Wie eine Nesselsucht (Urtikaria) behandelt wird, hängt vom Patienten und seinem Leidensdruck ab. Aus medizinischer Sicht muss Nesselsucht nicht therapiert werden. Ausnahme ist ein Anschwellen der Schleimhäute im Rachen, was aufgrund der Luftnot einen Notfall darstellt.
Nicht nur kann eine Nesselsucht unterschiedlich schwer verlaufen, auch ist die Reizschwelle bei jedem Patienten anders. Juckreiz ist das Symptom der Urtikaria, das den Betroffenen am meisten zu schaffen macht. Mit Hausmitteln bei Nesselsucht und frei verkäuflichen Cremes und Salben aus der Apotheke ist für einige Patienten der Juckreiz so weit in den Griff zu bekommen, dass eine weitere Therapie nicht notwendig ist.
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Die Quaddeln stellen für viele ein ästhetisches Problem dar. Die Quaddelbildung lässt sich nur mit Antihistaminika oder Cortison unterbinden, Medikamenten, die vom Arzt verschrieben werden müssen.
Eine akute Urtikaria steht in 40 Prozent aller Fälle im Zusammenhang mit einem Infekt. Sie heilt innerhalb weniger Tage oder Wochen ohne Behandlung ab. Von einer chronischen Urtikaria spricht man, wenn die Nesselsucht länger als sechs Wochen anhält. Dann kann ein Besuch beim Arzt hilfreich sein.
Eine Urtikaria ist nicht gefährlich, es sei denn, die Schleimhäute im Mund-Rachen-Raum sind betroffen. Dann sollte sofort ärztlicher Rat eingeholt werden, da es zu lebensbedrohlicher Luftnot kommen kann. Ist dies nicht der Fall, kann der Betroffene abwarten und selbst auf Ursachensuche gehen.
Die Ursachen einer Urtikaria sind vielfältig. Vor allem wenn die Nesselsucht länger dauert, empfiehlt sich eine Art Tagebuch, in dem man täglich die Schwere der Symptome festhält und notiert, was man gegessen hat, welche Medikamente man einnimmt, welche Kosmetikprodukte, Putz- und Waschmittel verwendet wurden. Stress, Kälte, Licht oder Schwitzen kann ebenfalls eine Nesselsucht auslösen. Lässt sich die Ursache auf diese Weise herausfinden, hat die Nesselsucht schnell ein Ende, wenn man den Auslöser meidet. Die Absetzung von Medikamenten muss mit dem Arzt besprochen werden.
Häufiger Auslöser einer dauerhaften Nesselsucht ist eine Autoimmunreaktion des Körpers. Das heißt, das Immunsystem ist gegen eigene Strukturen des Körpers gerichtet. Im Blut von Betroffenen zirkulieren Substanzen, die die Mastzellen aktivieren und damit die Quaddelbildung und den Juckreiz auslösen. Ob das der Fall ist, lässt sich mit einem Serumtest herausfinden. Dafür wird dem Patienten Blut entnommen, daraus Serum gewonnen, das dann wieder in die Haut injiziert wird. Zeigen sich nach spätestens 30 Minuten Quaddeln, ist dies ein Hinweis darauf, dass eine sogenannte autoreaktive chronische Urtikaria vorliegt. Ist dies der Fall, lassen sich die Symptome mit Antihistaminika behandeln.
Ein akuter Infekt wie eine Erkältung kann eine Nesselsucht auslösen. Ist der Infekt überstanden, verschwindet auch die Urtikaria. Ist der Infekt jedoch chronisch, dann bleibt die Nesselsucht bestehen. Meist ist sich der Patient des Infekts nicht bewusst. So kann im Magen-Darm-Trakt das Bakterium Helicobacter pylori der Auslöser sein, was sich durch eine Magenspiegelung feststellen lässt. Auch eine hartnäckige Nasennebenhöhlenentzündung oder immer wiederkehrende Mandelentzündungen können dahinterstecken. Häufig findet sich der Grund im Bereich des Kiefers oder des Zahnhalteapparates, weshalb der Zahnarzt bei der Ursachenforschung behilflich sein kann. Ist der Entzündungsherd im Körper gefunden und wird er behandelt oder ausgeräumt, kann dies die Nesselsucht für immer beenden.
Von einer Intoleranz-Urtikaria spricht der Mediziner, wenn die Nesselsucht mit bestimmten Nahrungsmitteln in Verbindung steht. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine allergische Reaktion auf das Lebensmittel selbst, sondern vielmehr um eine Unverträglichkeit, die meist gegen Zusatzstoffe besteht.
Betroffene müssen ein Tagebuch führen, in dem sie genau festhalten, was sie essen. Mit einem Ernährungsplan werden dann Stück für Stück zu den Dingen, die gut vertragen werden, die Nahrungsmittel hinzugefügt, die in Verdacht stehen, die Nesselsucht auszulösen. Nur durch diese Provokation lässt sich herausfinden, welche Stoffe die Urtikaria auslösen.
Die Ursachen für eine Urtikaria herauszufinden, ist häufig ein langwieriger Prozess, der auch dem Patienten viel Geduld und Selbstdisziplin abfordert. In rund zehn Prozent aller Fälle lässt sich für eine chronische Urtikaria keine Ursache finden.
Jede Urtikaria – ob akut oder chronisch – lässt sich symptomatisch behandeln. Mit Antihistaminika wird die Bildung von Histamin, das bei der Hautreaktion eine wesentliche Rolle spielt, unterdrückt. Die Quaddeln und der Juckreiz bleiben aus. Die Antihistaminika der zweiten Generation gelten als gut verträglich und können auch über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Sollte sich die Urtikaria auch bei einer vierfach erhöhten Dosis von Antihistamin nicht bessern, kann zusätzlich ein Medikament mit dem Wirkstoff Omalizumab gegeben werden, der sonst zur Behandlung von Asthma eingesetzt wird.
Mit sogenannten Glucocorticoiden, zu denen Cortison zählt, lässt sich die Funktion der Mastzellen in der Haut unterdrücken, sodass Quaddelbildung und Juckreiz ausbleiben. Da Cortison aber vor allem bei einer längeren Einnahme erhebliche Nebenwirkungen hat, ist es zur dauerhaften Behandlung einer chronischen Urtikaria nicht geeignet. Bei einer stark ausgeprägten Urtikaria kann Cortison für einige Tage eingesetzt werden.
Deutsches Ärzteblatt, Marcus Maurer; Jürgen Grabbe – Urtikaria - gezielte Anamnese und ursachenorientierte Therapie: https://www.aerzteblatt.de/archiv/60587/Urtikaria-gezielte-Anamnese-und-ursachenorientierte-Therapie (online, letzter Abruf 02.06.2020)
Deutsche Apothekerzeitung – Neue Indikation für Omalizumab. Zusatztherapie bei chronischer spontaner Urtikaria: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2014/daz-15-2014/neue-indikation-fuer-omalizumab (online, letzter Abruf 02.06.2020)
Deximed Hausarzt-Wissen online, Martina Bujard – Urtikaria: https://deximed.de/home/klinische-themen/haut/patienteninformationen/juckende-hauterkrankungen/nesselsucht-urtikaria (online, letzter Abruf 02.06.2020)
aktualisiert am 02.06.2020