Der Keratokonus ist eine Erkrankung, bei der es zu einer zunehmenden Wölbung und Verdünnung der Hornhaut kommt. Der Keratokonus ist erblich bedingt und kann unterschiedlich schwer verlaufen: In einigen Fällen nimmt die Erkrankung stark zu bis hin zum Einriss von Hornhautschichten, bei anderen Patienten bleibt es bei geringen Veränderungen. Je mehr sich die Form der Hornhaut verzieht, umso stärker ausgeprägt ist die Fehlsichtigkeit des Auges. Häufig kann die Fehlsichtigkeit mit einer Brille oder mit Kontaktlinsen korrigiert werden. Doch die Erkrankung Keratokonus an sich muss oft mit weiteren Methoden behandelt werden, beispielsweise einer so genannten Hornhautvernetzung. Wenn die Hornhaut zu stark geschädigt ist, dann kann eine Hornhauttransplantation (Keratoplastik) notwendig sein. Mit etwa einem Fall auf 2000 Personen ist der Keratokonus eine seltene Augenerkrankung.
Mediziner gehen davon aus, dass der Keratokonus erblich bedingt ist. Der Mechanismus, der zur Verdünnung und Verziehung der Hornhaut führt, ist noch nicht eindeutig bekannt. Vermutlich ist eine Stoffwechselstörung die Ursache dafür.
Die Erkrankung kann für sich allein auftreten, sie kann aber auch im Rahmen eines erblichen Syndroms mit Gewebeveränderungen auftreten. So kommt ein Keratokonus in manchen Fällen bei einem Down-Syndrom (Trisomie 21) oder beim Marfan-Syndrom (eine erbliche Bindegewebsstörung) vor. Außerdem tritt der Keratokonus gehäuft im Zusammenhang mit der Erkrankung Neurodermitis (atopische Dermatitis) auf.
Der Keratokonus (krankhafter Hornhautkegel) kommt bei einem Patienten meist auf beiden Seiten zum Vorschein. Ein Frühsymptom der Erkrankung ist die Keratektasie (Vorwölbung der Hornhaut). Die Erkrankung entwickelt sich vor allem im Jugend- und jungen Erwachsenenalter (15. bis 30. Lebensjahr). Die Hornhaut verzieht sich so, dass sie immer stärker kegelförmig nach vorne ragt. Eine Fehlsichtigkeit entwickelt sich, und zwar eine Kurzsichtigkeit, die im Verlauf sehr stark werden kann. Der Patient sieht sehr unscharf, wenn keine Korrektur vorgesetzt wird. Anders als bei einer „normalen" Kurzsichtigkeit kommt es beim Keratokonus meist auch zu einer ausgeprägten Abweichung der Brechkraft an verschiedenen Bereichen des Sichtfeldes eines Auges. Oft ist im unteren Teil der Hornhaut eine stärkere Verkrümmung vorhanden und somit eine stärkere Fehlsichtigkeit als weiter oben, so dass das Bild sehr verzerrt wird. Auch Doppeltsehen auf den betroffenen Augen kann die Folge der Keratokonus-Erkrankung sein.
Weitere Erscheinungen, die in der Folge des Keratokonus auftreten können, sind Lichtempfindlichkeit, Rötung und Brennen der Augen oder auch Kopfschmerzen durch das unscharfe Bild.
Der Keratokonus lässt sich in vier Schweregrade einteilen. Diese Stadien hängen vom Krankheitsverlauf beziehungsweise von der Stärke der Fehlsichtigkeit, der Hornhautverkrümmung und der Verdünnung der Hornhaut ab. Im Verlauf eines sehr ausgeprägten Keratokonus kann es zu einer so starken Ausdünnung des Hornhautgewebes kommen, dass sie einreißt. Betroffen ist in der Regel die so genannte Descemet-Membran. Tritt dies auf, dann ist von einem akuten Keratokonus die Rede, welcher sehr schmerzhaft ist. Auch wird die Hornhaut getrübt, da Wasser aus dem Inneren des Auges in die Hornhaut eindringt. Das Gewebe quillt auf. Beim akuten Keratokonus besteht außerdem ein Augentränen und eine Lichtempfindlichkeit.
Beim Augenarzt erfolgt zunächst ein Untersuchungsgespräch (Anamnese), das der Arzt mit dem Betroffenen führt. Der Patient teilt seine Beschwerden sowie auch frühere Erkrankungen mit. Nach einem Sehtest erfolgt die Betrachtung der Augen durch den Arzt, vor allem vor der Spaltlampe in Vergrößerung. Der Keratokonus mit seiner kegelförmigen Vorwölbung lässt sich häufig schon dadurch sehen, dass der Arzt sich hinter den Patienten stellt, von oben auf die Augen schaut und die Lider hochzieht.
