Das Kompartmentsyndrom am Oberschenkel kommt sehr selten vor. Ein Grund hierfür ist, dass die Faszien (bindegewebigen Hüllen), die die einzelnen Muskelgruppen umgeben, nicht ganz so straff sind wie beispielsweise am Unterschenkel. Dadurch können sie besser nachgeben, wenn bedingt durch ein Trauma (Verletzung) der Druck in einer oder mehreren Muskellogen (Kompartimenten) steigt. Dennoch ist das Kompartmentsyndrom am Oberschenkel eine ernstzunehmende Erkrankung. Sie erfordert ein schnelles Handeln, um Folgeschäden wie Lähmungen oder den Untergang von Muskelgewebe zu verhindern. Die Therapie der Wahl ist eine Faszienspaltung zur Druckentlastung.
Die häufigsten Ursachen für ein Kompartmentsyndrom am Oberschenkel sind Unfälle mit folgenden Verletzungen:
Auch Verbrennungen sowie enge Gipsverbände oder andere Verbände können zu einem Kompartmentsyndrom führen.
Starke Schmerzen, die sich bei Dehnung der entsprechenden Muskeln noch verstärken, bilden das Hauptsymptom des Kompartmentsyndroms. Ein weiteres Zeichen ist häufig ein geschwollener und sehr angespannter Oberschenkel. Sensibilitätsstörungen und Muskellähmungen können ebenfalls auftreten. Sie sind Symptome für eine Komprimierung von Nerven und Blutgefäßen und für eine dadurch bedingte Minderversorgung des Gewebes.
In den meisten Fällen deuten die Symptome und die bekannten Verletzungen schon auf ein Kompartmentsyndrom hin. Zur Sicherung der Diagnose oder bei Menschen, die nicht bei Bewusstsein sind, kommt meist eine zusätzliche Druckmessung im oder in den betroffenen Muskellogen hinzu. Am Oberschenkel gibt es drei Kompartimente, in denen die jeweiligen Muskelgruppen verlaufen.
Das Mittel der Wahl bei einem Kompartmentsyndrom ist die sogenannte Faszienspaltung (Fasziotomie). Bei dieser Operation wird die Haut eröffnet und die darunter liegenden betroffenen Faszien werden gespalten. Dadurch kann sich der erhöhte Druck verteilen. Bis sich das Volumen innerhalb der Loge normalisiert hat, bleibt die Wunde offen. In vielen Fällen ist später zum Verschluss der Wunde ein Hauttransplantat notwendig.
Häufig heilt das Kompartmentsyndrom am Oberschenkel trotz Operation nicht folgenlos ab. Ungefähr die Hälfte der Betroffenen hat bleibende Einschränkungen. Hierzu zählen:
Durch den ansteigenden Druck in den wenig dehnbaren Muskellogen kommt es zu einer Komprimierung von Nerven und Gefäßen. Dadurch wird Gewebe nicht ausreichend versorgt und kann absterben. Wenn Nerven zu lange unter Druck stehen, können bleibende Muskellähmungen die Folge sein. Absterbendes Gewebe kann zu Infektionen im betroffenen Gebiet führen. Dies kann in manchen Fällen eine Amputation notwendig machen. Aber auch Schäden an Organen sind durch das absterbende Gewebe möglich. In schweren Fällen können Stoffe, die aus dem geschädigten Muskelgewebe ins Blut gelangen, zu einem Multiorganversagen und zum Tod führen. Aus diesen Gründen ist ein schnelles Handeln bei einem Kompartmentsyndrom besonders wichtig.
Dr-Gumpert.de – Kompartmentsyndrom (Logensyndrom): https://www.dr-gumpert.de/html/kompartmentsyndrom_logensyndrom.html (online, letzter Abruf: 26.08.2021)
Orthobullets, Mark Karadsheh – Thigh Compartment Syndrome: https://www.orthobullets.com/trauma/1063/thigh-compartment-syndrome (online, letzter Abruf: 26.08.2021)
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aktualisiert am 26.08.2021