Wer sich heute mit HIV ansteckt, wird häufig mit der Frage konfrontiert, warum hast du nicht die PrEP genommen? Die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) ist eine wirksame Möglichkeit, sich vor HIV zu schützen. Es handelt sich um eine prophylaktische Einnahme von antiretroviralen Medikamenten. Es sind die gleichen Medikamente, die auch bei der Behandlung von HIV-positiven Menschen eingesetzt werden. Diese Medikamente schützen auch vor einer HIV-Infektion.
Menschen, die eine hohes Risiko haben, sich mit HIV anzustecken, profitieren davon. Wer immer wieder in die Situation gerät, ungeschützt Geschlechtsverkehr zu haben, sollte ernsthaft über die PrEP nachdenken, um das Risiko einer HIV-Infektion zu reduzieren.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt die PrEP bereits seit 2012.
Bei der PrEP handelt es sich um zwei HIV-Medikamente: Tenofovir und Emtricitabin, die unter den Handelsnamen Truvada® oder als Generika verkauft werden (Abkürzung TDF/FTC). Truvada® ist eine blaue Tablette, die beide Substanzen enthält. Diese Kombination ist in Deutschland für zur Präexpositionsprophylaxe zugelassen. Tenofovir und Emtricitabin sind nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren. Sie hemmen das Enzym Reverse-Transkriptase. Damit ist das HI-Virus nicht in der Lage, seine Erbinformation (RNA) in DNA umzuwandeln und die DNA der Wirtszelle einzubinden. Das HI-Virus kann sich nicht vermehren.
PrEP ist für Menschen sinnvoll, die ein hohes Risiko haben, sich mit HIV zu infizieren. Um PrEP verwenden zu können, muss ein negativer HIV-Status vorliegen und einige andere Voraussetzungen erfüllt sein. HIV-positive Menschen dürfen die PrEP nicht nehmen. Sie können damit Resistenzen auslösen und in der Folge eine HIV-Behandlung erschweren.
Die PrEP ist sinnvoll für
Wer sich unsicher ist, kann eine individuelle Beratung in einer spezialisierten HIV-Schwerpunktpraxis in Anspruch nehmen.
Studien haben gezeigt, dass das Risiko, sich mit HIV beim Sex anzustecken, unter der Verwendung der PrEP um mehr als 99 Prozent sinkt. Damit ist die PrEP so sicher wie ein Kondom. Wichtig dabei ist, die PrEP regelmäßig einzunehmen (tägliche Einnahme einer Tablette). Damit die PrEP wirken kann, muss am Ort und zum Zeitpunkt des Eintritts des HI-Virus der Medikamentenspiegel hoch genug sein.
Die PrEP kann versagen, wenn die Medikamente nicht regelmäßig eingenommen werden oder wenn das HI-Virus gegen die Medikamente resistent ist. Bislang sind weltweit wenige Fälle bekannt, bei denen die PrEP trotz regelmäßiger Einnahme versagt hat. Etwas häufiger scheint nach aktuellem Wissenstand die anlassbezogene PrEP zu versagen.
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Auf manchen Internetseiten liest man, dass die Schutzwirkung bei „nur“ 86 Prozent liegt. Hierbei handelt es sich um Studien (PROUD- oder IPERGAY-Studie), die die Gesamteffektivität der PrEP erfassen. Es wird auch erfasst, wenn Teilnehmer der Studie die Tabletten nur unregelmäßig eingenommen haben oder die Einnahme abgebrochen haben und es in Folge dessen zu einer HIV-Infektion gekommen ist. Wer die Medikamente regelmäßig einnimmt, kann aktuell von einer Schutzwirkung ausgehen, die auch bei der Verwendung eines Kondom zu erwarten ist.
Nein, vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen wie Syphilis, Tripper, Chlamydien oder Hepatitis C schützt die PrEP nicht (mit Ausnahme von Hepatitis B). Aus diesem Grund sollte man bei einem One-Night-Stand nie auf das Kondom verzichten. Zum Schutz vor Hepatitis B steht eine eigene Schutzimpfung zur Verfügung.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die PrEP einzunehmen:
Die anlassbezogene Einnahme steht nur Männern zur Verfügung. Für Frauen ist sie nicht geeignet. Es fehlen gesicherte Daten zur Wirksamkeit und bei Frauen dauert es länger bis ein sicherer Schutz aufgebaut wird. In den Schleimhäuten des weiblichen Genitaltraktes werden die Medikamente schneller abgebaut.
