Als Horner-Syndrom bezeichnet man das gleichzeitige Auftreten der folgenden Symptome:
Manchmal wird diese Symptomatik auch noch von einer vermehrten Schweißbildung der oberen Körperhälfte begleitet. Ein Horner-Syndrom ist keine eigenständige Erkrankung. Das Syndrom tritt bei bestimmten Nervenschädigungen auf, die durch andere Erkrankungen verursacht werden. Diese Nervenschädigungen können bereits ab der Geburt vorliegen und treten familiär gehäuft auf.
Um die Ursachen eines Horner-Syndroms zu verstehen, ist es wichtig, den genauen Verlauf der Nerven zu kennen, die für die Weite der Pupille und das Oberlid zuständig sind. Diese Nerven beginnen im Gehirn und ziehen ein Stück weit durch das Rückenmark. Auf Höhe der Halswirbelsäule ziehen sie sich aus dem Rückenmark heraus und wandern in einem Nervengeflecht, der Grenzstrang genannt wird, neben der Wirbelsäule wieder hoch zum Kopf. Am Hals lagern sich diese Nerven der Halsschlagader an und gelangen mit dieser zum Auge. Diese Nerven gehören zum unwillkürlichen Nervensystem (Sympathikus). Das heißt, wir können dem Nerven nicht bewusst einen Befehl erteilen wie etwa den Arm heben wollen. Die Information läuft durch einen Nerven wie ein elektrisches Signal durch ein Stromkabel. Auf dem Weg zum Auge passiert der Nerv Schaltstellen, die der Mediziner Ganglion nennt. Wenn der Nerv an irgendeiner Stelle defekt ist, kann es zu einem Horner-Syndrom kommen. Das heißt, das Problem kann schon im Gehirn liegen, oder es kann eine Erkrankung des Rückenmarks oder der Wirbelsäule vorliegen. Die Schaltstelle, das Ganglion, kann betroffen sein oder während des Verlaufes neben der Halsschlagader zum Auge ist eine Schädigung des Nerven aufgetreten. Folgende Schädigungen führen zu einem Horner-Syndrom:
Durchblutungsstörungen im Gehirn treten zum Beispiel im Rahmen eines Schlaganfalls (Apoplex) auf. Hierbei wird das Ursprungsgebiet des Nerven nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt, so dass der Nerv seine Funktion nicht mehr ausführen kann. Eine Durchblutungsstörung kann auch bei einem Gehirnbluten auftreten.
Ist die Wand eines Blutgefäßes ständig einem erhöhtem Blutdruck ausgesetzt, kann sie sich erweitern und dehnen. Es entsteht eine sachartige Struktur, die Aneurysma genannt wird. So ein Aneurysma kann, wenn es sich in der Nähe von Nerven befindet, auf diese Nerven Druck ausüben und diese Nerven schädigen. Ein Horner-Syndrom entsteht.
Bei einem Gehirntumor drückt der Tumor auf das Ursprungsgebiet des Nerven. Er wird hierdurch gequetscht und verliert seine Funktion. Gehirntumore treten nur selten auf. Da sie aber besonders gefährlich sind, muss bei einem Horner-Syndrom immer ein Gehirntumor ausgeschlossen werden.
Eine Höhlenbildung im Rückenmark des Halses kann angeboren sein oder durch eine Krankheit entstehen. Der Mediziner spricht von einer Syringomyelie.
Ein Tumor des Halsmarks tritt besonders bei Kindern auf und geht meist mit zusätzlichen Lähmungserscheinungen, wie Lähmungen der Arme einher.
Die Lungenspitzen reichen bis an die Stelle heran, an der der Nerv gemeinsam mit der Halsschlagader wieder in den Kopf zum Auge zieht. Ein Tumor an der Lungenspitze wird Pancoast Tumor genannt. Er kann sich bis in den Nerven hinein fressen.
Sowohl bei einem Unfall als auch unter der Geburt kann ein Arm oder der Rücken so verdreht werden, dass der Nerv geschädigt wird. Besonders wenn eine Geburt durch eine Geburtszange unterstütz werden muss, treten Nervenschädigungen des Kindes auf.
Ein Tumor in der Nähe des Auges ist auch meist ein Gehirntumor. Diese Tumore schädigen den Nerven kurz bevor er am Ziel ist. Häufig verursachen sie auch Sehstörungen wie Halbseitenausfälle des Blickfeldes.
