen, Schwimmen, Rudern oder Radfahren.
Falls notwendig, können Antihistaminika als Medikamente gegen die stressbedingte Nesselsucht angewendet werden.
ÄrzteZeitung – Studie bestätigt Haut als Spiegel der Seele: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Studie-bestaetigt-Haut-als-Spiegel-der-Seele-239046.html (online, letzter Abruf: 22.05.2020)
Gesundheit und Wohlbefinden – Stressinduzierte Nesselsucht verstehen und gezielt behandeln: https://www.gesundheit-und-wohlbefinden.net/stressinduzierte-nesselsucht-verstehen-und-gezielt-behandeln/ (online, letzter Abruf: 22.05.2020)
Welt – Wenn Stress sogar unter die Haut geht: https://www.welt.de/gesundheit/article12726142/Wenn-Stress-sogar-unter-die-Haut-geht.html (online, letzter Abruf: 22.05.2020)
aktualisiert am 22.05.2020