Die Versorgung des menschlichen Körpers mit Sauerstoff erfolgt über die Atmung. Die Atmungsmuskulatur oder sogenannte Atempumpe sorgt dafür, dass ausreichend Luft in die Lungen gesogen und nach der Abgabe des Sauerstoffs wieder ausgestoßen wird. Die Atmung funktioniert normalerweise spontan und kann zusätzlich von uns gesteuert werden. Je nach dem momentanen Sauerstoffbedarf reguliert der Körper die Atemfunktion von selbst. Ist dieser Mechanismus infolge einer Erkrankung nicht mehr intakt, muss die Beatmung künstlich unterstützt oder sogar gänzlich von einer Maschine übernommen werden.
In vielen Fällen ist nach einiger Zeit die Entwöhnung von der Beatmungsmaschine notwendig. Die Entwöhnung (Weaning) kann dabei unterschiedlich lange dauern, je nachdem, welchen Grund die künstliche Beatmung hat und wie lange diese schon besteht.
Diese Krankheiten können eine künstliche Beatmung notwendig machen:
Bei diesen und zahlreichen weiteren Erkrankungen kann es notwendig sein, dass ein Beatmungsgerät die Kontrolle über die Atmung komplett übernimmt. Das Beatmungsgerät pumpt dann aktiv in regelmäßigen Abständen Luft in die Lunge des Patienten und saugt sie nach dem Gasaustausch wieder ab. Die Apparatur übernimmt vollständig die Funktion der Atmung. Diese Maßnahme ist lebenserhaltend, hat aber auch ihre Schattenseiten. Die Beatmung kann zur Folge haben, dass die Muskulatur der sogenannten Atempumpe verkümmert und nach einer längeren Phase der Inaktivität nicht mehr zur selbsttätigen Atmung in der Lage ist. Der Betroffene muss erst wieder daran gewöhnt werden, ohne Hilfsmittel eigenständig zu atmen.
Bei vielen Erkrankungen ist die künstliche Beatmung auf einen gewissen Zeitraum begrenzt. Tritt eine Besserung des Gesundheitszustandes ein, kann die künstliche Beatmung oft wieder eingestellt werden. Das ist zum Beispiel bei den meisten Patienten der Fall, die in ein künstliches Koma versetzt werden. Während der Regenerationsphase im Koma wird die Atmung von einem Beatmungsgerät übernommen, nach der Aufwachen Phase soll der Patient jedoch wieder selbst atmen. Das Abschalten der künstlichen Atmung erfolgt nicht abrupt, sondern schrittweise. Die maschinelle Unterstützung der Atmung wird langsam heruntergefahren, damit sich der Körper wieder an seine Aufgabe gewöhnen kann.
In dieser auch Weaning genannten Entwöhnungsphase kommt er es immer wieder zu Komplikationen. Vor allen Dingen dann, wenn ein Patient unter chronischen Atmungsstörungen leidet, gestaltet sich die Entwöhnung vom Beatmungsgerät schwierig. Schätzungen gehen bei COPD (chronischer Lungenerkrankung) mit einer längeren künstlichen Beatmung davon aus, dass es bei etwa bei ein bis zwei Drittel der Patienten zu Problemen bei der Entwöhnung kommt.
Wie lange das Weaning dauert, lässt sich nicht pauschal sagen und ist von Patient zu Patient verschieden. Wurde nur über Stunden oder wenige Tage eine Beatmung durchgeführt, dann gestaltet sich das Weaning problemlos und die Beatmung kann meist ohne spezielle Maßnahmen einfach entfernt werden.
Besteht aber eine Beatmung bereits über eine Woche oder zehn Tage oder sogar viel länger (Monate, Jahre), dann ist das Weaning schwer und langwierig. Der Vorgang der Entwöhnung kann mehrere Wochen dauern. Zum großen Teil können die Patienten nach zwei oder drei Wochen von der Beatmung entwöhnt werden. Manche Betroffene brauchen jedoch einen langen Entwöhnungsprozess, der sich über zwei oder drei Monate hinziehen kann. In anderen Fällen atmen betreffende Patienten dafür bereits nach wenigen Tagen wieder von alleine.
