Starke oder anhaltende Kälte kann bekanntermaßen zu Schmerzen führen. Dies ist ein Warnzeichen dafür, dass eine Erfrierung oder Unterkühlung drohen könnte. Häufig entstehen jedoch auch andere Formen von Schmerzen aufgrund von Kälte. So sind schmerzende Muskeln und Gelenke in der kalten und nassen Jahreszeit für viele Menschen keine Seltenheit. Manchmal verursacht Kälte auch spezielle Schmerzen an Fingern und Zehen oder an den Zähnen. Rheumatiker und Menschen mit Gelenkverschleiß (Arthrose) sind besonders von Kälteschmerzen betroffen. Auch Personen, die in der dunklen Jahreszeit zu depressiven Verstimmungen neigen, spüren ihre Schmerzen denn häufig stärker. In vielen Fällen von Kälteschmerzen spielen eine verminderte Durchblutung und vermehrte Muskelverspannungen eine Rolle bei der Entstehung. Bewegung und Wärme sind dann die Mittel der Wahl zur Linderung.
Von Kälteschmerzen kann in zwei verschiedenen Zusammenhängen die Rede sein. Zum einen treten Schmerzen bei Erfrierungen und starken Auskühlungen neben dem Kälteempfinden auf. Wird eine gewisse Temperatur unterschritten, entstehen die Schmerzen. Zum anderen kann Kälte auch unabhängig davon zu Schmerz oder einer Schmerzverstärkung führen, was unterschiedliche Gründe haben kann. Je nach Ursache können die Schmerzen dann verschiedene Gewebe betreffen wie Finger, Gelenke oder Zähne.
Bei einer Erfrierung schädigt starke, meist länger einwirkende Kälte die Haut und das darunterliegende Körpergewebe. Nicht nur die niedrige Temperatur selbst, sondern vor allem auch die Reaktion des Körpers, die Durchblutung der Stelle zu drosseln, führt zu den Schäden. Faktoren, die neben der Kälte eine Rolle spielen, sind zu dünne Bekleidung, Wind, Nässe, Alkoholkonsum oder Vorerkrankungen mit Durchblutungsstörungen. Bei einer Erfrierung ersten Grades kommt es zunächst zu Schmerzen, zu einem Taubheitsgefühl an der betroffenen Stelle, zu Blässe und oft einer Schwellung. Eine Erfrierung zweiten Grades zeigt zusätzlich Blasen und rotes bis bläuliches Gewebe. Beim Wiederaufwärmen kann es zu starken Schmerzen kommen, die bei zweitgradigen Erfrierungen lange bestehen bleiben können. Bei Erfrierungen dritten (und vierten) Grades stirbt das Gewebe in einem abgegrenzten Bereich ab, wobei dabei oft fast keine Schmerzen entstehen.
Der Betroffene sollte in eine trockene, warme und windstille Umgebung gebracht werden. Nasse oder zu enge Bekleidung sollte entfernt werden. Die Stelle wird zum Beispiel durch Körperwärme (ohne Reiben) oder durch ein lauwarmes Bad erwärmt. Das Aufwärmen sollte aber nicht zu schnell und zu stark erfolgen. Je nach Schwere können Verbände, Medikamente oder weitere Maßnahmen wie eine Entfernung toten Gewebes durch den Arzt notwendig werden.
Bei einer Unterkühlung kommt es durch kalte Umgebung zu einer Senkung der Körpertemperatur insgesamt. Dabei kommt es zunächst zu Frieren, Zittern, schnellem Puls und schneller Atmung. Hierbei können auch Schmerzen auftreten. Bei fortschreitender Unterkühlung verlangsamen sich die körperlichen Vorgänge und das Bewusstsein ist eingeschränkt oder es kommt zum Bewusstseinsverlust.
Die Erstmaßnahmen sind vergleichbar mit denen bei einer Erfrierung. Besonders wichtig ist ein langsames Aufwärmen.
