Das Wort Angina (lat. angor = Beklemmung) wird für Erkrankungen verwendet, die mit einer Beklemmung oder einem Engegefühl einhergehen. Bei der Streptokokken-Angina (Angina tonsillaris oder Mandelentzündung), die häufig nur Angina genannt wird, liegt eine akute Entzündung der Mandeln (Tonsillen) und der Schleimhaut im Rachen vor. Mandeln sind an der Abwehr von Krankheitserregern beteiligt. Man unterscheidet paarige Gaumenmandeln (Tonsilla palatina) am Übergang zwischen Mundhöhle und Rachen, im Nasenrachen gelegene Rachenmandeln (Tonsilla pharyngea) und am Zungengrund gelegene Zungenmandeln (Tonsilla lingualis).
Wird von einer Mandelentzündung gesprochen, sind in der Regel die Gaumenmandeln betroffen. Entzündungsprozesse führen zu Schwellung und Rötung der Gaumenmandeln. Die Folgen sind Schluckbeschwerden und ein Engegefühl im Rachenbereich. Diese Angina kann durch Erkältungs- oder Grippeviren verursacht werden. Häufig sind jedoch Bakterien an der Entzündung beteiligt (wie bei der Streptokokken-Angina). Es handelt sich dann um eine eitrige Mandelentzündung (Tonsillitis). Selten ist die Angina ein Begleitsymptom anderer Erkrankung (wie Pfeiffersches Drüsenfieber, Scharlach). Dieser Artikel bezieht sich ausschließlich auf die durch Streptokokken ausgelöste Mandelentzündung.
Eine Mandelentzündung kann durch verschiedene Bakterien oder Viren ausgelöst werden. Häufig sind Streptokokken die Verursacher. Über Mund oder Nase gelangen sie in den Rachenraum. Hier sitzen die Mandeln, die ein Teil des lymphatischen Rachenrings sind. Dies ist ein spezialisiertes Abwehrgewebe, dessen Aufgabe unter anderem die Bekämpfung von Krankheitserregern ist. Spezialisierte Streptokokken können sich allerdings im Gewebe des lymphatischen Rachenrings ansiedeln und vermehren. Das Gewebe reagiert mit einer Entzündung, schwillt an und es kommt zu Schluckbeschwerden und Halsschmerzen.
Betroffen von einer Angina sind besonders Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 15 Jahren und das besonders im Winter und Frühjahr. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion über Speichel und Nasensekrete (Sprechen, Niesen, Husten, Küssen), eine indirekte Übertragung über Gegenstände (Türgriffe) ist ebenfalls möglich. Wo Menschen auf engem Raum zusammen sind (Schule, Kindergarten, zu Hause), kommt es rasch zur Ausbreitung. Besonders in den ersten Tagen ist die Mandelentzündung sehr ansteckend. Auf einen Schul- oder Kindergartenbesuch sollte in dieser Zeit verzichtet werden.
Hauptsymptome einer Streptokokken-Angina sind starke Schluckbeschwerden und Halsschmerzen, die in Ohren und Kiefer ausstrahlen können. Das Öffnen des Mundes ist oft schmerzhaft. Die Gaumenmandeln sind geschwollen, gerötet und mit gelblich-weißen Eiterflecken (sogenannten Eiterstippchen) belegt. Es kommt zu rasch einsetzendem Fieber. Die Lymphknoten am Kieferwinkel sind vergrößert, das Allgemeinbefinden ist reduziert und eine teigige Sprache fällt auf. Betroffene haben oft einen vermehrten Speichelfluss und Mundgeruch.
Bei wiederholt auftretenden Mandelentzündungen kann es zu Narben und Zerklüftungen der Mandeln kommen, dadurch ist das Risiko für Komplikationen erhöht. Streptokokken können sich zunehmend ansammeln und vermehren, teilweise verkleben die Mandeln mit ihrer Umgebung. Betroffene bemerken einen schlechten Geschmack im Mund oder haben Mundgeruch. Manchmal kommt es zu Schluckbeschwerden oder allgemeiner Schwäche.
Möglicherweise tritt eine akute Mandelentzündung in Schüben auf mit allen beschriebenen Symptomen. In seltenen Fällen kommt es zu Komplikationen wie Abszessbildung (abgegrenzte Vereiterungen) oder einer lebensbedrohlichen Ausbreitung der Entzündung auf andere Körperregionen (Sepsis). Zu den schweren Komplikationen zählt das akute rheumatische Fieber mit Gelenkschmerzen und Entzündungen der Herzinnenhaut, das wenige Wochen nach der Streptokokken-Angina vorkommen kann.
