Man spricht von erektiler Dysfunktion (Missfunktion der Erektion, Potenzstörung, Impotenz) wenn über sechs Monate während 75 Prozent der Versuche, trotz sexueller Erregung, keine Erektion für die Dauer eines Beischlafes zustande gekommen ist.
Die erektile Dysfunktion gehört in den Formenkreis der Potenzstörungen. Diese Störung hat nichts mit der Fähigkeit zum Samenerguss, einer Ejakulation zu tun. Eine erektile Dysfunktion ist keine seltene Erkrankung.
Fünf Prozent der 40jährigen und sogar 50 Prozent der 70jährigen leiden an dieser Krankheit (80 Prozent der 70jährigen möchten aber noch Geschlechtsverkehr haben). In vielen Fällen beruht die Störung auf psychische Ursachen. Ist die Angst beim Sex zu versagen zu groß, helfen meist auch lieb gemeinte Stimulierungsversuche nicht weiter.
Die erektile Dysfunktion kann aber auch eine organische, also eine körperliche Ursache haben. Um die Problematik einer erektilen Dysfunktion, auch Impotenz genannt, zu verstehen, ist es wichtig, die Grundlagen einer Erektion zu kennen.
Eine Erektion findet normalerweise statt, wenn ein bestimmter Reiz dazu gegeben wurde. Das heißt, ein schöner Anblick, eine erregende Berührung oder einfach nur eine anregende Situation führt zur Stimulation des Reflexzentrums für die Erektion. Hier hat jeder seinen persönlichen Reiz. Was der eine als erregend empfindet, findet jemand anderes vielleicht ausgesprochen langweilig. Das Reflexzentrum sitzt im unteren Rückenmark. Von diesem Errektionszentrum aus verlaufen Nerven zum Schwellkörper und zur Schwellkörpermuskulatur des Penis. Ist das Reflexzentrum einmal erregt, besteht die Erektion aus drei Phasen, die automatisch in folgender Reihenfolge hintereinander durchlaufen werden. Als erstes steigt der Blutzufluss vom Herzen durch die Arterien zum Penis. Die Muskulatur des Schwellkörpers entspannt sich. Das kann man sich so vorstellen, als sich ob in einem engen Rohr die Seitenwände entspannen, um mehr Platz zu schaffen. Durch diesen Mechanismus schwillt der Penis an.
Diese erste Phase wird auch Tumeszenz genannt. In der zweiten Phase wird der venöse Abfluss des Blutes gedrosselt. Das hat zur Folge, dass das Blut in die Schwellkörper hinein fließt, von dort aber nicht mehr abfliessen kann. Der Penis richtet sich auf. Diese Phase stellt die eigentliche Erektion dar.
In der dritten Phase kontrahiert sich ein bestimmter Muskel (M.ischicavernosus) des Penis, um die Erektion steifer werden zu lassen. Man spricht vom Stadium der Rigididät. Die Erektion wird durch den Samenerguß (Ejakulation) beendet. Bei einer erektilen Dysfunktion kann jedes einzelne der oben beschriebenen Stadien gestört sein.
Faktoren die bei einer Erektion eine Rolle spielen, sind die Psyche, die Blutgefäße und die Nerven. An jedem einzelnen dieser Punkte kann eine Erektion scheitern.
Die meisten Menschen mit erektiler Dysfunktion haben ein Problem mit den Gefäßen. Lagern sich an die Wänden der Arterien Blutfette ab, wie bei der Arteriosklerose, wird der Durchmesser der Gefäße dünner. Es kommt weniger Blut im Penis an. Risikofaktoren für eine Arteriosklerose sind Bluthochdruck, Zigaretten, Alkohol, zu viel Essen bei zu wenig Sport.
Das Problem kann aber auch in den Venen liegen, die normalerweise das Blut zurück zum Herzen tragen. Bei einer Erektion sollen sich die Venen ganz eng zusammen ziehen, damit das Blut im Penis verbleibt und nicht zurück zum Herzen getragen wird. Haben die Venen ihre Fähigkeit verloren, sich zusammen zuziehen, schwillt der Penis zwar an, eine Erektion kommt aber nicht zustande.