Kälte bewirkt, dass die Gefäße in der betreffenden Region des Körpers sich zusammenziehen. Dadurch wird die Durchblutung reduziert, was den Wärmeverlust vermindert. Das kann sich die Medizin in bestimmten Fällen zunutze machen, zum Beispiel direkt nach einer Verletzung. In diesen Fällen wird durch die Anwendung von Kälte verhindert, dass es zu starken Einblutungen ins Gewebe und zu ausgeprägten Schwellungen kommt. In der kalten Jahreszeit und bei niedrigen Außentemperaturen kommt es durch die kältebedingte Minderdurchblutung zu einer schlechteren Versorgung von Muskeln und Gelenken und zu einem verminderten Stoffwechsel. Die Muskulatur verspannt sich, Gelenke werden stärker aufeinandergepresst und nicht mehr so gut geschmiert. Dadurch können Schmerzen entstehen.
Eine Therapie im engeren Sinne ist nicht erforderlich. Ziel aller Maßnahmen ist es, die Durchblutung und den Stoffwechsel auch bei Kälte aufrechtzuerhalten beziehungsweise zu fördern. Bewegung ist ein bewährtes Mittel, auch Wärme in allen Formen. Das beginnt bei warmer Kleidung, die den Körper insgesamt vor Auskühlung schützt. Wärmeanwendungen wie Sauna, ein warmes Bad, eine Wärmflasche oder ein warmes Körnerkissen verbessern die Durchblutung im betreffenden Körperabschnitt. Das fördert auch den Stoffwechsel und die Versorgung von Muskeln oder Gelenken.
Muskelanspannung ist eine übliche Reaktion auf einen Kältereiz, beispielsweise bei den ersten Schritten in einen kalten See. Durch eine verspannte Muskulatur können auch Gefäße oder Nerven abgedrückt werden. Über diesen Mechanismus können ebenfalls Schmerzen bei Kälte ausgelöst werden. Außerdem werden Gelenke durch verspannte Muskulatur in ihrer Umgebung stärker aufeinandergepresst. Dadurch entsteht im Gelenk mehr Reibung. Gerade Gelenke, die schon Verschleißerscheinungen (Arthrose) zeigen, schmerzen dann vermehrt.
Es ist keine spezielle Therapie nötig. Ziel ist es, die Muskelverspannungen zu lösen. Das gelingt gut mit Wärme (warmes Bad, Fango, Sauna, warmes Körnerkissen) oder durch Massagen. Auch Dehnungsübungen und Entspannungsverfahren wie Yoga, Tai Chi, Qi Gong, Meditation oder Atemübungen tragen zur Entspannung von Muskulatur bei, indem sie den allgemeinen Erregungszustand im Nervensystem reduzieren.
Bei Kälte wird weniger Gelenkschmiere produziert. Außerdem hat die vorhandene Gelenkschmiere (Synovia) dann eine andere Viskosität (Zähigkeit). Sie wird zähflüssiger und schmiert das Gelenk nicht so gut wie die dünnflüssigere Synovia bei Wärme. Es entsteht mehr Reibung bei Bewegung und dadurch auch mehr Schmerz. Das gilt vor allem für Menschen, deren Gelenke schon vorgeschädigt (arthrotisch) sind.
Zur Linderung der Beschwerden sind Wärme und Bewegung wichtig. Durch die Wärme werden Durchblutung und Stoffwechsel verbessert. Die Gelenkschmiere wird flüssiger und reduziert damit die Reibung im Gelenk bei Bewegung. Das mindert Schmerzen.
Bei vielen Menschen drückt die dunkle, feuchte und kalte Jahreszeit auf die Stimmung. Es wird weniger Lebensfreude empfunden. Manche Menschen ziehen sich sozial zurück. Das kann bis zur Entwicklung von Depressionen führen. Solche psychischen Faktoren haben häufig zur Folge, dass Schmerzen verstärkt wahrgenommen werden. In diesen Phasen können Schmerzen aber auch neu entstehen, weil psychische Belastungen sich körperlich ausdrücken können (psychosomatische Beschwerden).
In der kalten und dunklen Jahreszeit ist es weiterhin wichtig, nach draußen zu gehen und sich an der frischen Luft zu bewegen und auch soziale Kontakte zu pflegen. Bewegung beugt Muskel- und Gelenkschmerzen vor. Kontakte mit Menschen sorgen für ein Gefühl von Verbundenheit und Wärme und auch für Ablenkung. Schmerzen werden nicht so stark wahrgenommen oder treten erst gar nicht auf. Bei ausgeprägten Symptomen von Rückzug, Antriebsschwäche und Depression ist eine ärztliche und psychotherapeutische Begleitung ratsam.
