Bei einer Verrenkung der Kniescheibe (Patella-Luxation) gerät die knöcherne Kniescheibe aus ihrer Position im Gleitlager an der Vorderseite des Oberschenkelknochens. Das führt zu Beschwerden wie Schmerzen und einer Schwellung. Die Kniescheibe schnellt meist sofort wieder an ihre ursprüngliche Position zurück. Beteiligte Knochen, Bänder und Gelenkstrukturen können aber beschädigt werden, in der Regel ist das innenseitige Kniescheibenband gerissen (mediales Retinaculum). Eine Behandlung, eventuell eine Operation, kann bei einer Kniescheibenverrenkung erforderlich werden. So können weitere Schäden und erneute Ausrenkungen verhindert werden.
Eine Kniescheibenverrenkung kann dann auftreten, wenn im Knie bestimmte ungünstige Gegebenheiten vorliegen. Dazu gehören angeborene anatomische Besonderheiten wie eine zu sehr abgeflachte Hinterfläche der Kniescheibe oder Vorderfläche des Oberschenkelknochens im Knie. Ebenfalls können eine Erschlaffung der Bänder (bei Bindegewebsschwäche), X-Beine sowie Muskelschwächen zu einer Patellaluxation führen. Eine zuvor bereits abgelaufene Verrenkung der Kniescheibe begünstigt ein Wiederauftreten (Rezidiv).
Auch können Patellaluxationen bei Verletzungen auftreten. Oftmals handelt es sich um Sportunfälle (etwa durch Verdrehung) oder um direkte mechanische Gewalt in Richtung der inneren Seite des Knies.
Bei einer Verrenkung der Kniescheibe bestehen normalerweise Schmerzen, oft sind sie sogar sehr heftig. Eine Verformung des Knies insgesamt ist sichtbar, wenn die Luxation gerade besteht. Meist ist die Kniescheibe zur Außenseite hin verschoben. Die Kniebeweglichkeit ist erheblich behindert, es steht meist in etwas gebeugter Position. Ein Gelenkerguss kann auftreten, bisweilen kann es auch in den Gelenkraum bluten. Folgeschäden durch Verschleiß sind möglich, es kann dann zu dauerhafter Bewegungseinschränkung oder zu anhaltenden Schmerzen kommen. Die ausgerenkte Kniescheibe springt sehr häufig (fast unmittelbar oder bei Bewegungen) von alleine wieder in die ursprüngliche Lage zurück.
Die Luxation kann erneut auftreten, die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Ausrenkung wird immer größer, je öfter die Kniescheibe schon herausgesprungen ist. Betroffene haben deshalb bei Aktivitäten die Sorge, dass sich der Knochen wieder ausrenken könnte. Die betroffene Kniescheibe ist allgemein recht verschiebbar.
Nach dem Gespräch mit dem Patienten (Anamnese) erfolgt eine körperliche Untersuchung durch den Arzt. Dabei werden bestimmte Handgriffe angewendet, und der Patient muss verschiedene Bewegungen ausüben. Bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Magnetresonanztomographie (MRT), werden durchgeführt. Falls der Knorpel in Mitleidenschaft gezogen sein könnte, wird oft eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) durchgeführt.
Ausgeschlossen werden müssen Knochenbrüche im Bereich des Knies, des Weiteren Bänder- und Meniskusverletzungen.
Bei geringerer Beeinträchtigung kann eine nichtoperative Behandlung der Patellaluxation erfolgen. Dazu wird die Kniescheibe gegebenenfalls wieder eingerenkt, wozu in den meisten Fällen eine Betäubung erforderlich ist. Vorgenommen werden kann dafür eine örtliche Betäubung, eine Regionalanästhesie (Ausschaltung eines größeren Körperbereiches) oder eine Vollnarkose.
Nach dem Einrichten oder bei ohnehin nicht mehr bestehender Luxation wird das Knie meist für mehrere Wochen stabilisiert. Dies geschieht durch einen straffen Verband, einen Gips oder spezielle Schienen. Um die Muskeln zu stärken, ist Krankengymnastik angebracht.
Eine operative Therapie ist meist notwendig, wenn eine Verletzung des Knies vorangegangen ist oder wenn die Patellaluxation wiederholt auftritt. Durch den Eingriff soll ein erneutes Verrenken verhindert werden.
Für eine Knieoperation wird eine Vollnarkose, eine Regionalanästhesie (Betäubung eines größeren Körperbereiches) oder eine örtliche Betäubung vorgenommen. Oftmals wird am Bein eine stramme Manschette angelegt, um die Durchblutung vorübergehend zu stoppen (Blutsperre). Damit können Blutungen verringert und die Sicht auf den Operationsbereich gebessert werden.
Neu aufgetretene Verletzungen können oftmals im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) behandelt werden. Diese dient dann sowohl der Untersuchung als auch der Behandlung. Dabei wird zunächst eine Hohlnadel in das Kniegelenk gestochen, um eine Flüssigkeit (meist eine Salzwasserlösung) einzuspritzen. Daraufhin wird ein kurzer Hautschnitt vorgenommen, im Regelfall im vorderen äußeren Bereich des Knies. Das Arthroskop wird nun eingeschoben. Dies ist ein optisches Gerät (Endoskop) mit Beleuchtung, mit dem der Arzt Einblick in das Gelenk erhält und die Strukturen beurteilen kann. Zusätzlich zum Arthroskop wird in den meisten Fällen ein stabartiges Instrument zum Abtasten der Gelenkinnenstrukturen eingeschoben.