Bei einem Horner-Syndrom ist der Muskel, der normalerweise die Pupille erweitert (Musculus dilitator pupillae), gelähmt. Das Symptom fällt nur bei Dunkelheit auf, da die Pupille bei Lichteinfall eng gestellt bleibt. Durch die verengte Pupille tritt weniger Licht hindurch als für ein klares und scharfes Sehen benötigt wird. Der Betroffene leidet unter Sehstörungen. Durch die Lähmung des Oberlidhebers (Musculuc tarsalis) entsteht die Lidspaltenverengung. Das führt dazu, dass der Patient ein eingeschränktes Blickfeld hat, mit teils verheerenden Folgen etwa im Straßenverkehr. Die Symptome am Auge treten, wie auch das Zurücksinken des Auges, stets nur einseitig auf. In manchen Fällen sind auch die Nervenfasern geschädigt, die für die Schweißsekretion verantwortlich sind. Die Folge ist ein vermehrtes Schwitzen nur auf einer Körperhälfte. Alle weiteren Symptome hängen von der zugrunde liegenden Erkrankung ab:
Durchblutungsstörungen entwickeln sich meist sehr plötzlich, nur selten gibt es Vorboten in Form von Schwindel oder Sehstörungen. Durchblutungsstörungen betreffen größere Gebiete des Gehirns, so dass zusätzlich zum Horner-Syndrom noch andere Lähmungen auftreten, die aber auch nur eine Körperhälfte betreffen. Blutungen des Gehirns werden durch plötzlich einsetzende sehr starke Kopfschmerzen auffällig.
Erweiterungen von Blutgefäßen sind lange symptomlos. Abhängig von der Stelle an der sie Erweiterung sitzt, können auch andere Nerven geschädigt werden. So tritt Heiserkeit auf, wenn das erweiterte Blutgefäß auf den Nerven drückt, der für die Erweiterung der Stimmritze zuständig ist.
Ein Gehirntumor entwickelt sich viel langsamer als als eine Durchblutungsstörungen. So sind den Betroffen die Symptome häufig gar nicht bewusst, da sie sich schon daran gewöhnt haben. Die Symptome eines Gehirntumors hängen von der Größe und dem Ort seines Wachstums ab. Die Spanne reicht von morgendlichem Erbrechen bis zu unterschiedlichsten Nervenausfällen und epileptischen Anfällen.
Bei der Syringomylie bestehen starke Rückenschmerzen. Die Nerven die für die Armmuskulatur verantwortlich sind werden auch zerstört. Hier kommt es zu Lähmungen.
Der Tumor der an dieser Stelle wächst hat einiges Besonderheiten gegenüber anderen Tumoren. Er ist in der Lage Hormone auszuschütten, die der Körper ansonsten nur in Stresssituationen oder auf der Flucht ausschüttet. Diese Hormone, Katecholamine genannt, erhöhen den Blutdruck und beschleunigen den Herzschlag. Der hohe Blutdruck ist meistens das erste Symptom. Außerdem kann der Tumor das Rückenmark umschnüren und zusammen quetschen. Der Mediziner spricht von einer Sanduhrgeschwulst. Folgen sind Lähmungen am ganzen Körper unterhalb des Tumors.
Ein Lungentumor hat zusätzlich zum Husten allgemeine Symptome, die jede andere Krebserkrankung auch hat. Ungewollte Gewichtsabnahme, verstärkte Müdigkeit und nächtliches Schwitzen sind typische Symptome für eine Krebserkrankung.
Hierbei sind grundsätzlich weitere Verletzungen vorhanden. Neugeborene werden dadurch auffällig, dass sie einen Arm weiniger bewegen als den anderen Arm.
Diese gehen von der Hypophyse aus. Die Hypophyse ist ein Teil des Gehirns, dass für ganz unterschiedliche Hormone zuständig ist. Ein Tumor an dieser Stelle kann deswegen neben den Sichtfeldausfällen noch ein ganz buntes Bild von Symptomen machen. Die Hypophyse schüttet das Hormon aus, dass für die Milchproduktion der mütterlichen Brust zuständig ist. Im Falle eines Tumors dieser Hypophysenabschnitte schwillt die Brust an und produziert Milch ohne, dass eine Schwangerschaft vorliegt.
Die Diagnose eines Horner-Syndroms ist in ausgeprägten Fällen eine Blickdiagnose, dass heißt der Arzt erkennt schon beim Anblick des Patienten das Syndrom. Um die Funktionen der Pupille genauer zu untersuchen, leuchtet der Arzt mit einer kleinen Taschenlampe abwechselnd in beide Augen. Die Pupillen sollten sich bei Lichteinfall zusammenziehen und ohne Lichteinfall wieder erweitern. Ergibt diese Untersuchung kein eindeutiges Bild, träufelt der Arzt ein Medikament in die Augen, dass eine Pupillenerweiterung verursacht. Bei einem Horner-Syndrom erweitert sich eine Pupille, während die andere unverändert verengt bleibt. Die weitere Diagnostik richtet sich danach, welche verursachende Erkrankung vermutet wird.
