Das Hodgkin-Lymphom (Morbus Hodgkin) ist ein bösartiger Tumor, der aus Lymphgewebe hervorgeht. Es entstammt meist aus Lymphknoten, manchmal auch anderen Organen wie den Mandeln oder der Milz und ruft dort typischerweise eine schmerzlose Schwellung hervor. Der Morbus Hodgkin wird auch Lymphdrüsenkrebs genannt, ebenfalls wird manchmal die Bezeichnung Lymphogranulomatose verwendet. Die Bezeichnung Morbus Hodgkin kommt vom englischen Arzt Thomas Hodgkin, der den Lymphdrüsenkrebs zum ersten Mal beschrieb.
Der Morbus Hodgkin ist eine Tumorerkrankung mit mäßiger Häufigkeit, ungefähr fünf Prozent der Krebspatienten leidet an dem Hodgkin-Lymphom. Pro Jahr und 100.000 Menschen in Deutschland kommt es zu etwa zwei bis vier Neuerkrankungen am Morbus Hodgkin. Der bösartige (maligne) Tumor, der von den Lymphknoten ausgeht, trifft gehäuft bei Menschen zwischen dem 20. bis 30. Lebensjahr und dem 50. bis 60 Lebensjahr auf. Männer sind etwas häufiger als Frauen betroffen, bei Kindern ist die Erkrankung seltener.
Eine genaue Ursache für die Erkrankung ist nicht bekannt. Das Hodgkin-Lymphom geht aus B-Lymphozyten (Lymphozyten) hervor, die zu den weißen Blutkörperchen gehören. Bei dem Lymphdrüsenkrebs bilden sich bestimmte Zellen, die Hodgkin-Zellen (diese haben einen einzelnen Zellkern) und die Sternberg-Reed-Zellen (haben mehrere Zellkerne). Treten diese Zellen nicht auf, dann handelt es sich nicht um ein Hodgkin-Lymphom.
Es gibt einige Faktoren, die bei der Entstehung des Morbus Hodgkin eine Rolle spielen können. Dazu gehört eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), dem Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers (infektiöse Mononukleose). Die Viren können bei jedem zweiten Hodgkin-Patienten in den Tumorzellen nachgewiesen werden.
Möglicherweise begünstigen auch genetische Faktoren die Entstehung des Morbus Hodgkin, da die Erkrankung in manchen Familien gehäuft vorkommt.
Ein beeinträchtigtes Immunsystem kann ein Einfluss zur Entwicklung des Hodgkin-Lymphoms sein, unter anderem kann die Erkrankung vermehrt entstehen, wenn Immunsuppressiva (Medikamente zur Hemmung des Immunsystems) gegeben werden. Immunsuppressiva werden etwa nach einer Organtransplantation eingesetzt. Auch Raucher und HIV-infizierte Patienten haben ein erhöhtes Risiko für ein Hodgkin-Lymphom.
Das Tumorgewebe kann sich von den ursprünglich befallenen Lymphorganen über die Lymphgefäße ausbreiten. Deshalb können Organe, die nichts mit dem lymphatischen System zu tun haben, auch befallen werden. Der Morbus Hodgkin ist damit eine systemische Erkrankung, eine Erkrankung, die sich über den ganzen Körper verteilen kann.
Der Aufbau der Lymphzellen (Lymphozyten) erlaubt eine Unterscheidung in vier verschiedene Typen des Hodgkin-Lymphoms.
Betroffene mit einem Hodgkin-Lymphom stellen oft als erstes stark verdickte Lymphknoten fest, die nicht schmerzen und teilweise miteinander verklebt sind. Solche Lymphknoten können sich am Hals, in der Achselhöhle oder an der Leistengegend bemerkbar machen. Weiterhin können im Brust- und Bauchraum Lymphknoten wegen des Tumorbefalls anschwellen. Diese können sich durch Anzeichen bemerkbar machen wie etwa Atembeschwerden, Husten oder Durchfälle.
Eine Besonderheit, die nur beim Hodgkin-Lymphom auftritt, ist der seltene Alkoholschmerz, bei dem nach Alkoholgenuss die betroffenen Lymphknoten schmerzen.
