Schwer erkrankte Menschen benötigen in einigen Fällen eine künstliche Ernährung, vor allem wenn sie an Hindernissen des Magen-Darm-Trakts leiden. Viele dieser Menschen werden zu Hause gepflegt oder befinden sich außerhalb der Klinik in einem Pflegeheim. Die künstliche Ernährung zu Hause oder in der Heimunterbringung kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Sie kann mittels spezieller Trinklösungen, mittels einer speziellen Ernährung über eine Magensäure sowie durch eine Zufuhr der Nährstoffe über einen venösen Zugang (parenterale Ernährung) vorgenommen werden. Nur so ist eine Versorgung mit lebenswichtigen Nähr- und Zusatzstoffen und mit Flüssigkeit gewährleistet. Die künstliche Ernährung fördert den Ernährungs- und Allgemeinzustand sowie das Wohlbefinden der betreffenden Patienten.
Ein Mensch muss künstlich ernährt werden, wenn auf dem üblichen Weg nicht genügend Nährstoffe beziehungsweise Kalorien aufgenommen werden können. Bei vielen Patienten ist die künstliche Ernährung überlebenswichtig.
Das hauptsächliche Anwendungsgebiet liegt bei Patienten, die an einer schweren Erkrankung leiden, welche zu einer Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme führt. Dazu gehören Menschen, die nicht mehr gut essen können oder bei denen die Passage in den oberen Anteilen des Verdauungstrakts behindert oder unmöglich ist. Erschwerend kommt oftmals hinzu, dass die Grunderkrankung eine erhöhte Nahrungsaufnahme erforderlich macht, weil sie viel Energie verbraucht.
Tumore, z. B. in der Speiseröhre, im Magen oder der Umgebung, können den Hohlraum so stark einengen, dass nicht mehr genug Nahrung hindurchkommt. Engstellen der Speiseröhre oder des Magens, die die Passage stören, können aber auch andere Gründe haben. Ein Zustand nach schwerem Unfall kann dazu gehören. Bestimmte Operationen dieser Bereiche können ebenfalls eine normale Ernährung unmöglich machen. Neurologische (nervliche) Störungen und verminderte Bewegung (Peristaltik) des Darms sind weitere Ursachen, die zu den Schwierigkeiten führen können. Es können sich auch angeborene Störungen und Fehlbildungen finden, die eine normale Verdauung unmöglich machen. Bei manchen Patienten besteht ein chronischer Darmverschluss (Ileus), Fisteln (entzündliche Gangsysteme) oder ein Kurzdarmsyndrom.
Schluckschwierigkeiten, z. B. nach einem Schlaganfall, machen oft eine künstliche Ernährung notwendig. Gleiches gilt für Störungen im Mund und Rachen, die das Kauen sehr behindern. Auch ausgeprägte Essstörungen können eine künstliche Ernährung erforderlich machen, um die Versorgung des Organismus zu gewährleisten, ebenso wie Formen der Mangelernährung. Bisweilen ist eine Ernährung durch medizinische Maßnahmen auch bei Infektionskrankheiten wie einer HIV-Infektion oder Herzentzündung oder bei weiteren Grunderkrankungen wie Mukoviszidose nötig.
Welche Art der künstlichen Ernährung durchgeführt wird, hängt im Wesentlichen vom Zustand des Magen-Darm-Trakts ab. Ist dieser im Wesentlichen funktionstüchtig, dann kommt eine Magensonde zum Einsatz (enterale Ernährung). Ansonsten wird eine künstliche Ernährung über die Vene vorgenommen, was als parenterale Ernährung bezeichnet wird.
Eine Trinkflüssigkeit, die alle wichtigen Nährstoffe und viel Energie (Kalorien) enthält, ist gewissermaßen die erste Stufe künstlicher Ernährung. Die sogenannte Astronautenkost kann somit Patienten helfen, die feste Nahrung nicht mehr zu sich nehmen können oder Schwierigkeiten haben, genügend zu essen, dass ihr Bedarf gedeckt ist. Trinknahrung gibt es auch optimiert auf spezielle Krankheiten wie Diabetes mellitus. Oftmals wird die Flüssignahrung als Ergänzung zur normalen Ernährung getrunken, wenn der Bedarf höher ist als die (mögliche) Zufuhr durch Speisen.
Die Magensonde ist ein Schlauch, dessen Ende im Magen liegt und über den Nahrung und Flüssigkeit zugeführt werden kann. Sie wird häufig über die Nase, selten über den Mund gelegt. Häufig wird für eine längerfristige Sondenernährung aber eine spezielle Magensonde über die Bauchdecke gelegt (PEG = perkutane endoskopische Gastrostomie). Über eine Magensonde wird in der Regel spezielle Sondenkost gegeben, die flüssig genug ist, um problemlos durch den Schlauch zu fließen.