Ein weiterer Punkt, der gestört sein kann, sind die Nerven. Das Reflexzentrum für die Erektion liegt im unteren Rückenmark. Ist das Rückenmark zerstört, kann der Reflexbogen nicht mehr stattfinden. Eine Zerstörung des Rückenmarks kommt bei einer Querschnittslähmung oder einem Tumor vor. Liegt diese Zerstörung unterhalb des entsprechenden Abschnitts, ist eine Erektion nicht möglich. Liegt die Zerstörung im oberen Rücken, kann der Beischlaf problemlos funktionieren. Interessant dabei ist, dass das Reflexzentrum für den Samenerguss noch tiefer liegt.
Bei bestimmten Rückenmarksschäden (Schaden unterhalb des Reflexzentrums für die Erektion, aber oberhalb des Zentrums für den Samenerguss) kann es sein, dass der Penis nicht zur Erektion fähig ist, ein Samenerguss aber trotzdem stattfindet.
Die Hormone bestimmen die allgemeine Lust auf Sex. Ist der Hormonspiegel zu niedrig, wird das Erektionszentrum erst gar nicht aktiviert. Hier spielt Testosteron eine führende Rolle. Zu einem Testosteronmangel kann es z.B. bei massivem Übergewicht (Adipositas) kommen. Das Fett sorgt dafür, dass mehr weibliche Hormone (Östrogene) gebildet werden. (Deswegen bekommen dicke Männer auch manchmal Brüste). Liegt zu viel Östrogen vor, konkurriert es mit Testosteron. Das Testosteron und die allgemeine Lust auf Sex (Libido) kommen zu kurz.
Die erektile Dysfunktion zeigt sich durch die Unfähigkeit für die Dauer eines Beischlafes eine Erektion aufrecht zuhalten.
Abzugrenzen davon ist der vorzeitige Samenerguss. Ist die Situation zu anregend, kann es sein, dass eine Ejakulation zu einem Zeitpunkt stattfindet, der als zu früh empfunden wird. Hier liegt das Problem nicht in einer Unfähigkeit zur Erektion, sondern in einer Unfähigkeit den Samenerguss zurückzuhalten.
Zwei völlig verschiedene Störungen die meist beide in Frustration münden. Voraussetzung für die Diagnose erektile Dysfunktion ist, das man den Beischlaf aus vollem Herzen probiert hat. Will Mann eigentlich gar nicht so richtig, klappt es auch seltener. Hier spricht man nicht von erektiler Dysfunktion sondern von „falschem Partner“ oder „falschem Zeitpunkt“.
Die Diagnose einer eryktilen Dysfunktion wird von Ihrem Arzt (meist ein Urologe) nach einer ganzen Reihe von Untersuchungen gestellt.
Als erstes wird er sich mit Ihnen unterhalten, um einen Eindruck des Problem und des sonstigen gesundheitlichen Zustandes zu bekommen. In diesem Gespräch wird Ihr Arzt Ihnen Fragen über Ihr sexuelles Verhalten stellen. Das dient dazu, ein Verhalten aufzudecken, dass einer Erektion entgegenwirken könnte.
Alkohol oder üppige Mahlzeiten vor dem Beischlaf sind zwei Faktoren die eine Erektion verhindern können. Auch Medikamente spielen bei Potenzstörungen eine Rolle. Manche Medikament haben als Nebenwirkung eine erschwerte Erektion.
Ihr Arzt wird sie auch fragen, ob sie nächtliche Spontanerektionen, also Erektionen im Schlaf haben. Sind diese Erektionen erhalten (normal sind drei bis sechs pro Nacht), handelt es sich meist um eine psychische erektile Dysfunktion. Kommen diese nicht vor, ist es ein Hinweis auf eine organische Ursache.
Fragen nach Vorerkrankungen, Krankheiten in der Familie und Lebensgewohnheiten dienen dazu, andere körperliche Erkrankungen festzustellen, die eine erektile Dysfunktion verursachen könnten. Arteriosklerose ist hier eine wichtige Erkrankung.
