Hirnblutungen während der Schwangerschaft sind sehr selten. Im Vergleich zu Frauen im gleichen Alter, die nicht schwanger sind, ist das Risiko allerdings erhöht. Am wahrscheinlichsten ist das Auftreten einer Hirnblutung während der Schwangerschaft im letzten Drittel, während der Geburt sowie auch in den sechs Wochen nach der Entbindung (Wochenbett). Die Ursachen können in einem erhöhten Blutdruck oder in vorher nicht bekannten Gefäßfehlbildungen im Gehirn liegen. Eine Hirnblutung ist an sich schon ein schwerwiegendes Ereignis. In der Schwangerschaft stellt sie eine erhebliche Gefahr für das Leben von Mutter und Kind dar. Die Behandlung einer Schwangeren mit einer Hirnblutung ist eine besonders große Herausforderung. Hier ist eine gute Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen entscheidend. In vielen Fällen muss bei einer Hirnblutung der Schädel geöffnet und eine operative Druckentlastung des Gehirns durchgeführt werden.
Die häufigsten Ursachen für eine Hirnblutung in der Schwangerschaft sind Gefäßfehlbildungen, die vor der Schwangerschaft nicht bekannt waren, sowie die Krankheitsbilder der Präeklampsie und Eklampsie. Zu den Missbildungen an Gefäßen gehören sogenannte arteriovenöse Malformationen (AVM) und Aneurysmen. Unfälle oder Stürze mit Gewalteinwirkungen auf den Schädel von außen können ebenfalls zu einer Hirnblutung führen.
Diese Form der Gefäßmissbildungen wird auch arteriovenöses Angiom genannt. Dabei handelt es sich um Kurzschlussverbindungen zwischen Venen und Arterien im Gehirn. Zwischen den Gefäßen ist dann kein Bett aus Kapillaren angelegt. Diese Missbildungen sind normalerweise angeboren, nehmen im Laufe des Lebens oft an Größe zu und können zu einer Hirnblutung führen. Als Symptome einer AVM sind Ohrgeräusche, Kopfschmerzen, neurologische Symptome (Symptome durch Ausfälle von Nerven) oder Krampfanfälle möglich. Wenn es zu einer Hirnblutung kommt, treten die dafür typischen Symptome wie massive Kopfschmerzen und neurologische Defizite (Sprachstörungen, Lähmungen und Ähnliches) auf.
Ein Aneurysma ist eine Aussackung an einem Gefäß. Aneurysmen bleiben oft unbemerkt und können zufällig im Rahmen der Diagnostik für eine andere Erkrankung auffallen. Mit zunehmendem Lebensalter wachsen sie in manchen Fällen und können platzen. Geschieht das bei einem Gefäß im Bereich des Gehirns (Aneurysma im Gehirn), treten die typischen Symptome einer Hirnblutung auf.
Bei der Präeklampsie handelt es sich um eine Blutdruck-Erhöhung mit gleichzeitig vermehrter Ausscheidung von Proteinen (Eiweißen) über den Urin. Diese Erkrankung tritt in der Regel nach der 20. Schwangerschaftswoche auf, mitunter auch erst nach der Entbindung. Sie ist gefährlich für Mutter und Kind und deshalb eine schwerwiegende Komplikation in der Schwangerschaft. Verstärkte Wassereinlagerungen ab der 28. Schwangerschaftswoche können ein Hinweis auf die Erkrankung sein. Unerkannt kann sie zu Schäden an der Leber oder den Nieren und zu einer mangelhaften Versorgung der Plazenta (des Mutterkuchens) führen. Dadurch kann es zu einer Unterversorgung des Kindes kommen. Auch eine vorzeitige Plazentaablösung ist möglich. Der erhöhte Blutdruck erhöht außerdem das Risiko einer Hirnblutung. Die Präeklampsie ist eine der häufigsten Todesursachen während einer Schwangerschaft.
Eine Eklampsie ist eine sehr seltene Krankheit. Darunter versteht man das Auftreten von Krampfanfällen bei Schwangeren (oder Müttern kurz nach der Entbindung) mit einer Präeklampsie. Wird eine Eklampsie nicht schnell behandelt, stirbt die Patientin in den meisten Fällen.
Hauptsymptom ist meist ein plötzlich einsetzender, massiver Kopfschmerz („Vernichtungskopfschmerz“). Weitere mögliche Anzeichen sind:
Alle Symptome können auch bei einem durch Minderdurchblutung ausgelösten Schlaganfall auftreten. Den einzigen Unterschied stellt der massive Kopfschmerz dar. Dieser ist eher typisch für eine Hirnblutung.
Auch wenn eine Computertomografie (CT) mit einer Strahlenbelastung verbunden ist, ist sie das Mittel der Wahl zur raschen Feststellung einer akuten Hirnblutung. Es wird davon ausgegangen, dass die Belastung für das Ungeborene bei einem CT des Kopfes unbedenklich ist. Ein geringes Risiko für die Entwicklung einer Unterfunktion der Schilddrüse beim Kind besteht bei einem CT mit jodhaltigem Kontrastmittel.