Um gezielt die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung zu fördern, können Betroffene auf einer speziellen Weaning-Station oder in einem Weaning-Zentrum betreut werden.
Die Probleme beim Absetzen der künstlichen Beatmung sind seit längerem Gegenstand internationaler medizinischer Forschung. Die Fachleute teilen den Entwöhnungsprozess in die Kategorien einfach, schwierig und langwierig ein. Unter anderem sind folgende Faktoren besonders wichtig:
Wie ernstzunehmend die Probleme beim Weaning sind, wird daran deutlich, dass ein knappes Drittel der Patienten nach dem Entwöhnungsprozess in eine Langzeitpflege mit Akutversorgung entlassen werden. Zwei Drittel müssen erneut in eine Klinik eingewiesen werden und die Sterblichkeitsrate im ersten Jahr liegt bei über 40 Prozent.
Um die Prognose für die Beatmungspatienten zu verbessern, setzt ein Ansatz auf die möglichst frühzeitige physiotherapeutische Betreuung der Patienten. Dem körperlichen Abbau während einer Beatmungsphase oder eines künstlichen Komas soll durch physiotherapeutische Maßnahmen entgegengewirkt werden. Auf diese Weise soll die Beatmungsdauer verkürzt und die Entwöhnungsphase früher eingeleitet werden und schneller ablaufen. Ein weiteres Ziel ist es, nach der Intensivbehandlung den Patienten besser und in kürzerer Zeit mobilisieren zu können.
Neben der Physiotherapie können ebenso logopädische Maßnahmen (Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen) während des Entwöhnungsprozesses notwendig sein. Viele Patienten müssen nach einer längeren Phase der künstlichen Beatmung erst wieder lernen zu schlucken. Wurde ein Patient während der künstlichen Beatmung auch künstlich über eine Magensonde ernährt, muss auf die Wiederaufnahme der Ernährung besonderes Augenmerk gerichtet werden. Dabei kann eine Ernährungsberatung von großem Nutzen sein.
Eine Möglichkeit, um die künstliche Beatmung zurückzufahren und den Atmungsapparat wieder zur Aktivität anzuregen, ist die Reduzierung des Druckniveaus. Der Druck der Beatmungsluft wird Stück für Stück verringert, damit sich der Organismus langsam an die veränderte Situation gewöhnen kann. Eine weitere Möglichkeit ist die zeitweise Unterbrechung der künstlichen Beatmung. Dabei wird der Patient komplett vom Beatmungsgerät getrennt und muss zunächst für einen kurzen Zeitraum selbsttätig atmen. Die Dauer dieser Intervalle wird dann Stück für Stück verlängert.
Die künstliche Beatmung über einen längeren Zeitraum hinweg wird invasiv durchgeführt, also mit einem Schlauch (Tubus), der tief in die Atemwege hineingeht. In vielen Fällen wird ein Schlauch über Nase oder Mund in die Luftröhre geführt und presst die Atemluft direkt in die Lungen. Dabei ist weder das Sprechen noch das Schlucken oder Husten möglich. Um während der Entwöhnungsphase diese Körperfunktionen wieder zu ermöglichen, kann eine Beatmungskanüle über einen Schnitt unterhalb des Kehlkopfs in die Luftröhre gebracht werden (Tracheostomie). Dies kann das Weaning erleichtern.
Weitaus schonender für den Patienten ist der Einsatz einer nichtinvasiven Beatmungsmethode. Dabei soll möglichst frühzeitig in der Entwöhnungsphase die Beatmung über einen Schlauch durch die Beatmung mit einer Nasen- oder Mund-Nasen-Maske ersetzt werden. Diese Vorgehensweise fördert nicht nur die Aktivität des Atmungsapparats, sie kann auch entscheidend das Risiko für Infektionen verringern. Je eher ein Patient wieder selbsttätig schlucken und den überflüssigen Schleim aus der Lunge abhusten kann, desto geringer ist die Infektionsgefahr. Schleimansammlungen in der Lunge gelten als ideale Brutstätten für gefährliche Bakterien, Viren und Pilze.
aktualisiert am 19.12.2018