Krampfadern, in der medizinischen Fachsprache Varizen genannt, sind eine Erkrankung der Venen. Sie entsteht in vielen Fällen durch eine Schwäche des Bindegewebes, bei der sich die Venen erweitern. Verschiedene Risikofaktoren, teils beeinflussbar, begünstigen die Erkrankung. Dazu gehören zum Beispiel mangelnde Bewegung oder langes Stehen.
Die venösen Blutgefäße haben die Aufgabe, das Blut mit dem verbrauchten Sauerstoff zurück zum Herzen zu transportieren. Insbesondere die Beinvenen stehen vor dem Problem, die Schwerkraft überwinden zu müssen. Sprich, das Blut muss nach oben gepumpt werden.
Bekanntermaßen besitzt der menschliche Körper mit dem Herzen jedoch nur eine „Pumpstation“. Die Pumpkraft unseres Herzmuskels alleine genügt nicht, diese immense Leistung zu bewältigen. Mit der Beinmuskulatur besitzen wir eine Möglichkeit, mit welcher die Pumpkraft des Herzens auf natürliche Weise unterstützt werden kann. Jede Bewegung der Muskeln presst das Blut weiter nach oben. Dieser leistungsstarke Mechanismus wird zusätzlich durch ein System von Venenklappen ergänzt. Wie ein Rückschlagventil verhindern diese, dass Blut, welches bereits Richtung Herz gepumpt wurde, wieder zurückfließen kann.
Blut wird von beinahe allen menschlichen Zellen benötigt. Um eine optimale Rückführung zu gewährleisten, ist ein dichtes Netz von Kapillargefäßen (Durchmesser kleiner als 1/10 mm) und Stammvenen (Durchmesser bis zu 2 cm) notwendig. Alle venösen Gefäße im Bein führen letztlich zur Stammvene und von dort weiter Richtung Herz.
Treten an einer Stelle dieses komplexen Systems Schwächen auf, kann dies schnell zu sichtbaren Symptomen wie Krampfadern führen.
Hauptverantwortlich für die Entstehung von Krampfadern ist eine Schwäche des Bindegewebes in den Wänden der Venen. Das Bindegewebe stellt die äußere Hülle der Blutgefäße dar und hat die Aufgabe, diese in ihrer Form und Verankerung im Körper zu stützen.
Bei über zwei Drittel aller Krampfadern liegt eine Schwäche dieses Bindegewebes vor. In Fachkreisen ist dann von primären Varizen die Rede. Hat die Gefäßwand seine Elastizität verloren, können die Venenklappen im Inneren der erschlafften Venen nicht mehr ausreichend funktionieren. Die sogenannte Venenpumpe hat damit ihren wichtigen Helfer verloren, wodurch das Blut der Schwerkraft folgend wieder absacken kann. Insbesondere in den oberflächlichen, vom Herzen weiter entfernten Venen staut sich das Blut und kann nicht mehr abfließen. Die vorgeschädigte Gefäßwand wird erweitert und krümmt sich im für die Krampfadern typischen Erscheinungsbild.
Anfänglich betrifft die Erkrankung meist nur die Venen unter der Hautoberfläche. Im weiteren Verlauf werden zunehmend die Perforans-Venen (Verbindungsvenen) und tiefere Gefäße bis hin zu den Stammvenen der Beine einbezogen.
Die Ursache der Entstehung von Krampfadern kann im Einzelfall vielfach nicht nachgewiesen werden. Dennoch ist eine große Anzahl möglicher Ursachen bekannt, welche eine Schädigung begünstigen können.
Manche der Risikofaktoren lassen sich nicht beeinflussen. Gerade deswegen sind in diesen Fällen vorbeugende Maßnahmen notwendig. Sie können den Krankheitsverlauf verlangsamen und eventuell weniger schwer gestalten.
Im Alter nimmt die Elastizität unseres Bindegewebes naturgemäß ab. Die Falten im Gesicht können wir mit der Zeit akzeptieren. Lange Zeit unbemerkt nimmt indes der Altersprozess im ganzen Körper seinen Lauf, so auch bei den Blutgefäßen. Während in jungen Jahren Krampfadern selten zu beobachten sind, treten bei den meisten Menschen über 70 Jahren Varizen an den Beinen auf.
