Die Leberzirrhose ist eine fortschreitende Vernarbung der Leber, die durch chronische Lebererkrankungen verursacht wird und die Funktion der Leberzellen beeinträchtigt. Sie verläuft oft jahrelang ohne Symptome. Die Diagnose erfolgt meist durch Ultraschall und Messung der Lebersteifigkeit, da Laborwerte oft erst spät Veränderungen zeigen. Ursachen sind vor allem Alkoholkonsum, eine Virushepatitis und Stoffwechselerkrankungen. Die Behandlung zielt darauf ab, die Grunderkrankung zu kontrollieren und die Fibrose somit einzugrenzen oder möglicherweise teils rückgängig zu machen.
Prof. Trebicka: Eine Leberzirrhose ist die Vernarbung der Leber. Das Problem bei chronischen Lebererkrankungen ist, dass diese Vernarbung fortschreitet, bis das gesamte Organ umgebaut ist. Das bedeutet, dass die Zellen, die die Funktionen der Leber erfüllen - die sogenannten Hepatozyten (Leberzellen) - immer weniger werden. Sie werden schließlich zu Inseln (Knötchen), die durch Bindegewebsstränge voneinander getrennt sind. Dies ist der Endzustand jeder chronischen Lebererkrankung, wenn sie ungebremst fortschreitet.
Prof. Trebicka: Eine Leberzirrhose verläuft oft jahrelang oder jahrzehntelang im Stillen. Die Patienten haben in dieser Zeit keine Beschwerden und merken nicht, dass mit ihrer Leber etwas nicht stimmt. Erst wenn die Leberzirrhose Komplikationen verursacht, merken die Betroffenen etwas von ihrer Krankheit. Diese Komplikationen entstehen vor allem durch die Vernarbung der Leber. Das Blut, das normalerweise durch die Leber fließt, staut sich vor der Leber. Die Patienten entwickeln dann verschiedene Symptome. Es können sich Krampfadern in der Speiseröhre bilden, Bauchwasser kann sich ansammeln, die Augen können sich gelblich verfärben und manchmal verschlechtert sich auch die Gehirnfunktion.
Erst wenn die Leberzirrhose Komplikationen verursacht, merken die Betroffenen etwas von ihrer Krankheit.
Prof. Trebicka: Die Patienten fühlen sich oft sehr schlapp und müde. Das Problem ist, dass die Leberwerte manchmal nicht eindeutig sind, insbesondere wenn die Leber bereits zirrhotisch ist. Im fortgeschrittenen Stadium der Leberzirrhose können die Leberwerte sogar normal erscheinen. Erst eine Ultraschalluntersuchung zeigt, dass die Leber verändert ist und Knoten aufweist - ein deutliches Zeichen für eine Leberzirrhose. In solchen Fällen wird in der Regel Blut abgenommen und eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt.
Zunehmend wird heute auch die Lebersteifigkeitsmessung eingesetzt. Dabei wird gemessen, wie steif die Leber ist. Je mehr Bindegewebe vorhanden ist, desto steifer ist die Leber. Umgekehrt ist die Leber weicher, wenn weniger Bindegewebe vorhanden ist. Die Steifigkeit wird in Kilopascal (kPa) angegeben und ab einem Wert von etwa 8 kPa gilt die Leber als nicht gesund. In solchen Fällen sollte eine weitergehende Untersuchung erfolgen. Wenn Patienten erst aufgrund von Komplikationen einen Arzt aufsuchen, ist die Leberzirrhose oft schon weit fortgeschritten und erfordert ein anderes Vorgehen als bei der Früherkennung einer Lebererkrankung.
Prof. Trebicka: Inzwischen weiß man, dass auch genetische Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Der wichtigste Faktor ist aber sicherlich das Ausmaß der Schädigung. Vor allem bei Patienten mit einer Lebererkrankung wie der Virushepatitis wissen wir am besten Bescheid, weil man das Virus nachweisen kann. Bei manchen Patienten dauert es 10 bis 15 Jahre, bis sich eine Leberzirrhose äußert. Bei anderen Patienten kann es bis zu 30 Jahre dauern, bis sie die gleichen Symptome zeigen. Es gibt also eine individuelle Schwankungsbreite. In der Regel führt jedoch eine chronische, ungebremste Lebererkrankung innerhalb von ein bis zwei Jahrzehnten zur Entwicklung einer Leberzirrhose.