Bei einer neurologischen Untersuchung werden unterschiedliche Tests durchgeführt, um herauszufinden ob weitere Nerven geschädigt sind. Der Arzt testet, ob das Gefühl auf der Haut gleichmäßig vorhanden ist. Er prüft die Kraft einzelner Muskeln und testet die Reflexe. Die Koordination wird durch den Finger- Naseversuch getestet, bei dem der Patient mit geschlossenen Augen auf seine Nase tippen soll. Durch das Austesten des Sehfeldes kann der Verdacht auf einen Tumor der Hypophyse entstehen. Hier fällt das Sehfeld ganz charakteristisch an bestimmten Stellen stets beidseitig aus. Das liegt daran, dass die Nerven, die die Sinneseindrücke von den Augen zum Gehirn weiterleiten, um die Hypophyse herumlaufen. Ist die Hypophyse durch einen Tumor vergrößert, werden diese Nerven gequetscht.
Im Blut werden Entzündungswerte und Gerinnungsfaktoren kontrolliert. Gerinnungsfaktoren sind dafür zuständig, dass das Blut bei einer Verletzung gerinnt und sich die Wunde schließt. Sind zu viele der Gerinnungsfaktoren vorhanden, können sie ein Blutgefäß verstopfen und eine Durchblutungsstörung im Gehirn auslösen. Gleiches gilt auch für Blutfette (Cholesterin), die sich an den Blutgefäßen anlagern und somit die Blutzufuhr vermindern können. Bei einem Tumor der Hypophyse ist die Konzentration der Hormone im Blut verändert.
Schlägt das Herz unregelmäßig, fließt das Blut nicht mehr in normalen, geordneten Strömen. Es entstehen Turbulenzen durch die kleine Bällchen aus Blutplättchen (Thromben) entstehen können. Vom Herzen aus fließt das Blut mit hohem Druck in das Gehirn. Hat sich ein Thrombus gebildet, wird er mit großer Geschwindigkeit in das Gehirn geschleudert und verursacht Durchblutungsstörungen. Der Herzschlag wird mittels eines Elektrokardiogramms (EKG) untersucht. Da Ryhthmusstörungen des Herzens eine sehr häufige Erkrankungen bei älteren Menschen sind, wird völlig unabhängig von den Beschwerden mit denen sie in das Krankenhaus kommen, ein EKG angefertigt. Mit einem Ultraschall können die großen Blutgefäße die vom Herzen aus zum Gehirn gehen untersucht werden. Verengungen dieser Gefäße können die Ursache von Durchblutungsstörungen sein. Sackartige Erweiterungen von Gefäßen können auf einen Nerven drücken.
Vermutet der Arzt einen Tumor, wird er eine CT oder MRT anfertigen lassen. Beide Verfahren sind Röhrenuntersuchungen bei denen Schnittbilder des Körpers entstehen, die ähnlich wie eine Röntgenaufnahme sind. Die Untersuchungen unterscheiden sich hinsichtlich der Technik. Eine MRT ist die neuere Untersuchungsmethode mit der Weichteile (wie das Gehirn) besser beurteilt werden können. Der Nachteil liegt darin, dass die Untersuchung sehr teuer ist, und nicht jedes Krankenhaus diese Technik anwenden kann. Mit einer Röhrenuntersuchung können auch Höhlenbildungen im Rückenmark erkannt werden.
Differenzialdiagnostisch müssen die unterschiedlichen Ursachen für ein Horner-Syndrom abgeklärt werden.
Grundsätzlich sollte die verursachende Erkrankung eines Horner-Syndroms therapiert werden. Nur dadurch kann eine Verbesserung der Symptomatik erreicht werden. Um Schäden am Auge zu vermeiden, muss auch immer eine Vorstellung bei einem Augenarzt erfolgen.
Die Prognose eines Horner-Syndroms hängt von der verursachenden Grunderkrankung und dem Grad der Nervenschädigung ab. Ist der Nerv komplett durchtrennt, kann auch die Behandlung der Grundkrankheit keine Verbesserung des Horner-Syndroms erzielen. Deswegen sollte möglichst früh, zu einer Zeit in der der Nerv noch nicht lange geschädigt wurde, therapiert werden.
Da die meisten Erkrankungen, die ein Horner-Syndrom verursachen sehr ernste Erkrankungen sind, sollte bei einem Hinweis auf dieses Syndrom umgehend ein Arzt aufgesucht werden.
aktualisiert am 29.11.2022