Wenn Zähne in Verlust geraten sind, kann es zu einem Knochenschwund am Kiefer kommen. Um Folgeprobleme zu verhindern oder auszugleichen, kann eine Operation zum Aufbau des Kieferknochens erforderlich sein.
Dadurch, dass durch den Verlust von Zähnen eine verminderte Belastung auf den Kieferknochen einwirkt, kommt es zu einem Knochenabbau (Knochen-Atrophie). Auch Krankheiten wie Parodontose können dies verursachen oder verstärken. Eine ungünstige Verteilung von Hormonen kann darüber hinaus dazu führen, dass sich Knochen zurückbildet.
Der Knochenabbau kann Teile des Kiefers, aber auch den gesamten Knochen betreffen. Der Substanzverlust des Kieferknochens kann auch zu ästhetischen Auffälligkeiten führen, z. B. ein Einsinken von Ober- und Unterlippe. Oftmals kommt es dazu, dass eine Prothese nur noch locker sitzt. Der Knochenschwund kann dadurch noch zusätzlich gefördert werden.
Wichtig ist eine ausreichende Dicke und Festigkeit des Kiefers des Weiteren für das Einsetzen von Implantaten. Ein Implantat ist eine in den Kieferknochen eingesetzte künstliche Zahnwurzelstruktur, an der verschiedene Arten des Zahnersatzes befestigt werden können, z. B. Kronen, Brücken oder Prothesen. Durch das Implantat mit Zahnersatz wird dann wiederum die Festigkeit des Knochens gefördert.
Zunächst erfolgt die Befragung des Patienten (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung. Wichtig ist eine zahnärztliche Untersuchung. In bildgebenden Verfahren wie Röntgen oder Computertomographie (CT) können die Stellen der Knochenausdünnung oft gut dargestellt werden. Des Weiteren ist oft eine Blutuntersuchung sinnvoll.
Meist ist durch das Fehlen von Zähnen und durch die Untersuchungen ein Knochenschwund eindeutig feststellbar.
In der Regel ist durch nichtoperative Maßnahmen eine deutliche Stärkung der Kieferknochensubstanz nicht möglich. Knochenwachstumsstoffe können aber manchmal der Förderung des Wiederaufbaus nach einer Operation dienen.
Bei weniger starkem Knochenschwund ist oft das bloße Einsetzen eines Implantats (Zahnwurzelersatz) genügend, um den Knochen wieder aufzubauen, da dieser dann wieder angemessen belastet wird. Bei weiter fortgeschrittenem Knochenabbau muss eine Operation erfolgen.
Die Operation am Kieferknochen erfolgt in Vollnarkose oder in örtlicher Betäubung. Die Wahl der Narkose ist in erster Linie abhängig vom Operationsverfahren.
Um die Substanz, die Festigkeit beziehungsweise die Dicke des Kiefers zu vergrößern, können Knochenstückchen aus dem eigenen Körper oder Fremdmaterialien verwendet werden. Größere Eigenknochenanteile werden in den meisten Fällen aus dem Beckenkamm herausgenommen, kleinere Stückchen können auch aus dem Kinn oder vom hinteren oberen Unterkieferast übertragen werden.
Verschiedene Operationsmethoden können je nach dem Befund sinnvoll sein.
Am Oberkiefer oder am Unterkiefer kann eine äußere aufbauende Kieferkammplastik vorgenommen werden. Dabei wird die über dem Kieferknochen liegende Schleimhaut untertunnelt oder eingeschnitten und das Knochen- oder Knochenersatzmaterial an den Kieferknochen gesetzt. Fixiert wird es meist durch Schrauben und Platten aus Metall.
Bei einer so genannten Sandwichplastik wird der Knochen in Querrichtung geteilt (gespreizt). Ein Knochenstückchen aus einem anderen Körperbereich wird dann eingefügt.
Eine Sinuslift-Operation (Sinusbodenelevation) oder innere aufbauende Kieferkammplastik am Kieferhöhlenboden ist ein Eingriff am Oberkieferknochen. Dabei wird vom Mundraum aus der Oberkieferknochen in Richtung Kieferhöhle mit dem Bohrer durchstoßen. Nun wird die Schleimhaut am Boden der Kieferhöhle vorsichtig vom Knochen abgelöst. Daraufhin wird körpereigener Knochen oder Knochenersatz zwischen Schleimhaut und Kieferknochen gesetzt. Das Material wächst dann ein. Manchmal werden auch für den Sinuslift Schrauben und Platten verwendet.
Ist der Knochensubstanzverlust groß, können die äußere und die innere Kieferkammplastik in einem Eingriff zusammen durchgeführt werden. Weiterhin kann es sinnvoll sein, Implantate (Kunstzahnwurzeln) einzuarbeiten, um einen neuerlichen Knochenabbau zu verhindern und um Prothesen einen besseren Halt zu bieten. Implantate werden nur manchmal im Ersteingriff einer Aufbauplastik, in der Regel jedoch nach dem Zusammenwachsen der Knochenanteile eingesetzt.
