Kopfschmerzen, die medizinisch als Cephalgien bezeichnet werden, sind wahrscheinlich die am häufigsten auftretende Schmerzform. Es wird angenommen, dass bis zu 70 Prozent der Bevölkerung unter gelegentlichen Kopfschmerzen leidet, wobei bis zu drei Prozent der Menschen täglich von diesem Leiden geplagt werden. Frauen sind wesentlich häufiger betroffen, als Männer.
Oft ist es schwierig, den Kopfschmerzen eine genaue Ursache zuzuordnen. Wenn Ursachen vorliegen, so werden die Beschwerden in zwei Kategorien eingeordnet: in primäre und sekundäre Kopfschmerzen.
Primäre Kopfschmerzen sind eigenständige Erkrankungen, zu denen unter anderem Spannungskopfschmerzen, Migräne und der so genannte Cluster-Kopfschmerz gehören.
Bei den sekundären Kopfschmerzen handelt es sich entweder um Wirkungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten und anderen Stoffen oder um Begleiterscheinungen und Folgen einer anderen Grunderkrankung.
Als Hauptauslöser der Spannungskopfschmerzen wird Stress vermutet, der dazu führt, dass die Patienten unbewusst vor allem die Muskulatur im Nacken und Schulterbereich anspannen. Die dadurch entstehenden Muskelverspannungen verursachen ihrerseits die resultierenden Kopfschmerzen.
Weitere mögliche Auslöser sind lange Aufenthalte in schlecht belüfteten Räumen, langes Sitzen vor einem Computer- oder Fernsehbildschirm oder Arbeiten an einem Arbeitsplatz, der nicht den persönlichen Bedürfnissen entspricht. Auch Wetterumschwünge, Schlafmangel und eine unzureichende Trinkmenge können Kopfschmerzen hervorrufen.
Etwa zwei bis drei Prozent aller Menschen leiden unter chronischen Spannungskopfschmerzen.
Bei der Migräne kommen als klassische Auslöser Kaffee, Rauchen und Alkohol dazu, wobei die Hormonschwankungen während des Zyklus bei Frauen ebenfalls eine große Rolle spielen können.
Frauen sind mit etwa 14 Prozent auch doppelt so häufig von Migräne betroffen, wie Männer, bei denen nur etwa sieben Prozent unter dieser Erkrankung leiden.
Die Cluster-Kopfschmerzen treten meist nach körperlicher Anstrengung und Alkoholgenuss auf, auch Rauchen könnte als Auslöser in Frage kommen. Weitere Auslöser sind blendendes, flackerndes Licht, Aufenthalte in großer Höhe und verschiedene Medikamente (unter anderem Nitroglycerin und Nifedipin).
Dieses Kopfschmerzsyndrom ist mit etwa 0,4 Prozent eher selten, wobei Männer dreimal häufiger betroffen sind, als Frauen.
Auch die Trigeminusneuralgie und der atypische Gesichtsschmerz werden bisweilen den primären Kopfschmerzarten zugeordnet, obwohl bei diesen Krankheiten hauptsächlich das Gesicht schmerzt. Bei der Trigeminusneuralgie handelt es sich um eine Reizleitungsstörung des fünften Hirnnerven, bei der normale Berührungssignale fälschlicherweise auf Schmerzfasern übertragen werden. Diese melden dann im Gehirn einen Schmerz im Bereich des Gesichtsareals, das vom entsprechenden Anteil des fünften Hirnnerven versorgt wird.
Der atypische Gesichtsschmerz ist eine Ausschlussdiagnose, die gestellt wird, wenn alle anderen Diagnosen, die einen Gesichtsschmerz zur Folge haben können, ausgeschlossen wurden. Seine Ursache ist entsprechend unklar.
Die mit etwa 1 Prozent der Bevölkerung häufigste Ursache für sekundäre Kopfschmerzen ist der chronische Missbrauch von Schmerzmedikamenten. Werden Schmerzmittel (Analgetika) über einen längeren Zeitraum sehr häufig eingenommen, so führen sie selbst zu Kopfschmerzen, die auch als arzneimittelinduzierte Kopfschmerzen bezeichnet werden. Das Problem dieser Kopfschmerzform liegt darin, dass die Patienten versuchen, den Schmerz mit eben jenen Medikamenten zu bekämpfen, die ihn auslösen, ein Verhalten, dass die Kopfschmerzen sehr schnell chronisch werden lässt.
Auch bei anderen Medikamenten können Kopfschmerzen als Nebenwirkung auftreten. Einige Beispiele sind:
Neben Medikamenten können natürlich auch andere Stoffe, die über die Nahrung oder die Atemwege aufgenommen werden, Kopfschmerzen verursachen. Zu ihnen gehören unter anderem:
Es gibt viele Erkrankungen, die mit Kopfschmerzen einhergehen, darunter einige, die sofortiges ärztliches Handeln notwendig machen. Dies sind:
Auch die Verlegung der ableitenden Hirngefäße, die Sinusvenenthrombose, muss rasch medizinisch versorgt werden.