Die Diagnose wird anhand der Krankengeschichte (Anamnese), der klinischen Untersuchung und Schnelltests gestellt. Wichtig für eine erfolgreiche Therapie ist es, den Krankheitserreger (bei Mandel- und Rachenentzündungen meist Viren oder Bakterien) zu finden. Hierfür gibt es ein spezielles Punktesystem. Je mehr Punkte übereinstimmen, desto wahrscheinlicher ist das Vorliegen einer Streptokokken-Angina. Zunächst wird eine Spiegeluntersuchung von Rachen und Mundhöhle durchgeführt. Eiterstippchen auf den geröteten, geschwollenen Mandeln und Fieber geben bereits Hinweise auf eine bakterielle Entzündung. Beim Abtasten der Hals- und Kieferregion wird auf Vergrößerungen der Lymphknoten geachtet. Das Alter des Patienten ist ein Faktor, der in die Diagnose mit einfließt (die Streptokokken-Angina ist am häufigsten im Alter von 5 bis 15 Jahren).
Liegen nach den klinischen Untersuchungen noch Unklarheiten vor, kann ein Streptokokken-Schnelltest durchgeführt werden. Mit einem Wattestäbchen nimmt der Arzt Proben an mehreren Stellen des Rachenraums (Rachenabstrich) und erhält nach wenigen Minuten das Ergebnis. Eine Streptokokken-Infektion kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, wenn das Ergebnis negativ ist (falsch negatives Testergebnis). In diesem Fall werden Gewebeproben genommen und in ein Labor geschickt. Meist kann anhand der Krankengeschichte und der klinischen Untersuchung jedoch auf weitere Tests verzichtet werden.
Eine Ohruntersuchung und das Abhören der Lungen mittels Stethoskop sind Teil der klinischen Untersuchung, um weitere Infektionen zu erkennen oder auszuschließen. Eine Blutuntersuchung wird bei Verdacht auf andere Erkrankungen beziehungsweise Viruserkrankungen (z.B. Pfeiffersches Drüsenfieber) durchgeführt.
Wichtig für eine erfolgreiche Therapie der Angina ist die Unterscheidung zwischen viraler oder bakterieller Krankheitsursache. Dies wird der Arzt anhand der Patientengeschichte, der klinischen Untersuchung und gegebenenfalls mit Hilfe von Streptokokken-Schnelltests feststellen.
Weitere bakterielle Erkrankungen mit Mandelbeteiligung sind
Die Angina Plaut-Vincent ist eine durch zwei verschiedene Bakterien (Spirochäten und Fusobakterien) ausgelöste sehr seltene Form der Mandelentzündung, die mit einem Gewebsuntergang (Nekrose) einhergeht. Sie verläuft meist fieberfrei, mit mäßigen eher einseitigen Schluckbeschwerden und nur geringgradig gestörtem Allgemeinbefinden. Im Gegensatz zur Streptokokken-Angina ist auf den Gaumenmandeln statt weißer Eiterstippchen ein einseitiges, mit grünlich-schmierigem Belag bedecktes Geschwür zu sehen.
Scharlach wird ebenfalls durch die gleiche Gruppe von Streptokokken ausgelöst, eine Streptokokken-Angina tritt manchmal als Begleiterscheinung auf. Typisch für eine Scharlach-Erkrankung ist eine tiefrote Zunge und ein Hautausschlag, die der Arzt im Rahmen der klinischen Untersuchung in der Regel erkennt.
Die Diphtherie ist in Mitteleuropa eine mittlerweile sehr selten vorkommende Erkrankung. Auf den Mandeln sind schmutzig-graue Beläge mit Acetongeruch, die bei Berührung sofort bluten. Betroffene sind schwerstkrank und müssen wegen hoher Ansteckungsgefahr auf eine Isolationsstation.
Das Pfeiffersche Drüsenfieber wird durch einen Virus (Eppstein- Barr Virus) verursacht. Es geht mit unspezifischen Symptomen (grippeähnlich mit Halsschmerzen, Kopfschmerzen, Fieber) einher. Die Mandeln sind gerötet und geschwollen mit weißlich-grauen, schmierigen Belägen. Hat der Arzt den Verdacht auf das Vorliegen einer Virusinfektion, wird zusätzlich eine Blutuntersuchung durchgeführt.