Bei der täglichen Medikamenteneinnahme wird eine Tablette am Tag eingenommen. In den ersten zwei Tagen besteht noch kein ausreichender Schutz. Erst am dritten Tag der Einnahme geht man davon aus, dass ein ausreichender Schutz vor einer HIV-Infektion aufgebaut wurde. Wichtig ist zu wissen, dass die durchgeführten Studien die Frage nach dem Beginn der Schutzwirkung nicht klären können und dass die Angaben auf Modellannahmen beruhen. Sie haben sich in der Praxis bewährt. Wer mit der PrEP aufhören will, muss die PrEP noch zwei Tage nach dem letzten ungeschützten Geschlechtsverkehr einnehmen.
Wer nicht täglich Medikamente einnehmen will, kann auf die anlassbezogenen PrEP zurückgreifen. Am ersten Tag wird die doppelte Dosis eingenommen. Zwei bis 24 Stunden vor dem Sex werden zwei Tabletten eingenommen und danach an zwei nachfolgenden Tagen (24 und 48 Stunden nach der ersten Einnahme) je eine weitere Tablette. Die anlassbezogene PrEP wird nicht empfohlen. Sie scheint etwas weniger sicher zu funktionieren als die tägliche Medikamenteneinnahme.
Die tägliche Medikamenteneinnahme der PrEP ist auch Frauen verfügbar. Es dauert aber länger, bis Frauen einen sicheren Schutz aufbauen. Vor dem ungeschützten Geschlechtsverkehr muss man sieben Tage lang die PrEP eingenommen haben. Will man mit der PrEP aufhören, muss die PrEP weitere sieben Tage nach dem letzten ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden.
Die Methode der anlassbezogenen Medikamenteneinnahme wird Frauen nicht empfohlen, da keine Schutzwirkung garantiert werden kann.
Die PrEP muss vom Arzt verschrieben werden. Nicht jeder Arzt kennt sich damit aus oder will die PrEP verschreiben. Einige Ärzte sprechen sich gegen die PrEP aus, weil sie fürchten, dass sich die Zahl der Geschlechtskrankheiten erhöhen und riskieren damit, dass sich Menschen mit HIV anstecken. Andere können es mit ihrem moralisch-ethischen Kodex nicht vereinbaren. Aus diesem Grund sollte eine Schwerpunktpraxis für HIV aufgesucht werden. Hier erhält man die PrEP, eine fundierte Beratung und die notwendigen Untersuchungen vor und während der PrEP.
Aktuell bekommt man die PrEP nur auf Privatrezept. 28 Tabletten kosten zwischen 40 bis 70 Euro. Ab September 2019 werden die Kosten für die PrEP von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Anspruch haben alle Menschen ab 16 Jahre mit einem substanziellen Infektionsrisiko. Diese Regelung gilt nicht für privat versicherte Menschen. Allerdings kann man davon ausgehen, dass die meisten Privatkassen die Regelung übernehmen werden.
28 Tabletten kosten aktuell 40 bis 70 Euro. Ab September 2019 werden die Kosten der PrEP von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Neben den Kosten für das Medikament können Kosten für Beratung und Untersuchungen hinzukommen. Eine gute medizinische Begleitung ist Teil der PrEP. Dazu gehören regelmäßige PrEP-Checks.
Vor dem Start der PrEP muss sichergestellt werden, dass keine HIV-Infektion vorliegt. Dazu wird ein HIV-Test der 4. Generation durchgeführt. Dieser sollte vier Wochen nach Beginn der PrEP wiederholt werden. Außerdem muss vor der Einnahme der PrEP eine Nierenfunktionsstörung ausgeschlossen werden. Dafür wird Kreatinin im Serum bestimmt. Ebenso wird untersucht, ob eine Hepatitis-B-Infektion vorliegt. Wer sich noch nicht gegen Hepatitis B hat impfen lassen, sollte das nachholen.
Die Deutsch-Österreichischen Leitlinien zur PrEP empfehlen zudem, sich vor dem Beginn einer PrEP auf folgende Geschlechtskrankheiten untersuchen zu lassen:
In Aidshilfen, Checkpoints und Gesundheitsämtern kann man diese Tests anonym und manchmal kostenlos durchführen lassen. Die Bestimmung der Nierenwerte kostet etwa 3 Euro. HIV, Geschlechtskrankheiten und Hepatitis B zwischen 0 und 15 Euro pro einzelnen Test. In spezialisierten Arztpraxen werden die Kosten manchmal von der Krankenkasse übernommen. Bei einer Privatzahlung können die Kosten manchmal sehr hoch sein. Man sollte sich im Vorfeld darüber informieren.
