Der Leistenkanal ist eine Öffnung zwischen der Bauchmuskulatur und dem Leistenband. Bei Männern zieht der Samenstrang durch den Leistenkanal. Bei einem Leistenbruch tritt Bauchinhalt in den Leistenkanal ein, der somit eine Bruchpforte darstellt. Ein Schenkelbruch dagegen bildet sich zwischen dem Leistenband und dem Beckenknochen aus. Bauchfell (Peritoneum), die innere Haut, die Bauchorgane und Bauchhöhle auskleidet, ist immer beteiligt und bildet den so genannten Bruchsack aus, oft stülpt sich auch Darm in den Bruch hinein.
Leistenbrüche erleiden meist männliche, Schenkelbrüche meist weibliche Personen. Es wird zwischen angeborenen und im Laufe des Lebens erworbenen Hernien unterschieden. Brüche sind besonders häufig bei wiederholter Bauchpresse, z.B. durch chronische Verstopfung, bei Druck im Bauchraum oder bei ständigem Hochheben schwerer Gegenstände. Des Weiteren ist die Gefahr von Brüchen bei Schwangerschaften erhöht.
Bereits operierte Leistenbrüche können sich auch erneut ausbilden (Leistenbruch-Rezidiv). Dies kommt besonders dann vor, wenn die vernähte Stelle zu stark beansprucht wird und oder die Muskelhülle geschwächt ist.
Falls Eingeweide in den jeweiligen Bruch geraten, so kann Darm oder anderes Gewebe so in die Lücke gezwängt werden, dass die Durchblutung vermindert oder unterbunden ist. Ein Darmverschluss (Ileus) kann sich ergeben, es besteht die Gefahr, dass durch die Gewebeschädigung ein Darmdurchbruch mit Austritt von Darminhalt und nachfolgender Bauchfellentzündung (Peritonitis) verursacht wird. Eine solche Bauchfellentzündung ist lebensbedrohlich.
Es besteht oft eine weiche Vorwölbung in der Leisten- beziehungsweise Schenkelgegend. Vorstufe kann ein ziehender Schmerz sein. Bei besonders ausgeprägten Leistenhernien kann der Bruch bis in den Hodensack hinein reichen (Skrotalhernie).
Die Diagnose wird meist durch die Schilderung des Patienten und den Anblick gestellt. Bei der Bauchpresse und beim Husten lässt sich unter anderem auch beim Abtasten mit dem Finger feststellen, dass die Schwellung sich verstärkt.
Die verschiedenen Bruchformen müssen voneinander unterschieden werden. Des Weiteren können Tumoren weiche Schwellungen an den jeweiligen Stellen bewirken. Auch Lymphknotenvergrößerungen können Hernien, besonders Schenkelbrüchen, ähneln.
Nichtoperative Behandlungsmethoden wie beispielsweise das Anlegen eines Stützkorsetts oder eines strammen Bruchbands besitzen keinen Nutzen, können jedoch sogar weitere Schäden verursachen. Ohne operative Behandlung bleibt eine Bruchpforte offen.
Die operative Therapie ist das einzige Vorgehen, das erfolgversprechend ist. Bestehen minderdurchblutete, eingeklemmte Darm- beziehungsweise Eingeweidebereiche, so ist dies ein Notfall, der umgehend einer Operation bedarf.
Die Bruchoperation kann in Vollnarkose, in Regionalanästhesie (Betäubung eines größeren Körperbereichs) oder in örtlicher Betäubung erfolgen.
Der Bruchinhalt muss in den Bauchraum zurückgezogen werden. Die jeweilige Bruchpforte muss verengt und das Gewebe stabilisiert werden, damit es nicht zu einem Wiederauftreten der Hernie (Rezidiv) kommt. Hierzu bestehen mehrere Operationsmethoden.
Eine offene Operation mit Leistenschnitt wird durchgeführt, indem der Bruchsack nach Einschneiden der Haut in der Leistengegend aufgesucht wird. Die Eingeweide im Bruch werden wieder in den Bauchraum hineingeschoben. Der Bruchsack selbst kann herausgeschnitten, hineinverlagert oder abgebunden werden. Die Lücke des Bruchs wird durch ein Kunststoffnetz oder durch Vernähen schmaler und die Bauchwandschichten stabiler gemacht. Diese offene Operation muss z.B. bei Brucheinklemmungen durchgeführt werden, bei denen ein Stück Darm oder andere Organanteile bereits abgestorben sind.
