Eine Hypercholesterinämie bezeichnet einen erhöhten Cholesterinspiegel im Blut. Der Cholesterinwert hängt unter anderem vom Verzehr von Cholesterin mit der Nahrung und von der Bildung von Cholesterin in der Leber ab. Cholesterin hat im menschlichen Organismus viele Funktionen. Es gehört zu den Fetten und ist eine wichtige Aufbausubstanz des Körpers, da es in den Zellmembranen (äußere Hülle der Zellen) enthalten ist. Ebenfalls werden eine Reihe von Hormonen aus dem Grundstoff Cholesterin gebildet. Cholesterin ist ein Energiestoff im Körper. Gallensäuren werden in der Leber aus Cholesterin gebildet, von dort aus (normalerweise über die Gallenblase) in den Darm ausgeschüttet. Sie wirken dort als Mittel zur Fettverdauung. Doch zu viel Cholesterin im Blut hat auch negative Auswirkungen. So stellt es einen Risikofaktor für Arteriosklerose dar. Eine Hypercholesterinämie bedarf daher einer Therapie, die den Cholesterinwert senkt.
Der Cholesterinspiegel ist aus den Werten von HDL-Cholesterin ("gutes Cholesterin") und LDL-Cholesterin ("schlechtes Cholesterin") zusammengesetzt. Cholesterin wird im menschlichen Blut an spezielle Eiweiße (Transportproteine) gekoppelt. Sie ermöglichen erst den Transport des Cholesterins, welches zu den Fetten gehört und damit nicht löslich im Wasser ist. Die Verbindungen zwischen Protein und Cholesterin werden als Lipoproteine bezeichnet. Je nachdem, wie hoch der Fettanteil und der Eiweißanteil daran sind, wird es im Wesentlichen als HDL-Cholesterin (high density lipoprotein, höhere Dichte, geringerer Cholesterinanteil) oder als LDL-Cholesterin (low density lipoprotein, geringere Dichte, höherer Cholesterinanteil) bezeichnet. HDL transportiert das Cholesterin im Wesentlichen aus dem Körper in die Leber und beugt deshalb einer Arteriosklerose vor. LDL bringt das Cholesterin dagegen vorrangig aus der Leber in die Gefäße und begünstigt Ablagerungen, aus denen eine Arteriosklerose wird.
Die WHO hat Richtwerte für das Cholesterin im Blut herausgegeben. So beträgt ein guter Wert für den Cholesterinspiegel unter 200 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) beziehungsweise unter 5,2 Millimol pro Liter (mmol/l). Bis zu einem Wert von 240 mg/dl beziehungsweise 6,4 mmol/l besteht eine leichte Hypercholesterinämie, bis 300 mg/dl beziehungsweise 7,9 mmol/l eine mittelgradige Hypercholesterinämie und über diesen Werten eine starke Hypercholesterinämie.
Das (eher schädliche) LDL-Cholesterin sollte keinen höheren Wert als 150 mg/dl (3,9 mmol/l) aufweisen. Bei Patienten mit Risiko wie z. B. einer Arteriosklerose sollte das LDL-Cholesterin nicht höher als 100 mg/dl (2,6 mmol/l) sein. Das (vorteilhafte) HDL-Cholesterin sollte bei Frauen höher als 50 mg/dl (1,3 mmol/l) sein, bei Männern höher als 40 mg/dl (1,0 mmol/l).
Der durchschnittliche Cholesterinspiegel steigt zudem auch mit dem Alter der Menschen. Über 50 Prozent der Bevölkerung über 45 Jahren haben einen Cholesterinspiegel über 210 mg/dl (5,5 mmol/l). Dagegen haben nur rund 10 Prozent der Personen über 45 Jahren einen Cholesterinspiegel, der weniger als 170 mg/dl (4,5 mmol/l) beträgt.
Hohe Werte für Cholesterin im Blut können durch unterschiedliche Ursachen entstehen. Bei einigen Personen wird die Neigung zu einem hohen Cholesterinspiegel vererbt (familiäre Hypercholesterinämie). Das eher gefährliche LDL-Cholesterin wird normalerweise durch Strukturen auf der Zelloberfläche (Rezeptoren) gebunden, so dass der Gehalt des Blutes an LDL-Cholesterin verringert wird. Bei der vererbbaren Cholesterin-Erhöhung fällt dieser Mechanismus zum großen Teil weg, weil die Rezeptoren nur noch in geringer Anzahl oder gar nicht mehr vorhanden sind. Es kommt zu einem erhöhten Spiegel für Cholesterin beziehungsweise LDL-Cholesterin.
Faktoren wie zu wenig Bewegung und Übergewicht begünstigen die Entwicklung der Hypercholesterinämie. Eine Ernährung mit einer hohen Zufuhr von Fett beziehungsweise Cholesterin lässt auch den Cholesterinspiegel im Blut steigen.
