Die Iontophorese ist eine Behandlung, bei der elektrischer Strom durch den Körper beziehungsweise die Haut geleitet wird. Die Iontophorese wird vorgenommen, um eine übermäßige Schweißbildung (Hyperhidrosis, Hyperhidrose) zu behandeln. Neben krankhaft vermehrtem Schwitzen ist die Iontophorese auch für andere Erkrankungen geeignet. Die Anwendung des Stroms bei der Iontophorese geschieht über feucht gehaltene Elektroden oder über ein Wasserbad. Das Wasser leitet den Strom, daher wird das Verfahren auch Leitungswasser-Iontophorese genannt. Bei manchen Anwendungsgebieten wird die Iontophorese dazu genutzt, Medikamente (als geladene Teilchen, Ionen) in den Körper zu bringen, etwa bei Rheuma.
Eine andere Schreibweise für die Behandlungsmethode lautet Iontopherese (sehr selten ist auch Jontophorese oder Jontoforese zu lesen). Mit mehreren weiteren Methoden gehört die Iontophorese zu den Varianten der Elektrotherapie. Wenn die Voraussetzungen und Instruktionen eingehalten werden, ist der Strom für den Patienten ungefährlich.
Das hauptsächliche Anwendungsgebiet der Iontophorese ist ein übermäßig starkes Schwitzen (Hyperhidrosis oder Hyperhidrose). Diese kann an Hautflächen wie den Handflächen, Fußsohlen und Achselgegenden auffällig werden und für Betroffene sehr störend und unangenehm sein. Auch bei Ekzemen (eine Form von Hautausschlägen) an der Hand oder unter dem Fuß kommt die Iontophorese zum Einsatz, wenn sie mit stärkerem Schwitzen einhergehen. Infektionen mit Erregern wie Bakterien (z. B. das Krankheitsbild Keratoma sulcatum), Pilzen (Mykose) oder Viren (vor allem Warzen) stellen ebenfalls einen Anlass für eine Iontophorese dar, meist wenn vermehrte Schweißneigung zu der Erkrankung geführt hat oder sie eine Folge der Erkrankung ist.
An der Haut lassen sich Varianten der Iontophorese bei (im Wesentlichen kosmetischen) Störungen wie Narben oder Cellulite vornehmen. Weitere Anwendungsgebiete einer Iontophorese sind recht vielfältig und umfassen chronische Schmerzen wie Nerven- und Muskelschmerz oder schmerzhafte Vernarbungen. Das Krankheitsbild Morbus Sudeck (unklarer Schmerz in der Folge einer Verletzung oder Entzündung) kann damit behandelt werden. Gegen Rheumaerkrankungen wie z. B. Gelenkrheuma wird eine Iontophorese ebenfalls angewendet. Auch bei Tinnitus (Ohrgeräuschen) eignet sich eine Iontophorese als Therapie.
Im Übrigen eignet sich eine Art der Iontophorese auch zur Diagnose, und zwar als Pilocarpin-Iontophorese zum Test der Schweißbildung bei der Erkrankung Mukoviszidose.
Bei der Iontophorese wird Gleichstrom eingesetzt. Es gibt zwei Varianten, nämlich kontinuierlichen und gepulsten Gleichstrom (auch: eigentlicher Gleichstrom und Pulsstrom). Beide werden über über Wasser, das den Strom leitet, an den Körper gebracht („Leitungswasser"). Der Strom wird gezielt durch bestimmte Haut- und Gewebebereiche geleitet. Die gepulste Leitungswasser-Iontophorese wird dabei als die wirkstärkere, aber auch schonendere Methode angesehen. Das liegt daran, dass die Pulsstrombehandlung bei der gleichen Stromstärke angenehmer ist und weniger Hautreizungen hervorruft als die kontinuierliche Gleichstrombehandlung. Obwohl bei der Gleichstrombehandlung mit der gleichen Stromstärke eine stärkere Wirkung erzielt wird als bei der Pulsstrombehandlung, können bei der Pulsstrombehandlung viel stärkere Ströme angewendet werden - die entsprechend noch wirksamer sind. Die Pulsstrom-Iontophorese wird daher recht häufig eingesetzt. Die kontinuierliche Gleichstrom-Iontophorese ist der Behandlung einer äußerst starken Hyperhidrose an der Handfläche oder Fußsohle (Schweißhände/Schweißfüße) vorbehalten.
Die Anwendung der Leitungswasser-Iontophorese geschieht über ein Wasserbad oder über Elektroden, die befeuchtet sind. Die entsprechenden Wasserwannen gibt es mit einer einzelnen Kammer oder mit zwei Kammern. Zur Behandlung gibt es eine Reihe unterschiedlicher Iontophorese-Geräte, die jeweils Besonderheiten oder Vor- und Nachteile aufweisen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie an die Elektroden angeschlossen sind und die Stromabgabe regeln. Das Gerät schickt einen bestimmten Strom an die Elektroden, der dann durch den Körper fließt und seine Wirkung erzielt. Die Stromstärke wird von 0 Milliampère (mA) auf den Zielwert von 5 bis 30 Milliampère (mA) erhöht und später wieder langsam auf 0 mA reduziert.
Wie die Iontophorese ihre therapeutische Wirkung erreicht, ist nicht genau bekannt. Durch die Iontophorese gegen starkes Schwitzen werden Vorgänge an den Schweißdrüsen und deren Ausführungsgängen gestört, so dass weniger Schweiß nach außen gelangt. Der benötigte Reiz wird erhöht, bei dem eine Schweißausschüttung geschieht.
