Die Kniescheibe (Patella) ist ein recht flacher Knochen an der Knievorderseite. Sie hat mehrere Funktionen wie beispielsweise die verbesserte Kraftübertragung der Strecksehnen des Beines, ein optimales Gleiten und den Schutz des Kniegelenks. Die Kniescheibe kann bei einer Gewalteinwirkung brechen (Patellafraktur). Der typische Unfallhergang ist ein Sturz auf das Knie selbst. Sehr häufig sind die Fragmente des Knochens nicht mehr an der richtigen Stelle (disloziert). In den meisten Fällen müssen Kniescheibenbrüche operiert werden, um die Bruchstücke wieder in die richtige Lage zu bringen. Ansonsten könnte eine starke Beeinträchtigung der Kniebeweglichkeit entstehen.
Die Ursache eines Knochenbruchs der Kniescheibe ist in der Regel ein direkter Aufprall der Knievorderseite. Es handelt sich meist um einen Sturz bei Beugung des Knies. Häufig ist eine harte Kante im Spiel (etwa Treppenstufe, Bordsteinkante), auf die die Kniescheibe trifft. Ein weiterer möglicher Unfallhergang ist ein Auto-Crash, bei dem das Knie auf die Kante des Armaturenbretts prallt. Während des Vorgangs ziehen zusätzlich die Sehnen an der Kniescheibe. Bei einer Querfraktur werden die Bruchstücke daher augenblicklich auseinandergezogen.
Ganz selten kann die Kniescheibe brechen, wenn das Bein am Knie heftig von der Streck- in die Beugestellung geht. Eine Art der Patellafraktur kann auch als Folge einer Kniescheiben-Ausrenkung (Patellaluxation) entstehen. Dann kann ein Stück des Knochens seitlich absplittern.
Die Krafteinwirkung führt zu einem Bruch der Kniescheibe, dadurch entstehen zwei oder mehr Bruchstücke. Ein Bruch kann prinzipiell in Querrichtung (häufig) oder in Längsrichtung (selten) verlaufen. Die Bruchfragmente können bisweilen an Ort und Stelle verblieben sein (in aller Regel nur beim Längsbruch), meist sind sie verlagert (disloziert). Manchmal entsteht ein regelrechter Trümmerbruch. Weiterhin kann sich ein offener Bruch (mit Hervortreten von Knochenanteilen aus der Haut) entwickeln. Anhand der Bruchmerkmale kann der Arzt eine Einteilung vornehmen und die notwendige Behandlung planen.
Praktisch in jedem Fall ergeben sich bei einem Kniescheibenbruch Schmerzen. Blutergüsse an der Knievorderseite, Schwellungen sowie teils auch Hautwunden sind Begleiterscheinungen des Knochenbruchs.
Abhängig vom Bruchverlauf kann der Patient meist das Bein im Kniegelenk nicht mehr strecken. Der Grund ist, dass die Muskeln keinen effektiven Zug mehr über die gebrochene Kniescheibe ausüben können. Ein Bluterguss kann sich auch in das Gelenk hinein erstrecken. Dann ist die Beweglichkeit noch weiter eingeschränkt.
Nach der Befragung des Patienten, insbesondere nach dem Unfallhergang, führt der Arzt die körperliche Untersuchung durch. Dabei zeigen sich meist deutliche Hinweise auf den Bruch der Kniescheibe. Meist kann eine Bruchlücke zwischen dem oberen und dem unteren Kniescheibenanteil getastet werden.
Auf Röntgenaufnahmen kann die Kniescheibe dargestellt werden, der Bruch ist normalerweise sehr deutlich erkennbar. Manchmal ist eine Ultraschall-Untersuchung sinnvoll. Zur weiteren Diagnostik kann es selten einmal notwendig werden, andere bildgebende Verfahren anzuwenden (Computertomografie/CT, Kernspintomographie/MRT).
Der Knochenbruch der Kniescheibe ist in aller Regel eindeutig feststellbar. Ähnliche Beschwerden können jedoch ebenfalls durch andere Schädigungen verursacht werden, etwa einen Sehnenriss oberhalb oder unterhalb der Kniescheibe. Weitere Verletzungen der Umgebung zusätzlich zur Patellafraktur müssen ausgeschlossen werden. Außerdem kann eine Kniescheibe schon von vornherein mit zwei oder mehr getrennten Knochenanteilen angelegt sein.