Bei nachgewiesener Streptokokken-Angina ist eine Antibiotika-Therapie (in der Regel mit Penicillin) unerlässlich. Die Dauer der Einnahme sollte mindestens 10 Tage erfolgen, nur so kann das Risiko eines akuten rheumatischen Fiebers minimiert werden. Unterstützend werden fiebersenkende und schmerzlindernde Medikamente verordnet (Ibuprofen, Paracetamol).
Entzündungshemmende und schmerzlindernde Sprays, Lutschtabletten oder Gurgellösungen können die Symptome zusätzlich lindern. Auch Halsumschläge oder Wadenwickel wirken unterstützend. Tees mit entzündungshemmenden Kräutern (Kamille oder Salbei) sollen reichlich getrunken werden, kalt getrunken lindern sie die Halsschmerzen. Aufgrund des Säuregehalts sollte auf Fruchtsäfte eher verzichtet werden, diese reizen die entzündeten Mandeln. Aufgrund der Schluckbeschwerden sind weiche oder breiige Nahrungsmittel empfehlenswert.
Ein bewährtes Hausmittel, das als Halswickel den Heilungsprozess fördert, ist der Zwiebelwickel. Drei Zwiebeln werden in Stücke geschnitten und in einem mit heißem Wasser befeuchteten Tuch eingewickelt. Der Wickel kann, bis er abgekühlt ist, um den Hals getragen werden. Zu beachten ist, dass alle unterstützenden Maßnahmen nicht die Einnahme eines Antibiotikums bei einer Streptokokken-Angina ersetzen.
Eine operative Mandelentfernung (Tonsillektomie) wird empfohlen, wenn eitrige Mandelentzündungen, die antibiotisch behandelt werden müssen, gehäuft auftreten (mehr als drei Anginen in zwölf Monaten). Bevor eine Operation durchgeführt wird, erfolgt ein intensives Aufklärungsgespräch über mögliche Risiken. Bei Kindern (bis zum Einsatz der Pubertät) spielen die Mandeln eine wichtige Rolle in der Immunabwehr, eine Entfernung ist dennoch nötig, wenn stark vergrößerte Gaumenmandeln zu Schluck- und Atembeschwerden führen. Folgen der Operation sind erneut auftretende starke Schluckbeschwerden, die eine Schmerzmitteleinnahme vor den Mahlzeiten erforderlich machen. Innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Operation kann es zu starken Nachblutungen kommen, die im Verlauf der Wundheilung nach vier bis sechs Tagen erneut auftreten können. Daher wird ein stationärer Aufenthalt von sechs Tagen nach der Operation empfohlen. Auch bis drei Wochen nach der Operation kann es noch zu Nachblutungen kommen, für diesen Zeitraum sollten starke körperliche Anstrengungen vermieden werden.
Hat sich ein Mandelabszess gebildet, wird der Arzt diese Eiterhöhle zunächst eröffnen und ebenfalls ein Antibiotikum für zehn Tage verordnen. Führt das nicht zum dauerhaften Erfolg, wird eine Mandelentfernung empfohlen.
Die akute Phase der Erkrankung dauert in der Regel drei bis sechs Tage. Wird über diesen Zeitpunkt hinaus die Antibiotikum-Einnahme eingehalten, ist von einer Heilung nach zehn Tagen auszugehen. Bei wiederkehrenden Anginen hängt die Dauer der Heilung letztendlich vom Operationserfolg beziehungsweise den Operationsfolgen ab. Nachblutungen können noch zwei bis drei Wochen nach der Operation auftreten, mit diesem Zeitraum sollten Patienten mindestens rechnen.
Da es sich bei einer Streptokokken-Angina um eine Tröpfcheninfektion handelt, die über Nasensekrete oder Speichel übertragen wird (Husten, Niesen, Sprechen, Lachen, Küssen), sollten betroffene Kinder während der Erkrankung den Kontakt zu anderen Kindern meiden. Auch wenn hauptsächlich Kinder im Alter von 5 bis 15 Jahren betroffen sind, können sich Erwachsene anstecken. Zur Vorbeugung kann ein Mundschutz getragen werden, auch die Desinfektion der Hände nach Kontakt kann die Ausbreitung verhindern. Bei Einsatz eines Antibiotikums bei Erkrankten sinkt die Ansteckungsgefahr bereits nach einem Tag. Bei einer Viruserkrankung lässt die Ansteckungsgefahr häufig erst nach Abklingen der Symptome nach (bis zu drei Wochen).
aktualisiert am 28.02.2023