Prof. Behr: Eine Lungentransplantation kommt bei schweren, fortgeschrittenen Lungenerkrankungen in Betracht, wenn alle konservativen und interventionellen Therapieverfahren bereits ausgeschöpft sind. Dabei gibt es verschiedene Gruppen von Patienten, die eine Lungentransplantation benötigen.
Derzeit ist die Lungenfibrose die häufigste Indikation für eine Transplantation. Ungefähr 25-30% der Transplantationen entfallen auf diese Patientengruppe. Diese Gruppe ist jedoch sehr heterogen. Zu dieser Gruppe gehört die idiopathische Lungenfibrose, deren Ursache unklar ist, für die aber inzwischen einige genetische Marker identifiziert wurden. Vermutlich spielen hier genetische Polymorphismen eine Rolle. Eine weitere Gruppe von Lungenfibrosen umfasst verschiedene Formen, die durch rheumatische Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen oder die Exposition gegenüber bestimmten Schadstoffen ausgelöst werden können. Alle diese Faktoren können zur Entwicklung einer Lungenfibrose führen.
Wenn die Lungenerkrankung ein Stadium erreicht hat, in dem die Lebensqualität stark beeinträchtigt und die Lebenserwartung deutlich reduziert ist, bietet die Lungentransplantation die Chance, sowohl das Überleben zu verlängern als auch die Lebensqualität zu verbessern. Dies sind die beiden Hauptziele, die wir verfolgen, wobei das Ziel der Lebensverlängerung vorrangig ist, d.h. eine verbesserte Lebensqualität auf Kosten einer kürzeren Lebenszeit wäre inakzeptabel.
Die Lungenfibrose war also die erste Gruppe an Patienten, die eine Lungentransplantation erhalten können. Die zweite Gruppe sind Patienten mit der sogenannten COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Diese Erkrankung wird oft durch Rauchen ausgelöst. Wir verlangen von den Patienten, dass sie vor einer Transplantation mindestens 6 Monate rauchfrei sind. Dies wird auch von der Bundesärztekammer gefordert und durch bestimmte Urintests überprüft.
Die dritte Gruppe sind Patienten mit Mukoviszidose, einer angeborenen Erkrankung, die zu Problemen mit der Bauchspeicheldrüse und den Bronchien führt. Diese Patienten sind oft durch ihre Lungenerkrankung eingeschränkt, können aber durch eine Transplantation ihr Leben verlängern. In den letzten Jahren hat sich die Situation für diese Gruppe verbessert, da es neue Medikamente gibt, die den gestörten Chloridkanal stimulieren können, wodurch sich die Lebensqualität und das Überleben dieser Pateinten wesentlich verbessert hat.
Die vierte Gruppe sind Patienten mit Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie), einer Lungenerkrankung, die zu hohem Blutdruck in der Lunge führt. Es gibt auch eine kleine Gruppe von Patienten mit seltenen Lungenerkrankungen wie Lymphangiomyomatose oder Langerhanszell-Histiozytose. Diese Krankheiten sind so selten, dass ein praktizierender Arzt sie kaum zu Gesicht bekommt. Insgesamt ist die Lungentransplantation für diese Patienten oft die einzige Option, da es keine andere ausreichend wirksame Therapie gibt.
Derzeit ist die Lungenfibrose die häufigste Indikation für eine Transplantation.
Prof. Behr: In Deutschland wird die Vergabe der Transplantatlungen durch den bereits im Jahr 2010 eingeführten "Lung Allocation Score" (kurz LAS) geregelt. Dieser Score wurde aus den USA übernommen und berücksichtigt verschiedene Kriterien wie die Diagnose, den Schweregrad der Erkrankung, die Einschränkung der Lungenfunktion, das Vorliegen einer pulmonalen Hypertonie, das Alter des Patienten und vieles mehr. All diese Faktoren fließen in die Berechnung ein.
