Die Kyasanurwald-Krankheit ist eine ausschließlich im indischen Bundesstaat Karnataka vorkommende zoonotische Virusinfektion.
Aufgrund ihrer Übertragung auf den Menschen durch Zecken gilt sie als Arbovirose. Erstmals wurde man auf die Erkrankung im Jahr 1957 aufmerksam. In der Reisemedizin spielt die Erkrankung bislang (noch) keine Rolle.
Das Kyasanurwald-Krankheitvirus gehört zur Familie der Flaviviridae, Genus Flavivirus. Damit ist der Erreger eng mit dem in Mitteleuropa beheimateten Frühsommer-Meningoenzephalitisvirus (FSME) wie auch u.a. dem West-Nil-Virus verwandt. Das Vorkommen des Erregers ist auf die Distrikte Shimoga, Nord- und Südkanara und Chikamagaloor des Bundesstaates Karnataka (Westen) geschränkt. Die Infektionskette ist komplex und umfasst neben Zecken der Spezies Ixodes, Dermacentor und Haemaphysalis, auch Spitzmäuse, Stachelschweine, Erdhörnchen und Ratten.
Auch Vögel und Fledermäuse spielen insbesondere bei der Verbreitung infektiöser Zecken eine Rolle.
Primär sind Primaten, wie Mützenmakaken und Languren für das Virus empfänglich und erkranken an einer Enzephalitis. Somit erfolgen die meisten Infektionen in einem sylvatischen Zyklus.
Epidemiologisch bedeutsam sind Veränderungen in der Dichte der Zeckenpopulation, wie dies z. B. der Fall ist, wenn Rinderzucht auf bisher von Affen bevölkerte Regionen (Rodungsgebiete) erfolgt. Aus diesem Grunde ist eine Zunahme von humanen Infektionen meist durch den Mensch selbst bedingt.
Infektionen häufen sich in den trockenen Monaten Januar bis Juni, was wiederum mit dem Höhepunkt der Aktivität der Zeckennymphen wie auch der Arbeitsaktivität des Menschen in den Wäldern korreliert.
Primär sind daher in den Wäldern tätige Personen von der Infektion betroffen. Typisch für die Kyasanurwald-Krankheit ist einerseits ein sporadisches wie auch epidemisches Auftreten der Erkrankung.
Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit) beträgt 3 bis 8 Tage. Die Erkrankung beginnt mit abrupt einsetzendem Fieber, Kopfschmerzen, ausgeprägten Myalgien (Muskelschmerzen), Husten, Erbrechen, Diarrhoen (Durchfall) und Lymphadenopathie (Schwellung von Lymphknoten).
Im weiteren Verlauf kann es zu gastrointestinalen Blutungen (Blutungen des Magen-Darm-Traktes) und Hämoptysen (Bluthusten) kommen.
Bei 20% der Patienten kommt es nach einem fieberfreien Intervall von 1 bis 2 Wochen zu neurologischen Komplikationen, wobei eine Meningoenzephalitis im Vordergrund steht.
Eine Isolierung des Patienten ist nicht notwendig, da nosokomiale Übertragungen bislang nicht berichtet worden sind. Allerdings sollte beim Umgang mit dem Patienten Vorsorge getroffen werden, dass es nicht zu Nadelstichverletzungen oder ähnlichen iatrogenen Übertragungen kommt.
Die Therapie erfolgt symptomatisch und supportiv. Eine spezifische antivirale Therapie existiert derzeit nicht. Über das Gesundheitsministerium von Karnataka besteht die Möglichkeit sich gegen die Kyasanurwald-Krankheit aktiv impfen zu lassen. Bei dem Impfstoff handelt es sich um einen Formalin-inaktivierten Totimpfstoff, der auf ähnlichem Wege wie FSMEVakzinen hergestellt wurde. Große klinische Studien an mehreren 10000 Personen, die Anfang der 1990er Jahre in Indien durchgeführt wurden, belegen die hohe Seroprotektionsrate sowie die gute Verträglichkeit der Vakzine (Impfstoff).
Bei virusbedingten hämorrhagischen Fiebern, zu denen auch die Kyasanurwald-Krankheit gerechnet wird, ist der Krankheitsverdacht, die Erkrankung oder der Tod nach dem Infektionsschutzgesetz §6 Nr. 1g sowie der direkte oder indirekte Nachweis einer akuten Infektion nach §7 Nr. 1. Zi. 47, meldepflichtig.
Letzte Aktualisierung am 05.11.2020.