Das Leberkarzinom ist ein bösartiger Tumor, der in der Leber auftritt. Der Leberkrebs kann unterschiedlichen Ursprungs sein. Das eigentliche Leberkarzinom stammt von den Leberzellen (hepatozelluläres Karzinom, HCC). Hier spielt vor allem eine chronische Schädigung des Lebergewebes eine Rolle, meist geht dem Krebs eine Leberzirrhose voraus. Ein Leberkarzinom kann mitunter aber auch von den Gallengängen, die die Leber durchziehen, entstammen (cholangiozelluläres Karzinom). Des Weiteren kann es in der Leber selten zu einem bösartigen Tumor der Blutgefäße kommen (Angiosarkom). Oft kommt es in der Leber auch zu Metastasen von bösartigen Tumoren anderen Ursprungs, also Absiedlungen in der Leber z. B. von Darmkrebs. Je eher ein Leberkrebs erkannt wird, umso besser lässt er sich behandeln und umso günstiger ist die Prognose. Aufgrund lange fehlender oder geringer Symptome wird der Tumor aber nur selten frühzeitig festgestellt.
Unter den Krebsarten ist das Leberkarzinom die fünfthäufigste sowie unter den krebsbedingten Todesursachen sogar die zweithäufigste (weltweit gerechnet). In Deutschland ist die Erkrankung nicht so häufig wie in Regionen von Afrika oder Südostasien, in denen vor allem der Risikofaktor Hepatitis relativ oft vorkommt. Dennoch gibt es in Deutschland unter 10 000 Personen circa eine Neuerkrankung im Jahr und in den vorangegangenen Jahrzehnten ist die Häufigkeit der Neuerkrankungen deutlich angestiegen. Männer sind vom Leberkarzinom ungefähr dreimal so oft betroffen wie Frauen. Das Leberkarzinom tritt vor allem im höheren Lebensalter auf, der Erkrankungsgipfel liegt um das 70. Lebensjahr. Nur sehr selten sind junge Menschen betroffen.
Primärer Leberkrebs geht von Gewebe in der Leber aus, am häufigsten von den Leberzellen (hepatozelluläres Karzinom, HCC). Als sekundärer Leberkrebs werden Metastasen (Tochtergeschwülste anderer Tumore) bezeichnet.
Beim hepatozellulären Karzinom (primären Leberkrebs aus Leberzellen) liegt in den allermeisten Fällen eine vorherige Leberschädigung vor, bei der es zu einer Leberzirrhose gekommen ist. Die Leberzirrhose ist gewissermaßen eine Vernarbung der Leber. Die Gründe der Zirrhose können eine Virus-Hepatitis (Infektion mit Hepatitis B oder C, selten anderer Varianten), ein chronischer Alkoholmissbrauch oder eine Belastung der Nahrung mit dem Schimmelpilz Aspergillus flavus sein (aus diesem stammt der Giftstoff Aflatoxin). Die Hepatitis ist eine wesentliche Ursache, die Viren werden über Körperflüssigkeiten von Mensch zu Mensch übertragen. Schimmelpilze spielen eher in südlichen Ländern mit feuchter und warmer Witterung eine Rolle als Ursache. Eine Fettleber, die aufgrund einer Fehlernährung beziehungsweise Fettleibigkeit zustande gekommen ist, oder ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) begünstigt die Entstehung des Leberkarzinoms.
Seltener sind spezielle chronische Erkrankungen der Leber für Schädigungen verantwortlich, die zu einem Leberkarzinom führen. Zu diesen Erkrankungen zählen die primär biliäre Zirrhose (Erkrankung, bei der die Gallenwege in der Leber zugrunde gehen), die Autoimmun-Hepatitis (das eigene Immunsystem greift dabei Lebergewebe an), die Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) oder die erbliche Störung Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Manche Chemikalien (Lösungsmittel, Pflanzenschutzmittel) oder Medikamente (gewisse Anabolika) sowie im geringen Ausmaß Zigarettenrauch fördern ebenfalls die Ausbildung des Karzinoms der Leber. Außerdem kann ein gewisses Risiko für den Leberkrebs vererbt werden.
Neben dem hepatozellulären Karzinom gibt es das cholangiozelluläre Karzinom, das vom Gallengangsgewebe stammt oder weitere Arten von Krebs wie das Angiosarkom, das aus Blutgefäßen stammt.