Der Begriff enterale Ernährung bedeutet, dass die Aufnahme der Nahrung über den Darm erfolgt, egal ob sie nun auf normalem Weg oder über eine Magensonde in den Verdauungstrakt gelangt. Im Kontrast dazu steht die parenterale Ernährung, die "am Darm vorbei" geschieht, also über die Blutbahn.
Eine parenterale Ernährung ist die Gabe von Flüssiglösungen mit Nährstoffen über eine Infusion. Schwere Beeinträchtigungen des Verdauungstrakts können dies notwendig machen. Bei einer länger andauernden parenteralen Ernährung wird ein spezieller Zugang (Port) bei einer kleinen Operation eingesetzt. Das geschieht in aller Regel auch, wenn eine parenterale Ernährung zu Hause erfolgen soll.
Für die Anwendung daheim werden in der Regel Dreikammerbeutel verwendet. Das sind Infusionsbeutel, die sich einfach anhängen lassen und dabei sicher gehandhabt werden können. Die Bestandteile der Nahrung in den einzelnen Kammern werden erst kurz vor der Anwendung zusammengemischt, indem das Behältnis gerollt wird. Es ist damit gewissermaßen frisch. Hinzugegeben werden nur noch Vitamine und Spurenelemente. Die parenterale Ernährung kann individuell zusammengestellt werden, so dass für den einzelnen Patient die optimalen Nährlösungen eingesetzt werden können. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Infusionsbeuteln mit unterschiedlichen Inhalten und Verhältnissen der Bestandteile. Die Packungen können über zwei Jahre aufbewahrt werden, ohne dass sie gekühlt werden müssen, und sind steril und damit für die Einschleusung in das Blut geeignet.
Angehörige oder der Patient selbst brauchen eine gründliche Einweisung durch den Arzt oder durch medizinisches Pflegepersonal. Dann können sie die parenterale Ernährung eigenständig daheim durchführen und die Infusionen anhängen und abnehmen.
Trinknahrung hat keine besonderen Risiken und ist vergleichbar mit herkömmlichem Essen und Trinken. Höchstens Allergien oder Unverträglichkeiten sind möglich - sind diese im Vorfeld bekannt, dann können speziell darauf abgestimmte Präparate gegeben werden (z. B. ohne Lactose).
Das Legen einer Magensonde kann selten zu Schäden der Schleimhaut im Verdauungstrakt führen oder der Schlauch kann versehentlich in die Luftröhre gelangen. Das Legen einer Magensonde über den Bauchraum (PEG) ist ein kleiner operativer Eingriff, der weitere Risiken wie z. B. Wundinfektionen nach sich ziehen kann. Extrem selten kann es zu einer Entzündung im Bauchraum kommen. Auch die Anlage eines Zugangs (Port) für die parenterale Ernährung hat als kleine Operation gewisse mögliche Komplikationen. An der Stelle können später auch Probleme wie Nachblutungen oder Infektionen entstehen.
Für jeden Patienten bedeutet die künstliche Ernährung aber auch eine einschneidende Veränderung. Das gilt ganz besonders für die parenterale Ernährung (Ernährung über die Vene), da die Nahrung überhaupt nicht mehr über Mund und Verdauungstrakt aufgenommen wird. Die meisten fühlen sich in dieser Hinsicht in ihrer Lebensqualität herabgesetzt, auch wenn sie an anderer Stelle etwas dazugewinnen.
Die künstliche Ernährung ermöglicht eine Versorgung mit Nährstoffen sowie Wasser, wenn ansonsten Schwierigkeiten hinsichtlich der Nahrungsaufnahme bestehen. Patienten gewinnen dadurch an Gesundheit, Kraft und Wohlbefinden. Bei vielen Patienten wird erst durch die künstliche Ernährung ermöglicht, dass sie überleben können. Vor allem gilt das für die parenterale Ernährung.
Fortschritte in der Medizintechnik und bei den Produkten ermöglichen in den meisten Fällen eine reibungslose Versorgung der Patienten zu Hause. Patienten, die daheim künstlich ernährt werden, müssen nicht extra deshalb lange in einem Krankenhaus bleiben. Das führt zu einem verbesserten Wohlbefinden, da sie sich im gewohnten Umfeld aufhalten und die Familie um sich herum haben. Auch ist dies insgesamt gesundheitsfördernd.
Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt in der Regel die Kosten für notwendige Maßnahmen zur künstlichen Ernährung, sei es per Trinknahrung, Sondenkost oder parenterale Ernährung.
aktualisiert am 23.02.2018