Prof. Koscielny: Die Kehlkopfpapillomatose ist eine durch Viren hervorgerufene Erkrankung, die zu wiederkehrenden Veränderungen im Bereich des Kehlkopfes führt, die sich als Granulationen oder "wildes Fleisch" darstellen. Es gibt zwei Formen dieser Erkrankung: Eine tritt bei Kindern im Vorschulalter auf und kann sich auf die Atemwege ausbreiten, während die andere Form hauptsächlich bei Erwachsenen im Kehlkopfbereich auftritt und häufig mit dem humanen Papillomavirus (HPV) in Verbindung gebracht wird. Ein Problem dieser Erkrankung ist das schnelle Wiederauftreten (Rezidiv).
Prof. Koscielny: Es gibt verschiedene Typen von humanen Papillomaviren (HPV). Einige, wie der Typ 61, neigen eher zu gutartigen Verläufen einer Papillomatose. Wenn der Pathologe jedoch Typen wie 16, 18 oder 34 nachweist, besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines bösartigen Tumors, insbesondere bei Erwachsenen. Bei Kindern ist dieses Risiko geringer.
Einige, wie der Typ 61, neigen eher zu gutartigen Verläufen einer Papillomatose.
Prof. Koscielny: Wir wissen nicht viel darüber, weil diese Impfung ursprünglich gegen Gebärmutterhalskrebs entwickelt wurde. Dann wurde sie für Mädchen ab einem bestimmten Alter zugelassen. Das Problem in Deutschland war aber lange Zeit, dass sie für Jungen nicht zugelassen war. In Österreich und der Schweiz war das anders, da war sie von Anfang an auch für Jungen zugelassen, weil das Peniskarzinom dabei auch eine Rolle spielen kann. Heute wissen wir auch, dass bestimmte Krebsarten im Mund- und Rachenraum durch HPV verursacht werden können, aber es gibt kaum Daten dazu. Das muss man ganz ehrlich sagen. Die Impfung gibt es auch noch nicht so lange, erst seit etwa 5-6 Jahren. Wir müssen das noch eine Weile beobachten.
Prof. Koscielny: Die Patienten bemerken in der Regel Heiserkeit und dass sie keine Luft mehr bekommen. Bei Kindern, insbesondere bei Jugendlichen, tritt die früher häufige juvenile Form seltener auf. Dabei handelte es sich um Kinder, ebenfalls mit Atembeschwerden und Heiserkeit. Bei Erwachsenen äußert sie sich meist, wie gesagt, durch Heiserkeit oder eine auffällige Stimmstörung. Wenn die Symptome länger als drei Wochen andauern, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Die ersten drei Wochen sind eine übliche Zeit für Infektionen, seien es lokale oder andere. Alle Symptome, die darüber hinausgehen, können auf eine bösartige Tumorerkrankung hinweisen, die schwerwiegende Folgen haben kann. Es ist wichtig, dies abklären zu lassen. Sie suchen dann einen HNO-Arzt auf, der eine Untersuchung durchführt und Veränderungen feststellt, die dann näher untersucht werden. Danach wird die Diagnose gestellt.
Die Patienten bemerken in der Regel Heiserkeit und dass sie keine Luft mehr bekommen.
Prof. Koscielny: In der Regel wird in solchen Fällen chirurgisch vorgegangen. Beim ersten Eingriff ist es üblich, das betroffene Gewebe zu entfernen, um eine histologische Untersuchung durchzuführen und einen Gewebebefund zu erhalten. Es hat sich bewährt, dies mit einem CO2-Laserstrahl zu tun. Dabei wird der CO2-Laser nicht als Skalpell, sondern als Lichtskalpell eingesetzt. Der Laserstrahl kann auch breit gestreut werden, ähnlich wie ein Bühnenscheinwerfer. Durch diese Streuung des Strahls wird das Gewebe praktisch verdampft. Warum das? Weil beim Schneiden von Gewebe die Gefahr besteht, dass es zu Blutungen kommt und das Virus verschleppt wird, was zu neuen Infektionsherden führen kann. Deshalb ist es heute üblich, die betroffenen Herde zu verdampfen, sobald klar ist, dass es sich nicht um ein Karzinom, sondern um eine Papillomatose handelt.