Zeigt die arthroskopische Untersuchung, dass keine Veränderungen vorliegen, die in der Spiegelung behandelbar sind, so werden die Instrumente herausgezogen, das Wasser herausgesaugt und die Einschnittstellen gegebenenfalls mit Nähten versorgt. Ansonsten wird im selben Eingriff eine arthroskopische Behandlung durchgeführt. Zur weiteren Behandlung im Rahmen der Arthroskopie werden zusätzlich andere Instrumente in den Gelenkraum eingeschoben. Abgebrochene Knorpel- und Knochenfragmente können herausgeholt werden oder, falls sinnvoll, wieder befestigt werden. Risse in der Kapsel des Gelenks an der nach innen gerichteten Seite werden vernäht. Äußerst selten muss die Kapsel an der Außenseite des Knies aufgetrennt werden.
Eine offene Operation ist insbesondere bei häufiger auftretenden Verrenkungen der Kniescheibe angezeigt. Dabei erfolgt eine direkte Eröffnung des Operationsgebietes. Ebenfalls können hierbei Bruchstücke von Knorpel oder Knochen herausgeholt oder fixiert werden. Eingriffe an der Kniekapsel können vorgenommen werden, oftmals erfolgt eine Verlegung von Sehnen. Das Kniescheibenband kann vom Unterschenkel abgetrennt und an anderer Stelle (an der Innenseite) wieder angesetzt werden. Es wird dann mit Schrauben oder Klammernägeln befestigt.
In manchen Fällen kann ein Eingriff über eine Arthroskopie (Gelenkspiegelung) mit einer offenen Operation kombiniert werden.
Im Anschluss an den Eingriff erhält das Knie einen Verband. Eine stabilisierende Schiene oder ein straffer Verband kann manchmal notwendig sein.
In einigen Fällen können weitere operative Maßnahmen sinnvoll sein, beispielsweise die Korrektur von Fehlstellungen.
Bisweilen zeigen sich Befunde erst im Laufe der Operation. Hier können Eingriffe notwendig werden, die zuvor nicht geplant waren. Auch Komplikationen können es erforderlich machen, die Operationsmethode abzuändern oder zu erweitern.
Durch eine Operation können Strukturen in der Nähe verletzt werden. Es kann zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen kommen. Bei einer Nervenverletzung kann es zu Sensibilitätsstörungen und Lähmungserscheinungen kommen. Es kann zu Infektionen, Wundheilungsstörungen und überschießender Narbenbildung kommen. Durch eine eventuelle Blutstauungsmanschette können Druckschäden, wie Lähmungen, verursacht werden.
Sowohl durch die nichtoperative Therapie als auch durch die Operation beziehungsweise Nachbehandlung können verschiedene weitere Probleme verursacht werden. Durch den Druck im Verband können Schäden an Nerven und Gefäßen entstehen. Manchmal kommt es zu Verschleiß, zur verminderten Beweglichkeit oder zur Steifigkeit des Knies oder von anderen Gelenken. Knochen und Muskeln können durch die Bewegungseinschränkung schwächer werden. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum so genannten Sudeck-Syndrom kommt, bei dem der Knochen stark abgebaut wird und sich eine schmerzhafte Entzündung ergibt. Die Bildung von Blutgerinnseln ist möglich. Allergische Reaktionen jeglichen Schweregrades können auftreten.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Ist die Kniescheibe rausgesprungen und eine Operation notwendig, dann muss nach der Operation das Knie ruhiggestellt werden. In der Anfangsphase bekommt der Patient Krücken und darf das betroffene Bein nicht belasten. Kurz nach der Operation beginnen schon die Rehamaßnahmen.
Nach und nach wird die geschwächte Muskulatur gestärkt, die für die Stabilität des Kniegelenks sorgt. Der Heilungsverlauf ist von Patient zu Patient unterschiedlich, deshalb ist es schwer eine genau Dauer anzugeben. Bis der Patient wieder Sport treiben kann und das Knie voll belastet werden kann, können zwei Monate vergehen.
Die Dauer der Krankschreibung hängt von Operation, der individuellen Heilungsdauer und der beruflichen Tätigkeit ab, die der Patient ausübt. Patienten, die einen Bürojob ausüben, sind schneller wieder arbeitsfähig. Betroffene, die in ihrem Job viel stehen müssen, werden länger krank geschrieben. Von einer Ausfallzeit von mindestens drei Wochen ist zu rechnen.
Wird die Behandlung der verrenkten Kniescheibe zu einem frühen Zeitpunkt durchgeführt, sind die Erfolgsaussichten günstig. Es ist allerdings möglich, dass es zu einem Wiederauftreten der Kniescheibenverrenkung (Rezidiv einer Patellaluxation) kommt.
In vielen Fällen müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, vor einer Operation abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Absprache mit dem Arzt.
Falls eine Operation unter ambulanten Bedingungen erfolgt, so sollte der Patient für 24 Stunden kein Auto mehr selbst fahren und keine Maschinen bedienen. Daher sollte er sich abholen lassen. Ebenfalls sollten bedeutsame Entscheidungen vertagt werden.
Ergeben sich stärkere Schmerzen, so können durch den Arzt Schmerzmedikamente gegeben werden.
Das Bein muss je nach Befund und Eingriff einige Wochen lang besonders geschont werden. Eine Hochlagerung des Beines unterstützt den Heilungsverlauf. Das Knie sollte in der Zeit nicht stark belastet werden. Die anderen Gelenke sollen viel bewegt werden. Krankengymnastik ist sinnvoll.
Eine Fadenentfernung wird, falls bei der Operation ein Hautschnitt vernäht wurde, nach ein bis zwei Wochen vom Arzt durchgeführt.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sollten gewissenhaft eingehalten werden.
Bei Besonderheiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte der Arzt kontaktiert werden, um eine eventuell notwendige Behandlung durchzuführen.
aktualisiert am 07.11.2022