Bei einer Herzkatheter-Untersuchung wird über die Blutbahn ein dünner Katheter in das Herz und herznahe Gefäße eingeschoben. Ein Linksherzkatheter ist zur Untersuchung bei vielen Symptomen beziehungsweise Erkrankungen des Herzens angezeigt. Mit dem Herzkatheter können auch einige Eingriffe durchgeführt werden, z. B. eine Ballonaufdehnung mit Einsetzen eines so genannten Stents bei Gefäßverengungen.
Mit dem Linksherzkatheter kann untersucht werden, ob eine Herzkrankheit die Ursache bestimmter Symptome ist. Krankheiten, die festgestellt oder von der Schwere her beurteilt werden können, sind unter anderem Herzkranzgefäß-Verengung (koronare Herzkrankheit), Herzklappenveränderungen oder angeborene Herzfehler. Des Weiteren ist die Herzkatheter-Untersuchung auch eine diagnostische Methode, die vor verschiedenen operativen Maßnahmen am Herz durchgeführt wird, beispielsweise vor einer Bypass- oder Herzklappenoperation, einer Ballonaufdehnung (Dilatation) oder einer Katheter-Ablation (bei Herzrhythmusstörungen).
Verengungen (Stenosen) der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit, KHK) sind meist durch Arteriosklerose bedingt. Bei diesem Krankheitsbild kommt es zur Anlagerung von Bestandteilen des Blutes, z.B. Cholesterin und Thrombozyten (Blutplättchen), an die innere Gefäßwand. Das Arteriosklerose-Risiko steigt unter anderem bei Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, schlechter Blutfettzusammensetzung und beim Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).
Bei Herzkrankheiten kann es zu unterschiedlichen Beschwerden kommen.
Bei koronarer Herzkrankheit (Engstellen in den Herzkranzarterien) kommt es durch den Blut- und Sauerstoffmangel zu Schmerzen und Druckgefühl in der Brust (Angina pectoris, Brustenge). Der Schmerz kann in andere Körperbereiche ziehen, z.B. Arme, Hals oder Magengegend. Zusätzlich kann es zu Atemnotsymptomen, Angst und vermehrtem Schwitzen kommen. Bei vielen Menschen mit koronarer Herzkrankheit zeigen sich allerdings keine Symptome. Bei einem kompletten Verschluss entwickelt sich ein Herzinfarkt, bei dem ein Teil der Herzwand abstirbt und sich aus dem Muskelgewebe eine Narbe bildet. Das Herz wird schwächer.
Herzklappenveränderungen werden prinzipiell in zwei Formen aufgeteilt: Verengung (Stenose), bei der nicht genügend Blut durch die Klappe gelangen kann, sowie inkompletter Verschluss (Insuffizienz), bei dem ein Teil des vorangetriebenen Blutes wieder hinter die Herzklappe zurückfließt. Jede der vier Herzklappen kann betroffen sein. Bei beiden Formen von Herzklappenveränderungen muss das Herz eine Mehrarbeit leisten, um das Blut weiterhin befördern zu können. Dadurch ergibt sich eine höhere Belastung der Herzwand und des Herzmuskels, so dass es in schweren Fällen zum Herzversagen kommen kann. Auch Herzrhythmusstörungen können verursacht werden. Durch die verminderte Kreislauffunktion ergeben sich Wassereinlagerungen (Ödeme) im Gewebe, was sich z.B. als Atembehinderungen (Lungenödem) oder Beinschwellung äußern kann. Allgemein besteht eine körperliche Schwäche. Es kann zu Bewusstseinsverlusten kommen. Die Beschwerden nehmen bei körperlicher Anstrengung zu.
Angeborene Herzfehler können in vielen verschiedenen Formen vorkommen, z. B. auch als Herzklappenfehler, als Öffnung zwischen beiden Vorhöfen oder beiden Kammern oder als Gefäßanomalien. Es können sich körperliche Schwäche, Atemnot, Schwindel, Folgeerkrankungen (z. B. fortschreitende Herzschwäche) und Entwicklungsstörungen zeigen.
Bei anderen Herzkrankheiten beziehungsweise Herzschwäche unterschiedlicher Ursache kann es neben weiteren Beschwerden körperlicher Leistungsbeeinträchtigung, zu Atemnot sowie zu Wassereinlagerungen (Ödemen), z. B. in den Beinen, kommen.