Die Therapie dieses Knochenbruches geschieht in den meisten Fällen durch Operation, damit die Bruchstücke wieder in normaler Position verheilen können. Bei einem unproblematischen Bruch in Längsrichtung kann es aber auch ausreichen, das Knie ruhigzustellen. Diese Bruchform ist allerdings eine Ausnahme. Auch wenn sich bei einer anderen Bruchform kein Stück stärker als zwei bis drei Millimeter verschoben hat und die Beweglichkeit gut ist, kann eine nicht operative Behandlung ausreichend sein.
Ist eine frische Knieverletzung (ohne größere Hautwunde) eingetreten, so wird das Bein erst einmal ruhiggestellt und hochgelagert. Das Knie sollte vorsichtig gekühlt werden.
Zur konservativen Therapie (Behandlung ohne Operation) wird normalerweise eine bewegliche Stützstruktur angelegt (Orthese). Diese ermöglicht ein Beugen zu einem gewissen Grad. Im Laufe der Abheilung kann dieser mögliche Winkel langsam vergrößert werden. Das Bein darf nur ganz leicht beansprucht werden. Eine komplette Belastung ist oft nach etwa sechs Wochen möglich. Während dieser teilweisen Ruhigstellung muss ein Mittel zur Thrombose-Vorbeugung gegeben werden.
Die Operation am Knie erfolgt in Vollnarkose oder in Rückenmark-Narkose (Spinalanästhesie). Es handelt sich um eine offene Operation. Die Vorgehensweise richtet sich danach, in welcher Art die Kniescheibe gebrochen ist. Dislozierte Brüche (Brüche mit verlagerten Bruchstücken) werden zunächst einmal wieder in das richtige Gefüge versetzt. Besonders an der Rückseite der Kniescheibe, die einen Teil des Gelenks darstellt, muss ein glattes Ergebnis erreicht werden. Am häufigsten wird Draht verwendet, um den Knochen zu fixieren.
Bei einem unkomplizierten Querbruch werden oftmals zwei Drähte in Längsrichtung durch beide Bruchstücke geführt. Diese Drähte werden durch einen weiteren Draht zusammengezogen, der sich oben und unten mit jeweils einer Schlinge um die anderen Drähte legt und in der Mitte vor der Kniescheibe gekreuzt verläuft (Zuggurtung). Die Fragmente werden dadurch zusammengezogen und heilen wieder aneinander. Bei einem Bruch in mehr Teile oder mit ungünstiger Bruchstelle kann es erforderlich sein, weitere Drähte einzusetzen oder die Drähte anders zu führen. In manchen unkomplizierten Fällen des Kniescheibenbruchs können statt Draht Schrauben verwendet werden, um die Bruchstücke aneinander zu befestigen.
Sollte keine gute (glattrandige) Rekonstruktion der Kniescheibe mehr möglich sein, kann sogar die komplette Entfernung der Knochensplitter sinnvoll sein. Das verhindert dann das Auftreten eines Gelenkverschleißes (Arthrose). Bisweilen wird nur ein Teil der Kniescheibe entfernt.
Zusätzlich zur Versorgung der Kniescheibe müssen oftmals Sehnen genäht werden. Am Ende der Operation wird auch die Operationswunde vernäht.
Nach der Kniescheiben-Operation muss das Bein wie bei der konservativen Behandlung geschont und ruhiggestellt werden. Eine gewisse Beugung muss möglich sein, die Versorgung mit Drähten erlaubt die Bewegung. Mit Röntgen wird der Heilungsverlauf nach jeweils einigen Wochen mehrmals kontrolliert. Zu einem späteren Zeitpunkt kann es sinnvoll sein, die Drahtung oder die Schrauben wieder aus der Kniescheibe zu entfernen.
Die Aussichten sind abhängig von der Schwere des Bruchs. Vielfach heilt die Kniescheibe durch die Therapie oder Operation wieder folgenlos ab. Meist lässt sich das Knie wieder normal bewegen. Etwa jeder dritte Patient klagt aber trotz bestmöglicher Therapie über Schmerzen. Sie können nur bei bestimmten Bewegungen auftreten, manchmal aber auch ständig bestehen. Eine Fraktur mit mehreren Bruchstücken oder mit Stufen nach der Abheilung lässt die Gefahr steigen, dass später noch Schmerzen vorhanden sind. Weitere mögliche Folgeschäden, die trotz Behandlung auftreten können, sind Gelenkverschleiß (Arthrose) oder Narbenbildung im Gelenk (Arthrofibrose).
aktualisiert am 02.02.2023