Prof. Trebicka: Heute wird viel daran gearbeitet die Faktoren, die zu einer Leberzirrhose führen, frühzeitig zu erkennen, um chronische Leberschäden rechtzeitig beheben zu können. Im Rahmen des sogenannten "Check-up 35" bieten wir nun auch Tests auf Hepatitis C an. Dabei wird untersucht, ob eine Infektion mit Hepatitis C vorliegt, die behandelt werden kann. Für Patienten mit hohem Alkoholkonsum ist es wichtig zu wissen, dass es keinen festen Grenzwert gibt, ab dem Alkoholkonsum zu Leberschäden führt. Dies ist individuell sehr unterschiedlich: Manche Menschen trinken viel Alkohol und haben trotzdem nur eine mäßige Lebererkrankung, während andere weniger trinken und trotzdem eine fortgeschrittene, sogenannte dekompensierte Leberzirrhose entwickeln. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle.
Beim angesprochenen "Check-up 35" können neben Virusinfektionen auch die Leberwerte überprüft werden. Auffällige Leberwerte können auf eine Autoimmunerkrankung der Leber hinweisen. Vor allem Menschen, die regelmäßig Alkohol trinken oder übergewichtig sind, haben ein erhöhtes Risiko, an einer Lebererkrankung zu erkranken. Aus den Laborwerten, insbesondere den Transaminasenwerten, dem Alter und der Thrombozytenzahl kann der sogenannte FIB-4-Score berechnet werden. Dieser Score ist ein erster Schritt, um Patienten mit einer chronischen Lebererkrankung zu identifizieren. Anschließend sollte eine Ultraschalluntersuchung mit Messung der Lebersteifigkeit durchgeführt werden. Damit kann festgestellt werden, ob bereits eine fortgeschrittene Vernarbung der Leber vorliegt und sich die Erkrankung in Richtung Zirrhose entwickelt.
Laborwerte und Ultraschall sind wichtige Schritte, um eine chronische Lebererkrankung zu erkennen und zu überwachen.
Prof. Trebicka: In Deutschland haben wir 2022 eine Analyse der Krankenhauseinweisungen zwischen 2005 und 2018 mit dem Schwerpunkt Leberzirrhose durchgeführt. Die häufigste Ursache für eine Krankenhauseinweisung ist Alkoholkonsum. Alkoholbedingte Lebererkrankungen machen etwa 20-mal mehr Einweisungen aus als andere Ursachen. Aber auch die Zahl der Patienten mit metabolisch bedingten Lebererkrankungen, also Übergewicht und Fehlernährung, nimmt deutlich zu. Dieser Anstieg ist viermal so hoch wie in den Vorjahren.
Die Zahl der Patienten, die wegen einer Virushepatitis wie Hepatitis B oder C stationär behandelt werden, ist über die Jahre zurückgegangen. Dies ist vor allem auf die Fortschritte bei der Behandlung der Hepatitis C zurückzuführen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Menschen, die an einer Virushepatitis erkrankt sind, dies wissen und sich behandeln lassen, um eine Verschlimmerung zu verhindern. Mit der richtigen Behandlung kann eine Virushepatitis gut kontrolliert werden, sodass sich keine Leberzirrhose entwickelt.
Neben Alkoholkonsum und metabolischen Risikofaktoren wie Übergewicht und Diabetes gibt es auch Patienten mit cholestatischen oder genetischen Lebererkrankungen. Diese machen jedoch nur einen relativ geringen Anteil von etwa einem Drittel aller Fälle aus. Die Mehrzahl der Patienten leidet an alkoholbedingten Lebererkrankungen.
Die häufigste Ursache für eine Krankenhauseinweisung ist Alkoholkonsum.
Prof. Trebicka: Inzwischen weiß man aus sehr guten Studien, dass man bei Lebererkrankungen positive Effekte erzielen kann, wenn man die Ursache beseitigt. Wenn die Ursache eine Viruserkrankung (z.B. Hepatitis C) ist, wird versucht, das Virus zu unterdrücken oder zu heilen. Bei Übergewicht wird eine Gewichtsabnahme oder bessere Einstellung der Stoffwechselerkrankungen angestrebt. Und bei alkoholbedingten Lebererkrankungen wird zu kompletten Abstinenz geraten, um die Fibrose zurückzubilden und sogar rückgängig zu machen. Auch die Autoimmunhepatitis kann durch Immunsuppression verbessert werden.
