Die Leber übernimmt gleich mehrere wichtige Aufgaben im menschlichen Körper. Sie macht Körpergifte wie beispielsweise Alkohol unschädlich und ist an zahlreichen Speicher- und Umbauprozessen beteiligt. Darüber hinaus produziert sie die Gallenflüssigkeit, die im Darm die Verdauung unterstützt. Durch anhaltende Überlastung, wenn etwa permanent mehr Alkohol konsumiert wird als die Leber verarbeiten kann, sind irreparable Gewebeschäden möglich. Das an sich für Blut sehr gut durchlässige Lebergewebe stirbt ab und wird durch Bindegewebe ersetzt. Es setzt ein Schrumpfen der Leber sowie eine narbig-knotige Umbildung ein.
Eine gesunde Leber wird über die Pfortader mit nährstoffreichem Blut aus dem Darm versorgt. Kann dieses Blut aufgrund der Gewebeschäden nicht mehr durch die Leber hindurchfließen, kommt es zur Gefäßneubildung und zum Rückstau des Blutes im Bauchraum. Das Blut sucht sich alternative Fließstrecken auf seinem Weg zur unteren Hohlvene. Insbesondere der Magen und der untere Bereich der Speiseröhre sind von diesen sogenannten Umgehungskreisläufen betroffen.
Ganz ähnlich wie an den Beinen können sich auch im Bereich des Magens und der Speiseröhre Krampfadern entwickeln. Wenn die Blutgefäße dem Druck des pulsierenden Blutes nicht mehr standhalten, entwickeln sich mit der Zeit Ausbuchtungen, die zu einem erhöhten Querschnitt und dem Ausdünnen der Gefäßwände führen. Durch die andauernde Überbelastung können die Speiseröhren-Venen oder Ösophagusvarizen ausleiern und so stark ausdünnen, dass sie aufreißen. Die Folge sind starke Blutungen im Bereich der Speiseröhre und des Magens. Der akute Blutverlust kann zu Kaltschweißigkeit, Schwächeanfällen bis hin zum Kreislaufkollaps (Schock) führen.
Etwa ein Drittel aller an Leberzirrhose Erkrankter ist von dieser Art der akuten Magenblutung (beziehungsweise Blutung aus dem oberen Magen-Darm-Trakt) betroffen. Wenn sich die Leberzirrhose bereits im Endstadium befindet, verläuft jede zweite Blutung aus Ösophagusvarizen tödlich. Die Schwere der Krankheit ist auch damit begründet, dass eine Besserung der Grunderkrankung, nämlich die Regeneration der Leber, praktisch ausgeschlossen ist.
Der Riss oder die Ruptur einer Vene der Speiseröhre kann mit dem plötzlichen Verlust einer großen Menge Blut verbunden sein. Das schwallartige Erbrechen von Blut ist möglich. Bei einer akuten Blutung der Speiseröhre handelt es sich um einen medizinischen Notfall. Sie muss sofort behandelt werden. Die ersten Maßnahmen richten sich auf die Stabilisierung des Kreislaufs. Mithilfe von Infusionen und gegebenenfalls Bluttransfusionen wird versucht, den Blutverlust auszugleichen. Dann muss die Blutung schnellstmöglich zum Stillstand gebracht werden. Wenn die endoskopischen (über eine Magenspiegelung erfolgenden) Verfahren wie etwa das Abklemmen des geschädigten Gefäßes mithilfe von Kunststoffclips oder das Veröden nicht zum Erfolg führen, muss operiert werden. Die Versorgung mit einer Ballontamponade wird weniger häufig angewandt. Hierbei wird im Bereich der Venenverletzung ein Ballon aufgeblasen, der durch das Zusammenpressen des Blutgefäßes die Blutung zum Versiegen bringen soll. Bei dieser Therapie kommt es immer wieder zu Komplikationen.
aktualisiert am 05.11.2020