Inwiefern die erbliche Belastung eine Rolle spielt, wird unter Experten unterschiedlich diskutiert. Nach aktuellem Wissensstand kann man davon ausgehen, dass lediglich 17 Prozent der Krampfadern eine genetische Ursache besitzen. Nach anderen Einschätzungen (Deutsche Gesellschaft für Gefäßmedizin) bleibt zu bedenken, dass das Risiko einer Erkrankung bei einem durch Krampfadern belasteten Elternteil um das Doppelte ansteigt. Sind Mutter und Vater von Varizen betroffen, muss gar von einer vierfach höheren Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden.
Frauen sind deutlich häufiger von Krampfadern betroffen als Männer. Speziell den weiblichen Sexualhormonen wird ein großer Einfluss auf das Bindegewebe und die Elastizität zugesprochen: Östrogen und Progesteron üben einen festigenden Einfluss auf das Bindegewebe aus. Mit Beginn der Wechseljahre geht die Produktion zuerst des Progesterons und bald darauf des Östrogens zurück. Infolgedessen verliert neben dem Unterhautfettgewebe auch der bindegewebige Anteil der Venen an Festigkeit, was die Entstehung von Varizen fördert.
Die weiblichen Sexualhormone, allen voran das Östrogen, besitzt die Aufgabe, die Versorgung von Mutter und Kind mit Sauerstoff und Nährstoffen sicherzustellen. Die entsprechend verbesserte Durchblutungslage wird durch eine Weiterstellung der Blutgefäße erreicht. Vielfach bleibt diese Vergrößerung der Venen eine Zeit lang nach der Entbindung bestehen, was zur Ausbildung von Krampfadern führen kann. In den meisten Fällen bilden sich solche schwangerschaftsbedingten Varizen jedoch wieder zurück.
Durch die Einnahme östrogenhaltiger Verhütungsmittel (Pille) wird dem weiblichen Organismus eine Schwangerschaft vorgetäuscht. So kann es gleichfalls bei einer hormonellen Verhütung zur Ausbildung von Krampfadern kommen.
Manchen Risiken kann man durch Eigeninitiative entgegenwirken. Dies kann aktiv beispielsweise durch Sport geschehen oder durch geänderte Lebensgewohnheiten, wie einen Verzicht auf Rauchen und Alkohol.
Die Venen-Muskelpumpe ist entscheidend für den Rückfluss des sauerstoffarmen venösen Blutes zum Herzen. Somit erklärt ein langes Stehen oder Sitzen den Rückstau und das typische Beschwerdebild müder und schwerer Beine. Bewegungsmangel fördert auf der einen Seite die Entstehung einer Bindegewebsschwäche, andererseits wird gerade durch langes Sitzen der Blutfluss mechanisch durch das Abknicken der Venen beeinträchtigt.
Einhergehend mit Bewegungsmangel verhindert Übergewicht das Zurückpumpen des Blutes aus den Beinen zum Herzen. Durch den hohen Fettanteil der Unterhaut wird das Bindegewebe destabilisiert. Gleichzeitig mit einer Minderfunktion der Venenklappen kann dies zu Krampfadern führen.
Bewegungsmangel und Übergewicht belasten überdies die Leistung des Herzmuskels. Ein deutlich vermehrter Anteil der Pumpleistung muss daher durch die Venenpumpe übernommen werden, welche damit rasch überfordert ist.
Der Genuss von Nikotin schädigt vor allem die Gefäßwände der Arterien. Dennoch kann der Verzicht des Rauchens hinsichtlich der Erhaltung der Gesundheit nicht eindringlich genug angemahnt werden. Unter anderem werden Thrombosen durch das Rauchen begünstigt.
Das Tragen enger Jeans und von hohen Schuhen zieht mit höherer Wahrscheinlichkeit die Ausbildung von Krampfadern nach sich. Während bei zu engen Hosen der Rückfluss des Blutes vorwiegend im Bereich der Kniekehle und der Leiste behindert wird, werden bei Highheels die Venen unterhalb des Fußknöchels geschädigt und die Muskelpumpe wird beeinträchtigt.
Sauna, warme Wannenbäder und ausgiebige Tage in der Therme sollten bei bestehenden Krampfadern mit Zurückhaltung betrachtet werden. Ebenso lassen lange Sonnenbäder und Aufenthalte in Solarien die Venenpumpe erschlaffen. Bei Wärme weiten sich vor allem die Venen nahe der Hautoberfläche und sorgen auf diese Weise für eine Abkühlung unseres Körpers. Je größer jedoch der Durchmesser der Venen ist, desto geringer ist der Rücktransport des Blutes nach oben.