Das heißt, wenn die Ursache der chronischen Lebererkrankung über einen längeren Zeitraum behandelt und kontrolliert wird, sinkt das Risiko, eine Leberzirrhose zu entwickeln. Auch eine bestehende Leberzirrhose kann sich zurückbilden. Dies ist jedoch nicht immer möglich, weil die Ursache oft nicht bekannt ist oder nicht behandelt wird. Wie bereits erwähnt, spielt die portale Hypertension (erhöhter Druck in der Pfortader) eine wichtige Rolle bei der Entstehung und den Komplikationen der Leberzirrhose. Hat sich dieser Bluthochdruck erst einmal etabliert, entsteht ein Teufelskreis, der zu weiteren Komplikationen führen kann. Auch wenn die Ursache der Lebererkrankung erfolgreich behandelt wurde, können durch die portale Hypertension weiterhin Komplikationen auftreten. Diese treten jedoch seltener auf und klingen mit der Zeit ab. Die Behandlung der spezifischen Ursache ist daher der wichtigste Schritt.
Prof. Trebicka: Eine Heilung der Leberzirrhose selbst gibt es leider noch nicht - die einzige kurative Behandlung ist die Lebertransplantation. Diese kommt jedoch nur für Patienten mit weit fortgeschrittener Leberzirrhose und schweren Komplikationen in Frage, da eine Transplantation auch Risiken birgt. Auch bei der portalen Hypertension gibt es inzwischen Therapieansätze, die die Symptome lindern. So können zum Beispiel unselektive Betablocker eingesetzt werden, um den Druck zu senken. In schweren Fällen kann auch ein sogenannter TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt) gelegt werden, um den Druck zu senken. Diese Maßnahmen sind jedoch symptomatische Therapien und führen nicht zu einer Heilung. Die einzige definitive Heilung der Leberzirrhose ist eine Lebertransplantation.
Eine Heilung der Leberzirrhose selbst gibt es leider noch nicht...
Prof. Trebicka: Wenn ein Patient an einer Leberzirrhose leidet, deren Ursache behandelbar ist - zum Beispiel bei einer Autoimmunhepatitis - und der Patient durch eine Immunsuppression langfristig stabilisiert wird, bevor die portale Hypertension überhand nimmt, kann man die Erkrankung gut in den Griff bekommen. Es gibt einen klaren Unterschied zwischen der Zeit vor und nach der Entwicklung einer klinisch signifikanten portalen Hypertension. Vor dieser Phase kann die Erkrankung gut kontrolliert werden und die Patienten können sich erholen. Ein Beispiel hierfür ist die Hepatitis C, bei der eine erfolgreiche Behandlung sogar zu einer Rückbildung der Leberzirrhose führen kann.
Sobald jedoch die portale Hypertension überhand nimmt und Komplikationen auftreten, wird es schwieriger, die Situation in den Griff zu bekommen. Es gibt zwar auch Fälle, in denen die Patienten über lange Zeit stabil bleiben, aber dann haben wir ein anderes Problem, das ich hier nicht unerwähnt lassen möchte: das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Sobald die Lebererkrankung in eine Leberzirrhose übergeht - aber auch schon vorher, wenn eine Entzündung in der Leber vorliegt - haben die Patienten ein hohes Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Bei einer Leberzirrhose ist dieses Risiko besonders hoch und liegt bei etwa 5% pro Jahr, was eine sehr hohe Rate ist.
Deshalb müssen Patienten mit Leberzirrhose regelmäßig untersucht werden, um sicherzustellen, dass keine Knoten (Tumore) vorhanden sind. Solange die Leberzirrhose noch nicht zu weit fortgeschritten ist und keine schwere portale Hypertension besteht, kann die Erkrankung bei einigen Patienten noch rückgängig gemacht werden. Es gibt sogar Fälle, in denen sich Leberkrebs in frühen Stadien zurückbildet, aber das ist viel seltener. Sobald die Leber jedoch stark verändert ist und eine klinisch relevante portale Hypertension mit hohem Blutdruck und Komplikationen besteht, bleibt das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC, Leberkrebs) hoch.