Eine Magnetresonanztomografie (MRT) ist strahlenfrei. Sie kann nicht-akute Blutungen gut darstellen und ist zur regelmäßigen Kontrolle einer Hirnblutung geeignet.
Bei einer digitalen Subtraktionsangiografie (DSA) können die hirnversorgenden Gefäße dargestellt werden. Hier kommt ebenfalls Kontrastmittel und Röntgenstrahlung zum Einsatz. Die Strahlenbelastung ist höher als beim CT, aber für das Ungeborene dennoch minimal und vertretbar.
Prinzipiell unterscheidet sich die Behandlung von Schwangeren und Nichtschwangeren nicht wesentlich. Bei der Behandlung von Hirnblutungen während der Schwangerschaft müssen bei den Therapieentscheidungen allerdings sowohl die Konsequenzen für die werdende Mutter als auch für das ungeborene Kind berücksichtigt werden. Außerdem ist eine Zusammenarbeit zwischen Gynäkologen, Neurochirurgen, Radiologen, Intensivmedizin und bei Bedarf noch anderen Fachrichtungen unerlässlich, um das bestmögliche Ergebnis für Mutter und Kind zu erzielen.
Die Behandlung der Hirnblutung ist abhängig vom Ausmaß der Blutung und von der Schwere der Symptomatik. Kleinere Blutungen, die keine Erhöhung des Hirndrucks mit sich bringen, können oft konservativ (ohne Operation) behandelt werden. Es erfolgt eine meist intensivmedizinische Überwachung mit symptomatischer Behandlung (Behandlung zur Besserung der Symptome und Folgen). Hierzu kann die Senkung eines erhöhten Blutdrucks, die Verminderung von Krampfanfällen und Ähnliches gehören. Ist eine Präeklampsie der Auslöser für die Blutung, so muss auch die Grunderkrankung mit behandelt werden. Bei größeren Blutungen mit ausgeprägtem Bluterguss (Hämatom) im Gehirn besteht die Gefahr, dass Hirngewebe zugrunde geht. Diese Blutungen müssen in der Regel operiert werden. Dabei wird der Schädel eröffnet, die Blutung gestoppt und der Bluterguss entfernt. Wenn eine AVM der Grund für die Hirnblutung ist, ist zu entscheiden, ob die Gefäßmissbildung noch während der Schwangerschaft behandelt werden soll oder erst danach. Diese Frage wird von Experten noch nicht einstimmig beantwortet.
Was das ungeborene Kind betrifft, so stellt sich je nach Zeitpunkt der Schwangerschaft die Frage, ob es per Kaiserschnitt entbunden werden sollte. Muss das Baby frühzeitig auf die Welt geholt werden, drohen ihm die allgemeinen Komplikationen für Frühgeborene. Hierzu zählen Atemprobleme, Hirnblutungen, Probleme mit dem Darm und der Verdauung und auch Probleme mit den Augen und dem Sehen.
Eine Hirnblutung ist schon bei nicht schwangeren Frauen ein lebensbedrohliches und schwerwiegendes Ereignis. Bei Schwangeren kommt die Gefahr für das Ungeborene hinzu. Die behandelnden Ärzte stehen vor der schwierigen Aufgabe, das beste Ergebnis für Mutter und Kind zu erzielen. Bei allen Entscheidungen müssen die möglichen Konsequenzen für die werdende Mutter und für das ungeborene Kind berücksichtigt werden. Die Behandlung der Hirnblutung in der Schwangerschaft stellt deshalb eine besondere Herausforderung für alle beteiligten Fachdisziplinen dar.
Wehrmedizin und Wehrpharmazie, Gregor Anzinger; Holger Räkers; Christiane Behrens; Heinrich Weßling; Jörg von Helden; Martin Zwaan – Interzerebrale Blutungen während der Schwangerschaft – eine interdisziplinäre Herausforderung: https://wehrmed.de/humanmedizin/interzerebrale-blutungen-waehrend-der-schwangerschaft-eine-interdisziplinaere-herausforderung.html (online, letzter Abruf: 07.07.2022)
Spiegel Gesundheit, Carina Frey – Präeklampsie-Erkrankung: https://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/praeeklampsie-die-gefaehrlichste-schwangerschaftskomplikation-a-1064129.html (online, letzter Abruf: 07.07.2022)
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Klinikum Stuttgart – Arteriovenöse Malformation (AVM)/Angiome: https://www.klinikum-stuttgart.de/kliniken-institute-zentren/neurochirurgische-klinik/klinische-schwerpunkte/neurovaskulaere-erkrankungen/arteriovenoese-malformation-avm-angiome (online, letzter Abruf: 07.07.2022)
aktualisiert am 07.07.2022