Bei einer Erkrankung des Herzens oder dem Verdacht erfolgt zunächst die Befragung des Patienten (Anamnese) und eine eingehende körperliche Untersuchung. Insbesondere wird das Herz mit dem Stethoskop abgehört. Ein EKG (Elektrokardiogramm) wird abgeleitet, der Blutdruck wird gemessen, eventuell auch über 24 Stunden. Bildgebende Verfahren (z. B. Ultraschall über die Brustwand, Röntgen) kommen zum Einsatz. Bei bestimmten Untersuchungsergebnissen werden weitere diagnostische Maßnahmen vorgenommen.
Die verschiedenen Herzerkrankungen und ihre Ausprägung müssen voneinander unterschieden werden. Hierzu dient unter anderem auch die Herzkatheter-Untersuchung.
Insbesondere bei der Angina pectoris und ihren verschiedenartigen Beschwerdebildern kann neben der koronaren Herzkrankheit an viele andere Erkrankungen gedacht werden. Dazu gehören beispielsweise Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Herzentzündungen sowie in anderen Organen Lungenarterienverlegung (Lungenembolie), Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre (Refluxkrankheit, Sodbrennen) und weitere Erkrankungen im Bauchraum.
Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Erkrankung. Häufig ist die Gabe von Medikamenten angezeigt, bisweilen auch operative Eingriffe.
Für die Linksherzkatheter-Untersuchung erfolgt in der Regel eine örtliche Betäubung.
Der Linksherzkatheter (arterieller Katheter) wird über eine Schlagader in der Leistengegend, am Bein oder in der Ellenbeuge entgegen dem Blutfluss in die linke Herzkammer eingeschoben.
Bei liegendem Katheter können verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden. In Herz und Gefäßen kann der Druck beziehungsweise die Druckunterschiede am jeweiligen Ort bestimmt werden. Blut kann für eine Blutuntersuchung, insbesondere zur Feststellung der Sauerstoffsättigung, entnommen werden. Ebenso kann Kontrastmittel für eine Röntgenuntersuchung eingespritzt werden (Angiographie), bei der die Herzkranzgefäße (Koronarangiographie) oder auch die linke Herzhälfte und die Aorta (Hauptschlagader) dargestellt werden können. Mit der Koronarangiographie können Engstellen nachgewiesen werden, die eventuell einer Behandlung mit Ballonaufdehnung und Stent bedürfen.
Die Ballondilatation (PTCA), meist mit Stenteinsetzung, kann direkt nach der Koronarangiographie erfolgen. Dabei wird ein Ballonkatheter in eine betroffene Herzkranzarterie geschoben, deren Engstelle vorher im Röntgen aufgezeigt wurde. Der Ballon wird aufgefüllt und dehnt sich aus. Er wird für ungefähr eine Minute aufgebläht belassen. Der Vorgang erfolgt oft mehrmals, bis sich das Gefäß ausreichend ausgeweitet hat.
Daraufhin wird über den Katheter in der Regel ein Stent eingesetzt. Dies ist eine innere Gefäßschiene, die meist aus Metall besteht. Der Stent dient dazu, zu verhindern, dass das Gefäß wieder in sich zusammenfällt. Mit dem Ballonkatheter wird der Stent an der vorigen Engstelle ausgedehnt, so dass er sich an der Gefäßwand absetzt. Innerhalb von Wochen wächst langsam inneres Gefäßgewebe (Endothel) über den Stent.
Nach der jeweiligen Herzkatheter-Untersuchung beziehungsweise Behandlung wird die durchstochene Hautstelle verschlossen und mit einem Druckverband versorgt. Falls (z. B. an der Ellenbeuge) ein kurzer Einschnitt erfolgte, um den Katheter zu legen, wird die Stelle eventuell mit Naht verschlossen.
In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, nicht eine Ballonaufdehnung mit Stentimplantation vorzunehmen, sondern eine operative Gefäßüberbrückung vorzunehmen (Bypass-Operation).
Nur selten sind (z. B. beim Auftreten von Komplikationen) weitere Maßnahmen notwendig, die vorher nicht geplant waren.
Bisweilen wird bei liegendem Katheter ein Belastungstest durchgeführt, bei dem die Druckwerte und die Pumpfunktion des Herzens beispielsweise beim Treten in Fahrradpedale in liegender Position bestimmt werden.
