Es gibt zwei Arten der Knochenbruchheilung, die direkte und die indirekte Heilung. Nur bei der indirekten Heilung eines Knochenbruchs wird sogenannter Kallus (Ersatzknochen) gebildet. Dieser Ersatzknochen wird im Laufe der Monate in Lamellenknochen (endgültiges, widerstandsfähiges Knochengewebe) umgebaut. Im Zuge der Knochenheilung kommt es im Bereich der Corticalis, der Knochenschicht, die unmittelbar unter der Knochenhaut liegt, zu einer Verdickung durch den Kallus. Diese Verdickung ist im Röntgenbild in der Regel für mehrere Monate, teils auch Jahre sichtbar.
Bei der indirekten Heilung besteht ein Spalt zwischen den beiden Knochenenden des Bruchs. In diesem Frakturspalt laufen über mehrere Monate und über fünf verschiedene Phasen hinweg die Bildung und der Umbau von Knochengewebe ab. Zunächst entsteht ein vorläufiger Ersatzknochen (Kallus). Am Ende der letzten Phase sollte sich dieser in einen belastungsstabilen Lamellenknochen umgebaut haben.
In den ersten beiden Phasen der Heilung (Verletzungsphase und Entzündungsphase) entsteht ein Hämatom (Bluterguss) im Frakturspalt und es sprossen Zellen, die zum Bindegewebe gehören, in den Spalt und den Bluterguss ein. Ab der dritten Phase (Granulationsphase) beginnt die Kallusbildung. Zunächst entsteht weicher Kallus, der von den beiden Enden des Bruchs aus in Richtung Mitte wächst. Diese Phase der Heilung dauert zwischen vier und sechs Wochen. In der anschließenden Kallushärtungsphase wird immer mehr Calcium in den Ersatzknochen eingebaut. Dadurch wird er zunehmend stabiler und kann stärker belastet werden. Diese Phase ist in der Regel nach drei bis vier Monaten abgeschlossen. Die letzte Phase der Knochenbruchheilung, die Phase des Umbaus von Geflechtknochen in Lamellenknochen, kann bis zu 12 Monate dauern.
Die Knochenschicht, die direkt unter der Knochenhaut (Periost) liegt, heißt Substantia compacta oder Corticalis. Im Laufe der Kallusbildung kommt es hier zu einer im Röntgenbild sichtbaren Verdickung. Diese Verdickung an der Bruchstelle bildet sich erst nach mehreren Monaten langsam wieder zurück. Nach und nach baut der Körper die überschüssigen Gewebeanteile des Kallus ab und nach Monaten bis Jahren ist die Verdickung am Knochen verschwunden. In einigen Fällen kann eine geringfügig verdickte Stelle noch dauerhaft auf Röntgenaufnahmen zu sehen sein.
Kann der Knochenbruch nicht ausreichend ruhig verheilen, so kann es zu einer übermäßigen Bildung des Ersatzknochens kommen (hypertropher Kallus). Die Frakturheilung kann hier verzögert sein und es droht eine Falschgelenkbildung (Pseudarthrose).
Bei der direkten Heilung eines Bruches besteht kein Frakturspalt. Das ist normalerweise der Fall, wenn eine Fraktur operativ mit Platten oder Schrauben stabilisiert wird. Dann haben die Bruchstücke Kontakt zueinander und es wird kein Ersatzknochen zur Heilung benötigt. In diesen Fällen wächst zuerst Bindegewebe in den operativ stabilisierten Bereich ein. Dieses wird im Laufe der Wochen und Monate zu stabilem Knochengewebe umgebaut. Eine Verdickung an der Bruchstelle entsteht hierbei in der Regel nicht, da auch kein Kallus gebildet wird.
Uni Lübeck, Inga Keil – Frakturen bei Kleinkindern in den ersten zwei Lebensjahren: Häufigkeiten, Lokalisationen, Ursachen und die Bedeutung der Kindesmisshandlung: https://www.zhb.uni-luebeck.de/epubs/ediss1354.pdf (online, letzter Abruf: 29.04.2022)
Gelenk-Klinik – Kallus: https://gelenk-klinik.de/orthopaedie-glossar/kallus.html (online, letzter Abruf: 29.04.2022)
aktualisiert am 05.05.2022