Der erhöhte Cholesterinwert ergibt sich bei einigen Patienten auch als Folge anderer Erkrankungen. Unter anderem können ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), eine Leberzirrhose, eine Alkoholkrankheit oder eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) zur Entwicklung hoher Cholesterinwerte führen.
Der erhöhte Cholesterinspiegel im Blut wird vom Betroffenen erst einmal nicht bemerkt. Die Hypercholesterinämie wird in der Regel nur anhand der Untersuchung einer Blutprobe erkannt. Im Verlauf kann die Hypercholesterinämie aber schwerwiegende Folgen haben.
Der hohe Cholesterinspiegel führt zu Ablagerungen an den inneren Gefäßwänden der Arterien ("Verkalkung", Arteriosklerose). Der Vorgang führt zur Einengung des Gefäßdurchmessers und zu einer rauen, instabilen Gefäßwand. Durch Verlegungen und Blutgerinnsel kann es zu Arterienverschlüssen kommen. Die verminderte Durchblutung führt zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und kann ein Absterben von Gewebe bedingen.
Die Arteriosklerose kann sich unter anderem am Herzen durch eine Herzkranzgefäß-Verengung (KHK, koronare Herzkrankheit) mit Schmerz und Engegefühl (Angina pectoris) bemerkbar machen, was bei unzureichendem Blutfluss in einen Herzinfarkt münden kann. Bei einer Minderdurchblutung des Gehirns aufgrund der Arteriosklerose kann es zu zwischenzeitlichem Bewusstseinsverlust und Schwindelgefühl kommen, in schlimmen Fällen entsteht ein Schlaganfall. Ablagerungen in den Beinarterien führen zur sogenannten Schaufensterkrankheit (pAVK), bei der nach einer geringen Anstrengung beziehungsweise Gehstrecke Schmerzen wegen des Sauerstoffmangels auftreten. Eine sehr stark verminderte Durchblutung führt zum Absterben von Gewebe und Teile des Fußes oder Beins müssen eventuell amputiert werden. Potenzstörungen können ebenfalls aus einer Minderdurchblutung resultieren. Auch in vielen weiteren Körperteilen kann eine schwere Durchblutungsstörung die Folge einer Arteriosklerose durch langzeitlich hohen Cholesterinspiegel sein.
Ein Anzeichen für eine Hypercholesterinämie sind Xanthome, das sind sichtbare gelbliche Ablagerungen in der Haut. Die knötchenartigen Xanthome finden sich oft in der Region der Augenlider oder bisweilen an den Hautfalten zwischen den Fingern. Auch an Sehnen kann sich Cholesterin als Xanthome ablagern, was manchmal zu einer auffälligen Verdickung führt (z. B. Achillessehne, Sehnen am Handrücken, Kniescheibensehnen).
Der Nachweis der Hypercholesterinämie geschieht durch Messungen an Blutproben. Als erstes führt der Arzt allerdings eine Anamnese (Befragung nach der Krankengeschichte und den Symptomen) durch. Die körperliche Untersuchung beinhaltet unter anderem auch die Pulsbestimmung an Armen und Beinen und das Abhorchen der Herztätigkeit. Hinzu kommen gängige Methoden wie EKG (Elektrokardiographie), Messung des Blutflusses mit Ultraschall (Doppler-Sonographie) und eine Gefäßdarstellung (Angiographie) mittels Kontrastmittel im Röntgen.
Die Blutprobe ist wirklich aussagekräftig, wenn sie nach 12 Stunden ohne Nahrungszufuhr entnommen wird. Am wichtigsten sind die Werte für HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyceride (eine weitere wichtige Sorte von Fetten). Die Blutwerte werden bei festgestellter Hypercholesterinämie später mehrmals kontrolliert, unter anderem kurz vor dem Beginn einer Behandlung oder um den Verlauf und Therapieerfolg zu messen.
Ein erhöhter Cholesterinspiegel kann im Rahmen unterschiedlicher Erkrankungen auftreten. Der Arzt muss herausfinden, ob eine Erkrankung die Ursache darstellt, ob es sich um eine erbliche Störung handelt oder ob von einem ungünstigen Lebensstil als Ursache ausgegangen werden kann. Neben Arteriosklerose und seinen Folgen wie Koronare Herzkrankheit (Herzkranzgefäßerkrankung), Angina pectoris (dadurch bedingte Schmerzen) und Schlaganfall tritt eine Hypercholesterinämie unter anderem bei Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), Gallensteinen (Cholelithiasis), einer Leberzirrhose, beim Morbus Crohn (einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung) oder Potenzstörungen (Libidostörungen, Erektionsstörungen) auf.
Ein erhöhter Colesterinspiegel sollte bei den Betroffenen gesenkt werden. Der Zielwert wird dabei individuell festgelegt. Patienten mit einem hohen Risiko für Arteriosklerose und vor allem Betroffene, die schon einmal einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten, werden so behandelt, dass das Cholesterin noch viel weiter herabgesetzt wird als bei sonst Gesunden.
