Herzschrittmacher haben bereits ein halbes Jahrhundert der Entwicklung hinter sich: Erstmalig wurden sie in den späten 1950er Jahren implantiert.
Das klassische Einsatzgebiet des Herzschrittmachers ist die Bradykardie. Bei einer Bradykardie schlägt das Herz zu langsam. Der Herzrhythmus ist beständig unter 60 Schlägen pro Minute, ohne sich den Erfordernissen anzupassen. Die Folge ist eine Unterversorgung von Körper und Gehirn mit sauerstoffreichem Blut. Unwohlsein, Schwäche, Leistungsabfall und temporäre Ohnmachtsanfälle (Synkopen) resultieren daraus.
Bauprinzip und Funktionsweise des Herzschrittmachers sind gleichgeblieben. Ein kleiner Computer mit einer Lithiumbatterie wird unter die Haut des rechten oder linken Schlüsselbeins implantiert. Über Elektroden vermittelt er elektrische Impulse an den Herzmuskel.
Moderne Schrittmacher sind „intelligent“ und reagieren bedarfsgerecht auf die jeweilige Körperaktivität (frequenzadaptive Herzschrittmacher). Sie können von außen kurz- oder längerfristig in einen Wartemodus geschaltet oder neu programmiert werden.
Kardiologen und Medizintechniker entwickelten Herzschrittmacher, die so klein wie Armbanduhren sind. Sie können mehrere Funktionen, Programme der Herzüberwachung und Herzstimulation ausführen. Auf diese Weise erhält jeder Patient ein Gerät, das perfekt zu seinen Erfordernissen passt.
Die elektrischen Impulse, die das Herz benötigt, um sich einer Situation anzupassen, werden von speziellen Zellen und Knoten im Herzen ausgelöst. Der primäre Herzschrittmacher ist der Sinusknoten, der sekundäre Herzschrittmacher der AV-Knoten.
Die Funktion dieser Zellen oder Knoten kann genetisch bedingt oder auf Grund einer Krankheit defekt sein. In diesen Fällen ist das Implantieren eines Herzschrittmachers angezeigt, der einschreitet, wenn die Impulse unregelmäßig sind oder ausfallen. Er zeichnet zusätzlich den Verlauf von Herzrhythmusstörungen auf. Mehrere Varianten des Gerätes sind in Gebrauch.
Ein dauerhaft implantierter Herzschrittmacher ist heute die gängigste Therapie bestimmter Herzrhythmusstörungen.
Alle Herzschrittmacher sind nach dem NBG-Code einheitlich typisiert. Der Code gibt Auskunft über seine Position, die einstellbaren Programme, den Betriebsmodus und die Art und Weise, wie das Herz stimuliert wird. Die in diesem Code verschlüsselten Daten sind im Herzschrittmacherausweis vermerkt. Mit Hilfe dieser genormten Informationen kann jeder Kardiologe das Gerät überprüfen oder ersetzen.
Über Venen werden die Sonden eingeführt, die den Herzschrittmacher mit dem Herzmuskel verbinden. Dazu werden die Enden der Sonden mit der Herzwand „verschraubt“ oder in dieser verankert. Die Anschlussstellen der Sonden an den Herzschrittmacher sind genormt und passen an jedes Gerät jeden Herstellers. Aus diesem Grund müssen funktionsfähige Sonden bei einem Tausch des Gerätes nicht zwingend ersetzt werden.
Bei Verwendung des Einkammersystems (AAI-Herzschrittmacher oder VVI-Herzschrittmacher) gibt eine einzelne Sonde elektrische Impulse entweder in der rechten Herzkammer oder im rechten Vorhof ab.
Beim Zweikammersystem (DDD-Herzschrittmacher) werden mehrere Sonden eingesetzt: Mit ihnen können nach Bedarf Impulse in beiden Bereichen, Vorhof oder Herzkammer, abgeben werden. Zweikammersysteme sind etwas schwieriger zu implantieren, erweisen sich aber oftmals als effektiver.
Eine weitere Unterscheidung wird abhängig von der Bauart zwischen uni-, bipolare, geraden und vorgebogenen Elektroden-Systemen gemacht.
Man unterscheidet Herzschrittmacher auch nach dem Betriebsmodus, Triggerung oder Inhibition.
Bei der Triggerung gibt der Herzschrittmacher beständig Impulse ab, unabhängig von der Herzfunktion. So wird verhindert, dass die Herzschrittmacher-Impulse die natürliche Herzaktivität irritieren. Die Impulse des Gerätes laufen, vereinfacht ausgedrückt, im Hintergrund dauerhaft weiter. Sie greifen nur ein, wenn die herzeigene Aktivität nicht ausreicht.
Bei der Inhibition gibt der Herzschrittmacher elektrische Impulse nach Bedarf an den Herzmuskel ab. Er fällt in eine Art Ruhemodus, so lange das Herz seine Aufgabe selbst erfüllen kann.
Die Frequenzadaptation ist eine weitere Besonderheit modernster Herzschrittmacher: Körperliche Aktivitäten und Körpererschütterungen sowie das Atemvolumen pro Minute werden vom Herzschrittmacher ausgewertet. Notwendige Impulse werden der jeweiligen Belastung angepasst.
Für aktive Sportler oder junge Menschen ist es möglich, den Herzschrittmacher unterschiedlich sensibel einzustellen. Auf diese Weise interpretiert das Gerät nicht jede starke körperliche Aktivität, sondern "filtert".
Externe Herzschrittmacher werden nicht fest implantiert. Sie dienen ausschließlich dazu, eine kritische Phase bis zur Implantation zu überbrücken. Die Stärke der elektrischen Impulse muss bei diesen Varianten höher sein, um durch Haut und Gewebe zu dringen (transkutaner Herzschrittmacher).
Ebenfalls eine Übergangslösung ist der transvenöse Herzschrittmacher. Per Venenkatheter wird eine Elektrode mit dem Herzmuskel verbunden. Diese Art des Herzschrittmachers kommt unter anderem während einer Bypass-Operation zum Einsatz.
Eine Sonderform des Herzschrittmachers ist der Implantierbare Kardioverter-Defibrillator. Er ähnelt dem Herzschrittmacher darin, dass ein kleiner Computer das Herz-Verhalten aufzeichnet und den Herzrhythmus bedarfsgerecht korrigieren kann. Seine Hauptaufgabe besteht darin, beim Auftreten von lebensbedrohlichem Kammerflimmern einen kräftigen Stromstoß abzugeben. Dieser hilft, das Herz wieder zu seiner normalen rhythmischen Funktion zurückzuführen. Die Wirkung ist unangenehm und nicht risikolos, kann aber Leben retten. Träger eines ICD haben häufig keine Fahrerlaubnis mehr.
aktualisiert am 31.08.2018