Bei einer Lungenembolie kommt es zu einem Verschluss einer Lungenarterie. In den meisten Fällen ist ein Blutgerinnsel (Thrombus) dafür verantwortlich, das sich in der Regel aus einer Beinvene oder Beckenvene gelöst hat. Das Gerinnsel wird mit dem Blutstrom über das Herz in ein Lungengefäß befördert und verstopft es, so dass kein Blut mehr hindurchfließt. Die anderen Lungenarterien erweitern sich daraufhin, um den fehlenden Bluteinstrom durch das betroffene Gefäß zu kompensieren.
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Leitsymptome der Lungenembolie sind rasch eintretende Atemnot, Herzrasen (Tachykardie), starke Schmerzen in der Brust sowie Husten und Angst. Es kommen aber auch Fälle vor, in denen kaum Beschwerden verspürt werden (stumme Embolie). Wenn eine Embolie nicht erkannt und beseitigt wird, kann ein Anteil der Lunge absterben (Lungeninfarkt). Es kommt außerdem zu einem erhöhten Blutdruck im Lungenkreislauf. Längerfristig kann das Herz dadurch stark belastet werden, so dass Folgen wie eine Herzrhythmusstörung möglich sind.
Die Lungenembolie gehört zu den häufigeren Ereignissen in der Medizin. Circa ein Prozent der Patienten, die in eine Klinik überwiesen werden, haben eine Lungenembolie. Die Sterberate ist relativ hoch, einer von vier Patienten verstirbt an den Folgen der Embolie. In Deutschland gibt es jährlich zwischen 20.000 und 40.000 Opfer an der Lungenebolie. Das Risiko für die Embolie steigt im höheren Alter, die Hälfte der Betroffenen ist über fünfzig Jahre alt. Bei Frauen kommen häufiger Lungenembolien vor als bei Männern.
Eine Lungenembolie entsteht am häufigsten, weil ein Thrombus (Blutgerinnsel) über die Blutbahn eingeschwemmt wird und eine Lungenarterie verstopft. Doch es gibt auch noch andere Ursachen, wie die Verlegung des Gefäßes zustande kommt.
Ein Blutgerinnsel kommt meist aus einer Venenthrombose mit dem Blutfluss in die Lungenarterie. Das Gerinnsel stammt häufig aus einer Thrombose einer Beinvene (etwa 60 Prozent der Fälle) oder aus einer Thrombose der Beckenvene (etwa 30 Prozent der Fälle). Viel seltener stammt die Blutverklumpung aus einer Vene in der oberen Körperhälfte. Der Blutpfropf löst sich, meist im frühen Stadium der Thrombose, von seinem ursprünglichen Ort ab. Dies kann z. B. durch eine sogenannte Bauchpresse (Muskeldrücken des Bauches wie etwa beim Stuhlgang) passieren. Die Strömung treibt den Thrombus über die großen Venen und das Herz bis zur Lungenstrombahn. Dort bleibt er stecken, sobald der innere Durchmesser des Gefäßes klein genug wird. Der weitere Blutfluss wird in dem Gefäß verhindert.
Das bedeutet, dass Menschen, die ein hohes Risiko für die Entstehung einer Thrombose haben, auch eine vermehrte Gefahr einer Lungenembolie haben. Thrombosen betreffen häufig Menschen, die sich sehr wenig bewegen, beispielsweise wenn sie bettlägerig sind oder auf einer längeren Reise ruhig sitzen müssen (etwa auf einem Langstreckenflug). Weitere Risikofaktoren sind Gerinnungsstörungen, Einnahme der Anti-Baby-Pille (Kontrazeptiva) und Rauchen sowie eine Schwangerschaft (gilt auch für die Zeit danach) oder Übergewicht. Auch nach Verletzungen (etwa Knochenbrüchen) oder nach Operationen (z. B. an Hüftgelenk, Kniegelenk oder dem Unterleib) sowie bei bösartigen Tumoren ist die Gefahr von Thrombose-Ereignissen erhöht, die letztendlich eine Lungenembolie zur Folge haben können. Ein zentraler Venenkatheter oder die Sonde eines Herzschrittmachers begünstigen ebenfalls dortige Thrombosen und damit Lungenembolien. Erkrankungen der Atemwege, des Herzens (z. B. Herzinsuffizienz = Herzschwäche) oder bereits abgelaufene Lungenembolien fördern eine (erneute) Embolie.
