Prof. Blum: Der Wunsch, einen medizinischen Beruf zu ergreifen, bestand schon
seit dem Ende der Schulzeit. Diese beiden Bereiche - Geigenbau und Medizin - liefen für mich parallel. Es kam auch damals der Gedanke auf, eventuell Musiktherapie zu studieren, da ich einerseits ein begeisterter Musiker bin, andererseits mir aber bewusst wurde, dass meine Vorstellung einer Karriere als professioneller Musiker auf dem höchsten Niveau unrealistisch war. Ich wollte nicht mein Leben in der hintersten Reihe eines kleinen Orchesters verbringen und eine große Solokarriere entsprach ebenfalls nicht meinen Fähigkeiten. Außerdem spielte ich neben klassischer Musik aus reinem Spaß auch in Bands. Diese Zeit nutzte ich, um mich intensiv mit Rock und Jazz auseinanderzusetzen.
Nach meinem Schulabschluss mit Abitur hatte ich nicht vor, sofort an der Universität zu studieren und mich mit Studienbüchern zu beschäftigen. Stattdessen wollte ich den praktischen Bereich vertiefen. Ich nahm auch dann die Chance wahr, bei dem Geigenbauer Stelio Rossi in Siena in Italien den Beruf des Geigenbauers zu erlernen. Obwohl ich damals nicht ausgeschlossen hatte, diesen Beruf später weiter auszuüben, war mir bewusst, dass ich gerne Medizin studieren würde. So kam es auch. Während meiner Zeit als Geigenbauer hatte ich Kunden, die Änderungen an ihren Instrumenten vornehmen lassen wollten. Obwohl ich sie nicht als Patienten betrachtete, fragte ich mich, ob ihre Probleme möglicherweise medizinischer Natur sein könnten. Zu dieser Zeit war diese Frage jedoch noch unklar. Schließlich kam es dazu, dass ich nach Abschluss meiner Geigenbauausbildung in Siena dann in Mainz weiter Medizin studierte. Im weiteren Verlauf konnte ich meine beiden Interessen zumindest teilweise miteinander verknüpfen.
Prof. Blum: Während meiner Zeit als Geigenbauer in der Werkstatt meines Meisters
in Siena, Italien, hatten Kunden bestimmte Probleme mit ihrem Streichinstrument, die sie von uns gelöst haben wollten. Wie bereits erwähnt, schienen diese mir in manchen Fällen jedoch eher körperbedingt zu sein. Als ich später an der Uniklinik in Mainz arbeitete, fiel mir auf, dass es viele Musikerpatienten gab, die medizinische Probleme hatten, darunter auch solche, die vielleicht durch Änderungen am Instrument behandelt werden könnten, anstatt mit herkömmlicher Therapie. Diese Beobachtungen inspirierten mich dazu, eine Sprechstunde für Musiker in Betracht zu ziehen. Als ich noch Medizinstudent war, hatte ich Kontakt mit Professor Wagner, der damals das Institut für Musikphysiologie in Hannover leitete und mit dem sich dann ein intensiver Austausch entwickelte. Mir wurde bewusst, dass es viele Überschneidungen gibt, obwohl Musik und Medizin zwei unterschiedliche Welten darstellen. Mein erster Chef in Mainz, Professor Ritter, leitete an der Unimedizin die Unfall- und Handchirurgie und war mit einer Musikerin verheiratet. Musik spielte somit eine wichtige Rolle in seinem Leben und er stand meiner Idee sehr offen gegenüber. Ohne die Unterstützung meines damaligen Chefs hätte dieses Projekt vermutlich nicht funktioniert. Doch zum Glück konnte ich im Jahr 1989 die Musikersprechstunde in der Klinik etablieren.