Die sogenannte Weißfingerkrankheit (Raynaud-Syndrom oder Morbus Raynaud) ist eine Gefäßerkrankung. Sie führt zu anfallsartigen Durchblutungsstörungen durch Gefäßkrämpfe (Vasospasmen), besonders an den Fingern. Bei der primären Form tritt die Erkrankung ohne das Vorhandensein einer anderen Grunderkrankung auf. Diese Form ist die häufigste. Ihre Ursache ist noch ungeklärt. Genetische und hormonelle Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. Beim sekundären Morbus Raynaud löst eine andere Erkrankung die Gefäßerkrankung aus. Das kann eine Nervenschädigung, ein Wirbelsäulensyndrom oder eine rheumatische Erkrankung sein. Begünstigende Faktoren sind Stress, das Rauchen, bestimmte Tätigkeiten (langjährige Arbeit mit Motorsägen oder einem Presslufthammer), Drogen wie Kokain und verschiedene Medikamente, zum Beispiel Chemotherapeutika oder Verhütungsmittel. Bei der primären Form des Morbus Raynaud treten die Gefäßkrämpfe bei Kälte, vor allem in der kalten Jahreszeit, auf. Die Folge sind Schmerzen, Taubheit oder Kribbeln, Blau- oder Weißfärbung und manchmal auch Schwellungen an den Fingern. Die Zehen können ebenfalls betroffen sein. Auswirkungen im Gesicht an Nase oder Ohren sind Ausnahmen und Einzelfälle. Die sekundäre Form der Erkrankung zeigt im Wesentlichen die gleichen Beschwerden, verursacht allerdings oft ganzjährig Symptome. Diese verstärken sich bei Kälte noch. Häufig tritt das sekundäre Raynaud-Syndrom im Unterschied zum primären nur an einer Körperseite auf. Bei beiden Formen können die Krampfanfälle in den Gefäßen nur kurz (wenige Minuten), aber auch Stunden andauern.
Die Therapie besteht beim primären Raynaud-Syndrom vor allem darin, Kälte, Stress und weitere Faktoren als Auslöser zu meiden. Bei manchen Betroffenen gilt dies auch für kalte Getränke oder Lebensmittel. Gefrorenes oder Kaltes sollte nur mit Handschuhen angefasst werden. Zusätzlich empfiehlt sich im Herbst und Winter das Tragen von Handschuhen und warmen Schuhen. Prinzipiell sollte der gesamte Körper vor Auskühlung geschützt werden. Rauchen vermindert die Durchblutung und sollte vollständig eingestellt werden. Als Medikamente kommen schmerzlindernde und gefäßerweiternde und damit durchblutungsfördernde Präparate in Frage. Beim der sekundären Form muss vor allem die zugrundeliegende Erkrankung behandelt werden. Begleitend sind die oben genannten Maßnahmen sinnvoll.
Bei einigen Menschen führen kalte Luft beim Atmen, kalte Getränke oder Speisen wie Eis zu Schmerzen an den Zähnen. Die Ursachen können Karies, eine frische Füllung, empfindliche Zahnhälse, sensible Nerven oder freiliegendes Dentin (Zahnbein) sein. Zähneputzen mit einer harten Zahnbürste kann zu Schäden am Zahnschmelz und dem darunter liegenden Dentin führen. Ähnliches kann bei der Verwendung von Zahnpasta mit einem hohen Abriebfaktor passieren, oft bei Zahnpasta, die für besonders weiße Zähne wirbt.
Bei Erkrankungen wie Karies oder Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) müssen vor allem diese behandelt werden. Sind die Zähne ohne Vorliegen einer Zahn- oder Zahnfleischerkrankung kälteempfindlich, empfiehlt es sich, mit einer weichen Zahnbürste zu putzen, um Reizungen zu verhindern. Auch sollte eine Zahnpasta für sensible Zähne mit einem geringen Abriebwert und mit dem Zusatz von Fluorid verwendet werden. Fluorid kräftigt den Zahnschmelz, macht die Zähne unempfindlicher und vermindert das Risiko, dass sich Bakterien auf den Zähnen vermehren.