Weitere Krankheiten, die von Kopfschmerzen begleitet werden sind unter anderem:
Äußere Einwirkungen wie zu enge Helme, zu straffe Pferdeschwänze oder zu lange und dadurch schwere Haare können ebenfalls zu Kopfschmerzen führen.
Kopfschmerzen können durchaus auch psychische Ursachen haben. Die Diagnose des psychogenen Kopfschmerzes wird allerdings erst gestellt, wenn körperliche Ursachen ausgeschlossen wurden und eine Beteiligung der Psyche nachgewiesen werden konnte.
Wenn weder körperliche noch psychische Faktoren als Ursache der Kopfschmerzen in Betracht kommen, werden die Schmerzen als idiopathische Kopfschmerzen bezeichnet, was bedeutet, dass sie ohne erkennbare Ursache auftreten.
Die Symptomatik von Kopfschmerzen hängt sehr stark von ihrer Ursache ab.
Die Schmerzen bei Spannungskopfschmerzen sind eher dumpf und drückend, sowie beidseitig lokalisiert. Ihre Dauer beträgt etwa 12 bis 20 Stunden.
Bei der Migräne sind pulsierende Schmerzen vorherrschend, die meist einseitig auftreten. Sie dauern etwa 4 bis 72 Stunden an. Oft werden sie von Lärm- und Lichtempfindlichkeit begleitet, bei manchen Patienten treten auch Übelkeit und Brechreiz auf.
Der Cluster-Kopfschmerz tritt nur einseitig auf und ist schier unerträglich, seine Dauer beträgt etwa 15 Minuten bis zwei Stunden. Zusätzlich können hier Tränenfluss, eine Rötung der Augenbindehaut und eine Horner-Symptomatik der betroffenen Seite mit Pupillenverengung, Zurücksinken des Augapfels in die Augenhöhle und herabhängendem Oberlid beobachtet werden.
Die Trigeminusneuralgie geht ebenfalls mit beinahe unerträglichen Schmerzen einher, die jedoch nur wenige Sekunden andauern.
Schmerzen, die sich über Tage hinziehen, können auf arzneimittelinduzierte Kopfschmerzen hinweisen, während plötzliche, stärkste Schmerzen bei Subarachnoidalblutungen auftreten.
Bei anderen Hirnerkrankungen, wie der Sinusvenenthrombose, der Meningitis oder der Enzephalitis nehmen die Schmerzen innerhalb von Stunden bis Tagen zu.
Die Krankheiten, die mit einer Entzündung einhergehen, werden oft von hohem Fieber und Nackensteifigkeit begleitet. Sehprobleme und Sehstörungen, sowie Verwirrtheit, Benommenheit und Bewusstseinstrübung können auch bei Hirnblutungen, Schlaganfällen und Subarachnoidalblutungen auftreten. Wenn derartige Symptome auftreten, sollten die Patienten sofort einen Art aufsuchen, ebenso, wenn plötzlich extrem starke Kopfschmerzen auftreten, die von Übelkeit und Erbrechen begleitet werden.
Da die meisten Kopfschmerzformen charakteristische Symptome aufweisen, lässt sich über die genaue Befragung des Patienten, die Anamnese, meist schon erkennen, welche Erkrankung den Schmerzen zugrunde liegt. Gegebenenfalls wird der Betroffene bei chronischen Kopfschmerzen aufgefordert, ein Schmerztagebuch zu führen, in dem Häufigkeit, Dauer und Intensität der Schmerzen festgehalten werden, um die Diagnosefindung zu erleichtern.
Die körperliche Untersuchung baut auf den durch die Anamnese gewonnenen Erkenntnissen auf.
Bei akut auftretenden stärksten Schmerzen sollte unverzüglich eine Computertomographie (CT) des Kopfes angefertigt werden, um einen erhöhten Hirndruck, zum Beispiel durch eine Blutung, auszuschließen. Wenn die Computertomographie negativ ausfällt, sollte eine Punktion des Spinalkanals erfolgen, in dem die Nerven verlaufen, die unten aus dem Rückenmark entspringen, um Liquor (die Flüssigkeit, die Gehirn und Rückenmark umgibt) zu gewinnen. Dabei sticht der Arzt zwischen den Wirbeln hindurch, bis er etwas Liquor gewinnen kann, der dann im Labor auf Bakterien, weiße Blutkörperchen und Blutspuren untersucht wird, die im Liquor eines Gesunden nicht vorhanden sind.
Zusätzlich wird Blut abgenommen und wichtige Entzündungsparameter überprüft.
Zur allgemeinen Kopfschmerzdiagnostik kann es notwendig sein, dass eine elektrische Ableitung der Hirnströme, eine Elektroenzephalographie (EEG), durchgeführt wird. Die Nasennebenhöhlen werden meist mit Hilfe eines Ultraschallgerätes untersucht, in einigen Fällen kann jedoch eine Röntgenaufnahme benötigt werden.