Prof. Trebicka: Lebertransplantationen gibt es seit den 70er Jahren und in den letzten 30 bis 40 Jahren haben wir viele Erfahrungen diesbezüglich gesammelt. Heute wissen wir, dass es eine Formel namens MELD-Score (Model for End-Stage Liver Disease) gibt, die ursprünglich für einen anderen Zweck entwickelt wurde. Aber diese Formel gibt die Sterblichkeit der Patienten in den nächsten drei Monaten an. Mit dem MELD-Score können wir also vorhersagen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Patient in den nächsten drei Monaten stirbt. Die Formel basiert auf drei Laborwerten: Kreatinin, Bilirubin und INR. Bilirubin ist ein Leberfarbstoff, Kreatinin ein Wert für die Nierenfunktion und INR ein Gerinnungsparameter. Der MELD-Score reicht von 6 bis 40 Punkten und es ist bekannt, dass Patienten mit einem Score von 15 oder mehr - bei Komplikationen auch etwas weniger - von einer Lebertransplantation profitieren würden.
Das Problem ist aber, dass es nicht genügend Spenderlebern gibt. Wir haben also zu wenig Spender, um alle Patienten, die eine Transplantation benötigen, rechtzeitig versorgen zu können. Deshalb sind wir gezwungen, diese knappen Ressourcen an die Patienten zu verteilen, die sie am dringendsten benötigen und die die besten Heilungschancen haben. Es gibt auch eine Richtlinie für die gerechte Verteilung von Lebern. Aufgrund der geringen Anzahl von Spendern werden oft sehr schwer kranke Patienten transplantiert, während andere Patienten erst dann eine Chance auf eine Lebertransplantation haben, wenn sich ihr Zustand deutlich verschlechtert.
Das Problem ist aber, dass es nicht genügend Spenderlebern gibt.
Prof. Trebicka: Wir versuchen, die Situation so gut wie möglich auszugleichen. Natürlich gibt es sehr strenge Regeln für eine Lebertransplantation. Um auf die Transplantationsliste zu kommen, müssen bestimmte Protokolle eingehalten werden. Patienten, die noch nicht transplantiert werden können, werden von uns anderweitig versorgt. Dort passiert auch noch einiges an Forschung. Gerade im Hinblick auf die Leberzirrhose möchte ich betonen, dass dringend mehr Forschung notwendig ist, um diese Krankheit besser behandeln zu können. Derzeit gibt es keine spezifischen Medikamente, die eine Leberzirrhose zurückbilden können. Es gibt nur Behandlungen, die an den Ursachen der Krankheit ansetzen. Das heißt, die Ursache wird kontrolliert oder geheilt, aber eine Therapie, die die Vernarbung der Leber vollständig rückgängig macht, gibt es leider noch nicht. Bisher gibt es nur indirekte Therapiemöglichkeiten.
Prof. Trebicka: Bei einer Leberzirrhose gibt es einige wichtige Punkte zu beachten. Zunächst ist es wichtig, dass die Patienten alles, was die Leber schädigt, entweder ganz vermeiden oder stark einschränken. Das bedeutet insbesondere, dass Alkohol vollständig gemieden werden muss. Außerdem sollten die eingenommenen Medikamente überprüft werden, insbesondere solche, die die Leber schädigen können. Dies sollte immer in Absprache mit den behandelnden Ärzten geschehen. Je nach Stadium der Erkrankung können unterschiedliche Empfehlungen sinnvoll sein.
In den frühen Stadien ist es besonders wichtig, ausreichend Bewegung in den Alltag zu integrieren. Bei Patienten mit Leberzirrhose fällt häufig auf, dass sie an Muskelmasse verlieren, was für ihre Aktivität ein großes Problem darstellt. Deshalb müssen sie aktiv bleiben und sich regelmäßig bewegen. Eine ausgewogene und eiweißreiche Ernährung ist ebenfalls sehr wichtig, zumal der Körper bei einer katabolen Stoffwechsellage dazu neigt, Muskelmasse abzubauen. Dies kann zu allgemeiner Schwäche und Bewegungsarmut führen. Außerdem werden bestimmte Giftstoffe, wie z.B. Ammoniak, zum Teil in der Muskulatur abgebaut. Auch deshalb ist es wichtig, körperlich aktiv zu bleiben.
In späteren Stadien der Leberzirrhose ist es schwieriger, allgemeine Empfehlungen auszusprechen, da die Maßnahmen individuell auf den Patienten abgestimmt werden müssen. Treten zum Beispiel Wassereinlagerungen (Ödeme) in den Beinen auf, muss besonders auf den Wasser- und Salzhaushalt geachtet und eventuell entwässernde Medikamente (Diuretika) eingesetzt werden. Hier ist eine situative Entscheidung erforderlich. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei Lebererkrankungen alle leberschädigenden Substanzen, insbesondere Alkohol, strikt zu meiden sind. Bewegung und eine gesunde, eiweiß- und energiereiche Ernährung sind in den frühen Stadien besonders wichtig.