Prof. Blum: Die Ursprünge dieser Gründung gehen sehr weit zurück. Wie bereits erwähnt, hatte ich Professor Wagner kennengelernt, während ich noch Medizin studierte. Als Assistenzarzt führte ich dann eine musikermedizinische Studie durch, die ich bei der Performing Arts Medical Association PAMA in den USA präsentierte. Die PAMA befasst sich nicht nur mit Musikern und Musikerinnen, sondern auch mit Tänzern und Tänzerinnen. Wir wussten damals, dass Deutschland Ende der 80er Jahre in diesem Bereich im Vergleich zur Musikermedizin in den USA noch wenig spezifische Struktur aufwies. Es gab schon einige Kollegen in der damaligen Bundesrepublik und in der ehemaligen DDR, die sich mit diesem Thema befassten, aber das waren eher „Einzelkämpfer“ in diesem Gebiet. Unser Ziel war es, Experten aus dem Bereich der Musikermedizin im klinisch-wissenschaftlichen Bereich zusammenzubringen und für Musiker in Deutschland ein Netzwerk und ein damit verbundenes Adressbuch bereitzustellen, wo sie passende Personen finden konnten, an die sie sich bei Problemen wenden können.
Dies waren die Hauptgrundlagen. Nach jahrelangen Vorbereitungen, in denen wir neue Ärzte und Physiotherapeuten kennengelernt und zusammengeführt hatten und Inhalte festlegten, war es 1994 soweit. Bei einem musikermedizinischen Kongress in München wurden am Rande der Veranstaltung die letzten Unterschriften der Gründungsmitglieder gesammelt und die DGfMM gegründet.
Fast 30 Jahre sind seitdem vergangen und wir werden das Jubiläum bei unserem nächsten Symposium in Hannover 2024 feiern. Die Gesellschaft hat jetzt mehr als 550 Mitglieder. Diese umfassen nicht nur Ärzte, sondern auch Experten aus den Bereichen Körpertherapie und Physiotherapie. Wir legen großen Wert darauf, dass diese Disziplinen, wie z.B. Physiotherapie, Ergotherapie, Yoga und Feldenkrais-Technik, wichtige Elemente in der Prävention von Krankheiten sind. Von Beginn an war auch ein Physiotherapeut aus Hannover im Vorstand vertreten, der sich krankengymnastisch intensiv um Musiker kümmerte. Auf diese Weise haben wir die Gesellschaft geformt und stärker gemacht.
Prof. Blum: Verschiedene Musikinstrumente erzeugen unterschiedliche Belastungen. In meiner Musikersprechstunde und bei meinen Kollegen kommen alle Instrumente vor. Bei den Sängern ist es ein bisschen anders. Sie hatten bereits zuvor eine gute medizinische Unterstützung, insbesondere durch Phoniater, also Ärzte mit Fokus auf den Stimmbändern. Deshalb sind die spezifischen Probleme der Sänger auch gesondert zu betrachten. Letztlich können alle Instrumentalgruppen von musikermedizinischen Problemen betroffen sein. Beim Zugang zu meiner Sprechstunde als Arzt für Musiker mache ich keinen Unterschied, auch wenn es um Instrumente geht, die ich selbst nicht spiele, wie zum Beispiel die Trompete. Das liegt einfach daran, dass es nicht viele Ärzte gibt, die sich damit beschäftigen. Im Zweifelsfall verweisen wir Sie an spezialisierte Kolleginnen und Kollegen und vermitteln weiter.
Die meisten Musiker im Sinfonieorchester sind Streicher, darunter wiederum hauptsächlich Geiger. Diese Gruppe der verschiedenen Streicher ist dann letztlich auch eine Mehrheit unter meinen Musikerpatienten. In meiner Sprechstunde treffe ich neben den Streichern auch recht viele Pianisten, aber auch auf Rock- und Jazzmusiker, die Gitarre und Bass spielen. Das sind dann natürlich keine Orchestermusiker – neben wenigen Berufspianisten als reine konzertante Künstler sind dies vor allem viele Klavierpädagogen. Die Gesundheitsprobleme sind vielfältig, wie bereits betont ist die Belastung je nach Instrument unterschiedlich. Es gibt einige gemeinsame Merkmale, wie Überlastung der Sehnen und Muskeln, insbesondere in der Hand, am Ellenbogen und an der Schulter. Die Belastung der Wirbelsäule variiert je nachdem, ob der Musiker sitzt oder steht. Es bestehen klare Unterschiede. Kontrabassspieler haben beispielsweise durch ihre asymmetrische Körperhaltung spezielle Belastungen in der Becken- und Lendenwirbelsäulenregion, welche andere Musiker möglicherweise nicht haben.
Verschiedene Musikinstrumente erzeugen unterschiedliche Belastungen.