Diese Kriterien wurden zuvor an großen Lungentransplantationszentren in Amerika analysiert. Hauptziel ist es, ein möglichst gutes Überleben auf der Warteliste zu gewährleisten, damit möglichst wenige Patienten während der Wartezeit versterben. Schwerkranke Patienten erhalten daher mehr Punkte in diesem Score, um die Dringlichkeit zu verstärken. Gleichzeitig wird berücksichtigt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Patient das erste Jahr nach der Lungentransplantation überlebt. Unser Ziel ist es, denjenigen Patienten eine Lunge zu geben, die den größtmöglichen Nutzen von einer neuen Lunge erhalten. Das Lungentransplantationsprogramm ist nur dann erfolgreich, wenn nicht nur Patienten mit geringen Überlebenschancen transplantiert werden. Ein ausgewogenes Verhältnis ist entscheidend.
Der Lung Allocation Score wird für jeden Patienten auf der aktiven Transplantationsliste berechnet. Dieser Score liegt zwischen 0 und 100, wobei 100 für die höchste Dringlichkeit steht. Zum Beispiel erhalten alle Kinder, die eine Lungentransplantation benötigen, standardmäßig einen Score von 100, um sicherzustellen, dass sie schnellstmöglich transplantiert werden. Patienten mit einem Score über 50 haben eine hohe Dringlichkeit und erhalten in der Regel innerhalb von 100 Tagen eine Lunge. Patienten mit einem Score unter 50, insbesondere die meisten Patienten mit einem Score zwischen 30 und 40, müssen länger warten, im Durchschnitt etwa ein Jahr. Die Wartezeit hängt jedoch von individuellen Faktoren wie der Blutgruppe des Patienten, seiner Körpergröße und der Größer der benötigten Lungen ab.
Ist eine Lunge verfügbar, wird in der Datenbank nach dem passenden Patienten mit dem höchsten Lung Allocation Score gesucht. Dieser Patient erhält die Lunge zuerst. Dieses System stellt sicher, dass jede Lunge möglichst an den Empfänger geht, der zum Zeitpunkt des Angebots die höchste Dringlichkeit und die besten Erfolgsaussichten hat. Trotzdem kann es manchmal etwas länger dauern, z.B. bei sehr kleinen oder sehr großen Transplantatempfängern.
Prof. Behr: Selbstverständlich erhalten diese Patienten vor ihrer aktiven Listung eine umfassende Diagnostik. Es werden alle möglichen Untersuchungen durchgeführt, um sicherzugehen, dass nichts den Erfolg der Transplantation gefährden könnte. Wir prüfen, ob der Patient an einer koronaren Herzkrankheit leidet, also ob es Engstellen in den Koronarien, den Herzkranzgefäßen gibt und ob der Patient an einer Darmerkrankung leidet. Es werden Magen- und Darmspiegelungen durchgeführt, ebenso eine Herzkatheteruntersuchung. Es werden Computertomographien von Kopf bis Fuß gemacht, um eventuelle andere Probleme im Körper aufzuspüren.
Eine unerkannte Erkrankung der Herzkranzgefäße kann während der Transplantation zu einem Herzinfarkt führen, der den Erfolg der Transplantation erheblich gefährden kann. Auch Tumore im Körper des Patienten stellen eine Kontraindikation gegen eine Lungentransplantation dar und müssen vor der Transplantation behandelt werden. Zusätzlich wird eine Rezidiv-freie Zeit von fünf Jahren gefordert. Infektionen wie Tuberkulose können ebenfalls zu postoperativen Problemen führen und müssen vor der Transplantation wirksam behandelt werden.
Wenn der Patient all diese Untersuchungen erfolgreich durchlaufen hat und keine Kontraindikationen vorliegen, wird er aktiv für die Transplantation gelistet. Liegt sein Score unter 50 Punkten, wird er alle 90 Tage erneut untersucht, um sicherzustellen, dass er die Kriterien für die Listung noch erfüllt. Dabei werden die Lungenfunktion, der Sauerstoffgehalt im Blut und andere Parameter überwacht. Patienten mit einem höheren Score werden noch häufiger kontrolliert, nämlich alle 30 Tage.
