Morbus Addison, auch „Bronzehaut-Krankheit“ genannt, ist eine seltene Erkrankung. Sie tritt vermehrt bei Frauen zwischen 20 und 50 Jahren auf und beschreibt eine chronische (dauerhafte) Fehlfunktion der Nebennierenrinde (NNR). Dabei handelt es sich um eine Unterfunktion (Insuffizienz), die einen Mangel an bestimmten Hormonen im Körper auslöst. Typische Symptome eines Morbus Addison sind Müdigkeit und Erschöpfung, Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, niedriger Blutdruck sowie eine bräunliche Verfärbung der Haut und der Schleimhäute. Wird die Erkrankung nicht behandelt, kann sie zum Tod führen. Lebensgefährlich ist außerdem die sogenannte Addison-Krise. Hierbei ist plötzlich zu wenig des lebenswichtigen Hormons Cortisol im Körper vorhanden. Dieser Zustand ist ein medizinischer Notfall, denn er kann zum Schock (Kreislaufversagen) führen und tödlich ausgehen.
Die Nebennieren sitzen links und rechts auf den Nieren und produzieren in ihrer Rinde unter anderem die lebenswichtigen Hormone Cortisol und Aldosteron sowie verschiedene Sexualhormone. Cortisol gehört zur Gruppe der Glucocorticoide und ist ein sogenanntes Stresshormon. In Stresssituationen sorgt es dafür, dass dem Körper genügend Energie zum Handeln bereitsteht. Cortisol hat in entsprechender Menge eine entzündungshemmende Wirkung. Daher wird es (als Cortison) in der Medizin auch eingesetzt bei Entzündungen und Autoimmunerkrankungen (Erkrankungen mit Fehlreaktionen des Immunsystems, zum Beispiel Rheuma). Aldosteron zählt zu den sogenannten Mineralocorticoiden. Ihm kommt eine lebenswichtige Bedeutung bei der Regulierung des Mineralstoffwechsels und auch bei der Aufrechterhaltung des Blutdrucks zu. Fehlt dieses Hormon oder ist es in zu geringer Menge vorhanden, werden zu viel Wasser und Natrium aus dem Körper ausgeschieden. Das kann lebensbedrohliche Folgen haben.
Es werden verschiedene Formen der Nebennierenrinden-Insuffizienz (Unterfunktion) unterschieden. Bei der primären Nebennierenrinden-Insuffizienz (der eigentlichen Addison-Erkrankung) ist die Nebenniere selbst erkrankt und nicht mehr in der Lage, ausreichend Hormone zu produzieren. Bei der sekundären und tertiären Nebennierenrinden-Insuffizienz ist die Nebenniere selbst gesund. Es kommt aber zu Störungen in den übergeordneten Zentren im Gehirn, die für die Steuerung der Hormonausschüttung in der Nebenniere zuständig sind. Diese Zentren sind die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) und der Hypothalamus.
Zu den Erkrankungen der Nebennieren, die zu einer Insuffizienz und damit zu einem Hormonmangel führen können, gehören:
Bei diesen Formen sind Störungen in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) oder im Hypothalamus des Gehirns dafür verantwortlich, dass diese zu wenig Steuerungshormone abgeben und die Nebennierenrinde damit kein Signal zur Hormonausschüttung erhält. Ursachen hierfür können sein:
Von einer tertiären Insuffizienz wird gesprochen, wenn durch das abrupte Absetzen von vorher über lange Zeit eingenommenen Cortison-Präparaten ein Mangel an Cortison im Körper entsteht. Cortison-Einnahme hemmt die Produktion des Steuerungshormons aus dem Hypothalamus. Wird kein Cortison mehr eingenommen, wird das Steuerungshormon erst allmählich wieder gebildet und auch die Nebennierenrinde bildet noch nicht wieder genügend Hormone. Cortison-Präparate müssen immer nach und nach wieder reduziert werden, wenn die Therapie damit beendet wird. Der Körper kann sich dann umstellen, an die neue Situation anpassen und wieder selbst ausreichend Hormone produzieren.
Die Symptome sind zu Beginn oft unspezifisch (uneindeutig) und können Anzeichen für viele verschiedene Erkrankungen sein. Häufig sind:
Bei der primären Form der Nebennierenrinden-Insuffizienz (Morbus Addison) zeigen sich Beschwerden erst, wenn die Nebennierenrinde fast vollständig zerstört ist. Die Erkrankung wird deshalb häufig erst spät bemerkt oder erst dann, wenn eine sogenannte Addison-Krise eintritt.
Es kann vorkommen, dass Cortisol in Stress-Situationen oder bei besonderen Belastungen für den Körper nicht mehr ausreichend gebildet werden kann. Das ist vor allem der Fall, wenn schnell erhöhte Mengen an Cortisol bereitgestellt werden müssen. Auslöser sind beispielsweise psychische Belastungen, Operationen oder Infekte. Symptome und Folgen eines plötzlichen Cortisonmangels bei einer Addison-Krise sind:
In der Folge kann es zu einem Kreislaufschock kommen, der schlimmstenfalls tödlich endet.