Prof. Blum: Was wir häufig beobachten, sind Überlastungen von Strecksehnen und
Sehnenscheiden im Bereich der Hände und Unterarme. Insbesondere ist das Handgelenk im Streckbereich betroffen. Auch die Strecksehne des Daumens zeigt sich nicht selten angegriffen, da sie über eine harte Vorwölbung an der Speiche verläuft. Das Karpaltunnelsyndrom der Hand ist ebenfalls eine durchaus häufige neurologische Erkrankung, die wir behandeln. Dies betrifft eine Überbelastung des mittleren Handnerven, der dann beiden von ihm versorgten Fingern Taubheitsgefühle und Schmerzen verursachen kann. Dadurch beeinträchtigt es die Fähigkeit, das Instrument perfekt zu spielen. Es gibt andere Berufe, in denen Patienten ähnliche Probleme haben, aber mehr Möglichkeit haben, diese zu kompensieren, ohne dass ihre Technik vollständig beeinträchtigt wird. Musiker haben auch teilweise mit anderen neurologischen Problemen zu kämpfen, wie zum Beispiel der fokalen Dystonie. Dabei zwingt sich ein Finger, zum Beispiel der Ringfinger, in eine gebeugte Krampfhaltung beim Spielen des Instruments, also eine isolierte Störung, die nicht mehr bewusst beherrschbar ist. Diese Störung ist für gewöhnlich schmerzfrei, aber maximal irritierend und behindernd. In der Musikermedizin benötigt man eine klare Vorstellung von den Anforderungen, die das Instrument an die Person stellt. Dies ist notwendig für die Analyse, Beratung und Therapie, um zu wissen, wie damit umzugehen ist. Es ist wichtig, das Instrument bei bestimmten Therapiephasen einzubeziehen und auch eine grundlegende Kenntnis über das Instrument und dessen Anwendung zu haben.
Musiker haben auch teilweise mit anderen neurologischen Problemen zu kämpfen, wie zum Beispiel der fokalen Dystonie.
Prof. Blum: Ja, das spielt eine Rolle. Ich möchte nicht behaupten, dass eine Gruppe von Musikern besonders geschützt ist. Allerdings ist es so, dass Rock- und Jazzmusiker oft improvisieren können und bestimmte Abweichungen nicht automatisch als Fehler angesehen werden. Im Gegensatz dazu gibt es eben vor allem in der klassischen Musik in der Regel Stücke, die komplett durchkomponiert sind und von einem Orchester unter der Leitung eines Dirigenten mit strengen Vorgaben aufgeführt werden. Hier wird erwartet, dass alles millimetergenau und sekundengenau ausgeführt wird. Aber auch beispielsweise klassische Musiker, die in einem Quartett spielen und sich dabei extrem aufeinander abstimmen müssen, unterscheiden sich von Jazz-Musikern insbesondere dahingehend, dass sie wenig Spielraum in Richtung der Improvisation haben. In bestimmten Bereichen können Jazz- und Rockmusiker gewisse Überlastungen vermeiden. Allerdings trifft das nicht auf alles zu. In meiner Praxis habe ich auch Rock- und Jazzmusiker mit fokaler Dystonie behandelt. Im Jazzbereich, besonders bei sehr virtuosen Spielarten, gibt es hohe Anforderungen, auch was die Geschwindigkeit angeht. Eine Gruppe, die ich bisher nicht erwähnt habe, sind die Schlagzeuger. Schlagzeugspieler sind durchaus auch von diesen Problemen betroffen. Aus diesem Grund hatte ich auch ein ganzes musikphysiologisches Semester an der Frankfurter Hochschule für Musik mit Schlagzeugspielern verbracht, um ihre verschiedenen musikermedizinischen Problembereiche zu thematisieren.
Prof. Blum: Grundsätzlich möchte ich sagen, dass die Musikersprechstunde in meiner Klinik nicht zwingend auf eine bei uns ausgeführte Therapie ausgerichtet ist. Ich sehe sie in erster Linie als eine Beratungssprechstunde und Beratungsanalyse. Viele Musiker, die zu uns kommen, kommen nicht aus der Region, sondern aus Berlin, Hamburg, München oder sogar aus dem Ausland. Daher ist es wichtig zu überlegen, wie es therapeutisch weitergehen kann. Viele Patienten haben bereits mehrere Beratungen durchlaufen und sind daher oft frustriert. Es gibt manche Ärzte, die das Hauptproblem nicht verstehen. Darum müssen wir erst analysieren und dann beraten. Wenn Patienten von weiter herkommen, vermittle ich gerne Kontakte zu Therapeuten in der Nähe. Die Fachgesellschaft DGFMM hilft uns dabei sehr, da sie ein großes Netzwerk anbietet. Es ist auch üblich, dass ich selbst Musikerpatienten behandle, sei es mit konservativen Methoden, Medikamenten oder Hilfsmitteln.