Anfangs bleibt Leberkrebs über einige Zeit unbemerkt vom Patienten, zunächst verspürt dieser keine Symptome. Deshalb werden Tumore im frühen Stadium oft nur zufällig bei Untersuchungen anderer Intention gefunden oder aber im Rahmen einer Krebsfrüherkennung. Auch in der Folge finden sich bei Leberkrebs oft nur uneindeutige Beschwerden wie eine Leistungsschwäche und Erschöpftheit, eine Gewichtsabnahme, Übelkeit, verminderter Appetit oder dumpfe Schmerzen im Bereich der Leber rechts oben im Bauch. Auch eine Gelbsucht (Ikterus) kann eintreten, also eine Gelbfärbung der Haut und der Augen. Manchmal besteht ein Juckreiz oder eine hohe Körpertemperatur. Einige Patienten bemerken eine Schwellung der Leber unterhalb der untersten Rippe rechts.
Im Verlauf kann es zu einer Flüssigkeitseinlagerung im Körpergewebe kommen (Ödem). Die Beine schwellen dabei an. Auch kann sich Flüssigkeit im Bauchraum ansammeln (Aszites).
Gefährliche Komplikationen der Krebserkrankung der Leber können auftreten. Die Funktion der Leber kann durch Verdrängung gesunden Gewebes und Förderung einer Leberzirrhose stark beeinträchtigt werden. Die Schäden können so ausgeprägt sein, dass keine ausreichende Entgiftung des Blutes mehr geschieht. Das Wachstum von Leberkrebs in das umgebende Gewebe hinein kann Blutgefäße angreifen, so dass es zu Blutungen kommt. Sie können über inneres Verbluten innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen.
Der Leberkrebs kann über die Organgrenzen der Leber hinaus wachsen und bei entsprechendem Krankheitsfortschritt auch in angrenzende Strukturen hineinwuchern. Metastasen (Tochtergeschwülste) können zum einen in Lymphknoten gelangen, zum anderen in Organen wie Lunge, Knochen oder Gehirn auftreten. Diese Verläufe haben eine sehr schlechte Prognose.
Das Arzt-Patienten-Gespräch (die Anamnese) bringt dem Arzt zunächst wichtige Informationen, unter anderem über die Symptome oder mögliche Risikofaktoren für Erkrankungen. In dieser Hinsicht ist beispielsweise die Frage nach den Trinkgewohnheiten oder nach Infektionen (Hepatitis) wichtig. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung wird die Leber abgetastet, um Vergrößerungen und Veränderungen des Organs oder ein Druckschmerz festzustellen.
Eine Blutprobe wird im Labor untersucht. Hier lassen sich neben anderen wichtigen Werten auch die Tumormarker bestimmen, beispielsweise das Alpha-Feto-Protein (AFP), dessen Wert beim Leberkarzinom hoch ist. In der Blutprobe finden sich gegebenenfalls hohe Werte für Transaminasen (GOT/AST, GPT/ALT), was ein Hinweis auf eine Hepatitis sein kann. Mit dem Ultraschall des Bauchraums wird geschaut, ob die Leber verändert ist. Schon kleine Befunde mit Größen noch im Millimeterbereich lassen sich oft erkennen. Noch genauer lässt sich eine Leberveränderung mit der Computertomographie (CT) oder der Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) darstellen. Um Metastasen (Abkömmlinge des Tumors) in anderen Organen auszuschließen, wird die CT auch am Brustraum durchgeführt. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, eine Gefäßdarstellung des Leberbereiches mit Kontrastmittel vorzunehmen (Angiographie).
Endgültig nachgewiesen wird ein Leberkrebs durch die Untersuchung einer Gewebeprobe. Die Gewebeprobe wird mit einem kleinen Eingriff, einer Biopsie, mit Hilfe einer speziellen Nadel aus der Leber gewonnen (Punktion). Das geschieht unter örtlicher Betäubung und unter Kontrolle durch Ultraschall oder CT. Das entnommene Gewebestück wird histologisch (mikroskopisch) untersucht. Die Gutartigkeit oder Bösartigkeit des Tumors zeigt sich in dieser Untersuchung. Die genaue Art von Leberkrebs lässt sich darüber hinaus feststellen, also ob es sich um ein Leberzellkarzinom, um einen anderen Tumor aus der Leber oder um eine Metastase von Krebs eines anderen Organs handelt.
