Der Ischiasnerv ist der größte Nerv im menschlichen Körper. Er beginnt im Bereich der Wirbelsäule zwischen dem 4. Lendenwirbel und dem 3. Kreuzbeinwirbel, also im unteren Rückenbereich. In dieser Region tritt er aus dem Rückenmark heraus und verläuft über die Rückseite der Oberschenkel und über die Unterschenkel bis in die Füße. Einerseits versorgt der Nerv bestimmte Muskeln, so dass diese ihre volle Kraft entfalten können. Auf der anderen Seite sorgt er dafür, dass zum Beispiel Berührungen oder unterschiedliche Temperaturen auf der Haut gespürt werden können.
Im Volksmund werden gerne die unterschiedlichsten Beschwerden, die im unteren Rücken auftreten können, als „Ischias“ bezeichnet. In der Medizin steht der Begriff allerdings lediglich für den Nerv selbst. „Ischialgie“ hingegen ist der Fachbegriff für Schmerzen im Verlauf des Ischiasnervs. Diese Schmerzen entstehen durch die Reizung des Ischiasnervs, die häufig durch eine Einklemmung entsteht.
Folgende Symptome können durch einen eingeklemmten Ischiasnerv hervorgerufen werden:
Die häufigste Ursache für einen eingeklemmten Ischiasnerv ist ein Bandscheibenvorfall. Wenn die Bandscheiben zu stark abgenutzt oder belastet worden sind, rutscht das gallertartige Gewebe aus dem Inneren aus den Bandscheiben heraus und kann Druck auf den Nerv ausüben. Sollte sich bei der Diagnose herausstellen, dass der eingeklemmte Ischiasnerv durch einen Bandscheibenvorfall herbeigeführt worden ist, so muss dieser zuerst behandelt werden.
In unmittelbarer Nähe des Ischiasnervs befindet sich der sogenannte Piriformis-Muskel, ein Hüftmuskel, der tief im Gesäß liegt. Wenn dieser Muskel einseitig belastet wird, verkrampft er sich und schwillt schließlich an - man spricht vom Piriformis-Syndrom. Es wirkt ein Druck auf den Ischiasnerv und eine Ischialgie entsteht.
Zu den selteneren Ursachen für eine Einklemmung des Ischiasnervs gehören:
Unabhängig von der Ursache des eingeklemmten Ischiasnervs steht an erster Stelle die Linderung der akuten Schmerzen, um zu verhindern, dass sich chronische Schmerzen entwickeln. Sehr gut eignet sich hier die sogenannte Stufenlagerung, bei der sich der Betroffene auf den Rücken legt und die Unterschenkel zu den Oberschenkeln sowie die Oberschenkel zum Rumpf in einem 90-Grad-Winkel anordnet. Dies kann erreicht werden, indem die Beine zum Beispiel auf einem Stuhl abgelegt werden. Dadurch wird der Druck vom Nerv genommen und die Schmerzen lassen nach.
Zusätzlich können Betroffene durch Wärmeanwendungen die Entspannung der Muskulatur unterstützen, sodass die Schmerzen gelindert werden. Sehr gut eignen sich hierfür beispielsweise Wärmflaschen, Wärmepflaster aus der Apotheke oder ein warmes Bad. Da das Ein- und Aussteigen aus der Badewanne problematisch sein kann, sollte ein Bad zunächst nur genommen werden, wenn eine Person anwesend ist, die bei Bedarf helfen kann.
Auch Entspannungsübungen wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen können dazu beitragen, dass die Spannung der Muskulatur nachlässt und Schmerzen gelindert werden.
In der Regel hilft leichte Bewegung besser als Bettruhe und Inaktivität. Auch vorsichtige Dehnungen der verspannten Muskulatur wirken oft schmerzlindernd.
Physiotherapeutische Übungen, Haltungsschulung oder Aqua-Gymnastik stärken die Muskulatur, was zu einer Entlastung der Wirbelsäule und somit des Nervs führt. Neben krankengymnastischen Übungen können verschiedene Formen der Elektrotherapie (z. B. TENS) angewendet werden.
Zudem kann der Arzt zu Beginn der Therapie Medikamente verschreiben, die Schmerzen lindern und Entzündungen eindämmen, wodurch die Beschwerden gelindert werden können. Hierzu zählen Ibuprofen und Diclofenac. Auch Medikamente zur Muskelentspannung, örtlich betäubende Medikamente oder Cortison können dafür sorgen, dass sich der Patient wieder ohne Schmerzen bewegen kann. Auch Vitamin-B-Präparate wirken sich günstig auf die Erholung des Nervs aus. Manchmal werden Medikamente auch direkt in die Nähe des eingeklemmten und entzündeten Ischiasnervs gespritzt. Welche Medikamente im Einzelfall am besten geeignet sind, sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
Osteopathische Behandlungen oder Akupunktur können ebenfalls hilfreiche Therapieformen sein.
Bei den meisten Patienten führen diese konservativen Behandlungsmethoden zum Erfolg, sodass der Ischiasnerv entlastet wird und die Schmerzen zurückgehen beziehungsweise verschwinden.
Bei rund 10 Prozent der Patienten, bei denen ein Bandscheibenvorfall die Ursache für die Beschwerden ist, wird allerdings eine Operation notwendig, bei der der Bandscheibenvorfall entfernt wird. Auf diese Weise wird der Ischiasnerv entlastet und die Schmerzen lassen nach.
Sollte die einseitige Be- oder Überlastung des Piriformis-Muskels dazu geführt haben, dass der Ischiasnerv eingeklemmt ist, ist die Behandlung von Triggerpunkten in der Muskulatur (Verhärtungen, die bei Druck Schmerzen auslösen) erfolgversprechend. Triggerpunkte können entweder physiotherapeutisch, durch das Einspritzen eines betäubenden Medikamentes in den Triggerpunkt oder durch das sogenannte Dry Needling behandelt werden. Beim Dry Needling werden durch das Einführen einer Akupunkturnadel in den Triggerpunkt Verspannungen im Muskel gelöst und Schmerzen gelindert.
Eine exakte Abklärung der Ursache der Beschwerden durch einen Arzt ist in jedem Fall ratsam, da dadurch die Therapie optimiert und der Heilungsprozess beschleunigt werden können.
aktualisiert am 15.03.2022