Ob Multiple Sklerose vererbt wird, ist umstritten. Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine erbliche Disposition besteht und die Wahrscheinlichkeit erhöht, an MS zu erkranken, ohne ausschließlich für den Ausbruch verantwortlich zu sein.
Bis heute ist nicht geklärt, was die Multiple Sklerose in Gang setzt und warum einige Menschen sie bekommen, andere nicht. Erst die Kombination von Erbanlagen und einer Reihe äußerer Faktoren bilden ein erhöhtes Risiko. In vier Prozent aller betroffenen Familien gibt es mehr als einen MS-Patienten. Diese Zahl legt einen Zusammenhang nahe, keine unbedingte „Vererbbarkeit“ der Erkrankung.
Bislang wurde von den 30.000 menschlichen Genen noch keines als „MS-Gen“ identifiziert. Vermutet wird, dass mehrere in kleinen Details veränderte Gene im Zusammenspiel die Bereitschaft zur MS-Erkrankung verstärken können. Maximal zehn verschiedene Gene aus der HLA-C-Gengruppe könnten beteiligt sein – Gene, die direkt steuernd auf das Immunsystem einwirken.
Aktuell wird der Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel in einer Lebensphase und einer späteren Multiplen Sklerose erforscht. Auch hier liegen möglicherweise winzige Gen-Defekte vor, die beispielsweise die körpereigene Vitamin-D-Produktion über die Haut unter Einfluss von UV-Bestrahlung verlangsamen oder verhindern können. Bemerkenswert ist, dass die MS-Häufigkeit mit der geographischen Entfernung vom Äquator zunimmt – je länger die Winter, je weniger Sonnenschein einem Individuum zur Verfügung steht , desto höher scheint das MS-Risiko zu sein. Vitamin D ist nach neuesten Erkenntnissen nicht nur für die Gesundheit des Skeletts verantwortlich, sondern wirkt auf das Immunsystem ein, das es stärkt und moduliert. Vermutlich ist eine optimale Vitamin-D-Versorgung ein guter Schutz vor Multipler Sklerose.
Untersucht wird auch die Wirkung von Viruserkrankungen auf spätere Reaktionen des Immunsystems. Experten vermuten, dass sich in der akuten Krankheitsphase Antikörper bilden, die auf eine bestimmte Gattung von Proteinen reagieren. Diese gleichen Proteinen, die am Aufbau des Myelins (der Schutzhülle um die Nervenfasern) beteiligt sind. Gelangen diese Antikörper durch die Blut-Gehirnschranke ins Zentralnervensystem, setzt eine Kreuzreaktion ein: Die körpereigenen Myelin-Zellen werden künftig wie feindliche, virale Eindringlinge attackiert und schrittweise zerstört. Bislang kann dieser Zusammenhang noch nicht vollständig durchleuchtet und bewiesen werden – und auch die Frage, ob hier ebenfalls winzige genetische Besonderheiten diese Abläufe begünstigen, muss noch offen bleiben.
aktualisiert am 31.03.2023