Eine Magenspiegelung (Gastroskopie) und eine Darmspiegelung (Koloskopie) kann dazu dienen, bei Lebermetastasen einen Ursprungstumor im Verdauungstrakt zu finden.
Ein Leberkrebs wird ist oft nicht durch eindeutige Symptome gekennzeichnet, so dass auch Erkrankungen wie die Leberzirrhose oder eine Hepatitis (Leberentzündung) oder auch harmlose Störungen hinter solchen Beschwerden stecken können. Auch können Tumore der Leber gutartig sein, etwa ein Adenom oder ein Angiom. Die ärztlichen Untersuchungen können Leberkrebs ausschließen oder nachweisen.
Nach aller Möglichkeit sollte ein Krebsbefall der Leber vollständig beseitigt werden. Nur dies ermöglicht es, dass der Patient geheilt wird. Sehr problematisch beim Leberkarzinom ist allerdings, dass circa 70 bis 80 Prozent der Fälle schon so fortgeschritten sind, dass sie nicht mehr mit der Intention der Heilung operiert werden können. Die Diagnostik durch den Arzt zeigt auf, welche Therapie im gegebenen Fall am besten ist, ob eine Operation sinnvoll ist und wie ausgedehnt der Eingriff vorgenommen wird. Auch eine Kombination aus mehreren Behandlungsverfahren ist oft sinnvoll.
Einige Verfahren können durchgeführt werden, um den Tumor zu zerstören, meist wenn keine Operation angezeigt ist.
Eine Verödung der Wucherung mittels Hitze ist möglich und manchmal auch bei Tumoren im frühen Stadium anstatt einer Operation sinnvoll. Es handelt sich um das Verfahren der radiofrequenz-induzierten Theramoablation (Radiofrequenzablation, RFA). Eine Sonde wird unter Kontrolle durch Ultraschall oder Computertomographie (CT) in die Geschwulst eingeführt. Dann wird die Sonde erhitzt, so dass ein Gewebebereich von drei bis fünf Zentimetern Größe zerstört wird. Alternativ dazu können ähnliche Methoden wie die laser-induzierte Thermoablation, die Mikrowellen-Ablation oder die Vereisung (Kryotherapie) vorgenommen werden.
Eine transarterielle Chemoembolisation ist ein Verfahren, bei dem ein Mittel zur Chemotherapie eingebracht wird. Das Mittel wird über einen Katheter in eine Arterie eingeführt. Daraufhin werden die zum Tumor ziehenden Blutgefäße verschlossen, indem kleine Kunststoffteilchen eingebracht werden. So wird das Tumorgewebe zum einen nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und zum anderen durch das Chemotherapie-Medikament geschädigt.
Eine Injektion mit 95-prozentigem Alkohol kann in den Tumor hinein erfolgen (perkutane Ethanol-Injektion, PEI). Die Krebszellen sterben dadurch ab, wohingegen die gesunden Zellen der Umgebung weitgehend unbehelligt bleiben. Die Maßnahme muss nach einiger Zeit erneut durchgeführt werden. Die perkutane Ethanol-Injektion verliert langsam an Bedeutung, da andere Verfahren oft mehr Erfolg versprechen.
Ein modernes Verfahren ist die TARE (transarterielle Radio-Embolisation) oder SIRT (selektive interne Radiotherapie). Bei der TARE (SIRT) werden kleine Partikel mit radioaktivem Material - welches allerdings nur sehr kurzstreckig wirkt - mittels eines Katheters in die Leberarterie eingeführt. Dadurch kommt es zu starker Strahlenwirkung auf den Tumor. Die TARE (SIRT) setzt eine sehr genaue Anwendung voraus, um stärkere Nebenwirkungen zu verhindern.
Bei Leberkrebs im späten Stadium mit limitierter Prognose kann sich eine Behandlung mit dem Medikament Sorafenib eignen. Das Mittel hemmt das Wachstum der Geschwulst und kann dadurch die Überlebenszeit erhöhen und die Symptome reduzieren.
