Migräneanfälle können das Leben und die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken – gerade wenn die Attacken häufig auftreten oder mit den üblichen Migränemedikamenten nicht wirkungsvoll gelindert werden können. In diesen Fällen wird häufig versucht, eine Migräne-Prophylaxe zu betreiben, indem die Gabe bestimmter Medikamente oder Medikamentenkombinationen erfolgt. Das Ziel ist, die Anzahl der auftretenden Migräneanfälle auf Dauer zu reduzieren. Seit einigen Jahren steht hierfür neben den schon länger angewendeten Medikamenten auch die Behandlung mit sogenannten monoklonalen Antikörpern zur Verfügung. Zugelassene Wirkstoffe sind Erenumab, Galcanezumab, Fremanezumab und seit kurzem auch Eptinezumab. Diese setzen an einem Ort an, der an der Entstehung von Migräne beteiligt ist: dem CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptin) oder dessen Rezeptor. Studien zufolge erzielt diese Therapie gute Ergebnisse bei der Migräne-Prophylaxe, unter anderem auch im Vergleich zu einem der bisher eingesetzten Medikamente (Topiramat).
CGRP ist ein Eiweiß (Protein) und bedeutet Calcitonin Gene-Related Peptin (Calcitonin-Gen-vermitteltes Peptin). Bei einem Migräneanfall setzt das Nervensystem vermehrt CGRP frei. Dieses bindet an sogenannte CGRP-Rezeptoren und führt darüber zu einer Erweiterung der Gefäße, zu migränetypischen Entzündungsreaktionen und letztlich zu Migräneanfällen.
Monoklonale CGRP-Antikörper werden labortechnisch hergestellt und unterbrechen den Ablauf der Migräneentstehung. Dafür schalten sie entweder das CRGP aus oder sie blockieren die Rezeptoren, so dass CGRP dort nicht andocken kann. Monoklonale CGRP-Antikörper wirken sowohl vorbeugend (prophylaktisch) als auch im akuten Migräneanfall.
CGRP-Antikörper werden einmal pro Monat mittels Selbstinjektion mit einem Pen unter die Haut (subkutan) gespritzt. Man spricht auch von Migräne-Spritze oder „Migräne-Impfung“. Für das Mittel Fremanezumab steht auch eine Dreimonats-Dosierung zur Verfügung.
Die Therapie mit CGRP-Antikörpern sollte mindestens für drei Monate durchgeführt werden, um die Wirksamkeit beurteilen zu können. Kann bis dahin keine Besserung der Migräne festgestellt werden, sollte über ein Absetzen der Therapie nachgedacht werden. Meist sind Veränderungen der Migränehäufigkeit nach circa vier Wochen feststellbar. Nach neun bis zwölf Monaten wirksamer Anwendung kann versucht werden, die Antikörper langsam abzusetzen. So kann überprüft werden, ob eine weitere Anwendung noch erforderlich ist.
Erste Studienergebnisse deuten darauf hin, dass monoklonale CGRP-Antikörper weniger unerwünschte Nebenwirkungen und eine bessere Verträglichkeit und Wirksamkeit haben als gängige Medikamente zur Migräne-Prophylaxe. Dabei wird die Wirksamkeit danach bemessen, ob eine Reduzierung der Migräneanfälle pro Monat um mehr als 50 Prozent erreicht werden kann. Eine positive Folge der Reduzierung der Anzahl der Migräneanfälle ist, dass weniger Akutmedikamente gegen Migräne eingenommen werden müssen.
Vorkommen können
Allergische Reaktionen sind sehr selten.
Die Therapie mit CGRP-Antikörpern bei Migräne ist nur den Betroffenen vorbehalten, die die üblichen Migränemedikamente zur Prophylaxe nicht einnehmen dürfen, nicht vertragen oder bei denen diese nicht ausreichend wirken.
Bestimmte Patientengruppen sollten keine CGRP-Antikörper erhalten. Hierzu zählen Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie der koronaren Herzerkrankung (KHK). Personen mit Gefäßerkrankungen wie einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) oder Morbus Raynaud sind ebenfalls ausgenommen. Das Gleiche gilt für Patienten nach Schlaganfall oder Hirnblutung, mit entzündlichen Darmerkrankungen, Bluthochdruck im Lungenkreislauf (pulmonaler Hypertonie) oder chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit (COPD). Des Weiteren steht die CGRP-Therapie nicht zur Verfügung für Schwangere und Stillende sowie für Menschen nach Organtransplantation.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie – Effektive Migräne-Prophylaxe mit monoklonalen Antikörpern: https://dgn.org/presse/pressemitteilungen/effektive-migraene-prophylaxe-mit-monoklonalen-antikoerpern/ (online, letzter Abruf: 21.09.2022)
Der niedergelassene Arzt, David Lewis – 7 Fragen zur Migräneprophylaxe in Zeiten der CGRP-Antikörper: https://www.der-niedergelassene-arzt.de/medizin/kategorie/neurologie-1/7-fragen-zur-migraeneprophylaxe-in-zeiten-der-cgrp-antikoerper (online, letzter Abruf: 21.09.2022)
Schmerzklinik Kiel – CGRP-monoklonale Antikörper: https://schmerzklinik.de/service-fuer-patienten/migraene-wissen/vorbeugung/cgrp-monoklonale-antikoerper-immuntherapie-der-migraene/ (online, letzter Abruf: 21.09.2022)
Gesundheitsinformation - Erenumab (Aimovig) bei Migräne: https://www.gesundheitsinformation.de/erenumab-aimovig-bei-migraene.html (online, letzter Abruf: 21.09.2022)
DAZ online – Migräne-Antikörper Nummer vier für die EU: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/02/01/migraene-antikoerper-nummer-vier-fuer-die-eu (online, letzter Abruf: 21.09.2022)
aktualisiert am 21.09.2022