Ich bin vorsichtig bei der Verwendung von Schienen, da zu langes Ruhigstellen Probleme verursachen kann. In manchen Fällen würde ich schneller zu einer Operation raten, jedoch immer mit Vorsicht. Ein operativer Eingriff an der Hand ist eine ernste Angelegenheit. Zum Beispiel, wenn das Karpaltunnelsyndrom über eine längere Zeit konservativ behandelt wird, ohne Erfolg und der Musiker unter Zeitdruck steht, könnte eine Operation sinnvoll sein. Musiker müssen regelmäßig üben, nicht nur in jungen Jahren, sondern auch im Alter. Deshalb ist es entscheidend, dass sie so schnell wie möglich wieder üben können. Diese Tatsache beeinflusst auch meine Entscheidung, ob eine Operation durchgeführt werden soll oder nicht.
Prof. Blum: Bei der Vorbeugung von Verletzungen bei Musikern geht es darum, dass sie sich gut vorbereiten. Zum Beispiel können sie ihr Übungsprogramm verbessern, welches wir als "Überhygiene" bezeichnen und das den Ablauf des Übens betrifft. Aus der Sportphysiologie gibt es Empfehlungen zum Aufwärmen und Abkühlen, die beachtet werden sollten. Es ist wichtig, nicht direkt ins Übungszimmer zu gehen, in dem beispielsweise der Flügel steht, und sofort mit dem Rachmaninoff Konzert zu beginnen. Stattdessen ist es nützlich, gezielte Übungen am Anfang und Ende des Trainings durchzuführen, um die Eingewöhnung an spezifische Belastungen zu fördern. Es empfiehlt sich, Übungseinheiten nicht mit komplizierten Techniken abzuschließen, sondern mit einfacheren Techniken ausklingen zu lassen. Es ist sinnvoll, die Übungseinheiten in kleinere Abschnitte zu unterteilen, um sie effektiver zu gestalten.
Oftmals wird an Musikhochschulen versucht, die zugewiesene Zeit voll auszuschöpfen, ohne sich ordentlich vorzubereiten oder die Übungseinheit zu strukturieren. Um den Körper besser auf die Belastungen vorbereiten und Spannungen kontrollieren zu können, sollten sich Musiker zusätzlich mit Körpertechniken wie beispielsweise Feldenkrais, Alexandertechnik und/oder Yoga beschäftigen.
Die Anforderungen an alle Musiker sind sehr anspruchsvoll, und insbesondere bei Streichinstrumentalisten kommt dazu, dass schon minimale räumliche Abweichungen auf den Saiten den Klang und die saubere Intonation erheblich beeinträchtigen können. Deshalb ist es wichtig, ein umfassendes Konzept zu entwickeln, das nicht nur die musikalischen Fähigkeiten, sondern auch den Körper und die Psyche beachtet. Es wäre ideal, wenn solche Seminare nicht nur an Musikhochschulen, sondern auch an Konservatorien und Musikschulen angeboten werden, um diese präventiven Aspekte frühzeitig zu integrieren. Es ist eine Herausforderung, da es nicht viele Personen gibt, die solche Seminare nebenberuflich anbieten können. In meinem eigenen Fall habe ich meinen Hauptberuf als Chefarzt einer Klinik und unterrichte musikalische Prävention als zusätzliche Professur, was als Nebenberuf natürlich limitierte Kapazitäten besitzt.
Zum Glück gibt es auch hauptberufliche Institute für Musikphysiologie, wie beispielsweise in Hannover, Dresden, Freiburg, Würzburg und an anderer Stelle. Unsere Gesellschaft arbeitet daran, in Deutschland eine Gemeinschaft weiter auszubauen, die sich mit musikalischer Prävention beschäftigt. Ziel ist, dass möglichst viele Einrichtungen Experten auf diesem Gebiet haben können.