Prof. Koscielny: In der Regel schlafen die Patienten während der Vollnarkose und merken nichts. Es wird ein starres Rohr verwendet, das man sich wie ein Schwertschlucker im Zirkus vorstellen kann. Durch dieses Rohr schaut man mit einem Mikroskop und sieht die betroffenen Stellen unter mikroskopischer Vergrößerung. Dort werden sie entfernt oder mit Hitze behandelt. Danach haben die Patienten meist ein paar Tage lang etwas Probleme mit der Stimme, weil eine Wunde da ist. Ansonsten merken sie nicht viel.
Prof. Koscielny: Eine eindeutige Lösung scheint es derzeit nicht zu geben. In den letzten Jahren habe ich in meiner Tätigkeit als HNO-Arzt beobachtet, dass die Zahl der HPV-bedingten Kehlkopfprobleme abgenommen hat. Das war früher viel ausgeprägter. Warum das so ist, weiß man nicht genau. Möglicherweise liegt es daran, dass es die Impfung noch nicht so lange gibt. Gelegentlich haben wir in Einzelfällen bei Kindern mit rezidivierender Laryngitis oder bei Jugendlichen, bei denen die Krankenkasse zugestimmt hat, eine experimentelle Impfung durchgeführt. Die Idee war, das Immunsystem zu stimulieren. Es muss jedoch betont werden, dass es sich hierbei nicht um eine zugelassene Therapie handelt.
Außerdem fehlen uns Langzeiterfahrungen. Unsere Einschätzung beruht lediglich auf empirischen medizinischen Beobachtungen. Ein weiteres Problem ist, dass durch die vermehrten chirurgischen Eingriffe auch vermehrt Narben im Kehlkopfbereich entstehen, die die Stimmbänder zusätzlich schädigen und die Stimme beeinträchtigen können. Bleibt eine Kehlkopfpapillomatose jedoch unbehandelt, kann dies auch Folgen nach sich ziehen. Manchmal kann es vorkommen, dass die Stimmbänder im vorderen Bereich stark abgenutzt sind und dann zusammenwachsen. Dadurch wird der Luftweg etwas eingeschränkt, da der Durchmesser des Weges kleiner wird. Das wäre eine Folge.
Bleibt eine Kehlkopfpapillomatose jedoch unbehandelt, kann dies auch Folgen nach sich ziehen.
Prof. Koscielny: Da streiten sich leider die Gelehrten. Man kann nicht sagen, ob das Risiko für Kehlkopfkrebs zwischen 10 und 50% liegt. Es ist bekannt, dass dies mit HPV zusammenhängt, aber der genaue Zusammenhang ist unklar. Wichtig ist, dass dies vor allem bei Erwachsenen auftreten kann. Neben den HPV gibt es noch andere Risikofaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum, die einen Einfluss auf Kehlkopfkrebs haben können. Wenn diese Faktoren zusammen auftreten, ist es ratsam, die Patienten genauer zu überwachen.
Prof. Koscielny: Wenn ich die letzten Jahre betrachte, war es so, dass nach zweimaligem Entfernen nichts Neues nachwuchs. Ich kenne allerdings auch die Zeit, wo Kinder zu uns kamen und ständig - alle viertel Jahre - zum Entfernen in die Klinik kamen. Das war furchtbar! Es ist aber weniger geworden, woran das liegt, weiß keiner so genau, da gibt es auch keine Daten darüber.
Prof. Koscielny: In den letzten 30 Jahren meiner Tätigkeit hat sich eigentlich nur eine Sache geändert: Wir haben gelernt, Rezidive zu verbrennen, anstatt sie immer zu entfernen. Dies geschieht mit dem zuvor erwähnten Laser. Der Grund dafür ist, dass sonst Blut und Viren verschleppt werden könnten. Vielleicht spielt das eine Rolle dabei, dass die Zahl der Rezidive etwas zurückgegangen zu sein scheint. Ansonsten gibt es nichts Neues oder wirklich Gesichertes.
Wir haben gelernt, Rezidive zu verbrennen, anstatt sie immer zu entfernen.
Prof. Koscielny: Auf dem Gebiet der Kehlkopfpapillomatose selbst gibt es keine neuen Forschungsansätze. Man forscht im Bereich der Humanen-Papillomviren und ihre Rolle bei Tumorerkrankungen. Auch die Intensität einer Therapie wird erforscht und wie diese die Prognose der Patienten verbessern kann.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 21.05.2024.