Im Anschluss an das Gespräch (Anamnese) beginnt ihr Arzt Sie urologisch zu Untersuchen. Das heißt, er schaut sich den Penis genau an. Liegen hier sichtbare Veränderungen vor, wie z.B. Verhärtungen des Bindegewebes, können sie eine Ursache der schlechten Schwellkörperfüllung sein. Begleitend stellt Ihr Arzt Fragen zum Wasserlassen (Miktionsanamnese). Veränderungen an der Harnröhre oder der Prostata können auch die Erektion beeinflussen. An die urologische Untersuchung schließt sich eine Untersuchung der Nerven an. Die Berührungsempfindlichkeit (Sensibilität) und der Reflexbogen werden getestet. Fragen zu sexuellen Gewohnheiten und zum Partner spielen auch eine wichtige Rolle (Sexualanamnese).
Ihr Arzt wird Ihnen auch Blut abnehmen. In dem Blut werden unterschiedliche Blutwerte kontrolliert. Blutwerte, die auf eine Arteriosklerose hindeuten, sind erhöhte Blutfette. Beim Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist der Glucosewert erhöht. Im Blut kann der Arzt aber auch die Hormone bestimmen.
Ist zu wenig Testosteron vorhanden, ist das ein deutlicher Hinweis auf eine hormonelle Ursache der Störung. Nach der Blutentnahme beginnen einige klinische Tests. Mit einem speziellen Gerät kann während der Nacht der Steifheitsgrad (Tumeszenz) des Penis bestimmt werden. Diese Untersuchung kann sowohl in einem Schlaflabor als auch zu Hause durchgeführt werden.
Mittels Ultraschall können die Blutgefäße des Penis dargestellt werden. Sind die Gefäße verengt, kann nicht mehr genug Blut in den Schwellkörper fließen. Während einer Ultraschalluntersuchung können bestimmte Medikamente in den Schwellkörper gespritzt werden, die wie die eigenen Botenstoffe des Körpers wirken.
Während einer Röntgenuntersuchung kann Kontrastmittel in die Schwellkörper gespritzt werden. Das Kontrastmittel dient hier dazu, das Blut sichtbar zu machen. Auf dem Röntgenschirm sieht der Arzt dann, ob das Blut direkt aus dem Schwellkörper wieder durch die Venen zum Herzen fließt oder ob sich die Venen zusammenziehen und eine Erektion entsteht.
Hält Ihr Arzt es für notwendig, wird er sie zu einem Nervenarzt (Neurologen) überweisen. Ein Neurologe kann die Geschwindigkeit messen, die die Nerven brauchen, um eine erregende Information über das Gehirn und das Reflexzentrum im unteren Rückenmark in den Penis zu transportieren.
Von der Impotenz müssen drei andere Störungen abgegrenzt werden. Bei der Libidostörung liegt fehlender sexueller Appetit vor. Bei sexuellem Appetit würde es zur Erektion kommen.
Bei der Ejaculatio praecox kommt es zum vorzeitigen Sameneruss bei normaler Erektion. Der Mann hat hierbei nur eine unbefriedigende Kontrolle über den Zeitpunkt der Ejakulation. Bei der Ejaculatio retarda liegt genau das Gegenteil vor. Hier erscheint die Zeit der Ejakulation als zu spät. Die Erektion findet aber normal statt.
Die Therapie der erektilen Dysfunktion richtet sich nach der zu Grunde liegenden Störung. Als erstes werden Risikofaktoren ausgeschaltet. Das heißt, Medikamente die eine erektile Dysfunktion verursachen können werden durch andere ersetzt. Der Nikotinkonsum sollte eingestellt werden. Liegt ein Hormonmangel vor, kann Testosteron gegeben werden. Testosteron gibt es als Tabletten, als Pflaster oder als Gel.