Um den Körper besser auf die Belastungen vorbereiten und Spannungen kontrollieren zu können, sollten sich Musiker zusätzlich mit Körpertechniken wie beispielsweise Feldenkrais, Alexandertechnik und/oder Yoga beschäftigen.
Prof. Blum: Einige Krankheitsbilder sind uns nun bewusster geworden und es wird mehr darauf geachtet. Vor 30 Jahren hatte man deutlich weniger Zugriff auf Beratungsstellen. In den 80er Jahren gab es in Hannover bereits das Institut von Professor Wagner, heute Professor Altenmüller, welches an die Hochschule angegliedert war und das schon damals sehr sinnvoll war. Doch an den Kliniken selbst gab es nicht viel. Jetzt haben wir beispielsweise in Berlin an der Charité, ein Institut, welches gemeinsam vom Klinikum und den beiden Musikhochschulen ausgerichtet wird. Mit diesen musikphysiologischen Institutionen sind auch immer mehr ärztliche und physiotherapeutische Praxen verbunden. Durch diese Maßnahmen werden Fälle vermieden, die früher über viele Jahre hinweg keine adäquate Hilfe erhalten haben. Auch die gezielte Behandlung beginnt wesentlich früher.
Ein Beispiel für diese Problematik in früheren Jahren ist Hanns-Josef Ortheil, ein geschätzter Schriftsteller, der seine Karriere als Pianist beenden musste. Zwar wäre es aus heutiger Sicht auch nicht zu wünschen, dass er möglicherweise kein Schriftsteller geworden wäre, wenn er als Pianist nicht gescheitert wäre. Er hat ein Buch darüber geschrieben, wie er das Klavierspielen erlernte, ein pianistisches Stipendium in Rom hatte, aber als vielversprechender Pianist an einer Handerkrankung scheiterte. Zu dieser Zeit gab es kaum jemanden, den man speziell aufsuchen konnte. Solche Fälle sind in Deutschland heute deutlich seltener. Die grundlegenden Krankheiten sind meiner Meinung nach immer noch ähnlich wie vor 30 Jahren, aber die Maßnahmen zur Behandlung und Genesung sind deutlich verbessert worden. Es wäre auch besorgniserregend, wenn das nicht der Fall wäre.
Prof. Blum: Ein wichtiger Bereich der Forschung, insbesondere in Hannover, ist die fokale Dystonie, die ich bereits erwähnt habe. Dabei handelt es sich um eine krampfhafte Unkontrollierbarkeit bestimmter Finger, die in eine gekrümmte Stellung geraten. Man nimmt an, dass Robert Schumann daran gescheitert ist, aber auch viele andere, vor allem Pianisten und andere Instrumentalisten, sind betroffen. Es gibt viele Forschungsprojekte, die versuchen, die Gründe besser zu verstehen, als es vor 20-30 Jahren der Fall war. Sie arbeiten an gezielteren Behandlungsmethoden.
Ein weiteres Forschungsthema ist die Ergonomie, welche sich auf die Verbindung zwischen Künstler und Instrument bezieht. Im Bereich der Musikinstrumente und deren Zubehör gibt es spezifische Fortschritte. Als Beispiel kann die asymmetrische Belastung von Halswirbeln bei Geigern und Bratschisten genannt werden. Um dieses Problem zu lösen, werden Kinnstützen und Schulterstützen modifiziert, um eine symmetrische Haltung zu erreichen. Es gibt bereits verbesserte Modelle, die mehr Symmetrie ermöglichen. Ein weiteres Problem betrifft spezielle Orchesterstühle für Kontrabassisten. Es werden vielversprechende Untersuchungen durchgeführt, um diese Situation zu verbessern.
Es gibt viele wichtige Bereiche in der musikermedizinischen Forschung, aber mit begrenzten Möglichkeiten, da es nicht viele Institute gibt. Trotzdem betreiben einige, wie Hannover, Freiburg und Dresden, sehr sinnvolle und effektive Forschung. Diese
Institute haben den Vorteil, dass sie mehr Mitarbeiter, teilweise auch Ingenieure, haben. Deshalb können sie mehr leisten als ich, der in Frankfurt nicht über ein Vollzeit-Institut verfügt und eher im Bildungsbereich tätig ist.
Vielen Dank für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 15.11.2023.