Die Gefäßverstopfung bei der Lungenembolie kann neben dem verklumpten Blut auch durch anderes Material geschehen. So ist es möglich, dass Fettteilchen oder Knochenmark das Lungengefäß verlegen, etwa nach einem Knochenbruch. Luft kann bei unsachgemäßem Umgang mit Venenzugängen auch zu einer Embolie in der Lungenarterie führen (Luftembolie als Lungenembolie). Auch Fruchtwasser kann bei werdenden Müttern (insbesondere durch den Geburtsvorgang) in das Gefäßsystem gelangen und eine Lungenembolie (Fruchtwasserembolie) hervorrufen. In Ausnahmefällen können sich Fremdkörper, körpereigenes Gewebe, bösartiges Tumorgewebe oder Krankheitserreger in einer Lungenarterie festsetzen und eine spezielle Embolie verursachen.
Die Symptome können bei Lungenembolien höchst unterschiedlich ausfallen. Insbesondere hat die Stärke der Symptome mit der Größe des Verschlusses zu tun. Je ausgedehnter der Lungenbereich ist, der nicht mehr mit Blut durchflossen wird, umso mehr verspürt der Betroffene in der Regel. Eine kleine Embolie wird häufig nicht bemerkt oder es bestehen nur geringe Symptome, die leicht fehlgedeutet werden können (stumme Embolie). Es kann beispielsweise zwischenzeitlich zum Husten kommen.
Eine ausgedehnte Lungenembolie führt hingegen zu plötzlichen Symptomen wie Atemnot, Herzrasen (Tachykardie), Husten (mitunter auch blutig) oder starken Schmerzen in der Lunge (vor allem während des Einatmens). Weiterhin können Betroffene Angst, Engegefühl und Nervosität verspüren, die Haut kann blass und schweißig werden. Die verminderte Sauerstoffzufuhr kann zur Blaufärbung von Lippen und auch der Fingerenden führen (Zyanose). Halsvenen können sich verdicken, da Blut gestaut wird. Auch ein Fieber ist möglich. Manchmal werden Patienten mit Lungenembolie ohnmächtig (Synkope) oder ihnen ist schwindlig. Die Symptomatik kann sich auch nach und nach in Schüben entwickeln, weil sich z. B. mehrere Blutgerinnsel von derselben Thrombosestelle ablösen und hintereinander Lungenembolien verursachen.
Lungenembolien lassen sich nach der Schwere charakterisieren und in vier Grade aufteilen. Stadium I beschreibt eine leichte Lungenembolie mit um weniger als 25 Prozent vermindertem Blutfluss, die keine oder geringe kurzzeitige Symptome macht. Stadium II ist eine mäßige Lungenembolie mit um 25 bis 50 Prozent verminderter Durchblutung, leichten Atemnotsbeschwerden und schnellerem Herzschlag. Im Stadium III hat sich eine schwere Lungenembolie ereignet, der Blutfluss ist um über 50 Prozent zurückgegangen und eine ausgeprägte Atemnot besteht. Das Stadium IV (massive Lungenembolie) führt dazu noch zu einem Schock (Kreislaufversagen).
Eine Lungenembolie kann schwere Folgen nach sich ziehen. Neben Atemnot und Schock kann das Lungengewebe im betroffenen Bereich absterben (Lungeninfarkt). Das Herz kann in Mitleidenschaft gezogen werden, denn die rechte Herzkammer muss gegen einen hohen Widerstand in der Lungenstrombahn ankommen. Das Blut staut sich auf und es kommt zu einer Überlastung, was als Cor pulmonale (übersetzt etwa: Lungenherz) bezeichnet wird. Im Verlauf kann es zu einem Versagen der Pumpfunktion kommen. Auch können Herzrhythmusstörungen verursacht werden.
Bei einem Verdacht auf Lungenembolie muss umgehend ein Notruf getätigt werden. Eine größere Embolie, die ausgedehnte Teile der Lunge vom Blutfluss abschneidet, bedeutet Lebensgefahr für den Betroffenen. Der Arzt fragt den Betroffenen kurz nach den bestehenden Beschwerden und nach Vorerkrankungen (Anamnese), dann geschieht die körperliche Untersuchung. Die Wahrscheinlichkeit, ob es sich tatsächlich um eine Lungenembolie handelt, kann anhand einiger Parameter durch eine Punkte-Berechnung (Wells-Score) überschlagen werden.
