Neuere Forschung stellt immer mehr Zusammenhänge und Gemeinsamkeiten zwischen Migräne und Epilepsie fest. So kann ein epileptischer Anfall von einer Migräneattacke gefolgt werden oder eine Migräneattacke einem epileptischen Anfall vorausgehen. Letzteres wird auch als Migralepsie bezeichnet und kann bei Patienten auftreten, die eine Migräne mit Aura erleben. Als Aura werden bei der Migräne Begleiterscheinungen bezeichnet, die dem Migräneanfall vorausgehen oder ihn begleiten. Hierzu zählen Sehstörungen wie Lichtblitze oder Flimmern vor den Augen und auch Sprachstörungen oder Sensibilitätsstörungen wie Kribbeln oder Taubheit an verschiedenen Körperstellen.
Bei einem Migräneanfall treten meist einseitige Kopfschmerzen auf. Diese beginnen in der Regel langsam, steigern sich dann und halten zwischen wenigen und 48 Stunden an. Begleitet wird eine Migräne oft von Symptomen wie Lichtempfindlichkeit, Geräuschempfindlichkeit, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen (Flimmern, Flackern, Blitze vor den Augen), Sensibilitätsstörungen (Kribbeln, Taubheit), Sprachstörungen, Schwindel oder Muskellähmungen. Für einen Migräneanfall gibt es individuell unterschiedliche Auslöser. Das kann zum Beispiel ein Wetterumschwung, Stress oder Schlafmangel sein.
Ein epileptischer Anfall oder Krampfanfall tritt meist plötzlich auf und dauert nur zwischen einigen Sekunden und wenigen Minuten an. Symptome sind Muskelzuckungen oder Krämpfe. Begleitend kann es zu Bewusstseinsstörungen kommen. Einem epileptischen Anfall können ebenfalls auraähnliche Symptome vorausgehen.
Sowohl die Migräne als auch epileptische Anfälle sind sogenannte episodisch auftretende Ereignisse. Es gibt immer wieder symptomfreie Intervalle zwischen den einzelnen Anfällen. Beide können ihre Ursache in einer Übererregbarkeit des Nervensystems haben oder in Gefäßfehlbildungen im Gehirn. Für die Übererregbarkeit der Nervenzellen werden einerseits genetische Faktoren angenommen. Ein zweiter Auslöser können Kopfverletzungen sein. Sie erhöhen sowohl das Risiko für epileptische Anfälle als auch für Migräneattacken. Die auslösenden Faktoren, sogenannte Trigger, sind für beide Ereignisse ebenfalls ähnlich. Hierzu zählen Schlafmangel, Stress, Alkohol, hormonelle Faktoren und bestimmte Arten von Lichtreizen. Auch die Symptome können sich sehr ähnlich sein. Das gilt vor allem für die sogenannte Basilarismigräne (Migräne mit Hirnstammaura, ausgelöst durch Durchblutungsstörungen in einer bestimmten Arterie, der Arteria basilaris). Mit einer Basilarismigräne verbunden sind Hörstörungen, Ohrgeräusche (Tinnitus), das Sehen von Doppelbildern, Sprachstörungen, Empfindungsstörungen und Koordinationsprobleme mit Bewusstseinsstörung. Sowohl Migräne als auch ein epileptischer Anfall können mit einer Aura einhergehen. Dabei handelt es sich um bestimmte Symptome wie Empfindungs- oder Sehstörungen, die dem Betroffenen einen Migräne- oder Krampfanfall ankündigen.
In der Therapie von Migräne und Epilepsie gibt es ebenfalls Gemeinsamkeiten. So werden zur Vorbeugung und Behandlung von Migräne neben typischen Migränemedikamenten häufig auch Präparate eingesetzt, die für die Therapie von Krampfanfällen zugelassen sind (Antiepileptika oder Antikonvulsiva).
Des Weiteren haben beide Ereignisse einen ähnlichen Ablauf aus vier Phasen. Häufig zeigen sich zunächst uncharakteristische Symptome (sogenannte Prodromalsymptome) wie Übelkeit oder Schwindel. Dann können Aurasymptome auftreten, gefolgt vom epileptischen Anfall oder der Migräneattacke und der Phase nach dem Anfall, in der eine Erholung von dem Ereignis stattfindet (postiktale beziehungsweise postdromale Phase).
Es gibt einige Zusammenhänge zwischen Migräne und Epilepsie. Noch nicht alle sind wissenschaftlich endgültig geklärt. Belegt ist, dass Menschen, die zu Migräne neigen, auch ein erhöhtes Risiko für epileptische Anfälle haben und umgekehrt. Es wird davon ausgegangen, dass dies vor allem auf eine Neigung zur Übererregbarkeit im Nervensystem zurückzuführen ist. Warum manche Menschen hier eine niedrigere Reizschwelle haben, ist nur teilweise bekannt. Angenommen werden genetische Faktoren oder auch die Folgen von Kopfverletzungen.
Deutsches Ärzteblatt, Elisabeth B. Moosmann – Epilepsie und Migräne: Zusammenhang wird häufig unterschätzt: https://www.aerzteblatt.de/archiv/20970/Epilepsie-und-Migraene-Zusammenhang-wird-haeufig-unterschaetzt (online, letzter Abruf: 26.09.2022)
NCBI, Michael A. Rogawski – Migraine and Epilepsy - Shared Mechanisms within the Family of Episodic Disorders: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK98193/ (online, letzter Abruf: 26.09.2022)
Epsy – Is there a migraine and epilepsy connection?: https://www.epsyhealth.com/seizure-epilepsy-blog/is-there-a-migraine-and-epilepsy-connection (online, letzter Abruf: 26.09.2022)
aktualisiert am 26.09.2022