Viele Menschen kennen es: Nach einem langen Tag sind die Beine schwer wie Blei und ein schmerzhaftes Spannungsgefühl macht jedes Stehen zur Qual. Am liebsten möchten Betroffene die Füße hochlegen und mit einem Kühlpad die Beschwerden lindern. Intuitiv machen sie genau das richtige. Die Schilderung deutet auf beginnende Krampfadern hin.
Im Alter von 40 Jahren weisen 20 Prozent aller Personen in Deutschland Anzeichen von Krampfadern auf. Dreimal mehr Frauen als Männer erkranken an einer Form der chronisch-venösen Insuffizienz („Venenschwäche“ mit erweiterten Venen, die im Zusammenhang mit Krampfadern steht).
Die oben beschriebenen Symptome sind typisch für eine beginnende Erkrankung der Beinvenen, die sogenannten Varizen (Krampfadern). Häufig treten die Beschwerden nach langem, anstrengendem Stehen oder Sitzen auf. Schon diese ersten Anzeichen sollten ernst genommen werden. Bleiben Krampfadern unbeachtet, können sich die Symptome verstärken und zeigen sich in immer kürzeren Abständen. Insbesondere Wärme verstärkt die Beschwerden und führt zu einer schnellen Ermüdung und zu nächtlichen Wadenkrämpfen. Zusehends treten erste sichtbare Symptome in Erscheinung.
Die Bezeichnung Krampfadern beschreibt in seiner alten Bedeutung ein Verkrümmen (Krummadern) der Venen. Die Venen transportieren das Blut nicht mehr im vollständigen Ausmaß in Richtung Herz. Anfänglich fällt dies lediglich durch das Auftreten sehr kleiner oberflächlicher Adern auf. Im fortgeschrittenen Stadium bilden sich die namensgebenden typischen bläulichen Knäuel und der gekrümmte Verlauf der Adern. Die betroffenen Venen sind stark erweitert und in ihrer Funktion eingeschränkt. Die Venenklappen können nicht mehr richtig schließen und das Blut nicht mehr daran hindern, innerhalb der Venen abzusacken.
Die Erweiterung der betroffenen Venen kommt durch Ursachen wie eine allgemeine Bindegewebsschwäche zustande. Eine Reihe unterschiedlicher Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, langes Stehen und Sitzen oder die Vererbung begünstigen die Entwicklung der Krampfadern.
Ein derartig äußerlich sichtbares Krankheitsbild hat weitreichende Folgen für die Versorgung des umliegenden Gewebes und der Gliedmaßen. Die Wand der Venen wird für die flüssigen Bestandteile und das Eiweiß im Blut durchlässig. Diese können sich im Gewebe ansammeln und zu Schwellungen (Ödemen) führen. Ebenso ist die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff nicht mehr immer ausreichend gewährleistet. Oft genügen dann kleine Verletzungen, um ein offenes Geschwür auszubilden (Ulcus cruris).
Nicht selten zeigen sich als Begleiterscheinung Entzündungen der Gefäßwand. Dies führt einerseits zu Schmerzen und einer für Entzündungen typischen Schwellung und Wärmeempfinden. Andererseits besteht ein erhöhtes Risiko von Blutgerinnseln (Thrombosen), die sich lösen und zu einer Verstopfung (Embolie) der Blutgefäße der Lunge führen können.
Krampfadern treten an unterschiedlichen Körperregionen zutage:
Krampfadern an den Beinen werden anhand der erkrankten Venen in verschiedene Formen unterteilt.
Handelt es sich um Krampfadern der großen Beinvenen, ist von Stammvenen-Varizen oder Seitenast-Varizen die Rede. Dies ist sowohl die häufigste Form als auch die mit den am deutlichsten hervortretenden Blutgefäßen. Erkrankt sind dabei die beiden Rosenvenen (Vena saphena magna und Vena saphena parva) an der Innenseite beziehungsweise Außenseite der Beine.
Sogenannte Perforans-Varizen treten vor allem im Bereich oberhalb des Innenknöchels auf. Perforans-Venen nennt man die Verbindungskreisläufe zwischen den äußeren Venen (unter der Hautoberfläche) und den Stammvenen.
Zu den bekanntesten Formen unter den Krampfadern dürften die Besenreiser zählen. Es gibt kaum ein Beautymagazin, welches nicht regelmäßig über Behandlungsmethoden zur Beseitigung von Besenreisern berichtet. Aus ärztlicher Sicht sind die Besenreiser unbedenklich. Die betroffenen Venen liegen innerhalb des Hautgewebes und bilden ein feinspinniges Netz ähnlich einem Besen aus Reisig aus. Bereits in diesem Stadium ist es sinnvoll, zu einer Untersuchung zum Arzt zu gehen.