Dem hohen Cholesterinspiegel können Betroffene entgegensteuern, indem sie allgemeine Maßnahmen befolgen. Es beginnt mit der Ernährung, die angepasst werden sollte, cholesterinarm und eher kalorienarm sein sollte. Vorteilhaft sind Brot, Kartoffeln, Obst und Gemüse, magere Milch und magerer Joghurt sowie Fisch und Geflügelfleisch (enthalten wenig gesättigte Fettsäuren). Reduziert werden sollten dagegen Lebensmittel wie Eigelb, fettes oder rotes Fleisch sowie Wurst, Sahne, Butter, Süßigkeiten oder auch Nüsse. Einige Nahrungsmittel sind außerdem dafür bekannt, den Cholesterinspiegel zu senken (Knoblauch wird das etwa nachgesagt) - dieser Effekt ist oft nicht wissenschaftlich nachzuweisen. Betroffene mit erhöhtem Cholesterin sollten ihr Körpergewicht normalisieren, sofern sie übergewichtig sind. Unbedingt gehört dazu auch körperliche Bewegung, die in einem sinnvollen Ausmaß und idealerweise an der frischen Luft ausgeübt werden sollte.
Um das Risiko für Folgen wie Arteriosklerose weiter zu vermindern, müssen betroffene Raucher Abstand vom Nikotingenuss nehmen. Alkohol sollte zudem nur noch in geringen Mengen getrunken werden oder ganz weggelassen werden.
Wenn der Cholesterinwert trotz dieser Maßnahmen nicht ausreichend sinkt, dann ist eine Therapie der Hypercholesterinämie mit Medikamenten erforderlich. Verschiedene Präparate werden zu diesem Zweck eingesetzt.
Cholesterinsynthesehemmer (auch als Statine bekannt) bewirken eine Verminderung des ("schlechten") LDL-Cholesterins, weil sie ein Enzym hemmen, welches in der Leber für die Produktion des LDL-Cholesterins gebraucht wird. Außerdem senken sie den Blutwert für Triglyceride (andere Sorte Fette) und erhöhen den Wert für HDL-Cholesterin ("gutes" Cholesterin).
Colestyramin (ein Anionen-Austauscher) senkt das LDL-Cholesterin, indem die Resorption (Aufnahme) von Cholesterin aus dem Darm gehemmt wird. Nicht nur das Nahrungscholesterin, sondern auch die von der Leber ausgeschütteten Gallensäuren werden weniger aufgenommen. Die Leber muss dies ausgleichen und verbraucht mehr Cholesterin aus dem Blut, um Gallensäuren herzustellen.
Fibrate (Fibrinsäure-Abkömmlinge) sind Medikamente, die den Fettabbau beschleunigen und damit das HDL-Cholesterin erhöhen und die Triglyceride erniedrigen.
Cholesterin-Aufnahme-Hemmer sind Mittel, die sich an der inneren Dünndarmschleimhaut verteilen und damit die Aufnahme von Cholesterin beeinträchtigen.
Nikotinsäure vermindert die Ausschüttung von Fetten aus dem Fettgewebe, das LDL-Cholesterin sinkt ebenso wie die Triglyceride im Blut. Dagegen steigt das HDL-Cholesterin an.
Bei Erfolglosigkeit eines einzelnen Medikaments können auch Kombinationen versucht werden. Wechselwirkungen ergeben sich allerdings zwischen Colestyramin einerseits und Fibraten oder Nikotinsäure andererseits. Bei allen Medikamenten sind mögliche Nebenwirkungen schon im Vorfeld zu beachten.
Eine Blutreinigung mittels der Methode der Lipid-Apherese erfolgt in Ausnahmefällen bei einer Hypercholesterinämie, bei der alle anderen Mittel keinen Erfolg brachten.
Die Hypercholesterinämie hat, wenn sie über längere Zeit besteht, eine schwierige Prognose. Die Aussichten für eine dauerhafte Beseitigung der hohen Cholesterinwerte sind eher mäßig. Die Störung weist zudem starke Schwankungen auf. Die Behandlung ist wichtig, durch die Kombination aus geeigneter Ernährungsweise und Medikamenten kann der Cholesterinwert oft um 30 bis 40 Prozent vermindert werden. Bei länger andauernder Cholesterinbelastung des Blutes ist das Risiko erhöht, Gefäßschäden (Arteriosklerose) mit erheblichen Folgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Verschlusskrankheit des Beines zu erleiden.
Artikel zu Leitlinien und Studien über die Cholesterinsenkung
Der Einfluss von Fett in der Ernährung auf Cholesterinspiegel und Körpergewicht (englisch)
aktualisiert am 29.05.2020