Oft kommt es zu allgemeinen Beschwerden (sogenannte B-Symptome), die auch viele andere Gründe haben könnten. Auch wenn nur jeder Dritte darüber klagt, ist die so genannte B-Symptomatik ein typischer Begleiter der Erkrankung. Sie besteht aus Fieber über 38 Grad Celsius, ungewolltem Gewichtsverlust von 10 Prozent des Körpergewichts in sechs Monaten und Nachtschweiß, der so stark ist, dass mehrmals pro Nacht der Schlafanzug gewechselt werden muss. Der Patient kann über eine Leistungsschwäche klagen und einen Juckreiz aufgrund des Lymphoms bekommen. Bei manchen Betroffenen kommt es zu einer Leberschwellung (Hepatomegalie) oder Milzschwellung (Splenomegalie).
Im Verlauf der Erkrankung können weitere Gewebe und Organe mit einbezogen sein. So sind nervliche Störungen, hormonelle Veränderungen oder eine Schwächung des Immunsystems möglich. Die Immunstörung verursacht oft häufigere Infektionen mit Viren, Pilzen oder Bakterien (auch Tuberkulose). Das Hodgkin-Lymphom kann auch an der Lunge, an den Harn- oder Geschlechtsorganen oder an den Knochen zu Veränderungen führen.
Wenn das Knochenmark befallen ist, kann das dazu führen, dass die gesunden Zellen von den bösartigen, sich schnell teilenden Zellen verdrängt werden und die Antikörper nicht mehr in ausreichender Zahl hergestellt werden. Dieser Immundefekt führt zu einer erhöhten Infektanfälligkeit. Es bestehen dann oft schwerere und längere Verläufe, öfter auch mit selteneren Erregern wie Pneumocystis jirovecii der eine Lungenentzündung verursacht oder Pilzbefall der Schleimhäute, zum Beispiel Speiseröhrensoor.
Patienten werden vom Arzt zunächst eingehend befragt (Anamnese). Sie berichten dem Arzt über die Symptome, das Auftreten und mögliche vorherige Erkrankungen. Die Diagnose des Morbus Hodgkin lässt sich meist schon durch das Erscheinungsbild der Erkrankung vermuten. Der Arzt untersucht den Körper des Patienten und achtet unter anderem auf etwaige Schwellungen von Lymphknoten und Abwehrorganen.
Eine Blutentnahme wird durchgeführt, das Blut wird im Labor analysiert. Bei Lymphdrüsenkrebs zeigen sich oft hohe Werte der Entzündungsparameter und im Blutbild eine niedrige Anzahl weiße Blutkörperchen beziehungsweise Lymphozyten. Häufig findet sich auch ein niedriger Wert für rote Blutkörperchen (Erythrozyten), so dass eine Anämie (sogenannte Blutarmut) besteht.
Eine sichere Diagnose des Morbus Hodgkin wird durch eine Gewebeentnahme (Biopsie), entweder als Probeentnahme oder nach Entfernung ganzer auffälliger Lymphknoten, gestellt. Die Probe wird unter dem Mikroskop feingeweblich untersucht (Histologie), um veränderte Zellen sehen zu können (Hodgkin-Zellen, Sternberg-Reed-Zellen).
Durchgeführt werden auch bildgebende Untersuchungen, beispielsweise Ultraschall, Röntgen, Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT, Magnetresonanztomographie). Es kann erkannt werden, wo sich die Veränderungen befinden und wie ausgedehnt sie sind.
Ausgehend davon wird ein sogenanntes Staging vorgenommen, das ist die Feststellung, in welchem Stadium sich das Hodgkin-Lymphom befindet. Geläufig ist die Ann-Arbor-Klassifikation mit vier Stadien:
Geschwollene Lymphknoten können nicht nur durch das Hodgkin-Lymphom verursacht werden. Eine Erkrankung, die ebenfalls zu geschwollenen Lymphknoten führt, ist unter anderem die Lymphknotentuberkulose. Sie wird durch Tuberkelbakterien ausgelöst und kann durch die Lymphknotenentnahme histologisch und mikrobiologisch bewiesen werden.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass es sich um Lymphome (Non-Hodgkin-Lymphome) oder Tochtergeschwülste (Metastasen) anderer Herkunft handelt. Auch sie werden bei einer Gewebeprobe geprüft.
Ein ähnliches Bild mit Lymphknotenvergrößerung kann auch bei bestimmten Autoimmunerkrankungen wie der Sarkoidose auftreten, auch sie werden in der Gewebeprobe untersucht und zeigen meist ein typisches Blutbild.
Sind Virusinfekte wie Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber) und HIV oder Parasiten wie Toxoplasmen beteiligt, findet man im Blut die Erreger oder Antikörper.