Wir haben derzeit fast 100 Patienten auf der Warteliste, das bedeutet, dass wir viele Kontrollen durchführen müssen. Einige Patienten warten schon seit Jahren, was eine zusätzliche Herausforderung darstellt. Ein weiteres Problem sind Antikörper gegen Oberflächenantigene anderer Menschen. Dies kann die Auswahl geeigneter Spender einschränken und die Wartezeit erheblich verlängern. Es ist wichtig, dass die Patienten verstehen, dass die Wartezeit lebenslang sein kann, da nicht sicher ist, ob die Transplantation stattfindet und wie erfolgreich sie sein wird.
Etwa 5 bis 6 % der Patienten überleben das erste Jahr nach der Transplantation nicht. Dies kann von vielen Faktoren abhängen, unter anderem vom Gesundheitszustand des Patienten zum Zeitpunkt der Transplantation. Es ist wichtig, dass die Patienten verstehen, dass sie ihr Leben während der Wartezeit so gut wie möglich gestalten sollten, da die Zukunft nach der Transplantation ungewiss ist. Sie sollten nicht nur passiv auf die Transplantation warten, sondern ihr Leben im Rahmen ihrer Möglichkeit genießen. Dies ist auch für die Zeit nach der Transplantation von Vorteil.
Etwa 5 bis 6 % der Patienten überleben das erste Jahr nach der Transplantation nicht.
Prof. Behr: Die Übereinstimmung der Blutgruppe und die passende Lungenkapazität sind entscheidende Faktoren, um festzustellen, ob eine Lunge für einen bestimmten Patienten geeignet ist.
Prof. Behr: Heute ist die Situation nicht mehr so dramatisch. Zum einen hat man festgestellt, dass man die Lunge über mehrere Stunden außerhalb des Organismus konservieren kann, zum anderen wurde das Informationssystem optimiert. Dieses läuft über die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO), die eng mit Eurotransplant zusammenarbeitet. Wird ein passendes Organ gefunden, kommuniziert die DSO mit Eurotransplant und gibt Informationen aus ihrem Register weiter, um mögliche Empfänger zu identifizieren.
Sobald das Transplantationszentrum von einer möglichen Spenderlunge erfährt, nimmt es Kontakt mit dem Patienten auf. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Organspender im Krankenhaus und wird normal versorgt, es besteht also ausreichend Zeit, die Organentnahme zu planen und den Organempfänger in das Transplantationszentrum zu bringen. Es wird geprüft, ob der Empfänger, der die Lunge erhalten soll, zur Verfügung steht und keine akut oder neu aufgetretenen Erkrankungen vorliegen, die eine Transplantation ausschließen.
Gelegentlich kommt es vor, dass der Empfänger zum Beispiel am Vortag eine akute Lungenentzündung bekommen hat und deshalb nicht transplantiert werden kann. Wenn aber alles passt, wird der Empfänger oft schon Stunden vor dem Eintreffen des Organs ins Krankenhaus bestellt. Dort werden die Vorbereitungen getroffen, der Brustkorb rasiert und vorbereitende Medikamente verabreicht. In der Zwischenzeit begibt sich unser Entnahmeteam in das Krankenhaus, in dem der Spender liegt. Die Entnahme erfolgt in der Regel durch unser Team und das Organ wird dann per Hubschrauber oder mit einem anderen Transportmittel in die Klinik gebracht.
Erst wenn klar ist, dass die Lunge in gutem Zustand ist und die Explantation erfolgreich verlaufen ist, wird der Patient in den Operationssaal des Transplantationszentrums gebracht und die Transplantation vorbereitet. Es kann auch vorkommen, dass sich das Organ nach eingehender Untersuchung erst bei der Explantation als nicht für eine Transplantation eignet erweist. In diesem Fall wird der Patient wieder nach Hause entlassen. Das mag enttäuschend sein, liegt aber im Interesse des Patienten, um Komplikationen zu vermeiden.
Normalerweise haben wir für diesen Prozess mehrere Stunden Zeit, auch wenn die Entfernung zwischen Spender und Empfänger groß sein kann. Unser Einzugsgebiet reicht von Würzburg über Regensburg und Stuttgart bis nach Heidelberg und Leipzig. Die Patienten müssen oft weite Wege auf sich nehmen, aber die Organisation klappt gut. Seit 35 Jahren führen wir Transplantationen durch und am 27. April 2024 veranstalten wir ein großes wissenschaftliches Symposium, um diese lange Erfahrung und mehr als 1250 Transplantationen zu feiern. Wir wollen das Thema wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken, denn die Zahl der Organspenden geht weiter zurück.