Heutzutage kann häufig eine Operation mittels Bauchspiegelung (Laparoskopie) erfolgen. Über einen kleinen Einschnitt in der Bauchnabelgegend wird dabei ein optisches Gerät (Laparoskop), an dessen Ende eine kleine Videokamera und eine Lichtquelle sitzen, in die Bauchhöhle eingeschoben. Über weitere Öffnungen werden bestimmte benötigte Instrumente eingeführt. Um den Einblick zu verbessern, wird der Bauchraum mit CO2-Gas aufgebläht. Das Bild der Mini-Kamera wird live auf einem Monitor dargestellt. Der Bruchsackinhalt wird bei der Bauchspiegelung von innen aus dem Bruch wieder in den Bauchraum hineingezogen. Ist dies erfolgt, wird die Lücke wiederum mit einem Kunststoffnetz oder durch Naht verstärkt und verengt. Mit dem Netz kann auch eine Art Pfropf gebildet werden, um die Bruchpforte abzudichten.
Ein solches optisches Gerät (Endoskop) kann zur Bruchoperation auch an anderer Stelle eingeführt werden (endoskopische Operation mit extraperitonealem Zugang ). Dabei wird der Bereich zwischen Bauchfell (Peritoneum) und Bauchhaut aufgebläht und von dort aus ähnlich wie bei der Operation per Leistenschnitt verfahren.
Bestimmte Gegebenheiten, Probleme oder Komplikationen können es erforderlich machen, das Operationsverfahren zu verändern, beispielsweise von der Bauchspiegelung zu einem offenen Schnitt an der Bauchdecke umzuschwenken. Zeigt sich während der Operation abgestorbenes Gewebe oder Organe (z.B. Hoden bei einem Leistenbruch mit Abklemmung der versorgenden Gefäße), so muss dies entfernt werden.
Es besteht die Möglichkeit, dass Organe in der Nähe des Operationsbereiches in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies gilt besonders dann, wenn sie durch die Bruchpforte vorgefallen sind. Im schlimmsten Fall wird der Darm verletzt, wodurch Darminhalt durch die Öffnung in die Bauchhöhle treten und eine lebensbedrohliche Bauchfellentzündung hervorrufen kann. Beim Mann kann zusätzlich der Hoden in Mitleidenschaft gezogen werden. Wird die Bruchpforte zu eng gezogen, werden möglicherweise Blutgefäße unterbunden, die den Hoden versorgen, und dieser kann geschädigt werden.
Eventuell eingenähte Kunststoffnetze werden mitunter vom Körper abgestoßen. Es kann zu Verwachsungen kommen, unter Umständen auch zwischen einem Kunststoffnetz und Darmbereichen.
Des Weiteren kann es durch die Operation zu Blutungen, Nachblutungen, Infektionen, Wundheilungsstörungen und überschießender Narbenbildung mit funktionellen und ästhetischen Nachteilen kommen. Nervenverletzungen können ein meist vorübergehendes, selten auch dauerhaftes Taubheitsgefühl bedingen. Blutergüsse verschwinden ebenfalls meist nach einigen Wochen. Schmerzen können auftreten. Allergische Reaktionen unterschiedlichen Schweregrades sind möglich.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
In der Regel kann ein Leistenbruch oder Schenkelbruch durch die Operation wirkungsvoll behandelt werden, Komplikationen kommen eher selten vor. Ein Wiederauftreten der Hernie ist nicht sehr häufig, die Gefahr beläuft sich auf weniger als 5 Prozent der Fälle.
Falls gerinnungshemmende Arzneimittel wie Marcumar® oder Aspirin® eingenommen werden, müssen diese meist in Absprache mit dem Arzt vorübergehend abgesetzt werden.
Falls der Patient bereits am Operationstag aus der Klinik entlassen wird, sollte er sich abholen lassen. Ein Auto sollte ebensowenig selbst gesteuert werden wie andere Maschinen. Auch wichtige Entscheidungen sollten vertagt werden.
Nach dem Eingriff sollten für etwa drei Monate keine schweren Gegenstände hochgehoben oder getragen werden sowie kein intensiver Sport getrieben werden, um eine erneute Hernienbildung zu vermeiden.
Besonderheiten und Symptome, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollten den Patienten veranlassen, kurzfristig den Arzt zu kontaktieren.
aktualisiert am 16.11.2023