Eine weitere Maßnahme, um Beschwerden lindern zu können, ist die Schmerztherapie. Hier kommen unterschiedliche Medikamente wie z. B. bei starkem Schmerz auch Morphium zum Einsatz sowie auch andere Methoden der Schmerztherapie. Darüber hinaus werden Patienten psychisch und sozial betreut und können Unterstützung in Selbsthilfegruppen finden.
Eine herkömmliche Chemotherapie oder eine Strahlentherapie ist nicht sinnvoll, denn ein Leberkarzinom ist unempfindlich gegenüber diesen Therapien. Eine bestimmte Form der äußeren Strahlentherapie, die stereotaktische Radiotherapie, ist aber relativ vielversprechend und könnte bald an Bedeutung bei der Behandlung der Erkrankung gewinnen.
Die Operation beinhaltet die Entfernung des gesamten Tumors und damit zumindest eines Teils der Leber (Leberresektion) oder aber die komplette Herausnahme des Organs und eine nachfolgende Lebertransplantation. Eine Lebertransplantation kommt bei Patienten mit Leberkrebs aber nur in absoluten Ausnahmefällen in Frage.
Die Teilentfernung der Leber ist lediglich dann möglich, wenn die Krebsgeschwulst noch gänzlich innerhalb der Leber liegt und ein reichlicher Sicherheitsabstand im Gesunden mit herausgenommen werden kann. Auch dürfen keine weiteren Leberstörungen (z. B. Zirrhose) und -erkrankungen oder bestimmte Blutkrankheiten vorliegen.
Diese Operationen müssen in Vollnarkose erfolgen. Sie beinhalten mögliche Komplikationen. Im Normalfall überwiegt der Vorteil, den Tumor zu beseitigen, gegenüber dem Risiko, den ein solcher Eingriff mit sich bringt.
Die Prognose ist insgesamt eher schlecht, das gilt aber nicht grundsätzlich. Die Prognose hängt von vielerlei Faktoren ab wie der Art des Leberkrebses, der Ausdehnung, dem Krankheitsfortschritt und dem Befall umgebender Organe oder dem Vorhandensein von Metastasen (Absiedlungen in anderen Organen). Die Prognose wird ebenfalls durch das Alter des Patienten, dem sonstigen Gesundheitszustand, anderen möglichen Erkrankungen sowie durch etwaige Komplikationen beeinflusst. In vielen Fällen kann der Lebertumor leider weder durch Operation noch durch andere Verfahren komplett und dauerhaft beseitigt werden. Durch die Maßnahmen ist allerdings eine erhebliche Verlängerung der Überlebenszeit und eine Verbesserung der Lebensqualität möglich. In manchen Fällen ist aber auch eine vollständige Heilung möglich.
Auch später kann es nach der Entfernung des Tumors zu einem erneuten Auftreten (Rezidiv) kommen. Dies kann in der Leber selbst vorkommen, ist aber auch in anderen Organen als Metastase möglich. Patienten nach einem überstandenen Leberkarzinom werden regelmäßig vom Facharzt kontrolliert.
Die Früherkennung kann die Prognose deutlich verbessern, weil damit mehr Tumore so rechtzeitig erkannt werden, dass die Therapie mit dem Ansatz der vollständigen Heilung geschehen kann. Die Früherkennung ist bei Menschen sinnvoll, die an einer Leberzirrhose, einer chronischen Hepatitis B oder C oder einer Fettleberhepatitis leiden. Im Wesentlichen besteht die Früherkennungsuntersuchung aus einem Ultraschall der Leber.
Zur Vorbeugung von Leberkrebs können Menschen dafür sorgen, dass die Risikofaktoren für die Erkrankung nicht zum Tragen kommen. Sie sollten darauf achten, keinen oder nur wenig Alkohol zu sich zu nehmen und die Ernährung nicht zu fett- und zuckerreich zu gestalten. Auf das Rauchen sollte verzichtet werden und es sollte regelmäßig Sport ausgeübt werden. Der Konsum von Kaffee und Tee vermindert hingegen das Risiko von Leberkrebs, da chronische Schädigungen der Leber seltener sind. Zur Prophylaxe gehört auch die Impfung gegen Hepatitis B, die verhindert, dass diese Virusinfektion auftritt, so dass auch das Leberkrebsrisiko gesenkt wird.
aktualisiert am 16.11.2023