Eine Kielbrust, auch Hühnerbrust genannt, verursacht in vielen Fällen keine oder nur geringe körperliche Symptome. Allerdings ist der psychische Leidensdruck oft groß. Viele Betroffene schämen sich für die Verformung ihres Brustkorbes. Daraus resultiert häufig noch eine zusätzliche Fehlhaltung der Wirbelsäule. Eine Kombination verschiedener Arten von Übungen kann helfen, eine Kielbrust zu reduzieren oder sogar vollständig auszugleichen.
Das Training zur Behandlung einer Kielbrust stützt sich auf vier Pfeiler:
Die Kräftigung sollte dabei am Ende erfolgen. So kann das durch Mobilisation, Atemtraining und Dehnung neu gewonnene Bewegungsausmaß genutzt und erhalten werden.
Ein geeignetes Übungsprogramm kann mit Hilfe eines Physiotherapeuten erstellt werden. Auch die Kombination aus Physiotherapie und Krafttraining im Fitnessstudio ist möglich.
Mobilisiert werden sollten alle Gelenke, die in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Rippen-Wirbel-Gelenken (Verbindungen zwischen Brustwirbelkörpern und Rippen) am Rücken und den knorpeligen Verbindungen zwischen Rippen und Brustbein.
Durch die Verformung des Brustkorbes können aber auch weitere Wirbelsäulenabschnitte und beispielsweise die Hüftgelenke oder die Schultergelenke von einer Einschränkung betroffen sein. Grund hierfür ist, dass eine Kielbrust öfter mit einem Rundrücken und einer Hohlkreuzhaltung kombiniert vorkommt. Wenn dies der Fall ist, werden auch diese Fehlhaltungen und Einschränkungen mitbehandelt.
Physiotherapeuten beherrschen bestimmte Behandlungstechniken, mit deren Hilfe sie die Rippengelenke vorne und hinten am Brustkorb auf schonende Art und Weise mobilisieren können. Hierzu zählt vor allem die Manuelle Therapie.
Dreh-Dehn-Lagerungen sind sehr gut dazu geeignet, den Brustkorb beweglicher zu machen und die Atmung positiv zu beeinflussen. Übungen mit zwei Tennisbällen oder einem speziellen Doppelball können ebenso zur Mobilisierung der Brustwirbelsäule und zur Lockerung der Muskeln und Faszien beitragen. Um die Beweglichkeit des Brustbeines zu verbessern, kann ein Pilatesball oder Ähnliches zwischen eine Wand und das Brustbein gelegt werden. Der Betroffene rollt dann mit dem Brustbein unter leichten Druck über den Ball. Damit die Übungen korrekt ausgeführt werden, empfiehlt sich zu Beginn die Anleitung durch einen Therapeuten.
Bei der Kielbrust ist vor allem die Ausatmung von Einschränkungen betroffen. Da die Rippen sich in einer Einatmungsstellung befinden, ist die Ausatmung erschwert und sollte besonders trainiert werden. Erste Vorarbeit für eine verbesserte Atmung leisten die oben beschriebenen Mobilisationsübungen. Dadurch sind die Rippen besser beweglich. Bei den darauf folgenden Atemübungen wird die Ausatmung betont, indem sie bewusst verlängert wird. Bewährt hat sich ein Ablauf aus drei Sekunden Einatmen, drei Sekunden Atempause und sechs Sekunden Ausatmen. Dieser Rhythmus kann jederzeit individuell angepasst werden.
Der Therapeut kann die Atemübungen mit seinen Händen begleiten und die Ausatmung durch sanften äußeren Druck mit den Händen an den Rippen noch verstärken. Eine besondere Rolle kommt dem Zwerchfell zu, weil es maßgeblich an der Atmung beteiligt ist. Es kann ebenfalls verspannt und in seiner Mobilität eingeschränkt sein. Der Therapeut kann das Zwerchfell durch spezielle Techniken entspannen und mobilisieren. Auch das erleichtert und verbessert die Atmung.
Es gibt verschiedene Atemübungen, die man selbst durchführen kann. In Rückenlage mit aufgestellten Füßen kann ganz bewusst im oben beschriebenen Rhythmus geatmet werden. Hier kann der Betroffene die Ausatmung auch selbst durch Druck von außen an den Rippen verstärken. In der bei der Mobilisation erwähnten Dreh-Dehn-Lagerung ist eine Atemlenkung in den gedehnten Bereich möglich. Hier kann ebenfalls eine gezielte Betonung der Ausatmung vorgenommen werden.
Durch die Fehlhaltung von Rundrücken und/oder Hohlkreuz sind häufig die Brustmuskulatur oder die Hüftbeuger verkürzt. Auch die Bauchmuskulatur neigt bei einer gebeugten Haltung zur Verkürzung. Spezielle Dehnlagerungen in Rückenlage können hilfreich sein. Auch hier empfiehlt es sich, alle Übungen zunächst mit Hilfe eines Therapeuten korrekt einzuüben. Danach können sie im Rahmen eines Eigenübungsprogrammes täglich alleine durchgeführt werden.
Bei der Kräftigung schwacher Muskulatur liegt der Schwerpunkt auf allen Muskeln, die eine aufrechte Haltung unterstützen und die Rippen vermehrt in Richtung Ausatmung bringen. Dazu zählen die Rückenmuskeln, speziell im Bereich der Brustwirbelsäule, aber auch die Bauchmuskeln oder die Gesäßmuskeln. Die beiden letztgenannten Muskelgruppen wirken einer Hohlkreuzstellung entgegen. Eine Übungsauswahl sollte individuell in Begleitung eines Therapeuten erstellt werden. Dabei gibt es zahlreiche Übungen, die durch die bloße Nutzung des eigenen Körpergewichtes sehr effektiv sind, zum Beispiel Stützübungen oder Kniebeugen. Aber auch das Training mit Gewichten im Kraftraum oder Fitnessstudio bietet viele Möglichkeiten zur gezielten Kräftigung.
Eine Kielbrust kann durch ein regelmäßig durchgeführtes Übungsprogramm positiv beeinflusst werden. Ob sie „wegtrainiert“ werden kann, ist stark vom Ausmaß der Fehlstellung abhängig und davon, ob der Brustkorb schon weitgehend versteift ist beziehungsweise wie gut er sich noch mobilisieren lässt. Eine Reduzierung der Verformung ist aber in vielen Fällen möglich.
Springer Link, Anja Christina Weinhandl; Winfried Rebhandl – Therapie der angeborenen Thoraxfehlbildungen - Rückblick und Ausblick: https://link.springer.com/article/10.1007/s00608-020-00848-4 (online, letzter Abruf: 10.06.2022)
Deutsche Nationalbibliothek, Kim-Berit Lewerenz-Kemper – Die operative Korrektur angeborener Brustwanddeformitäten im Erwachsenenalter: https://d-nb.info/990672921/34 (online, letzter Abruf: 10.06.2022)
aktualisiert am 10.06.2022