Ein künstliches Koma ist ein bewährtes Mittel in der Intensiv-Medizin. Im Gegensatz zu einem echten spontanen Koma kann das künstliche Koma Leben retten und Langzeitschäden verhindern. Es dient als ärztliche Behandlungsmaßnahme dazu, Patienten bei schweren Unfällen oder Erkrankungen ruhigzustellen und eine verbesserte Heilung zu ermöglichen. Gelingt dies, wird die Aufwachphase eingeleitet. Grundsätzlich soll ein künstliches Koma so kurz wie möglich gehalten werden.
Genau dosierte Schmerz- und Betäubungsmittel bringen den Patienten in eine „kontrollierte Bewusstlosigkeit“, eine Langzeitnarkose. Ein künstliches Koma kann über Stunden, Tage oder Wochen aufrechterhalten werden, abhängig von der Situation. Die Lebensfunktionen werden auf der Intensivstation minutiös überwacht.
Im sedierten Zustand (Zustand des stark gedämpften Bewusstseins) verlieren Angstzustände und Schmerzen ihre zerstörerische Wirkung. Viele Therapiemaßnahmen sind nur in diesem Zustand möglich oder lassen sich besser durchführen. Die Vitalfunktionen werden auf „Sparmodus“ eingestellt, um den Organismus zu schonen. Der Sauerstoff- und Nährstoff-Bedarf ist minimiert. Der Patient wird künstlich beatmet und ernährt. Einschlaf- und Aufwachphase sowie die Tiefe der Narkose lassen sich steuern. Risiken bestehen wie bei jeder Art von Narkose. Besonders kritisch ist die Aufwachphase aus dem künstlichen Koma.
Die Aufwachphase aus dem künstlichen Koma wird erst eingeleitet, wenn die Symptome und Gefahren der Akutphase unter Kontrolle gebracht sind. Die Sedierung (Herabsetzung des Bewusstseinszustands) lässt sich unterbrechen, um den Status des Patienten zu überprüfen. Besonders nach Schädelverletzungen, Schlaganfällen oder Hirnblutungen ist es wichtig, neurologische (nervliche) Schäden frühzeitig zu erkennen. Zu diesem Zweck senken die Ärzte die Dosis der Narkotika. Überprüft wird, ob und wie der Patient auf Außenreize reagiert und ob er in der Lage ist, sich zu bewegen. Diese Narkoseunterbrechungen werden als neurologisches Fenster bezeichnet.
Fallen die Test-Reaktionen und Vitalwerte zufriedenstellend aus, wird die echte Aufwachphase eingeleitet. Treten erneut Probleme auf, wird die Dosis der Narkotika wieder erhöht und die Langzeitnarkose weitergeführt.
Das künstliche Koma soll so schnell wie möglich wieder beendet werden. Hat sich der Zustand des Patienten stabilisiert, werden die Schmerz- und Narkosemittel allmählich ausgeschlichen. Die Vorgehensweise richtet sich nach den Erfordernissen der Situation. Daher kann die Aufwachphase entsprechend länger oder kürzer verlaufen. Wenn nötig, wird dafür eine ganze Reihe von Tagen eingeplant. Das hat mehrere gute Gründe.
Die Ausgangsdosierung richtet sich nach der Verfassung, nach Größe und Gewicht des Patienten. Die gleichen Kriterien bestimmen, wie schnell der Betroffene die Präparate „verarbeitet“, abbaut und ausscheidet. Je länger der Betroffene im künstlichen Koma war, desto langsamer wird er „zurückgeholt“. Zudem muss er sich Schritt für Schritt auf eine niedrigere Dosierung einstellen. Setzt der Arzt die Präparate zu schnell ab, drohen Entzugserscheinungen, Schmerzen und sogar Krampfanfälle.
Auch die Art der Erkrankung oder Verletzung spielt eine Rolle. In einigen Fällen ist das Gehirn direkt geschädigt, in anderen sind neurologische Defekte möglich, treten aber nicht zwangsläufig auf. Relevant sind auch Folgen des Zustands bei der Langzeitnarkose. Zu den schädlichen Nebenwirkungen eines künstlichen Komas zählen
Alle diese Faktoren müssen mitberechnet werden, wenn die Aufwachphase geplant wird. Nicht alle Reaktionen lassen sich vorhersagen.