Die Angiographie, die Darstellung der Hirngefäße mit Hilfe eines Kontrastmittels, wird vor allem dann angewandt, wenn der Verdacht eines Gefäßverschlusses besteht.
Mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET), bei der eine markierte Substanz gegeben wird, die das Gehirn dann verstoffwechselt, lässt sich erkennen, welche Bereiche vermehrt Energie brauchen. Diese Methode wird unter anderem zur Tumorerkennung eingesetzt.
Bei einem orthopädischen Problem der Halswirbelsäule kann es notwendig sein, diese zu röntgen.
Im Labor wird bei Verdacht auf eine Unterzuckerung der Blutzucker getestet. Außerdem können die roten Blutkörperchen und der Eisenstatus bestimmt werden und so eine Anämie bewiesen oder ausgeschlossen werden. Erhöhte Werte bei Kreatinin, Harnstoff und Elektrolyten (Salzen) können auf eine Schädigung der Nieren bei arzneimittelinduzierten Kopfschmerzen hinweisen.
Ein Teil der Kopfschmerzen geht ohne weitere Therapie vorüber, insbesondere wenn sie durch kurzfristige Überanstrengung, Schlafmangel, zu regen Alkoholgenuss oder vorübergehende Infekte bedingt sind. Zur Linderung der Beschwerden, auch bei Spannungskopfschmerzen, haben sich Hausmittel wie Kältepackungen für den Stirn- und Schläfenbereich oder das Auftragen von Pfefferminzöl bewährt.
Bei Spannungskopfschmerzen ist es zudem sinnvoll, Entspannungstechniken zu erlernen und in den Alltag zu integrieren. Besonders geeignet sind dabei die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Autogenes Training, Meditation und Yoga. Schmerzmittel sollten so selten wie möglich angewandt werden, in jedem Fall nicht häufiger als an zehn Tagen im Monat und nicht mehr als drei Tage hintereinander.
Beim akuten Migräneanfall ist Ruhe in einem abgedunkelten Raum die wichtigste Behandlung, da gerade Licht und Geräusche in dieser Zeit besonders unangenehm sind. Zur medikamentösen Therapie können bei leichten Migräneanfällen ein Schmerzmittel in ausreichend hoher Dosierung und ein Antiemetikum (ein Medikament gegen Übelkeit) ausreichend sein. Bei schweren Migräneanfällen werden Triptane eingesetzt, welche Gegenspieler des Hormons Serotonin sind. Diese wirken sowohl gegen die Kopfschmerzen, als auch gegen die begleitende Übelkeit.
Arzneimittelinduzierte Kopfschmerzen lassen sich nur durch einen Entzug wirkungsvoll behandeln. Dieser sollte jedoch in jedem Fall mit ärztlicher Unterstützung durchgeführt werden, zum Beispiel ambulant oder stationär in einer Schmerzklinik.
Die fast unerträglichen Cluster-Kopfschmerzen lassen sich durch die Inhalation von reinem Sauerstoff lindern oder ganz unterbinden. In einigen Fällen hilft es auch, ein Medikament zur örtlichen Betäubung in das Nasenloch der betroffenen Seite zu geben. In Ausnahmefällen ist die Behandlung mit Triptanen oder Dihydroergotamin (einem Abkömmling des Ergotamins) hilfreich.
Kopfschmerzen, die durch Erkrankungen der Wirbelsäule hervorgerufen werden, können sich durch krankengymnastische Behandlungen bessern.
Allgemein gilt, dass die Behandlung chronischer Kopfschmerzen immer unter Aufsicht eines Arztes erfolgen sollte. Dieser erarbeitet mit dem Patienten zusammen die Diagnose und leitet dann die richtige Therapie ein.
Eine gesunde Lebensführung kann helfen, Kopfschmerzen zu verhindern. Dazu gehören regelmäßiger und ausreichender Schlaf, ausgewogene und regelmäßige Ernährung, ausreichendes Trinken und das Vermeiden von Stress. Der Verzicht auf Nikotin und Alkohol kann die Häufigkeit von Kopfschmerzanfällen ebenfalls drastisch senken. Ausdauersportarten, am besten noch an der frischen Luft, und regelmäßig angewandte Entspannungsübungen heben die Schmerzschwelle an und vermindern stressbedingte Kopfschmerzen.
Die Prognose der Kopfschmerzen hängt ebenso wie die Behandlung von ihren Ursachen ab. Treten die Schmerzen aufgrund einer akuten Erkrankung des zentralen Nervensystems auf, so klingen sie nach rechtzeitiger Behandlung der Grunderkrankung meist schnell wieder ab. Chronische Kopfschmerzen können hingegen über Jahre hinweg bestehen. Trotzdem profitieren die Patienten von einer adäquaten Behandlung, welche die Häufigkeit der Attacken einschränken und die Intensität der Schmerzen mildern kann.
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft: http://www.dmkg.de (unter http://www.dmkg.de/patient/ks_kal.pdf findet sich ein Kopfschmerzkalender)
aktualisiert am 30.03.2023