Als wichtige Differentialdiagnosen für eine erhöhte Infektanfälligkeit kommen besonders das erworbene Immundefizit-Syndrom (AIDS) und der weiße Blutkrebs (Leukämie) in Betracht. Sie werden ebenfalls in einer Blutuntersuchung ausgeschlossen.
Eine Operation ist beim Morbus Hodgkin in aller Regel nicht sinnvoll, denn die Erkrankung verteilt sich über den Körper. Dafür können eine Chemotherapie und eine Strahlentherapie vorgenommen werden. Die Behandlung richtet sich nach dem in der Diagnostik festgestellten Stadium des Hodgkin-Lymphoms.
Die Chemotherapie ist die Gabe von Medikamenten, welche in Zyklen erfolgt. Im Einzelfall können unterschiedliche Chemotherapie-Ansätze vorgenommen werden. Zu den Möglichkeiten beim Hodgkin-Lymphom gehören die Chemotherapien nach dem ABVD-Schema und dem BEACOPP-Schema. Sie beinhalten unterschiedliche Wirkstoffe.
Die Strahlentherapie erfolgt beim Hodgkin-Lymphom meist zusätzlich zur Chemotherapie oder nach einer Chemotherapie. Die Bestrahlung bewirkt, dass die im Rahmen des Lymphoms veränderten Zellen geschädigt werden und absterben.
Des Weiteren kann eine Stammzelltherapie sinnvoll sein (Stammzelltransplantation). So kann die Chemotherapie in höherer Dosis durchgeführt werden und durch die Stammzellengabe erreicht werden, dass die Blutbildung im Knochenmark wieder funktioniert.
Die Chemotherapie kann die Zeugungsfähigkeit stark beeinträchtigen. Bevor eine Chemotherapie beginnt, können vorsichtshalber Maßnahmen erfolgen, dass die Möglichkeit der Fortpflanzung bleibt, z. B. können Samenzellen eingefroren werden. Die Strahlentherapie kann auch Zellen aus der Umgebung des Lymphoms treffen und schädigen, allerdings erholt sich dieses Gewebe schneller als das Tumorgewebe. Bei Kindern kann die Strahlentherapie das Wachstum beeinträchtigen, so dass die Therapie gegebenenfalls angepasst werden muss. Auch das Geschlecht spielt bei Kindern und Jugendlichen eine Rolle.
Der Therapieerfolg bei Chemotherapie und Bestrahlung wird regelmäßig durch ärztliche Untersuchungen überprüft. Dies nennt sich Re-Staging, da erneut die Ermittlung des Stadiums (welches zurückgegangen sein kann) durchgeführt wird.
Im Anschluss an eine beendete Therapie erfolgt die Nachsorge, welche ebenfalls aus Untersuchungen wie Ultraschall und Blutentnahme besteht. Sie wird in der Regel alle drei Monate, ab dem zweiten Jahr alle sechs Monate und ab dem fünften Jahr jährlich vorgenommen. Röntgen und Computertomographie erfolgen meist in größeren Abständen.
Eine Operation kommt lediglich dann in Betracht, wenn das Lymphom auf umgebende Strukturen drückt und diese entlastet werden sollen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die Atemwege vom Lymphom eingeengt werden.
Das Hodgkin-Lymphom weist im Vergleich zu vielen anderen Krebserkrankungen eine relativ gute Prognose auf. Die Prognose ist umso besser, je früher das Hodgkin-Lymphom therapiert wird. Die moderne Therapie lässt auch in höheren Stadien eine gute Erfolgsrate zu. Allerdings spielen auch die Nebenwirkungen wie Herzschädigung und Lungenschädigung, gestörte Schilddrüsenfunktion und mögliche Fruchtbarkeitsstörungen eine Rolle. Im Verlauf kann es, oft nach längerer Zeit, zur Entwicklung von anderen bösartigen Erkrankungen wie Mammakarzinom (Brustkrebs) oder akuter Leukämie (Blutkrebs) kommen. Innerhalb von 20 Jahren bekommen 15 bis 20 Prozent der Patienten einen solchen weiteren Tumor.
Wichtig ist, jeden Lymphknoten, der länger als sechs Wochen geschwollen ist, vom Arzt untersuchen zu lassen, da eine frühzeitig erkannte Erkrankung die besten Heilungschancen hat.
Ebenso wichtig sind die regelmäßigen Nachkontrollen nach einem Hodgkin-Lymphom, um eventuelle Komplikationen oder Rückfälle schnell zu erkennen und behandeln zu können.
aktualisiert am 04.11.2021