Erste Hinweise können aus der Anamnese (Befragung des Patienten) und den darin geschilderten Symptomen gewonnen werden. Bei Verdacht auf Morbus Addison beziehungsweise eine Nebennierenrinden-Insuffizienz werden verschiedene Parameter im Blut untersucht. Dazu zählen:
Neben Blutuntersuchungen kommen noch weitere diagnostische Verfahren zur Anwendung. Üblich sind:
Mit Hilfe dieser Verfahren können Tumore, Metastasen und andere Veränderungen an den Nebennieren bildlich dargestellt werden.
Es gibt einige Erkrankungen, die mit ähnlichen Symptomen wie Morbus Addison einhergehen, zum Beispiel mit vermehrter Braunfärbung der Haut, Schwäche oder einem erniedrigten Blutzuckerspiegel. Ausgeschlossen werden sollten bei:
Morbus Addison ist nicht heilbar. Die Therapie besteht in der Substitution (Zufuhr von außen) der fehlenden Hormone. Diese muss durch die Gabe von Medikamenten ein Leben lang erfolgen. In besonderen Stress-Situationen mit erhöhtem Bedarf muss die Dosierung angepasst werden. Das gilt sowohl für psychische Belastungssituationen, in denen vermehrt Cortisol benötigt wird, als auch bei Infekten oder vor Operationen, die den Körper besonders fordern. Üblich ist eine Kombination aus Hydrocortisol (Cortisol-Ersatz) uns Fludrocortisol (Aldosteron-Ersatz). Regelmäßige Blutuntersuchungen sind wichtig, um die optimale Dosierung herauszufinden und sowohl eine Über- als auch eine Unterdosierung zu vermeiden.
In besonderen Stress-Situationen oder bei einer Addison-Krise ist schnelle Hilfe entscheidend. Hydrocortisol sollte so schnell wie möglich in die Vene gespritzt werden. Zur Überbrückung der Zeit, bis medizinisches Personal eintrifft, ist auch das Spritzen in den Muskel möglich. Familienangehörige sollten lernen, dies im Notfall zu tun. Von Morbus Addison Betroffene sollten immer ein Notfall-Set mit den entsprechenden Medikamenten bei sich tragen.
Bei nachgewiesenen Tumoren als Ursache für die NNR-Insuffizienz müssen diese gezielt behandelt werden. Sind bakterielle Infektionen der Auslöser, werden Antibiotika gegeben. Inwieweit dennoch eine Hormonersatztherapie notwendig ist und für wie lange, muss im Einzelfall entschieden werden.
Eine Vorbeugung ist nur bedingt möglich. Ist eine Autoimmunerkrankung der Auslöser, kann man diese nicht vermeiden. Liegt als Risikofaktor die Langzeiteinnahme von Cortison wegen einer anderen Erkrankung vor, ist es wichtig, die Hormonspiegel und die Nebennierenfunktion regelmäßig zu kontrollieren. So kann bei Auffälligkeiten rechtzeitig reagiert werden.
Morbus Addison als primäre Nebennierenrinden-Insuffizienz ist nicht heilbar. Die zerstörte Nebennierenrinde kann sich nicht regenerieren. Durch Hormonersatztherapie lässt sich die Erkrankung aber gut behandeln. Allerdings müssen die Hormone lebenslang eingenommen werden und die Dosierung muss in Stress-Situationen an den erhöhten Bedarf angepasst werden. Das gilt auch für den Fall, dass die Medikamente beispielsweise bei einem Magen-Darm-Infekt nicht richtig aufgenommen werden können. Wird eine NNR-Insuffizienz nicht erkannt oder die Dosierung in Stress-Situationen nicht entsprechend angepasst, kann eine lebensbedrohliche Situation mit Addison-Krise und Kreislaufkollaps bis hin zum Tod eintreten. Gut und rechtzeitig behandelt liegt die Lebenserwartung von Addison-Patienten nicht unter der von gesunden Menschen. Betroffene sollten für Notfälle immer einen Notfallpass und ein Notfall-Set mit Hydrocortison mit sich führen.
Bei sekundärer und tertiärer Insuffizienz kann eine Erholung der Nebennierenfunktion generell stattfinden.
Universitätsspital Zürich – Nebennierenunterfunktion - Morbus Addison: https://www.usz.ch/krankheit/nebennierenunterfunktion/ (online, letzter Abruf: 25.08.2022)
Internisten im Netz – Was ist eine Addison-Krise?: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/addison-krise/was-ist-eine-addison-krise.html (online, letzter Abruf: 25.08.2022)
Deutsches Ärzteblatt, Marcus Quinkler; Felix Beuschlein; Stefanie Hahner; Gesine Meyer; Christoph Schöfl; Günter K. Stella – Nebennierenrinden-Insuffizienz – lebensbedrohliche Erkrankung mit vielfältigen Ursachen: https://www.aerzteblatt.de/archiv/151858/Nebennierenrinden-Insuffizienz-lebensbedrohliche-Erkrankung-mit-vielfaeltigen-Ursachen (online, letzter Abruf: 25.08.2022)
aktualisiert am 14.10.2022