Krampfadern sind in erster Linie ein Problem der oberflächlichen Beinvenen. Diese Tatsache darf über die Ernsthaftigkeit der Erkrankung nicht hinwegtäuschen. Ist die Erkrankung bei den primären Varizen im Wesentlichen durch eine Veranlagung bedingt, muss die Ursache bei den sekundären Krampfadern jedoch in den tiefen Venen gesucht werden.
Tritt eine Thrombose (Blutgerinnsel) in den tiefen Beinvenen oder in den Beckenvenen auf, dann ist der Rückfluss des Blutes aus dem Bereich der unteren Extremitäten nur eingeschränkt möglich. Das Blut sucht sich aus diesem Grund seinen Weg über die oberflächlichen Venen, welche kleiner sind und dadurch dieser Aufgabe nicht gewachsen sind. Sowohl durch einen deutlich höheren Druck als auch durch ein gesteigertes Blutvolumen dehnen sich die Gefäßwände. Dies führt zu einer Funktionseinbuße der Venenklappen. Der Mechanismus der Venenpumpe wird geschädigt, wodurch ein Rückstau des Blutes mit der Ausbildung von Krampfadern erfolgt.
Entscheidend bei einer Thrombose ist eine frühe Diagnose, da ein möglicher Verschluss der Lungenarterie (Lungenembolie) durch ein fortgeschlepptes Blutgerinnsel lebensgefährliche Auswirkungen zur Folge hat.
Beobachtungen lassen als möglichen Auslöser von Varizen ebenso eine Störung des Blutzuckerstoffwechsels (Diabetes) in Betracht kommen. Dies kann zu Entzündungen der Gefäßwände führen, welche die Struktur der Venen schädigt.
Unter Ösophagusvarizen werden krankhaft erweiterte Venen der Speiseröhre verstanden. Anders als bei den Krampfadern des Beins ist hier ein Rückstau des Blutes vor der Leber ursächlich. Diese Situation wird in vielen Fällen durch die fortgeschrittene Vernarbung der Leber (Leberzirrhose) hervorgerufen. Das Blut kann nur noch bedingt in die Leber fließen und staut sich in der Pfortader (einer großen Vene im Bauchraum, die zur Leber führt). Der Druck in dieser Vene wird so hoch (Pfortaderhochdruck, portale Hypertension), dass das Blut sich einen Umgehungskreislauf sucht. Naheliegend sind die Venen der Speiseröhre oder des Darms. Da die Gefäßwand der Venen in diesen Organen für diesen Druck nicht entsprechend ausgestattet ist, kommt es zu Ausstülpungen, die mit Krampfadern vergleichbar sind. Die Gefahr besteht in lebensbedrohlichen Blutungen, die leicht an den Ösophagusvarizen entstehen können.
Bei der Varikozele handelt es sich um Krampfadern der Hoden. Vielfach anlagebedingt kommt es aufgrund anatomischer Gegebenheiten zu einem Blutstau in den Hoden hinein. Um möglichen Spätfolgen vorzubeugen, werden die Krampfadern mit einem kleinen Eingriff beseitigt. Da auch Tumore oder Blutgerinnsel tieferer Venen zu Varikozelen führen können, ist eine eingehende Diagnostik notwendig, um diese möglichen Ursachen entdecken zu können.
Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin (DGA), Katrin Müller, Hilke Nissen – Krampfadern – erkennen und behandeln: https://www.dga-gefaessmedizin.de/fileadmin/content/PDFs/dga_krampfaderbroschuere_screen.pdf (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
Netdoktor, Dr. med. Julia Schwarz – Krampfadern: https://www.netdoktor.de/krankheiten/krampfadern/ (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
Techniker Krankenkasse, Verena Nittka, Katrin von Bechtolsheim – Krampfadern - mehr als ein Schönheitsmakel: https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/venenerkrankungen-krampfadern-thrombosen/krampfadern-mehr-als-ein-schoenheitsmakel-2022436 (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
Internisten im Netz, Dr. med. Gerhart Tepohl – Risikofaktoren für Krampfadern: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/krampfadern/risikofaktoren-fuer-krampfadern.html (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
Dr. med. Thomas Schwingenschlögl – Venenleiden: https://www.dr-schwingenschloegl.at/sites/wohlfuehlen/venenleiden.html (online, letzter Abruf: 31.10.2019)
aktualisiert am 01.11.2019