Es schließen sich eine Reihe von apparativen Untersuchungen an. Eine Blutgasanalyse wird durchgeführt. Das ist eine Entnahme von Blut aus einer Arterie, um unter anderem die Sauerstoffsättigung zu ermitteln. In einer herkömmlichen Blutentnahme lassen sich Veränderungen wie eine erhöhte Menge der D-Dimere feststellen (diese kommen typischerweise bei Blutgerinnseln vor).
Im EKG (Elektrokardiogramm) finden sich häufig charakteristische Änderungen. Ein Herzultraschall (Echokardiographie) wird ebenfalls durchgeführt und kann Auffälligkeiten zeigen.
Vom Brustraum wird eine Röntgenaufnahme gemacht (Röntgen-Thorax). Eine Computertomographie (CT, Spiral-CT) ist oft ein wichtiges Mittel, um eine Lungenembolie zu diagnostizieren. Die Lungen-Szintigraphie ist eine nuklearmedizinische bildgebende Untersuchung, um festzustellen, welche Anteile der Lungen nicht mehr richtig durchblutet werden. Darüber hinaus wird ein Ultraschall an den Beinen zur Beurteilung der Venen durchgeführt (Doppler-Sonographie), um mögliche Thrombosen erkennen zu können. Auch eine Röntgen-Kontrastmitteluntersuchung der Venen (Phlebographie) kann sinnvoll sein. Eine weitergehende Untersuchung bei fraglichen Fällen ist die Angiographie der Lunge. Das ist wiederum eine Röntgenaufnahme mit Kontrastmittel, das über einen Katheter in die Lungengefäße eingeleitet wird und den Ort des Blutgerinnsels aufdeckt.
Erkrankungen mit ähnlichem Erscheinungsbild können zunächst für eine Lungenembolie gehalten werden und umgekehrt. Ein Herzinfarkt (Myokardinfarkt)äußert sich teilweise ähnlich wie die Embolie. Manchmal steckt hinter den Beschwerden auch ein Flüssigkeitserguss in den Herzbeutel (Perikard-Tamponade), die das Herz einengt, das sich nicht mehr richtig füllen kann. Ein Riss der Innenwand der Aorta (Aortendissektion) kann eine weitere Veränderung mit solchen Beschwerden sein.
Auch Erkrankungen an der Lunge können sich vergleichbar mit einer Embolie bemerkbar machen. Es kann sich beispielsweise um Luft im Raum zwischen Lunge und Rippen (Pneumothorax), eine Lungenentzündung (Pneumonie), eine Rippenfellentzündung (Pleuritis) oder gar um einen asthmatischen Anfall handeln.
Die Therapie hängt vor allem davon ab, wie ausgedehnt die Lungenembolie ist. Die Behandlung einer Lungenembolie gliedert sich in eine Primärtherapie und in eine Sekundärtherapie. Die Primärtherapie behandelt die bestehenden Veränderungen und die Sekundärtherapie dient der Vorbeugung weiterer solcher Ereignisse.
Bei der Lungenembolie wird - nach Prüfung möglicher Gegenanzeigen - eine gerinnungshemmende Behandlung (Antikoagulation) durchgeführt. Normalerweise kommt Heparin oder seine Abkömmlinge zum Einsatz. Heparin sorgt dafür, dass das Blutgerinnsel nicht noch größer wird und sich keine erneuten Thromben bilden. Meist werden niedermolekulare Heparine eingesetzt, also solche mit kleiner Teilchengröße (Molekülgröße). Sie werden mittels Spritzen verabreicht (unter die Haut oder in die Vene). Ein weiterer möglicher Wirkstoff mit ähnlicher Wirkung wie Heparin ist Fondaparinux.
Dazu hält der Patient Bettruhe ein. Sauerstoff wird verabreicht, da ein Teil der Atemfunktion wegfällt. Schmerzmedikamente (Analgetika) lindern die mitunter heftigen Schmerzen bei der Lungenembolie.
Eine schwere Lungenembolie vom Stadium III oder IV wird zusätzlich mit Medikamenten behandelt, die die Blutgerinnsel auflösen können (Fibrinolytika). Die Behandlung (Fibrinolyse. Lyse-Therapie) zielt darauf ab, die Gefäße für den Blutfluss wieder passierbar zu machen. Allerdings wird die Blutungsneigung erhöht, weshalb Fibrinolytika bei recht vielen Patienten (z. B. bei sehr hohem Blutdruck oder nicht lange zurückliegenden Blutungen) nicht eingesetzt werden können.
