Bis zu 30 Prozent aller Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens eine Depression. Bei Multiple-Sklerose-Patienten besteht sogar zu 50 Prozent die Möglichkeit, phasenweise depressiv zu werden. Eine Depression geht über normale Stimmungsschwankungen, über die natürliche Reaktion auf Sorgen oder Trauer deutlich hinaus. Die Lebensqualität wird schwer beeinträchtigt.
Typische Anzeichen einer Depression sind beispielsweise
Eine Depression zu diagnostizieren, ist nicht leicht. Ihre Behandlung erfordert eine Reihe unterschiedlicher Maßnahmen. Auch die Angehörigen müssen in die Therapie mit eingebunden werden.
Tritt bei Multiple-Sklerose-Patienten depressives Verhalten auf, ist der Umgang damit doppelt schwer. Chronische Erschöpfung, mangelnde Belastbarkeit, Konzentrations- und Koordinationsprobleme sind bereits Teil des Krankheitsbildes der MS. Sie können aber zugleich auf eine Depression hinweisen.
Die Ursachen und Auslöser von Depressionen sind vielfältig und erst zum Teil wissenschaftlich erforscht. MS-Kranke leiden wesentlich häufiger unter depressiven Symptomen als gesunde Menschen oder Patienten mit anderen neurologischen Krankheiten. Ein Zusammenhang mit den Beeinträchtigungen durch die Multiple Sklerose liegt nahe. Bei akuten Nervenentzündungen im Gehirn treten die Depressionen sehr viel häufiger auf als bei Patienten, bei denen lediglich das Rückenmark betroffen ist.
Möglicherweise lösen die gestörten Nervenleitsysteme nicht nur eine veränderte Reaktion der Botenstoffe im Gehirn, sondern auch hormonelle Schwankungen aus. Das Immunsystem ist in jedem Fall beeinträchtigt. In Verlaufsstudien reagieren viele Patienten depressiv, wenn die Krankheit nicht mehr schubweise, sondern chronisch fortzuschreiten beginnt. Inwieweit dies eine Folge der begreiflichen Ängsten als Folge der verschlechterten Situation ist oder direkt mit der Multiplen Sklerose zusammenhängt, lässt sich nicht exakt abgrenzen.
Ebenfalls ist noch offen, welche Rolle die eingesetzten Medikamente spielen. Der Einfluss von Interferon-Präparaten als Depressions-Auslöser muss noch untersucht werden.
Neben der Psychotherapie ist bei MS-Kranken mit Depressionen die Gabe von Medikamenten angezeigt. Die verwendeten Präparate beeinflussen die Stoffe im Gehirn, Serotonin und Noradrenalin, die zur Nervenreizübertragung notwendig sind (Botenstoffe, Neurotransmitter). Zur Wahl als Medikamente stehen selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder MAO-Hemmer (Monoaminooxidase-A-Hemmer). Beide verhindern den übermäßigen Abbau eines oder beider Substanzen (Neurotransmitter) im Gehirn. Dabei muss der behandelnde Arzt genau abwägen, welches Präparat er wählt. Das Risiko von Wechsel- oder Nebenwirkungen bei gleichzeitiger Einnahme mit Medikamenten gegen andere Symptome der MS ist hoch. Doch mit Erfahrung, genauer Beobachtung und flexibler Reaktion auf Veränderungen lässt sich eine Depression bei MS-Kranken erfolgreich behandeln.
aktualisiert am 26.11.2015