Leider haben wir immer noch Schwierigkeiten, genügend Spender zu finden. Es ist eine Herausforderung, denn wir haben eine Liste von 100 Patienten, die alle sofort transplantiert werden möchten. Das ist eine Situation, die Sensibilität erfordert.
Prof. Behr: Die Dauer einer Lungentransplantation kann sehr variabel sein. In der Regel dauert sie bei unkomplizierten Fällen etwa drei bis vier Stunden und ist damit ein vergleichsweise kleiner Eingriff. Der Ablauf ist wie folgt: Zunächst wird der Patient in Narkose gelegt und über den besseren der beiden Lungenflügel beatmet. Dann wird zuerst der gegenseitige, schlechtere Lungenflügel ersetzt. Über einen Schnitt zwischen den Rippen, unter dem Brustmuskel, wird der kranke Lungenflügel entfernt und der neue Lungenflügel eingesetzt. Die Gefäße und Bronchien werden vernäht, um die neue Lunge anzuschließen. Das Blut wird dann durch die transplantierte Lunge geleitet, die den Organismus optimal versorgen soll. Anschließend wird die ursprünglich schlechtere Lunge auf die gleiche Weise ersetzt. Nach der Operation wird der Patient auf die Intensivstation verlegt und in den folgenden Tagen lässt man den Patienten aus der Narkose erwachen, sodass er dann wieder selbständig atmen kann.
Im Idealfall können einige Patienten bereits am ersten Tag nach einer Transplantation ohne Beatmungsgerät auskommen und die Intensivstation innerhalb weniger Tage verlassen. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Operation länger dauert, insbesondere, wenn die Lungenerkrankung vor der Transplantation schwerer war. In solchen Situationen kann eine extrakorporale Oxygenierungsmaschine erforderlich sein, um die Sauerstoffversorgung des Patienten während der Operation sicherzustellen.
Auch Komplikationen wie Blutungen oder Verwachsungen können auftreten und die Operationszeit erheblich verlängern. Verwachsungen entstehen, wenn Entzündungen die Lunge mit dem Brustkorb verbinden und der Chirurg die Lunge vorsichtig vom Brustkorb lösen muss, was mit einem erheblichen Blutverlust verbunden sein kann. In den meisten Fällen lassen sich diese Komplikationen im Vorfeld durch Computertomographien abschätzen, aber manchmal gibt es auch Überraschungen. Als Internist betreue ich die Patienten vor und nach der Transplantation, während die Operation selbst von den Chirurgen durchgeführt wird. Ich habe also einen Einblick in das Verfahren und kann Ihnen sagen, dass es sehr vielfältig sein kann.
Im Idealfall können einige Patienten bereits am ersten Tag nach einer Transplantation ohne Beatmungsgerät auskommen...
Prof. Behr: Wie bereits erwähnt, können während der Operation verschiedene Komplikationen auftreten. Dazu gehören Verwachsungen und Blutungskomplikationen. Vor allem bei Patienten mit Lungenerkrankungen, die zu einer pulmonalen Hypertonie (Lungenhochdruck) führen, kann es auch zu einer Belastung des Herzmuskels kommen. Dabei steigt der Druck im Lungenkreislauf dramatisch an, weil die Lunge nicht genügend Blutgefäße hat, um den Blutfluss bei normalem Druck zu bewältigen. Dies kann zu einer starken Belastung der rechten Herzkammer und in seltenen Fällen zu einem Herzstillstand während der Operation führen. Der Transplantationschirurg und der Narkosearzt müssen auch auf solche seltenen Komplikationen gefasst sein und diese meistern können.