Mit der zunehmend niedrigeren Schmerz- und Betäubungsmittel-Dosis wird der Patient Reaktionen auf Ansprechen oder Berührungen zeigen. Auch die Fähigkeit, selbständig tief zu atmen oder Sekret aus der Lunge abzuhusten, muss überprüft werden. Der Schlauch zur Beatmung kann vorsichtig entfernt werden, wenn der Patient in der Lage ist, spontan selbst zu atmen.
Grundsätzlich muss der Körper sich in der Aufwachphase daran gewöhnen, das Atmen wieder selbst zu übernehmen. Dauert der künstliche Tiefschlaf mehrere Wochen an, bildet sich sogar die für die Atmung notwendige Muskulatur zurück. In der Aufwachphase muss sie Schritt für Schritt wieder trainiert werden. Die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung kann für sich bereits einige Zeit in Anspruch nehmen. Nach einem sehr langen Koma wird sicherheitshalber oft ein Luftröhrenschnitt durchgeführt, um den Patienten darüber weiter beatmen zu können (Tracheostoma).
Generell lässt sich nicht sagen, wie lang eine Aufwachphase nach einem künstlichen Koma dauert. Viele berichten, dass sie länger kämpfen mussten, um wieder zu vollem Bewusstsein zu gelangen. Auch lückenloses Erinnern an die Zeit nach dem ersten Aufwachen ist eher eine Ausnahme.
Mediziner sprechen von „Delir“ oder Durchgangssyndrom, wenn Patienten in diesem Zeitraum
Meist ist der Schlaf-Wach-Rhythmus massiv gestört und muss sich erst wieder einpendeln.
Besonders ältere Patienten sind oft sehr stark vom Durchgangssyndrom betroffen. Die Symptome können nach einer kurzen Operations-Narkose ebenso auftreten wie nach einem längeren künstlichen Koma. Entsprechende Medikamente erleichtern diese Phase, die vielen Betroffenen als angsteinflößend und verwirrend in Erinnerung bleibt.
Angehörige sollten auf merkwürdige Reaktionen vorbereitet werden und wissen, dass sie möglicherweise nicht gleich erkannt werden. In einigen Fällen müssen Patienten sogar im Bett fixiert werden, um sich nicht durch spontane und verfrühte Aktivitäten selbst zu gefährden. Oft versuchen sie sich von Infusionskanülen oder Kathetern zu befreien. Dies ist ein weiterer Grund für die genaue Beobachtung des Patienten in der Aufwachphase.
Abhängig von der Ausgangs-Erkrankung stellt sich erst über Tage und Wochen heraus, ob Hirnschäden und Funktionsstörungen vorliegen. Diesen lässt sich durch gezielte Rehabilitationsmaßnahmen und Training begegnen. Stimulierende Therapien können bereits in der Aufwachphase begonnen werden. Geduld ist für alle Beteiligten wichtig.
Schlimmstenfalls tritt der Patient ins Wachkoma ein. Dann erfasst er zwar seine Umgebung wieder, ist aber nicht in der Lage, selbst aktiv zu werden. Nur in den seltensten Fällen ist ein Wachkoma die Folge des künstlichen Komas. Meist sind die neurologischen Schäden das Resultat der ursprünglichen Erkrankung oder Verletzung. Nach
wird die Gehirnfunktion durch Sauerstoff-Mangelversorgung oder Druck geschädigt. Zwar sind dann die betreffenden Gehirnareale noch aktiv, wie neuere Forschungsergebnisse beweisen, doch der Patient kann selbst nicht mehr reagieren.
Bereits das „neurologische Fenster“ und die Beobachtungen in der Aufwachphase liefern wichtige Informationen über Gehirnschäden beim Patienten. Die späteren Therapieschritte lassen sich auf diese Weise besser planen.
aktualisiert am 16.11.2023