Ist das Auflösen des Gerinnsels mit Medikamenten nicht erfolgreich, dann kommt eine Katheterbehandlung oder eine Operation zum Einsatz.
Die Katheterbehandlung erfolgt mit einem langen Gefäßkatheter, dessen Ende bis an die Stelle der Embolie geführt wird. Das Gerinnsel wird durch Instrumente zerkleinert, so dass sich aus einem großen einige kleine Lungenembolien ergeben. Dies führt dazu, dass das Herz meist geringere Probleme bekommt. Alternativ kann das Gerinnsel abgesaugt werden. Darüber hinaus wird ein Mittel zur Auflösung des Gerinnsels eingebracht.
Eine pulmonale Endarteriektomie ist eine Operation aus der Gefäßchirurgie, die bei hochgradig verschlossenen Lungenarterien und wiederholten Lungenembolien in Frage kommt. Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose. Die verlegten Gefäße werden ausgeräumt.
Die Sekundärtherapie senkt das Risiko neuerlicher Thrombosen beziehungsweise Lungenembolien. Patienten bekommen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen (Antikoagulanzien). Wichtig sind hier Cumarine (Vitamin-K-Antagonisten) wie Phenprocoumon (Marcumar®) oder Warfarin. Diese Antikoagulation mit Cumarinen wird meist wenige Tage nach dem Ereignis begonnen und über ein halbes oder ein Jahr lang durchgeführt, bei Patienten mit besonders hohem Risiko (z. B. manchen Tumorpatienten) auch dauerhaft. Unter dieser Behandlung muss regelmäßig die Blutgerinnungsfähigkeit an einer Blutprobe geprüft werden.
Hingegen sollten Medikamente, die das Thromboserisiko steigern, nicht eingenommen werden, sofern dies möglich ist. Dazu gehören etwa einige Kontrazeptiva (Anti-Baby-Pille).
Nach Operationen sollten Patienten so bald wie möglich wieder aufstehen und gehen (Frühmobilisation). Die Bewegung fördert den Blutfluss und senkt die Wahrscheinlichkeit von Thrombosen. Auch bei langem Sitzen, etwa auf Reisen, sollten immer wieder Bewegungen ausgeübt werden - schon das Kreisen oder Wippen mit dem Fuß bringt etwas.
Kompressionsstrümpfe (Thrombosestrümpfe) üben eine Spannung auf das Bein aus und führen dazu, dass die Muskeln innen auf die Venen drücken. Es ergibt sich eine Art Pumpe für die Gefäße, so dass der Blutfluss in den Venen gefördert wird und sich nicht so schnell Thrombosen bilden können.
Patienten, die häufiger wiederkehrende Thrombosen bekommen, können von einem Cava-Schirm profitieren. Dies ist ein Filter, der in die Hohlvene eingesetzt wird und verhindert, dass Blutgerinnsel bis in die Lunge kommen können.
Der Verlauf einer Lungenembolie ist sehr unterschiedlich. Er hängt von der Größe des Gerinnsels und betroffenen Gebietes der Lunge, von der Zeit bis zur Behandlung, von der Gesundheit des rechten Herzanteils und von weiteren Faktoren ab wie dem Allgemeinzustand des Patienten. Kleine Embolien werden von Betroffenen häufig nicht bemerkt und gehen oft ohne weitere Folgen aus. Der kleine Blutpfropf wird von körpereigenen Vorgängen abgebaut und damit innerhalb von Tagen bis Wochen beseitigt.
Ein größeres Gerinnsel hat dagegen oft sehr gravierende Folgen. Manche große Lungenembolie kann bereits nach Stunden tödlich enden, in Extremfällen auch schon nach Minuten. Meist ist vor allem die heftige Belastung des Herzens lebensbedrohlich. Weil unbehandelt etwa ein Drittel der großen Lungenembolien tödlich verlaufen, muss so schnell wie möglich ein Medikament zur Auflösung des Blutgerinnsels gegeben werden. Häufig erholen sich geschädigte Bereiche der Lunge (Lungeninfarkte) aber wieder.
Mit der richtigen Therapie, insbesondere der Gerinnungshemmung mit Cumarinen und Heparin, kann auch das Risiko für weitere Thrombosen und Lungenembolien verringert werden. Ansonsten kann es immer wieder zu erneuten Embolien kommen (Rezidive).
aktualisiert am 13.07.2020