Eine genauere Beurteilung und Feststellung der Hornhauterkrankung kann mit einer so genannten Placido-Scheibe geschehen. Das ist eine Scheibe mit leuchtenden Ringen, die sich auf der Hornhaut spiegeln. Durch ein kleines Loch in der Mitte der Ringe schaut der Arzt durch die Scheibe auf das Auge. Inwieweit die Spiegelungen der Ringe auf der Hornhaut verzerrt sind, macht deutlich, wie die Hornhaut verformt ist. Eine weitere Möglichkeit, die Hornhautverkrümmung in verschiedenen Richtungen zu beurteilen, bietet das so genannte Ophthalmometer (auch „Zeiss-Bombe" genannt wegen der Form des Gerätes).
Diese Methoden haben nicht mehr eine so große Bedeutung wie früher, denn heute gibt es Computergeräte zur genauen Vermessung der Hornhaut (Hornhauttopographie). Auf dem Monitor oder einem Ausdruck kann unter anderem die Brechkraft der einzelnen Bereiche der Hornhaut farbig dargestellt werden.
Zunächst kann ein nicht so ausgeprägter Keratokonus mit einer gewöhnlichen Fehlsichtigkeit (Kurzsichtigkeit und/oder Astigmatismus) verwechselt werden. Eine weitere, äußerst seltene Krankheit mit Verformung der Hornhaut ist der Keratoglobus, bei der die Hornhaut kugelförmig verändert ist. Noch eine andere, wenn auch sehr seltene Störung, bei der zunächst oft an einen Keratokonus gedacht wird, ist die pelluzide Randdegeneration (Ausdünnung der Randbereiche der Hornhaut). Da der Keratokonus eine seltene Erkrankung ist, wird er nicht immer sofort erkannt. Ein prägnanter Keratokonus kann ansonsten mit den augenärztlichen Methoden gut festgestellt werden.
In einem noch nicht so fortgeschrittenen Zustand kann die Fehlsichtigkeit aufgrund der Hornhautausziehung noch durch ein Brillenglas korrigiert werden. Bei stärkerem Keratokonus ist nur noch eine (formstabile) Kontaktlinse eine Möglichkeit, scharfes Sehen zu erreichen. Ein sehr ausgeprägter beziehungsweise fortgeschrittener Keratokonus führt zu dem Problem, dass die Kontaktlinse herausfällt.
Mit einer Behandlung zur Hornhautvernetzung, auch als Corneal Crosslinking (CXL, CCL) bezeichnet, kann das Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten werden. Die Methode führt zu einer besseren queren Vernetzung von Fasern (Kollagen) innerhalb der Hornhaut und somit zu mehr Stabilität. Das Corneal Crosslinking kann schon früh im Verlauf eines Keratokonus durchgeführt werden. Für das Verfahren wird zunächst Vitamin B2 (Riboflavin) auf das Auge geträufelt. Dann wird die Hornhaut mit UV-Licht bestrahlt (UV-Licht steht für ultraviolettes Licht, also Licht außerhalb des sichtbaren Bereiches mit kleinerer Wellenlänge als violettes Licht). Dies sorgt in Kombination für die Querverbindungen innerhalb der Hornhaut.
Eine weitere Methode, die beim Keratokonus eingesetzt werden kann, ist die CKT (cirkuläre Keratotomie). Im zentralen Bereich der Hornhaut geschieht eine Anbohrung, die das Krankheitsgeschehen aufhalten soll.
In einzelnen Fällen wird beim Keratokonus eine ringförmige Kunststoffstruktur in die Hornhaut eingearbeitet. Dieses Verfahren nennt sich ICR (intrastromaler cornealer Ring). Die Verkrümmung der Hornhaut wird dadurch reduziert und die Fehlsichtigkeit vermindert.
Schließlich kommt bei einigen Patienten eine Hornhauttransplantation (Keratoplastik) in Frage. Insbesondere bei einem akuten Keratokonus (Einreißen der Hornhaut) kann eine Hornhauttransplantation sinnvoll sein, aber auch bei anderen schwerwiegenden Fällen der Erkrankung. Die geschädigte Hornhaut wird entfernt und eine neue Spenderhornhaut ersetzt, welche mit einem speziellen Fadenmaterial eingenäht wird. Die Entfernung und das Einsetzen kann über alle Hornhautschichten geschehen (perforierende Keratoplastik) oder nur die äußeren Schichten betreffen (lamelläre Keratoplastik).
Der Keratokonus ist eine chronische und teils fortschreitende Erkrankung. Viele Betroffene können dauerhaft mit Kontaktlinsen auskommen und benötigen keine Operation oder Spezialbehandlung. Mit der Hornhautvernetzung (Corneal Crosslinking) kann der Fortschritt des Keratokonus gestoppt werden. Eine eventuelle Hornhauttransplantation ist normalerweise erfolgreich, der Patient muss aber oft dennoch Kontaktlinsen tragen. Im Verlauf kann auch eine erneute Hornhauttransplantation notwendig werden.
aktualisiert am 12.12.2023