ITP (Immunthrombozytopenie) ist eine Erkrankung, die in ihrer akuten Form vor allem im Kindesalter vorkommt. Betroffen sind die Thrombozyten oder Blutplättchen, welche in der Blutgerinnung von Bedeutung sind. Bei der Immunthrombozytopenie greift der Körper diese Blutzellen fälschlicherweise an. Daher handelt es sich hierbei um eine sogenannte Autoimmunerkrankung. Behandelt werden kann die Immunthrombozytopenie medikamentös. Sofern sich mit diesen Maßnahmen keine Besserung der Situation einstellt, besteht die Möglichkeit einer Milzentfernung (Splenektomie).
Im menschlichen Blut sind verschiedene Zellen enthalten. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) übernehmen den Transport von Sauerstoff, Leukozyten (weiße Blutkörperchen allgemein) spielen in der Abwehr von Krankheitserregern eine Rolle. Der Thrombozyt (oder Blutplättchen) ist in diesem Zusammenhang eine Besonderheit, da ihm der Zellkern fehlt. Die Aufgabe der Thrombozyten ist die Blutstillung und besteht darin, sich bei einer Verletzung an die Geweberänder anzuheften und sich miteinander zu verbinden. Diese sogenannte Thrombozytenadhäsion ist Bedingung, um im Rahmen der Ansammlung von Thrombozyten (Thrombozytenaggregation) einen Verschluss von verletzten Blutgefäßen zu erreichen.
Gebildet werden die Thrombozyten im Knochenmark (Thrombozytopoese). Der normale Lebenszyklus eines Thrombozyts beträgt bis zu 12 Tagen. Danach werden die Zellen zum großen Teil in der Milz abgebaut. Der normale Lebenszyklus von Thrombozyten beziehungsweise die Zahl der Blutzellen kann durch verschiedene Erkrankungen gestört werden. Dazu gehören:
Thrombozytopenie bezeichnet einen Zustand krankhaft erniedrigter Thrombozytenzahlen im Blut. Bei Gesunden lassen sich im Labor zwischen 150.000 bis 450.000 Thrombozyten pro Mikroliter (µl) Blut nachweisen. Sinkt die Zahl der Blutzellen unter 150.000 pro µl, wird von einer Thrombozytopenie gesprochen. Das Gegenteil wäre eine Erhöhung auf mehr als 450.000 Thrombozyten pro µl. In diesem Fall wird von einer Thrombozytose gesprochen. Diese kann zum Beispiel nach der Entfernung der Milz (Splenektomie) auftreten.
Immunthrombozytopenie – die auch als idiopathische thrombozytopenische Purpura oder Morbus Werlhof bekannt ist – entsteht durch ein fehlgeleitetes Immunsystem. Letzteres attackiert nicht mehr nur Krankheitserreger, sondern richtet sich gegen die Thrombozyten.
Das Immunsystem nimmt die Blutzellen als Antigene (als fremd erkannte Stoffe) wahr und bildet Antikörper. In der Folge werden in der Milz die Thrombozyten beschleunigt abgebaut und deren Anzahl im Blut verringert sich. Beim Menschen sind zwei Formen der Immunthrombozytopenie bekannt:
Eine akute Immunthrombozytopenie wird vorrangig bei Kindern beschrieben. Morbus Werlhof betrifft primär Erwachsene.
Da Thrombozyten in erster Linie im Rahmen der Blutgerinnung eine Rolle spielen, werden die Folgen einer Immunthrombozytopenie bei Blutungen deutlich. Es kann zu einer verschlechterten Blutgerinnung und damit zu verstärkter und verlängerter Blutung kommen. Diese Gerinnungsstörung äußert sich aber auch noch an anderer Stelle. Eine erhöhte Blutungsneigung wird durch kleine, punktförmige Einblutungen in die Haut deutlich, welche als Petechien bezeichnet werden. Diese Petechien können auch bei anderen Erkrankungen auftreten (z. B. Chikungunya-Fieber, Vaskulitis, Leukämie). Parallel kann es bei einer ITP zu spontanem Nasenbluten oder verlängerter Regelblutung kommen. Die Tendenz zu gefährlichen Blutungen (Magen-Darm-Trakt, Gehirn) steigt ebenfalls.
Inzwischen geht die Medizin davon aus, dass die Immunthrombozytopenie mit vorausgehenden Infektionen in Zusammenhang steht – etwa der Atemwege oder des Magen-Darm-Traktes. Die akute Verlaufsform ist heute meist gut beherrschbar und eine Erkrankung, welche nach einigen Wochen spontan wieder ausheilt.
Sofern eine Immunthrombozytopenie darüber hinaus besteht und sich auf einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten erstreckt, wird von der chronischen Immunthrombozytopenie gesprochen. Prinzipiell geht es bei allen Verläufen darum, Blutungen zu vermeiden. Medikamentös kann ITP mit Cortison (beziehungsweise Corticosteroiden) behandelt werden oder mit anderen Substanzen, welche das Immunsystem unterdrücken (Immunsupressiva). Antikörper als Medikamente (Immunglobuline) werden ebenfalls eingesetzt.
Sollte die Therapie mit Arzneimitteln (Erstlinientherapie) nicht den gewünschten Erfolg zeigen, bleibt dem behandelnden Arzt noch eine weitere Möglichkeit: Die Entfernung der Milz. Dieser Schritt wird allerdings in der Regel erst nach Ablauf von 12 Monaten nach der Diagnose in Erwägung gezogen – sofern sich ein gewisser Schweregrad der Erkrankung entwickelt. Hintergrund ist, dass die Immunthrombozytopenie innerhalb dieses Zeitraums immer noch spontan ausheilen kann. Mediziner sprechen hier von einer Spontanremission.
Die Entfernung der Milz (Splenektomie) darf in ihren Risiken – was den Einfluss auf das Immunsystem und Infektionsrisiken betrifft – nicht unterschätzt und leichtfertig in Anspruch genommen werden. Jeder Patient ist über die Nachsorge umfassend zu informieren, auch im Hinblick auf den Impfschutz, auf den ein besonderer Wert gelegt werden muss. Dafür fallen die Nebenwirkungen der ansonsten regelmäßig einzunehmenden Medikamente weg.
aktualisiert am 10.03.2020