Prof. Behr: Akute Abstoßungsreaktionen, die früher häufiger im Operationssaal auftraten, sind heute dank der Fortschritte in der Immunsuppressionstherapie und der Möglichkeit, Risikopatienten im Voraus zu identifizieren, selten geworden. Wenn die Lunge in der postoperativen Phase dennoch abgestoßen wird, stellt sich die Frage, was mit dem Patienten geschieht. In der ersten Zeit nach der Transplantation kann es zu eine sogenannten akuten Transplantatversagen kommen, das nicht nur eine einfache Abstoßung ist, sondern mehrere Komponenten hat. Hierzu zählen die vorübergehender Mangeldurchblutung und Reperfusion der Lunge, wodurch akuten Reaktionen bis hin zum Lungenödem auftreten können. Dies wird als akutes Lungentransplantatversagen bezeichnet und hängt oft mit der Komplexität der Operation und der Wartezeit zwischen Explantation und implantation des Organs zusammen.
Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen immunologischen Abstoßungsprozess im eigentlichen Sinne. Daneben gibt es auch die akute Abstoßungsreaktion, bei der die Abwehrzellen, insbesondere die Lymphozyten des Empfängers, erkennen, dass ein fremdes Organ vorhanden ist und dieses angreifen. Normalerweise sammeln sich diese Zellen um die Blutgefäße, da hier der Kontakt zwischen den Zellen des Spenders und des Empfängers stattfindet. Dieser Prozess kann jedoch mit hochdosiertem Kortison wirksam behandelt werden und die Patienten sprechen in der Regel schnell darauf an. Das ist etwas, was man heute gut kontrollieren kann.
Es kann jedoch vorkommen, dass ein Patient eine akute Abstoßung nicht bemerkt, weil sie nur von geringer Intensität ist. Deshalb führen wir bei diesen Patienten regelmäßig Biopsien durch, um zu überprüfen, ob sich in den Blutgefäßen solche Abstoßungsreaktionen entwickeln und behandeln sie entsprechend. Etwa 3-6 Monate nach der Transplantation kann es frühestens zu einer sogenannten chronischen Abstoßung kommen. Dies ist ein komplexer Prozess, bei dem die Abstoßung wahrscheinlich nur ein kleiner Teil des Problems ist. Verschiedene Faktoren wie Infektionen und Entzündungen der Bronchien können eine Rolle spielen und schließlich zum so genannten chronischen Lungentransplantatversagen führen.
Diese Entwicklung kann auch bei anderen Organtransplantationen auftreten. Beim Herzen kommt es beispielsweise zu einer chronischen Koronarsklerose, oder bei der Leber zu einer Sklerose der Gallengänge. Bei der Lunge sind Veränderungen der kleinen Bronchien, die als Bronchiolitis bezeichnet werden, ein typische Verlaufsform des chronischen Transplantatversagens. Da diese auf die herkömmliche Immunsuppression mit Kortison nicht gut anspricht, wird nach alternativen Methoden geforscht.
Eine vielversprechende Option ist die sogenannte extrakorporale Photopherese, bei der das Blut des Patienten durch eine Maschine geleitet und mit UV-Licht behandelt wird, um die Reaktionsfähigkeit der Lymphozyten zu verändern. Dies kann dazu beitragen, das chronische Transplantatversagen zumindest zu verlangsamen.
Prof. Behr: Im Durchschnitt kann man sagen, dass eine Lunge nach der Transplantation etwa 5 bis 7 Jahre überlebt. Je nach Patientengruppe liegt die Überlebensrate nach 5 Jahren zwischen 60% und 70%. Bei Patienten mit zystischer Fibrose liegt sie sogar etwas höher, bei über 70%. Bei Patienten mit Lungenfibrose, die in der Regel älter sind, liegt die Überlebensrate nur bei etwa 60%. Dies bezieht sich auf das Fünf-Jahres-Überleben. Wichtig ist, dass bei einer Lungentransplantation auch die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne Transplantation berücksichtigt werden muss. Wenn ein Patient mit seiner eigenen Lunge eine 5-Jahres-Überlebenschance von 50 % oder 60 % hat, sollte eine Transplantation möglicherweise nicht in Betracht gezogen werden. Andernfalls könnte wertvolle Lebenszeit verloren gehen.
