Die insgesamt häufigste Ursache für eine Lungenembolie ist das Ablösen von Thromben (Blutgerinnseln) aus den großen Venen der Beine und des Beckens und deren Eindringen in den Lungenkreislauf. Bei einer Lungenembolie während eines Kaiserschnitts ist die Ursache eine andere: Fruchtwasser dringt in den mütterlichen Kreislauf ein und verursacht die Embolie. Das Eindringen geschieht dort, wo die Plazenta an der Gebärmutter haftet. Die Plazenta (der Mutterkuchen) ist die Schnittstelle zwischen dem mütterlichen und dem kindlichen Kreislauf. Löst sie sich im Rahmen der Geburt von der Gebärmutter ab, kommt es zu Blutungen. Dabei kann Fruchtwasser in die Gefäße der Mutter gelangen und schließlich zu einer Verlegung von Lungengefäßen führen.
Eine Fruchtwasserembolie stellt eine lebensbedrohliche Situation dar, sowohl für die Mutter als auch für das Kind. Daher ist eine schnelle Diagnose und ein rasches Handeln erforderlich. Ohne eine sofortige Behandlung haben beide schlechte Überlebenschancen.
Die Behandlung einer Fruchtwasserembolie erfolgt symptomatisch: Der Kreislauf wird stabilisiert und überwacht, eine Beatmung wird in den meisten Fällen erforderlich. Hierbei sollte der Druck des Beatmungsgerätes nicht zu hoch eingestellt sein. Sonst wird die ohnehin angeschlagene rechte Seite des Herzens zusätzlich belastet. Zusätzlich werden Medikamente verabreicht, die den Blutfluss durch den Lungenkreislauf verbessern, um den Druck auf die rechte Herzseite zu verringern.
Eine Lungenembolie kann sowohl bei einem Kaiserschnitt als auch bei einer normalen Geburt auftreten. Ein Kaiserschnitt ist im Vergleich zur normalen Geburt kein größerer Risikofaktor für eine Fruchtwasserembolie. 70 Prozent der Fruchtwasserembolien finden während einer normalen Geburt statt, 11 Prozent treten erst nach der Geburt auf. 19 Prozent aller Fruchtwasserembolien ereignen sich während eines Kaiserschnitts.
Das geringere Risiko für eine Embolie ist allerdings kein medizinischer Grund, sich für einen Kaiserschnitt zu entscheiden. Das liegt daran, dass dieser mit anderen Risiken verbunden ist und das Auftreten einer Fruchtwasserembolie mit 1:20.000 bis 1:80.000 sehr selten ist.
Schon eine „normale“ Lungenembolie, bei der die Ursache ein Thrombus aus den Bein- oder Beckenvenen ist, ist oft ein lebensgefährliches Ereignis. Bei einer Fruchtwasserembolie ist das Risiko noch einmal deutlich höher. Nur ungefähr 20 Prozent der Mütter überleben eine Fruchtwasserembolie, viele davon mit bleibenden Schäden. Auch bei den Kindern ist die Sterblichkeit sehr hoch: Bis zu 50 Prozent der Kinder versterben während oder kurz nach der Geburt. Bei den überlebenden Kindern besteht die Gefahr einer bleibenden Schädigung durch das Ereignis.
Obwohl die Fruchtwasserembolie einen schwerwiegenden Notfall während einer Geburt oder eines Kaiserschnitts darstellt, sind die genauen Ursachen dieser Erkrankung noch nicht abschließend geklärt.
Fest steht, dass bei einer Lungenembolie durch Fruchtwasser ein Eindringen von Fruchtwasser in den mütterlichen Kreislauf stattfindet. Aber nicht jedes Eindringen von Fruchtwasser führt automatisch zu einer Lungenembolie. Die Stelle, an der die Plazenta mit der Gebärmutter verbunden ist und an der sie sich unter der Geburt ablöst, stellt eine natürliche Schwachstelle für das Eindringen von Fruchtwasser dar. Warum das während der meisten Geburten gut verkraftet wird und warum nur bei einigen wenigen Geburten übermäßig viel Fruchtwasser in den mütterlichen Kreislauf eindringt, ist noch nicht abschließend geklärt.
aktualisiert am 15.03.2020