Sowohl am Ober- als auch am Unterkiefer kann eine Erhöhung des Kieferkamms durch dynamische Spreizung (Distraktion) erfolgen. Bei diesem Eingriff wird der Kieferknochen in Querrichtung geteilt, ein annähernd rechteckiges Knochenstückchen herausgeholt und ein Spreizmechanismus mit Schrauben eingefügt. Bei der Spreizung wächst dann mehr und mehr Eigenknochengewebe in den Zwischenraum ein, und die Knochendicke wird immer größer.
Nach dem Zusammenwachsen können Schrauben, Platten und ähnliche Fremdmaterialien wieder entfernt werden.
Besonderheiten und auftretende Komplikationen können eine Abänderung oder Erweiterung der geplanten Operationsmaßnahmen erforderlich machen.
In den ersten Tagen nach der Operation ist der Operationsbereich häufig geschwollen und eventuell schmerzhaft. Strukturen im Operationsbereich können geschädigt werden. Bei einer Durchtrennung von Nerven kann es zu Taubheitsgefühl, Lähmungserscheinungen oder weiteren Ausfällen kommen, was zeitlich begrenzt, aber auch dauerhaft sein kann. Es kann zu Infektionen und Wundheilungsstörungen kommen, beispielsweise auch zu einer Kieferhöhlen- oder Knochenentzündung. Gewebe kann absterben, z. B. auch Anteile des Knochens. Durch überschießende Narbenbildung können sich ästhetische und funktionelle Nachteile ergeben. Beim Anschneiden von Ober- oder Unterkieferknochen können unter Umständen Zahnwurzeln verletzt werden. Eine Fistel (Verbindungsgang) zwischen Mundraum und Nasenhöhle kann entstehen, verschwindet in vielen Fällen aber wieder. Falls der Unterkieferknochen sehr dünn ist, kann es zu einem Knochenbruch kommen, der behandelt werden muss. Falls die Kieferhöhlenschleimhaut verletzt wird, ist oftmals ein Sinuslift nicht mehr möglich. Es können allergische Reaktionen auf verwendete Materialien und Substanzen vorkommen. Fremdmaterial kann eventuell abgestoßen werden. Kiefergelenksprobleme können ausgelöst oder verstärkt werden.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Oftmals ist mit der jeweiligen Methode eine erfolgreiche Behandlung des Kieferknochens möglich. Der Knochen kann verstärkt werden, Implantate können eingesetzt werden und Prothesen können besser haften. Eine Garantie für einen Behandlungserfolg kann jedoch nicht gegeben werden. Allmählich kann sich auch erneut ein Knochenschwund ergeben, so dass nach Jahren wiederum eine Operation angezeigt sein kann.
Medikamente, die die Blutgerinnung negativ beeinflussen, wie beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, müssen oft in Absprache mit dem Arzt weggelassen werden.
Erfolgt die Operation unter ambulanten Bedingungen, so muss sich der Patient abholen lassen und darf innerhalb eines Tages keine Autos oder Maschinen bedienen. Ebenso sollten wichtige Entscheidungen vertagt werden. Bis zum Verheilen der Schnittwunden im Mundraum sollte nur Wasser und Tee getrunken werden. Alkohol und Kaffee sollte gemieden werden, damit die Wunde nicht gereizt wird. Daraufhin dürfen Suppe und breiige Speisen gegessen werden. Der Mund sollte nach den Mahlzeiten ausgespült werden. Beim Zähneputzen ist besondere Vorsicht geboten. Auch nach dem Eingriff sollte nicht geraucht werden, weil dadurch Wundheilungsstörungen gefördert werden.
Oftmals sind antibiotische Medikamente angezeigt, um Entzündungen zu verhindern. Diese sollten gewissenhaft eingenommen werden.
Es sollte für mehrere Wochen eine zu starke körperliche Betätigung gemieden werden. Auch beim Sprechen sollte der Patient vorsichtig sein. Wurde der Oberkiefer operiert, sollte die Nase nicht geschneuzt werden. Besser ist ein Abtupfen von Sekret. Kälteanwendungen sind förderlich für die Heilung, Wärme ist eher schädlich.
Nach einer solchen Kieferaufbauoperation passt die vorherige Zahnprothese nicht mehr. Daher muss sie neu bearbeitet werden oder eine ganz neue Prothese hergestellt werden. Es dauert zudem einige Zeit, bis nach dem Eingriff wieder eine Prothese verwendet werden kann.
Bei Auffälligkeiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte umgehend der Arzt beziehungsweise die Klinik informiert werden.
aktualisiert am 16.11.2023