Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (RKI - STIKO) hat vor kurzem ihre Empfehlungen zur Keuchhusten-Auffrischimpfung überarbeitet. Hintergrund hierfür ist die aktuelle Häufung von Erkrankungsfällen an Keuchhusten (Pertussis) in Deutschland. Anstelle der im Impfkalendar für Kinder im Alter von 5 bis 6 Jahren vorgesehenen Auffrischimpfung gegen Tetanus und Diphtherie (Td) wird jetzt eine Kombinationsimpfung gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis (TdaP) empfohlen.
Weiterhin soll dann die nächste Booster-Impfung bei 9- bis 17-Jährigen mit einem Impfstoff gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Polio (TdaP-IPV) erfolgen. Für die Auffrischimpfungen sollten Kombinationsimpfstoffe verwendet werden, um die Compliance (Kompilanz des Patienten) des Impflings zu verbessern. Um unnötige Auffrischimpfungen zu vermeiden, sind bei der Indikationen und den Impfabständen die anderen im Impfstoff enthaltenen Antigene zu berücksichtigen. Hierdurch lässt sich das Auftreten von unerwünschten Lokalreaktionen (Rötung, Schwellung, Druckschmerzhaftigkeit) reduzieren.
Wichtig ist hierbei, dass eine Impfung möglichst nicht früher als 5 Jahre nach der zuletzt verabreichten Tetanus bzw. Tetanus/Diphtherie-Dosis erfolgen sollte. Auch bei vollständig geimpften Kindern und Jugendlichen, die engen Kontakt zu Erkrankten im Haushalt oder Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Kindergarten) haben, kann eine Auffrischimpfung erwogen werden, wenn die letzte Impfung länger als 5 Jahre zurückliegt.
Bei Frauen mit Kinderwunsch wird die Impfung gegen Keuchhusten schon seit mehreren Jahren empfohlen. Zusätzlich wird jetzt eine Überprüfung des Immunschutzes gegen Pertussis bei Haushaltskontaktpersonen von Säuglingen (zum Beispiel Ehemann, Geschwister, Großeltern) sowie Betreuer von Neugeborenen empfohlen.
Unter einem ädaquaten Immunschutz gegen Keuchhusten wird eine vollständige Grundimmunisierung, einschließlich durchgeführter Auffrischimpfungen oder eine mikrobiologisch bestätigte Pertussis-Infektion in den letzten 10 Jahren verstanden. Bei Impflücken bzw. bei fehlenden Pertussis-Impfungen wird ein Booster mit einem Kombinationsimpfstoff (Tetanus/ Diphtherie/Pertussis) empfohlen.
Die Änderungen der früheren Empfehlung zur Auffrischimpfung von Jugendlichen oder Erwachsenen mit einem monovalenten Pertussis-Impfstoff mussten geändert werden, da dieser Impfstoff nicht mehr zur Verfügung steht. In Anbetracht der Verfügbarkeit diverser Kombinationsimpfstoffe, die die azelluläre Pertussis-Komponente enthalten, ist ein monovalenter Impfstoff wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll.
Seit einigen Jahren zeigen epidemiologische Untersuchungen in Industrieländern mit hohem Durchimpfungsgrad bei Kleinkindern einen Anstieg von Erkrankungen an Keuchhusten bei älteren Kindern, Jugendlichen sowie Erwachsenen. Erklärt wird dies durch eine langsame, zeitabhängige Abnahme der Immunität nach erfolgter Grundimmunisierung. Dies ist auch der Grund für diese jetzt früher vorgesehene Auffrischimpfung gegen Keuchhusten.
Pertussis wird durch das gramnegative Stäbchenbakterium, Bordetella pertussis, verursacht. Für die pathogene (krankheitserregende) Wirkung sind eine Reihe von Toxinen und Virulenzfaktoren verantwortlich, wie Pertussistoxin, filamentöses Hämagglutinin, Trachea-Zytotoxin, Pertactin, hitzelabiles Toxin und Adenylatzyklase-Toxin. D
ie Vermehrung des Keimes erfolgt auf den zilientragenden Epithelien des Respirationstraktes. Einziges Reservoir von Bordetella pertussis ist der Mensch. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Pertussis ist sehr ansteckend und der Kontagionsindex beträgt an die 100% bei wiederholtem Kontakt, z. B. im Haushalt.
Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit) beträgt 7 bis 14 Tage. Die Erkrankung wird in drei Stadien eingeteilt. Die Erkrankung beginnt mit einer grippeähnlichen Symptomatik, dem Stadium catarrhale (Dauer: 1 bis 2 Wochen), gefolgt vom charakteristischen Krankheitsbild, dem Stadium convulsivum (Dauer: 4 bis 6 Wochen). Dieses Stadium ist durch die anfallsweise auftretenden Hustenattacken (Stakkatohusten) gekennzeichnet, das für die Patienten sehr belastend sein kann. Die Hustenanfälle klingen allmählich im Stadium decrementi ab.
Ein durchgemachter Keuchhusten hinterlässt eine langandauernde, aber entgegen früherer Lehrmeinung, keine lebenslange Immunität. Ältere Menschen, die als Kind an Keuchhusten erkrankt waren, können daher durchaus als Keimreservoir bzw. als Überträger fungieren.
Die meisten Infektionen treten zwar regelmäßig im Herbst und Winter auf, jedoch zirkulieren die Erreger ganzjährig. Bei jüngeren Erwachsenen zeigt sich eine unterschiedliche Immunitätsläge zwischen Personen, die in der "alten" BRD oder der ehemaligen DDR aufgewachsen sind. Vor der Wiedereinführung der generellen Empfehlung für die Pertussis-Impfung im Jahr 1991 betrug die Inzidenz (Zahl der Neuerkrankungen) in den alten Bundesländern etwa 100-180/ 100.000/Jahr. In der ehemaligen DDR hingegen, wo ein generelles Impfpropramm bestand, betrug die Inzidenz (Zahl der Neuerkrankungen) nur 0,1/ 100.000/Jahr.
Für Jugendliche und Erwachsene stehen mehrere Impfstoffe für die Pertussis-Impfung zur Verfügung. Der Arzt kann je nach Notwendigkeit zwischen Kombinationsimpfstoffen, die entweder Tetanus/ Diphtherie/ Pertussis (Boostrix ® ) oder Tetanus/ Diphtherie/ Poliomyelitis/ Pertussis (Repevax ® , Boostrix-IPV® ) wählen. Die Verträglichkeit dieser Impfstoffe ist sehr gut und die hierdurch induzierte Seroprotektionsrate hoch.
Als Dauer der Impfschutzes geht man derzeit von etwa 10 Jahren aus. Eine Antikörpertestung vor oder nach der Impfung wird nicht empfohlen und kann im Generellen auch nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden.
Letzte Aktualisierung am 15.03.2020.