Dass eine Spenderlunge nur eine begrenzte Überlebenszeit hat, das liegt zum Teil an Komplikationen, vor allem an Infektionen. Die Lunge ist in ständigem Kontakt mit der Umwelt, was sie anfälliger für Infektionen macht. Gleichzeitig ist die Lunge reichlich mit Immunzellen und einem aktiven Immunsystem ausgestattet, um sich gegen eindringende Krankheitserreger zu wehren. Dadurch kann es jedoch häufiger zu Abstoßungsreaktionen kommen.
Die Herausforderung besteht darin, das richtige Gleichgewicht zu finden: Die Immunsuppression muss ausreichend sein, um Abstoßungsreaktionen zu verhindern, aber gleichzeitig muss das Immunsystem stark genug bleiben, um Infektionen abzuwehren. Diese Balance zu halten ist komplex und kann zu gelegentlichen Infektionen führen. In solchen Fällen müssen die Immunsuppressiva reduziert werden, was jedoch das Risiko einer Abstoßung erhöht. Interessanterweise gibt es Patienten, die seit über 20 Jahren erfolgreich mit einer transplantierten Lunge leben. Dies spricht für den Erfolg des Transplantationsprogramms. Die sorgfältige Auswahl der Patienten und der Spenderlungen ist entscheidend für den Erfolg der Transplantation, ebenso wie die Zuverlässigkeit der Pateinten bei der Medikamenteneinnahme zu den Kontrolluntersuchungen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lungentransplantation ein effektives Verfahren ist, aber eine sorgfältige Abwägung von Risiken und Nutzen sowie eine sorgfältige Auswahl von Patienten und Spenderorganen erfordert.
Prof. Behr: Eine wesentliche Verbesserung hat sich vor allem im perioperativen Management ergeben. Durch die Einführung der extrakorporalen Sauerstoffversorgung, auch extrakorporale Membranoxygenierung genannt, können wir Patienten bereits vor der Transplantation unterstützen. Dadurch können wir Patienten transplantieren, die früher aus technischen Gründen nicht in Frage gekommen wären. Dies hat wesentlich zum Erfolg der Transplantationen beigetragen. Auch die Operationstechnik, insbesondere das Vernähen der Bronchien, hat sich deutlich verbessert und führt heute kaum noch zu Komplikationen.
Bei der Immunsuppression hat sich in den letzten Jahren nicht viel getan, aber im Vergleich zu den Anfängen haben wir gelernt, Kortison vorsichtiger einzusetzen und vor allem die Medikamente Tacrolimus anstelle von Cyclosporin zu verwenden, weil es wirksamer ist. Neue Medikamente wurden entwickelt, die zur Immunsuppression beitragen und die Langzeitergebnisse verbessert haben. Auch unsere Nachsorge wurde wesentlich strukturierter, wir betreuen die Patienten in den ersten Jahr nach der Transplantation regelmäßig alle drei Monate, bis die Hausärzte und Lungenfachärzte die Betreuung oft teilweise übernehmen.
Prof. Behr: In der aktuellen Forschung gibt es einige interessante Themen. Wir untersuchen die Möglichkeiten, T-Zellen zu modifizieren, um das Immunsystem gezielter anzusprechen und die Toleranz der transplantierten Lunge durch den Empfängerorganismus gezielt zu verbessern. Wir erforschen auch die Möglichkeit der Xenotransplantation von Lungen, ähnlich wie es bereits mit Herzen und Nieren von genetisch veränderten Schweinen bereits geschieht. Das ist zwar wegen der immunologischen Herausforderungen der Lunge schwierig, aber wir sind auf dem richtigen Weg, auch wenn es noch Jahre dauern wird.
Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die Entwicklung von Maschinen, die die Lunge unterstützen oder ersetzen können, wie dies bereits bei Herzen der Fall ist. Die Miniaturisierung dieser Technologie für den ambulanten Einsatz liegt jedoch noch in weiter Ferne, da die Herausforderungen aufgrund der großen Oberfläche und der Wechselwirkung mit dem Blut beträchtlich sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es viele aufregende Entwicklungen in der Lungentransplantationsforschung gibt, dass es aber noch ein langer und komplexer Weg ist, bis die besten Ergebnisse erzielt werden.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 31.01.2024.