Beim Morbus Osgood-Schlatter handelt es sich um eine Wachstumsstörung an der Tuberositas tibiae, einem Knochenvorsprung an der Vorderseite des oberen Schienbeins. An dieser Stelle setzt die Patellasehne (also die Sehne unterhalb der Kniescheibe) an. Es ist eine häufige Erkrankung im Kindesalter.
Betroffen sind vor allem übergewichtige oder sportlich aktive Jugendliche in der Anfangszeit der Pubertät. Jungen sind zehnmal häufiger als Mädchen betroffen. Vermutet wird, dass es zu kleinen Mikroverletzungen kommt, entweder trainingsbedingt oder durch Überlastung des Kniegelenks.
An der Stelle, an der die Patellasehne am Schienbein ansetzt, befindet sich ein kleiner Knochenvorsprung. In jungen Jahren ist dieser Vorsprung knorplig, der sich im Laufe der Wachstumsphase verknöchert. Durch eine Überlastung (durch Übergewicht oder trainingsbedingt) kann dieser Umbauvorgang gestört werden und Schmerzen verursachen. Man spricht vom Morbus Osgood-Schlatter. Diese Erkrankung gehört zu den aseptischen Knochennekrosen. Aseptische Knochennekrosen sind krankhafte Umbauvorgänge, die bei Kindern im Bereich der Wachstumsfugen auftreten. Zu dieser Gruppe zählen auch der Morbus Scheuermann, der Morbus Perthes (Hüftkopfnekrose) und der Morbus Köhler (Erkrankung am Fuß).
Dabei kommt es zum Abbau von erkrankten Knochengewebe und zu einem Aufbau von neuem Knochengewebe. Dieser Umbauprozess lässt sich in einer Röntgenuntersuchung nachweisen. Das Röntgenbild hat keine Aussagekraft im Hinblick auf die vorherrschenden Schmerzen. Der Morbus Osgood-Schlatter wird manchmal zufällig entdeckt, ohne dass die betroffenen Kinder Beschwerden haben.
Bei den jungen Patienten kommt es zu bewegungsabhängigen Schmerzen unterhalb des Kniegelenks. Diese Schmerzen können sich bei oder nach körperlicher Belastung verstärken. Am Schienbeinrand unterhalb der Kniescheibe kann Druckschmerz auftreten, auch eine Schwellung kommt vor.
Wenn die Schmerzen länger als drei Tage vorliegen, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Das Beschwerdebild ist für diese Erkrankung sehr typisch. Der Druckschmerz unterhalb der Kniescheibe reicht schon aus, um die Diagnose zu stellen. Gesichert wir die Diagnose mit einer Röntgenuntersuchung oder eine Kernspinuntersuchung.
Das Ziel der Behandlung ist es, die jungen Patienten so schmerzfrei wie möglich durch die Zeit der Umbauvorgänge zu führen. Oft reicht es aus, sportliche Aktivitäten zu reduzieren, auf schonende Sportarten auszuweisen (Schwimmen oder Radfahren) oder wenn es notwendig wird, zeitweise auszusetzen. Eine gezielte Krankengymnastik wird empfohlen, um die Oberschenkelmuskulatur zu stärken. Übergewichtige Kinder profitieren von einer Gewichtsabnahme.
Akute Beschwerden können mit Kühlung (Eisbeutel oder Kühlpacks) gelindert werden. Wenn die Schmerzen stark sind, werden auch Schmerzmittel eingesetzt, unter anderem Ibuprofen oder Diclofenac (nichtsteroidale Antirheumatika). Zunehmend wird auch eine Stoßwellentherapie empfohlen, um die Heilung zu beschleunigen. Die Stoßwellentherapie wurde ursprünglich entwickelt, um mit gebündelten, rhythmischen Schalldruckwellen, Blasen- und Gallensteine zu zertrümmern. Mittlerweile wird die Stoßwellentherapie auch in der Orthopädie erfolgreich unter anderem zur Behandlung eines Tennisellenbogens, eines Fernsporns, bei Verkalkungen in der Schulter und bei Störungen bei der Heilung eines Knochens eingesetzt.
In ganz seltenen Fällen muss operiert werden. Eine Operation ist nur erforderlich, wenn durch die Umbauvorgänge freie Knochenanteile entstehen und Schmerzen durch die Reibung an der Patellasehne verursachen.
Die Prognose ist sehr gut. Die Erkrankung kann das Kind, bzw. den Jugendlichen viele Jahre begleiten, heilt aber in der Regel ab und führt nicht zu bleibenden Schäden. Gelegentlich bleibt als kleine Erinnerung eine harmlose Verdickung des Vorsprungs, der tastbar ist, zurück.
aktualisiert am 15.09.2022