Zunächst ist es wichtig, dass die Patienten alles, was die Leber schädigt, entweder ganz vermeiden oder stark einschränken.
Prof. Trebicka: Eine Neuerung, die ich vorhin schon erwähnt habe, ist, dass wir jetzt die Steifigkeit der Leber in der Breite messen können. Wir haben einen guten Algorithmus entwickelt, mit dem wir Patienten, die in die Arztpraxis kommen, anhand von Laborwerten und Formeln - wie zum Beispiel der FIB-4-Formel für die Lebersteifigkeit - klassifizieren können. So kann festgestellt werden, ob jemand ein Leberproblem hat oder nicht. Liegt ein Problem vor, sollte der Patient einen Leberspezialisten aufsuchen.
Ein weiteres bewährtes Konzept ist der "Check-up 35". Damit können wir gezielt Patienten mit Hepatitis C identifizieren, die heute gut behandelbar und sogar heilbar ist. Das sind sehr gute Nachrichten und diese Fortschritte haben sich über die Jahre entwickelt. Für die Behandlung von Hepatitis C gab es vor einigen Jahren sogar einen Nobelpreis. Das war ein großer Durchbruch für die Hepatologie, also die Leberforschung.
Auch bei der Behandlung von schwerkranken Patienten mit Leberzirrhose hat sich in den letzten Jahren viel getan, vor allem beim sogenannten akut-chronischen Leberversagen. Wir verstehen jetzt besser, warum diese Patienten oft so schnell versterben. Hier versuchen wir mit Organersatzverfahren, früher Transplantation und anderen experimentellen Methoden, die Patienten zu stabilisieren. Ziel ist es, ihnen eine Chance auf eine Lebertransplantation zu geben oder im besten Fall ihren Gesundheitszustand so weit zu verbessern, dass sie stabiler werden und in den "stabilen Zirrhosezustand" übergehen.
Ein weiterer wichtiger Fortschritt ist die Entwicklung von Immuntherapien gegen Leberkrebs. Diese Therapieansätze haben die Überlebenszeit von Patienten mit Leberkrebs deutlich verbessert. Dies sind einige der wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahre.
Prof. Trebicka: Es ist sehr wichtig, dass wir die Entzündung besser verstehen. Wie ich bereits erwähnt habe, können wir die portale Hypertension recht gut behandeln. Wir können einen Stent in die Leber legen, um den Druck zu senken, oder wir können Betablocker geben, die ebenfalls den Druck senken. Diese medikamentösen und chirurgischen Maßnahmen sind wirksam. Was wir aber überhaupt nicht kontrollieren können, sind die Entzündung und die Infektion. Das sind zwei große Probleme, die miteinander zusammenhängen. Bei Patienten mit Leberzirrhose wissen wir, dass die systemische Entzündung - die sogenannte systemische Inflammation - ständig vorhanden ist. Sie ist wie eine stille, unaufhörlich brennende Flamme, die nicht nur die Leber, sondern nach und nach auch andere Organe schädigt und schließlich zum Organversagen führt. Hier wünsche ich mir viel mehr Engagement und Forschung. Denn wenn wir die systemische Entzündung bei Leberzirrhose besser verstehen, können wir vielleicht auch die Zirrhose selbst zurückdrängen. Das wäre ein großer Fortschritt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass wir Medikamente brauchen, die krankheitsmodifizierend wirken. Bei der rheumatoiden Arthritis wissen wir, dass Entzündungshemmer die Zerstörung der Gelenke aufhalten oder verlangsamen können. Ähnliches wäre auch bei Lebererkrankungen wünschenswert - Medikamente, die den Umbau der Leber stoppen. Leider gibt es auf diesem Gebiet noch wenig Forschung. Zwar wurde in der Vergangenheit viel über Fibrose geforscht, aber die Ergebnisse kamen bisher kaum beim Patienten an. Deshalb wäre es besonders wichtig, diese beiden großen Themen intensiver zu erforschen: erstens die systemische Entzündung, vor allem im Hinblick auf das Organversagen, und zweitens die Vernarbung der Leber, die das Organ zerstört.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 23.10.2024.