Morbus Paget bezeichnet zwei unterschiedliche Erkrankungen, häufiger ist aber die Erkrankung der Knochen gemeint. Dieser Morbus Paget (Osteodystrophia deformans, auch: Paget-Syndrom) ist durch eine abnormen Abbau und Aufbau von Knochensubstanz gekennzeichnet. Die betroffenen Knochen verändern durch die ungezielten Vorgänge allmählich ihre Form, sie werden immer dicker. Doch verlieren sie auch an Stabilität. Sie können leichter brechen und sich verkrümmen.
Meist tritt die Erkrankung eher im höheren Alter auf. Die allgemeine Behandlung dieser Störung kann mit Medikamenten und unterstützender Krankengymnastik geschehen. Folgen werden manchmal durch eine Operation behandelt. Die andere Erkrankung, die unter dem Namen Morbus Paget bekannt ist, ist eine Art Hauttumor und hat mit der Knochenkrankheit nichts zu tun.
Über die Ursache der Erkrankung sind sich die Wissenschaftler nicht im Klaren. Möglicherweise spielt die Vererbung eine gewisse Rolle. Auch ist es denkbar, dass es sich beim Morbus Paget um eine Infektion mit einem so genannten Slow Virus handelt.
In einem gesunden Knochen finden ständige Umbauprozesse statt. Es besteht ein Gleichgewicht aus Abbau und Neuaufbau. Beim Morbus Paget des Knochens sind diejenigen Zellen (Osteoklasten) vermehrt, die die Substanz abbauen. Auch trägt die einzelne Zelle schneller Knochenmaterial ab als beim Gesunden (möglicherweise eben durch die Virusinfektion). Der Körper will deshalb gegenregulieren und baut mit einem anderen Typ von Zellen (Osteoblasten) Knochen wieder auf. Dies geschieht allerdings, anders als normalerweise, ohne einen genauen „Plan". An unüblichen Stellen verdickt sich der Knochen, während der Knochen an anderen Bereichen dünn und brüchiger wird.
Der Morbus Paget (Osteodystrophia deformans) tritt bei den meisten Betroffenen frühestens ab dem 40. Lebensjahr in Erscheinung. Häufig sind die Patienten aber schon um die 60 Jahre alt. Auffällig bei der Erkrankung wird, dass Knochen einerseits verdickt sind, andererseits aber auch anfälliger für Brüche sind. Der Knochen bekommt eine unvorteilhafte Struktur. Die Veränderungen schlagen sich vor allem an den Stellen nieder, wo eine stärkere Beanspruchung der Knochen stattfindet. Typische Bereiche sind etwa die Beckenknochen, an denen bei zwei von drei Betroffenen Zeichen eines Morbus Paget zu finden sind, und die tragenden Beinknochen (Oberschenkelknochen, Schienbein). Ebenfalls gilt dies für die Lendenwirbel und auch für den Schädel, der durch das Kauen beansprucht wird.
Diese Knochen sind beim Morbus Paget häufig ausgedehnter als zuvor und teils auch verformt. Das führt zunächst einmal zu uneindeutigen Beschwerden wie Schmerzen in der Wirbelsäule oder Muskelverkrampfungen und -verspannungen. Manchmal stellen Patienten als erstes Zeichen der Erkrankung fest, dass ihnen der Hut zu klein ist, weil der Schädelumfang gewachsen ist.
Im Verlauf kann es dann zu bemerkten oder unbemerkten Knochenbrüchen kommen. Ein Beispiel ist der Oberschenkelhalsbruch, der auftreten kann. Weil die Knochen in sich nicht mehr so stabil sind, kommt es zu Deformierungen. Charakteristisch ist die „Säbelscheiden-Tibia", eine Verkrümmung des Schienbeins (Tibia). Die Knochenvermehrung kann Nerven schädigen, unter anderem kann der Patient dadurch schwerhörig werden. Zudem bilden sich neue Blutgefäße an den Knochen, was bei direkt unter der Haut liegenden Knochen zur spürbaren Erwärmung führt.
Weil die Erkrankung anfangs keine Symptome mit sich bringt, werden viele Fälle des Morbus Paget erst zufällig entdeckt. Beim Arzt wird der Patient befragt (Anamnese) und gibt Auskunft über mögliche Beschwerden und Krankheitshinweise. In der Blutuntersuchung zeigt sich beim Morbus Paget ein erhöhter Wert für das Enzym AP (Alkalische Phosphatase). Der Wert für AP ist jedoch auch bei Lebererkrankungen erhöht.
Obwohl sich das Krankheitsbild des Morbus Paget recht eindeutig feststellen lässt, müssen andere Erkrankungen des Skeletts ausgeschlossen werden (Knochentumore).
Morbus Paget der Knochen wird nicht in allen Fällen behandelt. Bei geringen Umbauvorgängen, Befall nur weniger Knochenbereiche und fehlenden Beschwerden oder Komplikationen kann auf eine Therapie verzichtet werden. In den meisten anderen Fällen besteht die Behandlung im Wesentlichen in der Gabe von Medikamenten. Bei stärkeren Schäden oder Deformationen an den Knochen muss gegebenenfalls operiert werden.
Bei den Medikamenten gibt es zwei Wirkstoffarten, die das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten können: Biphosphonate und Calcitonin. Biphosphonate können als Tabletten oder als Spritzen verabreicht werden. Calcitonin ist ein Hormon, das ebenfalls gespritzt werden kann oder als Nasenspray angewendet werden kann. Zu diesen eigentlichen Wirkstoffen kommen Schmerzmittel als Möglichkeit hinzu. Sie lindern noch weiter die Beschwerden durch die Erkrankung. Eine gewisse Krankengymnastik kann darüber hinaus sinnvoll sein.
Operationen beim Morbus Paget richten sich nach dem Schaden, der entstanden ist. So kann an einem mit einbezogenen Gelenk eine Prothese eingesetzt werden. Ein Stück Knochen kann herausgenommen oder eingepflanzt werden, um eine Verkrümmung eines Knochens zu korrigieren. Knochenbrüche können versorgt werden.
Die Prognose ist sehr unterschiedlich. Während bei einigen Patienten nur ganz wenige, kleine Bereiche der Knochen von dem Krankheitsgeschehen betroffen sind, ist es bei anderen sehr ausgedehnt. Viele Patienten mit schwach ausgeprägtem Morbus Paget haben gar keine Beschwerden. In fortgeschrittenen Fällen muss das Krankheitsgeschehen durch eine Behandlung unterbunden werden, bevor es noch schlimmer wird.
Weil bei Morbus-Paget-Patienten ein erhöhtes Risiko für Knochenkrebs besteht (trifft etwa ein Prozent der Patienten), müssen sie regelmäßig ärztlich untersucht werden. So kann ein eventueller Tumor frühzeitig erkannt und behandelt werden.
aktualisiert am 14.12.2020