Vergleichbar mit den Besenreisern sind die retikulären Varizen. Sie lassen sich jedoch durch eine gröbere Netzstruktur charakterisieren. Im Gegensatz zu den Besenreisern ist die Symptomatik nicht nur rein kosmetisch. Hier kann es bei Verletzungen der Haut zu Blutungen und Blutergüssen kommen.
Für die nachfolgende Behandlung und zur Ermittlung der Prognose werden Krampfadern anhand unterschiedlicher Klassifikationsmodelle eingeteilt. Die Kategorisierung nach Widmer und Marshall umfasst vier Stufen der chronisch-venösen Insuffizienz.
Im Stadium I werden keine körperlichen Beschwerden beschrieben. Es handelt sich in erster Linie um ein kosmetisch-ästhetisches Problem, welches bei Besenreisern und retikulären Varizen auftritt.
Tritt die anfangs beschriebene Schwere in den Beinen auf und gesellt sich ein Spannungsgefühl oder Juckreiz hinzu, wird das Stadium II angenommen. Nächtliche Wadenkrämpfe und ein gehäuftes Auftreten lassen vor allem bei Wärme das Blut schlechter abfließen.
Treten Krampfadern in das Stadium III über, sind häufig die Wände der Blutgefäße mitbetroffen. Ödeme (Ansammlungen von Wasser im Gewebe) und offene Hautstellen sind folglich typische Anzeichen. Vor allem in den Abendstunden kommt es zu temporären Wasseransammlungen in den Beinen. Das Blut wird in den Venen über eine längere Zeit gestaut, was einen unangenehmen Juckreiz und eine Verdünnung der Haut (Pergamenthaut) zu Folge hat. Im Stadium III berichten die Patienten vermehrt über kleine Verletzungen an der Hautoberfläche.
Ein ununterbrochener Blutstau in den Venen charakterisiert das Stadium IV. Es kommt zu Durchblutungsstörungen in den Beinen, einhergehend mit einer Mangelversorgung durch Sauerstoff. Die Wundheilung ist stark beeinträchtigt, was die Ausbildung von Geschwüren bis hin zum Absterben auch tiefer Hautschichten fördert (Ulcus cruris).
Inzwischen hat sich die CEAP-Klassifikation durchgesetzt. CEAP setzt sich aus vier Wörtern zusammen (C = Clinical condition, Anzeichen; E = Etiology, Ursachen; A = Anatomic Location, Lage; P = Pathophysiology, krankhafte Vorgänge). Bei der unten dargestellten Einteilung handelt es sich um eine erweiterte CEAP-Einteilung für Mediziner. Mit dieser zusätzlichen Auskunft sind sie imstande, das Aussehen von Varizen, den Ort der Veränderung sowie die Ursache genauer zu beschreiben:
Als eine Varikose werden Krampfadern bezeichnet, welche eine ausgeprägte Symptomatik nach sich ziehen.
Je nach dem Ausmaß der Erkrankung ist eine Behandlung erforderlich. Diese kann bei leichten Formen durch Maßnahmen wie Kompressionsstrümpfe und Bewegung erfolgen, bei stärkeren Krampfadern kann ein Eingriff wie eine Verödung oder ein Stripping erforderlich sein.
Internisten im Netz, Dr. med. Gerhart Tepohl – Was sind Krampfadern?: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/krampfadern/was-sind-krampfadern.html (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin (DGA), Katrin Müller, Hilke Nissen – Krampfadern – erkennen und behandeln: https://www.dga-gefaessmedizin.de/fileadmin/content/PDFs/dga_krampfaderbroschuere_screen.pdf (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
Netdoktor, Dr. med. Julia Schwarz – Krampfadern: https://www.netdoktor.de/krankheiten/krampfadern/ (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
Altmeyers Enzyklopädie, Prof. Dr. med. Peter Altmeyer – CEAP-Klassifikation: https://www.enzyklopaedie-dermatologie.de/gefaessmedizin/ceap-klassifikation-22198 (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
Amboss – Varikosis und chronisch-venöse Insuffizienz: https://www.amboss.com/de/wissen/Varikosis_und_chronisch-ven%C3%B6se_Insuffizienz (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
aktualisiert am 01.11.2019