Die PrEP verleitet dazu, öfter ungeschützten Geschlechtsverkehr zu haben. Deshalb ist es notwendig auch während der Einnahme der PrEP regelmäßig Untersuchungen durchzuführen.
Folgende Untersuchungen werden durchgeführt:
Es kann vorkommen, dass man an einem Tag vergisst, die PrEP-Tablette einzunehmen. Wer einmal eine Tablette vergisst, der braucht nicht in Panik zu geraten. Der verbleibende Wirkstoffspiegel reicht in der Regel aus, um eine HIV-Infektion zu verhindern.
Damit man die Tablette nicht vergisst, sind Pillendosen mit sieben Fächern sehr hilfreich. So kann man genau sehen, ob die Tabletten regelmäßig eingenommen wurden.
Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, die Einnahme des Medikaments an ein Ritual zu verknüpfen, zum Beispiel nach dem Mittagessen oder Zähneputzen. Aber die Einnahme der Tablette darf um mehrere Stunden abweichen, ohne dass es zu Problemen kommt.
Die meisten Menschen vertragen die PrEP sehr gut. In den ersten Wochen der Einnahme kann die PrEP Nebenwirkungen verursachen. Als Nebenwirkungen der PrEP können Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, Bauch- und Gelenkschmerzen und Müdigkeit auftreten. Wenn Nebenwirkungen auftreten, sollte man die PrEP abends einnehmen, um sie über Nacht zu verschlafen. Die Nebenwirkungen klingen mit der Zeit ab.
In sehr seltenen Fällen kann es zu ernsthaften Nebenwirkungen kommen, zum Beispiel zu einer Nierenfunktionsstörung. In diesem Fall wird die PrEP wieder abgesetzt, damit sich die Nierenwerte wieder normalisieren. Sollten starke Nebenwirkungen auftreten, dann sollte der behandelnde Arzt darüber informiert werden.
Damit die PrEP funktioniert und wirksam ist, muss sie täglich eingenommen werden. Es gibt aber einige Gründe, die Menschen dazu bewegen, mit der PrEP aufzuhören,
Die endgültige Entscheidung kann zusammen dem Arzt besprochen werden.
Die PrEP ist für Menschen sinnvoll, die sich vorsorglich vor einer HIV-Infektion schützen wollen. Menschen, die einen Risikokontakt hatten (wie ungeschützten Geschlechtsverkehr) steht die PEP, die Postexpositionsprophylaxe zur Verfügung. Sie muss innerhalb von 72 Stunden nach dem Risiko eingenommen werden. Besser noch innerhalb der ersten zwei bis 24 Stunden nach dem Risikokontakt. Die PEP wird 28 bis 30 Tage lang eingenommen.
Robert Koch Institut - Antworten auf häufig gestellte Fragen zur HIV-Infektion und AIDS: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/HIVAids/FAQ-Liste.html (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
Deutsche Aidsgesellschaft e.V. - Deutsch-Österreichische Leitlinien zur HIV-Präexpositionsprophylaxe: https://daignet.de/site-content/hiv-therapie/leitlinien-1/deutsch-oesterreichische-leitlinien-zur-hiv-praeexpositionsprophylaxe (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
PrEPWatch: https://www.prepwatch.org/ (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
PrEPfacts: https://www.sfaf.org/collections/beta/prep-facts-introduction-faq/ (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
CDC (Centers of Disease Control and Prevention) - PrEP: https://www.cdc.gov/hiv/basics/prep.html (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
Deutsche Aidshilfe - PrEP-Checks und medizinische Behandlung: https://www.aidshilfe.de/hiv-prep/prep-checks#prep-checks (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
Deutsche Aidshilfe - Leben mit HiV: https://magazin.hiv/2019/04/10/steve-spencer-hiv-trotz-prep/ (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
Ich weiß was ich tu - HIV-Infektion trotz PrEP: Interview mit „Joe“: https://www.iwwit.de/blog/2016/03/hiv-trotz-prep-interview/ (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
PrEPJETZT.de: https://prepjetzt.de (online, letzter Abruf: 13.08.2019)
aktualisiert am 13.08.2019