Auch Viagra® kann bei Erektionsstörungen helfen. Der Wirkstoff von Viagra® ist Sildenafil. Sildenafil sorgt dafür, dass sich die Arterien entspannen. Das heißt, die Arterien werden weit und das Blut kann ungehindert in den Schwellkörper fließen. Wichtig ist, dass Viagra® eine Stunde vor dem Verkehr eingenommen werden muss, da es eine Weile dauert bis die Wirkung eintritt. Viagra® hilft nicht bei verminderter Libido. Ist die Lust auf Sex nicht vorhanden, kann auch Viagra® keine Erektion bewirken. Viagra® hat aber eine ganze Reihe von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Besprechen sie die Einnahme von Viagra® also unbedingt mit ihrem Arzt.
Neuere Wirkstoffe, die ähnlich wirken wie Sildenafil sind Tadalafil und Vardenafil. Sie wirken insgesamt schneller und scheinen weniger Nebenwirkungen zu haben.
Yohimbin und Apomorphin sind zwei Wirkstoffe, die bei einer leichten erektilen Dysfunktion helfen können. Sie wirken nicht am Schwellkörper, sondern zentral im Kopf.
Alprostadil ist ein Wirkstoff, dass in Form eines Stäbchens in die Harnröhre eingeführt wird. Es verhilft recht sicher zu einer Erektion, verursacht aber auch Penisschmerzen.
Die Schwellkörper-Autoinjektionstherapie benötigt sowohl Können als auch eine gehörige Portion an Mut. Hierbei wird der Wirkstoff vom Patienten (oder natürlich auch vom Partner) direkt in den Schwellkörper gespritzt. Es ist die Methode, die unmittelbar wirkt. Voraussetzung dafür ist eine gute Blutgerinnung, die der Arzt überprüft.
Die Vakuumerektionshilfe (Vakuumpumpe) ist für alle Ursachen der erektilen Dysfunktion geeignet. Hierbei wird durch eine Pumpe, die über den Penis gestülpt wird ein Unterdruck erzeugt. Der Unterdruck führt dazu, dass das Blut in den Schwellkörper fließt. Der venöse Abstrom wird durch einen Gummiring verhindert, der über den Penis gezogen wird. Diese Methode sollte nicht übertrieben werden. Keinesfalls darf der Ring länger als 30 Minuten um den Penis belassen werden. Bei längerer Tragedauer tritt eine Durchblutungsstörung auf, Geschlechtsverkehr ist anschließend nicht mehr möglich. Zudem kann es zu Komplikationen kommen.
Wirken medikamentöse Verfahren nicht, kann, je nach Ursache eine Psychotherapie oder eine Operation notwendig sein. Bei einer Operation werden Arterien so umgepflanzt, dass wieder genug Blut im Schwellkörper ankommt. Venen können an passender Stelle verödet werden. Allerdings werden solche Operationen nur sehr selten durchgeführt.
Wenn alle anderen Methoden keinen Erfolg gebracht haben, bleibt als letzte Möglichkeit, die Schwellkörperprothese. Dabei wird während einer Operation eine hydraulische Schwellkörperprothese in den Penis implantiert. Durch eine Pumpe die meist in den Hodensack implantiert wird, kann die Prothese aufgepumpt werden. Diese Methode verhilft sicher zu einer Erektion, ist aber auch mit vielen Nebenwirkungen behaftet.
Die Prognose einer erektilen Dysfunktion hängt von ihrer Ursache und dem Verhalten des Patienten ab. Unabhängig von der Grundkrankheit können aber >80 Prozent der Männer mit einer erektilen Dysfunktion mit den oben genannten Hilfsmitteln eine zufriedenstellende Erektion aufbauen.
Wenn Sie unter einer erektilen Dysfunktion leiden, versuchen Sie mal mit gesunder Lebensweise das Problem zu beheben. Rauchen Sie nicht und trinken Sie auch keinen Alkohol. Und vor allem setzten Sie sich nicht unter Erfolgsdruck. Häufig kann mit so kleinen Maßnahmen schon großes bewirkt werden.
Als Patient mit einer erektilen Dysfunktion leiden Sie unter einem häufigen Problem. Es geht vielen Männern genau so wie Ihnen. Es ist also nicht peinlich zu einem Arzt zu gehen.
Letzte Aktualisierung am 16.02.2023.