15 bis 20 Prozent der unter 18-Jährigen leiden in ihrer Kindheit und Jugend unter Nesselsucht (Urtikaria). In vielen Fällen handelt es sich um einen einmaligen akuten Krankheitsschub. Manchmal kann die Urtikaria chronisch werden.
Eine Nesselsucht kann eine Fülle von Ursachen haben. Bei Babys und Kindern tritt sie in über der Hälfte der Fälle in Zusammenhang mit einer Infektionskrankheit auf, wie zum Beispiel einem grippalen Infekt, einer Mittelohrentzündung oder einer Mandelentzündung. Die Nesselsucht macht sich oft erst bemerkbar, wenn der Infekt ausgestanden ist. Eltern stellen dann häufig keine Verbindung mehr zu dem Infekt her, der dann schon zehn Tage vorüber sein kann.
Auch Wurm- oder Parasitenbefall kann bei Kindern einen Nesselausschlag auflösen, weshalb bei hartnäckiger Nesselsucht eine Stuhlprobe sinnvoll sein kann.
Nesselsucht äußert sich in Quaddeln auf der Haut sowie manchmal in Schwellungen in den tieferen Hautschichten (Angioödem). Schuld ist die Freisetzung von Histamin aus den Mastzellen. Dadurch werden die Blutgefäße erweitert und Rötungen und Schwellungen entstehen. In aller Regel ist das ungefährlich. Nichtsdestotrotz können die Quaddeln stark jucken, sodass das Wohlbefinden des Kindes beeinträchtigt ist. Es kann nachts vielleicht schlecht schlafen, ist dann tagsüber müde und unkonzentriert. Viele Eltern sind zunächst beunruhigt, doch gerade bei einem Baby oder Kleinkind tritt die Nesselsucht oft spontan auf und heilt ohne Therapie innerhalb weniger Tage ab.
Von einem chronischen Verlauf einer Nesselsucht spricht man, wenn die Erkrankung länger als sechs Wochen anhält. Studien haben gezeigt, dass Kinder, bei denen die Beschwerden länger als drei Monate andauern, meist auch in den folgenden drei Jahren weiterhin mit Nesselsucht zu kämpfen hatten. Aber selbst dann ist damit zu rechnen, dass die Hälfte der chronischen Verläufe innerhalb von fünf Jahren ausheilt. Chronische Verläufe sind vor allem bei älteren Kindern zu beobachten.
Häufig steckt hinter einem chronischen Verlauf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder eine Reaktion auf Zusatzstoffe in der Nahrung. Eine sogenannte induzierbare Urtikaria, das ist eine Nesselsucht, die durch äußere Reize wie zum Beispiel Kälte, Licht oder Druck verursacht wird, ist möglich. Sie kommt bei Kindern aber seltener vor.
Eine chronische Nesselsucht kann für Kinder psychisch belastend sein. Vor allem kann das der Fall sein, wenn die Auslöser (noch) nicht bekannt sind und das Kind weiß, dass die Nesselsucht jederzeit wieder unerwartet auftreten kann.
Manchmal schämen sich Kinder für die auffälligen Quaddeln und Rötungen, vor allem dann, wenn sie im Gesicht auftreten und sich nicht gut verstecken lassen. Manchmal werden die Hautveränderungen auch mit den Symptomen einer ansteckenden Krankheit verwechselt, sodass die Kinder vielleicht gemieden werden. Sozialer Rückzug und Traurigkeit oder depressive Verstimmungen können die Folge sein.
In den meisten Fällen ist die Nesselsucht ungefährlich und muss nicht ärztlich behandelt werden, wenn sie nur einmalig auftritt und das Kind nicht zu sehr unter dem Juckreiz leidet. Zeigen sich die Quaddeln oder Schwellungen in regelmäßigen Abständen immer wieder oder dauern sie an, sollte man mit dem Kind zum Kinderarzt oder Hautarzt gehen.
Bei Kreislaufstörungen oder Atemproblemen muss sofort der Notarzt gerufen werden, denn dann kann es sich um einen anaphylaktischen Schock handeln. Bei Schwellungen, die im Mund- und Rachenraum auftreten, ist ebenfalls sofortige medizinische Hilfe zu holen. Diese Komplikationen kommen nur selten vor.
Bei einer akuten Nesselsucht können kühlende Waschlappen oder Coldpacks den Juckreiz stillen. Bewährt sind auch Salben, Sprays oder Schüttelmixturen, die Polidocanol und Menthol enthalten. Ist der Auslöser der Nesselsucht bekannt, sollte er gemieden werden.
Ist der Verlauf chronisch, kann nur mit einer Reihe von Tests nach den Ursachen geforscht werden. Allergietests oder Diäten aufgrund von vermuteten Nahrungsmittelunverträglichkeiten belasten das Kind oft mehr, als dass sie helfen. Bei ungefähr 20 Prozent der betroffenen Kinder kann die Ursache der Nesselsucht nicht geklärt werden.
In den meisten Fällen wird der Arzt dem Kind ein Antihistaminikum verschreiben. Das Medikament hebt die Wirkung des körpereigenen Stoffs Histamin, der an der Bildung von Quaddeln beteiligt ist, auf oder schwächt sie ab. Das heißt, diese Medikamente heilen die Erkrankung nicht, sondern verhindern die Ausprägung der Symptome. Diese nicht-sedierenden Antihistaminika der zweiten Generation sind gut erforscht, werden von Kindern gut vertragen und machen nicht müde. Um die Nesselsucht dauerhaft in den Griff zu bekommen, sollte die Therapie in Absprache mit dem Kinderarzt konsequent und lange genug durchgeführt werden.
nesselsuchtinfo.de – Nesselsucht bei Kindern: Was können Eltern tun?: https://www.nesselsuchtinfo.de/ratgeber/nesselsucht-bei-kindern (online, letzter Abruf: 05.05.2020)
GPA Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin, Dr. Frank Ahrens; Dr. Peter J. Fischer; Dr. Katja Nemat – Chronische Urtikaria. In: Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis; 1/2013, S. 37/38: https://www.gpau.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Elternratgeber/ER_2013_1-13.pdf (online, letzter Abruf: 05.05.2020)
GPA Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin, Dietrich Abeck; Christina Schnopp – Urtikaria-Management im Kindesalter. Die Einteilung in akute und chronische Urtikaria, ihre Häufigkeit, Auslöser, Sonderformen, Diagnostik und Therapie. In: Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis 3/2005, S. 6 ff: https://www.gpau.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Zeitschriften/GPA_2005_3-05.pdf (online, letzter Abruf: 05.05.2020)
aktualisiert am 05.05.2020