Bei Untersuchungen mit dem Herzkatheter kommt es zu verhältnismäßig wenigen Komplikationen. In manchen Fällen kann Gewebe in der Umgebung des Eingriffes verletzt werden, z. B. bei Durchstoßung der Venenwand. Manchmal kann auch das Herz oder eine Herzklappe geschädigt werden. Es können sich manchmal Herzrhythmusstörungen ergeben. Blutungen und Blutergüsse (Hämatome) sind möglich. In Ausnahmefällen können sich dadurch lebensbedrohliche Zustände, z. B. bei einer Blutung um das Herz herum (Perikarderguss), entwickeln. Bei Nervenverletzungen kann es unter anderem zu Taubheitsgefühl oder Lähmungen kommen. Sehr selten wird versehentlich die Lunge angestochen, und es kommt zu einer die Atmung behindernden Luftansammlung im Brustkorb (Pneumothorax). Der Katheter kann selbst auch beschädigt werden, z. B. kann die Spitze abbrechen und Probleme in der Blutbahn bereiten. Durch den Katheter können sich Blutverklumpungen (Thromben) bilden, die manchmal weitergeschwemmt werden und zu Durchblutungsstörungen, z.B. zu einer Lungenembolie (Lungeninfarkt), führen können. Durch Gabe von jodhaltigem Kontrastmittel kann eine Überfunktion der Schilddrüse verursacht werden. Auch Entzündungen und allergische Reaktionen können nicht ausgeschlossen werden.
Bei der Aufdehnung und Stentimplantation kann es zusätzlich zu einem Verschluss an der Engstelle des Gefäßes kommen. Der Stent kann sich ablösen und in anderen Gefäßbereichen festsetzen. Diese können dadurch verstopft werden.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Oftmals kann mit der Linksherzkatheter-Untersuchung eine genaue Diagnose der jeweiligen Erkrankung und deren Ausprägung erfolgen. Nach den Untersuchungsergebnissen richtet sich dann auch die Behandlung. Es kann jedoch auch sein, dass die vorangegangenen Symptome nicht durch eine Herzkrankheit ausgelöst wurden. Ebenso ist ein ungenügendes oder falsches Ergebnis beim Herzkatheter nicht ausgeschlossen. In aller Regel ist es jedoch sinnvoller, die Untersuchung durchzuführen, als zu riskieren, dass eine schwerwiegende Erkrankung des Herzens nicht erkannt wird.
Die Ballondilatation einer verengten Herzkranzarterie mit Stentimplantation ist in den meisten Fällen erfolgreich. Die Methode ist zudem einfacher und meist mit weniger Komplikationen behaftet als die Bypass-Operation. In der Regel ist eine Gefäßaufweitung möglich, so dass bei normaler körperlicher Betätigung keine Symptome mehr auftreten. Es kann längerfristig wieder zu einer Einengung des jeweiligen Gefäßes kommen (ohne Stent: etwa 1/3 der Fälle, mit Stent: 10 bis 20 Prozent der Fälle). Ein erneuter Eingriff kann notwendig werden.
Metformin, ein Medikament zur Behandlung von Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), muss oftmals vor dem Eingriff abgesetzt werden, da es zu Problemen im Zusammenhang mit dem Kontrastmittel kommen kann. Eventuell müssen auch weitere Medikamente weggelassen werden.
Einige Stunden vor der Untersuchung sollte der Patient nüchtern bleiben und auch nicht mehr rauchen.
Körperschmuck (inklusive Piercings), Kontaktlinsen, herausnehmbare Zahnprothesen und Ähnliches muss vor dem Eingriff abgelegt werden. Auch Kosmetika sollten weggelassen werden.
Im Anschluss an den Eingriff erfolgt oft eine Beobachtung und Nachbehandlung auf der Intensivstation.
Falls die Untersuchung beziehungsweise Behandlung unter ambulanten Bedingungen und mit Schmerzmitteleinwirkung erfolgt, so muss der Patient beachten, dass er für 24 Stunden kein Auto, keine anderen Verkehrsmittel und keine Maschinen selbst bedienen darf. Daher sollte er sich abholen lassen. Bedeutsame Entscheidungen sollten ebenfalls vertagt werden.
Nach Einlegen des Katheters über das Bein oder die Leiste sollte das Bein anfangs nicht selbstständig bewegt werden. Für eine Woche sollten zu starke körperliche Anstrengungen vermieden werden.
Wenn der Katheter über die Ellenbeuge eingeschoben wurde, ist ebenso körperliche Schonung nach Anweisung des Arztes einzuhalten.
Bei Auffälligkeiten, die auf Komplikationen hinweisen könnten, sollte baldmöglichst der Arzt kontaktiert werden.
aktualisiert am 27.04.2023