In einigen Fällen werden vor der Durchführung der eigentlichen Iontophorese bestimmte Wirksubstanzen auf die Haut aufgetragen. Meist wird dazu eine Salbe oder ein Gel verwendet. Schmerzen lassen sich mit Hilfe der betäubenden beziehungsweise schmerzstillenden Substanzen Procain und Salicylsäure (Salicylate) per Iontophorese behandeln. Bei Tinnitus wird ebenfalls Procain oder Lidocain verwendet. Bei Cellulite wird das männliche Geschlechtshormon Androstanolon verwendet. Verschiedene weitere Wirksubstanzen können ebenfalls eingebracht werden. Die Wirkstoffe müssen als Ionen vorliegen, also als elektrisch geladene Teilchen. Der elektrische Strom transportiert die Teilchen durch das Wasser (Leitungswasser) und sie gelangen am gewünschten Ort in die Haut hinein. Von dort aus können sie schnell zu dem Gewebe kommen, an dem sie wirken sollen. Wirkstoffe mit positiver Ladung (Kationen) werden an der Kathode (Positiv-Elektrode) aufgetragen. Umgekehrt werden Wirkstoffe mit negativer Ladung (Anionen) an der Anode (Negativ-Elektrode) aufgetragen. Beispielsweise ist Procain als Ion positiv geladen, Salicylate sind als Ionen negativ geladen.
Zu beachten ist, dass einige Menschen bei bestimmten Gegebenheiten keine Iontophorese bekommen können. Gründe, die gegen eine Behandlung mit elektrischem Strom sprechen, da sie gefährlich werden könnte, sind Herzschrittmacher, Metall im Körper (z. B. Implantate an den Armen oder Beinen) oder großflächige Defekte der Haut. Bei Schwangeren sollte die Iontophorese ebenfalls nicht angewendet werden, weil die möglichen Risiken nicht genau abgeschätzt werden können.
Ansonsten müssen vor der Stromanwendung einige Vorkehrungen getroffen werden: Patienten müssen Metall ablegen wie z. B. Schmuck und Uhren. Sollten kleinere Hautschäden vorhanden sein, dann wird dort zur Schonung Vaseline aufgetragen. Weitere Salben sollten allerdings nicht auf der Haut sein, wenn die Behandlung durchgeführt wird (außer gegebenenfalls den jeweiligen Wirkstoffen).
Die Iontophorese wird über eine Reihe von Behandlungssitzungen vorgenommen, in den meisten Fällen sind zehn oder mehr Termine sinnvoll. Eine einzelne Behandlung geht über etwa 10 bis 15 Minuten. Viele Patienten bekommen nach einigen Behandlungssitzungen ein Iontophorese-Gerät für zu Hause, um die Therapie fortsetzen zu können.
Geht es um die Iontophorese zur Behandlung von übermäßigem Schwitzen, dann wird sie meist an den Handflächen, Fußsohlen oder in den Achselhöhlen angewendet. Je nach dem Anlass können auch andere Bereiche der Körperoberfläche mittels Iontophorese behandelt werden. Vor der Durchführung wird die Haut gereinigt und entfettet, wozu das Waschen mit Seife ausreichend ist.
Werden Wasserwannen verwendet, dann liegen die Elektroden darin und sind mit einem Gitter bedeckt. Es wird so viel Wasser hineingegeben, dass die Handflächen oder Fußsohlen ausreichend eintauchen (meist etwa vier Zentimeter hoch). Elektroden für Körperstellen, an denen ein Wasserbad ungünstig ist, werden in spezielle Schwämme gesteckt, die sich mit Wasser vollsaugen. Die so umhüllten Elektroden werden dann mit der Haut in Kontakt gebracht und z. B. unter die Achselhöhlen gelegt.
Die Fortführung der Iontophorese zu Hause geschieht häufig über lange Zeit beziehungsweise das ganze Leben. In der Regel reichen ein bis zwei zehnminütige Iontophorese-Anwendungen in der Woche. Ein zwischenzeitiges Aussetzen, z. B. für Reisen, ist möglich, doch es gibt auch mobile Geräte, die der Betroffene mitnehmen kann.
Die Iontophorese beziehungsweise Elektrotherapie kann zu einem unangenehmen Gefühl in den behandelten Bereichen führen wie beispielsweise zu Brennen, Kribbeln oder mäßigen Schmerzen. Im Anschluss an die Behandlung zeigen sich mitunter Hautrötungen oder Bläschen. Bei falschem Umgang mit den Gerätschaften können bei der Anwendung kontinuierlichen Gleichstroms kleine Stromschläge auftreten, wenn die Hände oder Füße aus dem Wasser genommen oder eingetaucht werden (so genannter Weidezauneffekt).
Die Iontophorese hat bei den Anwendungsgebieten wie Hyperhidrose (starkes Schwitzen) eine gute Wirkung. Vor allem die Anwendung von kontinuierlichem Gleichstrom kann Hyperhidrose auch in sehr massiven Fällen deutlich bessern. Das Verfahren ist verschiedenen anderen Behandlungsmethoden überlegen.
Ein großer Teil der Patienten benötigt auch im Anschluss an die ersten Behandlungssitzungen eine Fortführung der Iontophorese. Die Patienten können zu Hause mit eigenen Geräten weitermachen.
Bei manchen Anwendungsgebieten steht der Nachweis einer therapeutischen Wirkung der Iontophorese noch aus.
aktualisiert am 02.09.2022