Viele Menschen bekommen einen kurzzeitigen Kopfschmerz durch kaltes Essen, kalte Getränke oder Kälte im Gesicht. Wie dieser sogenannte Gehirnfrost (oder Brain Freeze) entsteht, ist nicht genau bekannt. Möglicherweise verengt die Kälte kurzfristig Blutgefäße, die ins Hirn ziehen.
Der Schmerz verschwindet von alleine wieder innerhalb von Sekunden bis einer Minute. Vorbeugend ist es sinnvoll, kalte Lebensmittel nur langsam und vorsichtig aufzunehmen, sie nicht mit dem Gaumen in Berührung zu bringen und die Mundhöhle zu wärmen.
Wenn bei Kälte immer wieder Schmerzen in bestimmten Körperbereichen auftreten, sollte eine medizinische Abklärung erfolgen. Meist sind die Ursachen harmlos. Um zugrundeliegende Erkrankungen wie einen sekundären Morbus Raynaud, andere Gefäßerkrankungen oder Rheuma auszuschließen, ist eine ärztliche Diagnostik wichtig.
Im Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese) lässt sich der Arzt ausführlich schildern, in welchen Situationen die Schmerzen auftreten:
Im Anschluss erfolgt die körperliche Untersuchung. Hier wird nach sichtbaren Auffälligkeiten wie Rötungen, Blaufärbungen, Blässe oder Schwellungen geschaut. Auch die Beweglichkeit von schmerzhaften Gelenken wird überprüft. Muskulatur wird auf Verspannungen, Druckschmerzhaftigkeit oder Verkürzungen hin untersucht.
Zum Ausschluss bestimmter Erkrankungen wie Rheuma oder Gefäßerkrankungen können weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Hierzu zählen:
Je nach Vermutung über die Ursache der Kälteschmerzen arbeiten bei der Diagnostik verschiedene Fachärzte wie Orthopäde, Radiologe, Neurologe und Internist zusammen.
Bei allen Kälteschmerzen, die durch Verspannungen, eine verminderte Durchblutung und einen reduzierten Stoffwechsel ausgelöst werden, kann man selbst viel zur Linderung beitragen. Bewegung und Wärme sind die Hauptfaktoren:
Um Probleme durch die Kälte zu vermindern, sollte die Bekleidung den äußeren Bedingungen gut angepasst sein.
Wer kälteempfindliche Zähne hat, kann über die Zahnhygiene viel dazu beitragen, Symptome zu lindern. Eine Zahnbürste mit weichen Borsten und eine Zahnpasta mit geringem Abriebfaktor und mit Fluorid sind hier wichtig.
Auf das Rauchen sollte besser verzichtet werden. Es trägt zu einer schlechteren Durchblutung bei.
Liegen Grunderkrankungen wie Rheuma oder das Raynaud-Syndrom vor, sollten die Empfehlungen des behandelnden Arztes bezüglich Medikation und Alltagsverhalten eingehalten werden, um die Kälteschmerzen selbst mit zu beeinflussen.
Bei Erfrierungen oder Unterkühlungen sollten Erstmaßnahmen durchgeführt werden, insbesondere sollten Betroffene in eine trockene und warme Umgebung gebracht werden. Ein vorsichtiges, langsames Aufwärmen ist wichtig. Gegebenenfalls sollte ein Notarzt gerufen werden.
Orthinform, Dr. med. Martin Talke – Macht Kälte Schmerzen in den Gelenken?: https://orthinform.de/patienteninformationen/macht-kaelte-schmerzen-in-den-gelenken (online, letzter Abruf: 21.12.2022)
Herz-Kreislauf-Zentrum – Schmerzen bei Kälte und Stress: Das Raynaud-Syndrom: https://www.herz-kreislauf-zentrum.net/schmerzen_bei_kaelte_und_stress_das_raynaud_syndro.html (online, letzter Abruf: 21.12.2022)
Gesundheit.gv.at – Notfall: Erfrierung: https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/erste-hilfe/notfall/erfrierung.html (online, letzter Abruf: 21.12.2022)
aktualisiert am 21.12.2022